korso Stadtentwicklung
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der Steiermark
 
sept. 2002
Grazer Messe neu: Architektur und Denkmalschutz im Out? Im Konflikt mit Landeskonservator Friedrich Bouvier um die Erhaltung der Grazer Messehalle 11 hat Messepräsident Guido Held im Bestreben, sein „Messe-neu-Konzept“ durchzudrücken, die Grenzen des guten Geschmacks deutlich überschritten: Es gehe Bouvier nur darum, eine ehemalige NS-Propagandahalle und nicht eine besondere Bauweise zu erhalten, verkündete er via „Kleine Zeitung“.

 

Die Geschichte der Messehalle 11, die als ehemals im öffentlichen Eigentum stehendes Bauwerk automatisch unter Denkmalschutz steht, ist in der Tat eine düstere: 1939 wurde sie unter dem NS-Regime als Volkskundgebungshalle – aber auch für Ausstellungszwecke, Konzerte, Filmvorführungen und Sportveranstaltungen – errichtet. „Das ist natürlich nicht der Grund, sie weiterhin unter Denkmalschutz zu behalten“, betont Landeskonservator HR Dr. Friedrich Bouvier. „Die dreischiffige Halle ist mit einer Breite von 80 Metern und einer Länge von 120 Metern die größte Holzhalle Österreichs und europaweit eine der größten noch erhaltenen Holzkonstruktionen aus den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts. Aufgrund ihrer freien Stützweite von 40 Metern im Mittelteil zählt sie zu den großen holzbautechnischen Meisterleistungen dieser Zeit.“ (s. Bild oben) Die Dachkonstruktion der Halle 11: Eine Meisterleistung des Holzbaus 

Landeskonservator Bouvier:    Architekten-Präsident Andexer:    Denkmalschutz darf nicht nur als Kostenfaktor gesehen werden.

Konstruktive Meisterleistung der steirischen Moderne. Geplant wurde die Halle von einem der berühmtesten Grazer Architekten, dem Eichholzer-Lehrer und Sezessionsmitglied Friedrich Zotter, ab 1928 Vorstand des Baukunst-Institutes der Technischen Hochschule, ab 1959 Präsident der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs. Neben der Tatsache, dass die Halle Helds „Messe-neu-Konzept“ im Wege steht, mag dies mit ein Grund für des Messepräsidenten Absicht sein, dem Bauwerk den Garaus zu machen: Held gilt nämlich als Architekten-Hasser, der „seine“ Messe am liebsten nur von Hallenbau-Unternehmen planen lassen möchte. In der Tat ist die Ausschreibung für die Neugestaltung der Messe in Form eines EU-weiten „Total-Unternehmer-Wettbewerbs“ ergangen, an dem sich nur Unternehmen mit einem jährlichen Milliarden-Mindestumsatz beteiligen dürfen, was Architekten automatisch von der Teilnahme ausschließt – ein Novum für Österreich, das der Präsident der Architektenkammer für Steiermark und Kärnten, Christian Andexer, schwer kritisiert: „In der Ausschreibung, deren Erstellung gerüchteweise einen Millionen-Euro-Betrag gekostet haben soll, ist nicht einmal erwähnt, dass ein denkmalgeschütztes Gebäude zum Bestand gehört – ein schwerer professioneller Fehler. Vor allem aber bringt die Konstruktion der Total-Unternehmerschaft mit sich, dass Planung und Ausführung in einer Hand liegen, was nach österreichischer Rechtskultur wegen der daraus entstehenden Interessen-Konvergenzen nicht erlaubt ist.“ Auch Andexer plädiert dafür, den Denkmalschutz nicht bloß als Kostenfaktor zu sehen und die Halle 11 als Meisterleistung eines der wichtigsten heimischen Architekten der Moderne in das Messe-neu-Konzept zu integrieren.

Ein möglicher Kompromiss. Um die meisterhafte Konstruktion des Bauwerkes wieder sichtbar zu machen, bedarf es allerdings einigen Aufwandes: Die Holzteile wurden aus Brandschutzgründen mit Wellblech verkleidet, die Deckenträger hinter einer abgehängten Gipskarton-Decke versteckt. Sollte die zukünftige Form der Nutzung innerhalb des Messegeländes eine Wiederherstellung des alten Zustandes aus Brandschutzgründen nicht erlauben, so ist Bouvier zu einem Kompromiss bereit: „Man könnte die Halle abtragen und an einem anderen Ort wieder aufbauen – aber nur unter der Bedingung, dass Ab- und Aufbau im gleichen Takt vonstatten gehen. Der von Held vorgeschlagenen Zwischenlagerung der Halle, bis ein neuer Aufstellungsort gefunden ist, werde ich sicher nicht zustimmen – wir hätten dann keine Halle, sondern ein Brennholz-Lager.“

Für Helds nahe am Vorwurf der Wiederbetätigung liegende Anschuldigungen hat der Landeskonservator jedenfalls nur ein müdes Lächeln übrig: „Die Grazer Messe selbst hat nichts dabei gefunden, diese Halle an die sechzig Jahre lang zu nützen – da wirkt die aktuelle Aufregung allzu durchsichtig.“

Christian Stenner