korso Graz
Das Informationsmagazin 
der Steiermark
 
09/2004
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  Tiefgarage Pfauengarten bleibt Zankapfel Dort, wo sich einst die Stadtparkpfaue zum Stelldichein trafen, hat nun mitten in der Grazer Altstadt die Pfauengarten-Tiefgarage ihre Pforten für (Dauer-)Parker geöffnet – zur Freude der frustrierten Parkplatzsucher, zum Leidwesen der Anrainer. Kritiker sehen darin eine „Husch-Pfusch-Bauplanung“ und eine vergebene Chance für den Karmeliterplatz.


Bereits im Juni 2002 berichtete KORSO über die verstimmten Anrainer, die sich gegen die geplante Tiefgarage wehrten. Bürgerinitiativen-Sprecher DI Andreas Stiasny hat inzwischen seinen Wohnort ins Grüne verlegt – die damalige Demonstration blieb erfolglos, die Tiefgarage öffnete mit 29. Juli 2004 ihre Tore.

Auch nach Fertigstellung nicht außer Streit: Tiefgarage Pfauengarten

Oberhalb das Chaos?
Stiasny heute: „Die Parksituation am Karmeliterplatz ist jetzt nicht entscheidend besser als zuvor, oberhalb der Tiefgarage herrscht noch immer das Chaos“. Ins gleiche Horn stößt GR Hermann Candussi von den Grünen: „Die Tiefgarage zieht noch mehr Autos in die Grazer Innenstadt.“ Als vorbildhaftes Gegenbeispiel nennt er Zürich: „Dort wird für jeden neuen Tiefgaragenplatz ein Oberflächenparkplatz abgebaut. In Graz hatte man uns dieselbe Lösung versprochen, tatsächlich ist die Hälfte des Karmeliterplatzes nach wie vor Parkplatz.“

Parkplätze contra Konkurrenzdruck?
Der Geschäftsführer der Ersten Grazer Tiefgaragen-Errichtungsgesellschaft, DI Jörg Krasser, sieht die Sache anders: „Die Stadt Graz hat diese Tiefgarage gebraucht, sonst wäre das Geschäftsleben in der Innenstadt gestorben.“ Krasser ist mit der Mehrheit der Stadtpolitik der Auffassung, dass die Geschäfte der Innenstadt ohne entsprechendes Parkangebot dem Konkurrenzdruck der Shoppingcenter auf längere Sicht nicht mehr hätten standhalten können. „Die Politik hat dies erkannt“, so Krasser, „seit der Eröffnung haben wir 100% positive Rückmeldungen von Seiten der Tiefgaragenbenützer erhalten.“

Durchgang zum Stadtpark soll nächstes Jahr errichtet werden
Der Grazer Architekt DI Wolfgang Steinegger, Vertreter der Altstadtkommission und Gutachter für die Tiefgarage Pfauengarten, kritisiert, dass mit der Realisierung der Tiefgarage „eine Chance vertan wurde – nämlich eine Verbindung zwischen dem Karmeliterplatz und dem Stadtpark herzustellen.“ Diese sei zwar geplant gewesen, aber: „Das ganze Ding ist baulich so verbockt, dass sogar die Realisierung eines einfachen Durchgangs in Form eines Fußweges die größten Schwierigkeiten bereitet.“

„Das ist schlichtweg falsch“, kontert Krasser, man habe bloß von der Stadt Graz keinen Auftrag für die Planung eines solchen Durchganges erhalten, weil die Finanzierung fehlte. Nächstes Jahr soll aber die Stadt einen Wettbewerb zu Form und Gestaltung des Durchganges ausschreiben. „Der Punkt des Überganges wurde bereits während der Bauarbeiten mit dem Denkmalamt besprochen – die Zusammenarbeit mit Landeskonservator HR Dr. Friedrich Bouvier hat sehr gut funktioniert“, ergänzt Krasser.

Steinegger allerdings hätte sich eine grundlegend andere Planung gewünscht: „Der Karmeliterplatz hätte sich als wunderschöner Veranstaltungsort angeboten, aber dies hätte man eben vor dem Bau der Tiefgarage berücksichtigen müssen. Wegen seines Gefälles wäre dies ein geeigneter Platz gewesen, ein naturräumliches Theater zu errichten. Dazu ist es nun zu spät.“ Fazit ist: Graz ist um eine Tiefgarage reicher und um kein einziges stauendes Auto ärmer.

– cw –

 

 

 Martin Moll Kaiser Karl I. – ein Friedenskaiser? Man muss kein Experte für Kirchengeschichte sein, um sich über die Seligsprechung des letzten österreichischen Kaisers Karl I. zu wundern. Der Monarch einer kriegführenden Macht – würdig, in einer Reihe mit Märtyrern und Wohltätern der Menschheit zu stehen? An der Beurteilung seiner Person scheiden sich die Geister. Was sind die Fakten?


Keine Bedenken gegenüber Giftgaseinsatz
1887 als Großneffe Kaiser Franz Joseph I. geboren, avancierte er 1914 zum Thronfolger, nachdem sein „Vorgänger“ Franz Ferdinand am 28. Juni ermordet worden war. In die Entscheidung über Krieg oder Frieden war der Thronanwärter nicht eingebunden. Im Frühjahr 1916 erhielt er das Kommando über ein Korps an der Italien-Front. Als am 15. Mai die „Südtirol-Offensive“ losbrach, setzte man gegen die Italiener Giftgas ein. Karls Rolle war die eines Mitwissers: Wie bei allen Erzherzögen war seine Befehlsgewalt eine nominelle. Dennoch: Hatte Karl als Abgesandter des Kaisers im Armeeoberkommando noch kritische Töne gegenüber Generalstabschef Conrad von Hötzendorf angeschlagen, so sind Bedenken gegen den Gaseinsatz nicht überliefert.

Missglückte Friedensinitiativen
Karl übernahm weitere Kommanden, bevor am 21. November 1916 seine Stunde kam: An diesem Tag starb Kaiser Franz Joseph und Karl bestieg den österreichischen Thron, wenig später den eines Königs von Ungarn. Er versuchte die Zügel in die Hand zu nehmen: Er entließ Exponenten des Kriegsabsolutismus wie Stabschef von Hötzendorf bzw. berief Männer in die Regierung, welche die Rückkehr zum Verfassungsleben bewerkstelligen sollten. Die Hoffnungen der kriegsmüden Bevölkerung blieben jedoch unerfüllt; die Enttäuschung war umso größer. Entscheidend für den Weiterbestand der Doppelmonarchie war, ob es gelingen würde, einen Ausweg aus dem Abnutzungskrieg zu finden. Karl wurde mit Friedensvorschlägen initiativ. Am bekanntesten ist jener, den sein Schwager Sixtus den Franzosen übermittelte. Der Vorstoß endete in einem Desaster: Da der Kaiser Frieden auf der Basis des Vorkriegszustandes anbot, lehnte die Gegenseite ab. Die Initiative wurde von den Franzosen publik gemacht. Karl hatte Gebietsabtretungen zu Lasten des Deutschen Reiches angeboten – ein Aufschrei beim Verbündeten war die Folge. Als Karl leugnete, veröffentlichten die Franzosen die Sixtus-Briefe. Vor aller Welt blamiert, musste der Kaiser einen Canossa-Gang nach Deutschland absolvieren und weitgehende Einmischungen der deutschen Heeresleitung hinnehmen.

Seligsprechung Kaiser Karls > – ein geglückter Coup legitimistischer Seilschaften in der katholischen Kirche

Kein Verzicht auf die Krone
Nachdem im Herbst 1918 die Entscheidung auf dem Schlachtfeld gefallen war, verzichtete Karl auf seinen „Anteil an den Regierungsgeschäften“; die Kronen Österreichs und Ungarns legte er jedoch nicht nieder. Dieser Trick bot die Basis für Versuche, auf den Thron zurückzukehren. Am leichtesten schien dies in Ungarn möglich zu sein, denn dieser Nachfolgestaat verstand sich als Königreich mit vakantem Thron! Außerdem herrschten dort bürgerkriegsartige Zustände, sodass sogar die Siegerstaaten an einer Konsolidierung Interesse hatten. In der Tat fehlte es nicht an Ermutigungen seitens französischer Staatsmänner, die der in seinem Exil umtriebige Karl überbewertete. Immerhin hatte sich der Ex-Kaiser französische Militärhilfe im Falle feindseliger Interventionen der Nachbarstaaten zusichern lassen! Als 1920 in Ungarn Parteien ans Ruder kamen, die sich nominell zur Monarchie bekannten, witterte Karl Morgenluft: Ende März 1921 reiste er nach Westungarn, wo er mit dem Machthaber Horthy – eigentlich als „Reichsverweser“ der Platzhalter für Karl – verhandelte. Horthy dachte nicht daran, die Macht abzugeben und Karl blieb nur die Rückreise. Am 20. Oktober 1921 startete er seinen zweiten Versuch: Diesmal nahm er das Flugzeug nach Westungarn, wo er Truppen auf sich vereidigte, eine Regierung einsetzte und den Marsch nach Budapest antrat. Horthy setzte Truppen in Marsch und es kam zu Gefechten. Daraufhin brach Karl sein Vorhaben ab und ging ins Exil nach Madeira, wo er am 1. April 1922 starb.

Blutvergießen in Kauf genommen
Wenige Kommentatoren erblicken in Karl ein blutrünstiges Monster, wie sie der Erste Weltkrieg so zahlreich hervorgebracht hat. Kaum jemand spricht diesem Mann, der mitten in einem Weltkrieg auf den Thron kam, Idealismus und guten Willen ab. Für den Ausbruch des Krieges trug er keine Verantwortung, für seine Weiterführung und die Art der Kriegführung sehr wohl. Gutgläubig bis zur Naivität und wankelmütig, stifteten seine überhasteten Initiativen mehr Schaden als Nutzen. Vor den Konsequenzen, der Aufgabe eigener Rechte, schreckte er zurück. Er war ein Mann der halben Schritte, dem der Mut zum Selbstopfer fehlte. Seine Rechte verteidigte er bis zum Äußersten, wofür er bereit war, das Blut anderer zu vergießen, wie die Ereignisse 1921 belegen. Unter den führenden Männern seiner Zeit mag er eine Ausnahmeerscheinung gewesen sein. Trotzdem: Was er unternahm, tat er mit ebenso viel Dilettantismus wie Erfolglosigkeit. Ob dies die Kriterien für eine Seligsprechung sind, muss der Vatikan entscheiden. Bejaht er die Frage, so bleibt dem Historiker nur ein Kopfschütteln.

Dr. Martin Moll ist Dozent für Neuere und Zeitgeschichte an der Karl-Franzens-Universität Graz.

 

 

  Ausstellung „NS-Euthanasie in der Steiermark“


Eine Ausstellung im Zeitgeschichte-Labor der Uni Graz holt die vergessenen Lebensgeschichten steirischer Euthanasie-Opfer ans Tageslicht – und beschäftigt sich mit der Kontinuität des menschenverachtenden Ideologems vom „unwerten Leben“ bis in die heutige Zeit.

1.177 Menschen wurden während der NS-Herrschaft von der Heilanstalt „Am Feldhof“ nach Schloss Hartheim in Salzburg deportiert und dort ermordet (vgl. dazu auch die ausführlichen KORSO-Beiträge im Dezember 2000 und Februar 2001 von Joachim Hainzl, nachzulesen unter www.korso.at). Bis vor kurzem waren sie nur Namen auf Deportationslisten.

Ida Maly, Selbstportrait: Die steirische Malerin war eines der prominentesten Euthanasie-Opfer

Die Arbeitsgruppe „Medizin und Nationalsozialismus in der Steiermark“ (Wolfgang Freidl, Alois Kernbauer, Richard Horst Noack und Werner Sauer) hat ihre Ergebnisse bereits zwei Mal für ein hauptsächlich wissenschaftliches Publikum öffentlich gemacht – in Form einer 2000 abgehaltenen Tagung und als Publikation („Medizin und Nationalsozialismus in der Steiermark“, Studienverlag Innsbruck – Wien – München, 2001).

Lebensgeschichten der Opfer stehen im Mittelpunkt. Mit der Ausstellung, deren Vorbereitung zwei Jahre in Anspruch nahm, soll eine breitere Öffentlichkeit angesprochen werden, hofft Univ-Prof. Wolfgang Freidl von der Grazer Sozialmedizin, der gemeinsam mit dem Galeristen Günter Eisenhut für Idee und Konzept der Schau verantwortlich ist. Schwerpunkte der Ausstellung sind die Aufarbeitung der Lebensgeschichten der Opfer – unter ihnen die bekannte steirische Malerin Ida Maly, deren Biografie und Werk wichtigen Raum einnehmen – die Dokumentation der Pseudowissenschaft der „Rassehygiene“ als „Rahmentheorie“ der Euthanasie und die Kontinuität des Ideologems vom „unwerten Leben“ bis in die heutige Zeit. Für die Ausstellungsgestaltung verantwortlich zeichnet Stefan Riesenfellner vom Zeitgeschichte-Labor, die wissenschaftliche Recherche besorgten Birgit Poier, Klaus Hödl und Anna Lehninger.

Wolfgang Freidl: „Die Ausstellung ist ein Beitrag zur politischen Bildung, der hoffentlich auch von Schulen genützt werden wird“

Für Wolfgang Freidl stellt die Ausstellung, deren Realisierung im Wesentlichen durch eine Förderung des Landes Steiermark ermöglicht wurde, „einen Baustein der politischen Bildung“ dar, der um so nötiger sei, als aktuelle Umfragen belegen, dass junge Menschen immer weniger Bescheid über die Zeit der faschistischen Herrschaft wüssten. „Ich hoffe, dass vor allem auch Schulklassen das Angebot dieser Schau nutzen werden.“

„NS-Euthanasie in der Steiermark“ | 9. Oktober 2004 bis 28. Jänner 2005
Zeitgeschichtelabor / Universität Graz | Elisabethstraße 27 | Mo-Fr 10.00 bis 16.00
Infos, Führungen, Workshops: T (0316) 380-2623 | (0316) 380-2622