Die Geschichte der Messehalle 11, die als ehemals im öffentlichen
Eigentum stehendes Bauwerk automatisch unter Denkmalschutz steht,
ist in der Tat eine düstere: 1939 wurde sie unter dem NS-Regime
als Volkskundgebungshalle – aber auch für Ausstellungszwecke,
Konzerte, Filmvorführungen und Sportveranstaltungen – errichtet.
„Das ist natürlich nicht der Grund, sie weiterhin unter Denkmalschutz
zu behalten“, betont Landeskonservator HR Dr. Friedrich Bouvier.
„Die dreischiffige Halle ist mit einer Breite von 80 Metern und
einer Länge von 120 Metern die größte Holzhalle Österreichs und
europaweit eine der größten noch erhaltenen Holzkonstruktionen
aus den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts. Aufgrund ihrer
freien Stützweite von 40 Metern im Mittelteil zählt sie zu den
großen holzbautechnischen Meisterleistungen dieser Zeit.“ (s.
Bild oben) Die Dachkonstruktion der Halle 11: Eine Meisterleistung
des Holzbaus
Landeskonservator Bouvier:
Architekten-Präsident Andexer:
Denkmalschutz darf nicht nur als Kostenfaktor gesehen werden.
Konstruktive Meisterleistung der steirischen Moderne. Geplant
wurde die Halle von einem der berühmtesten Grazer Architekten,
dem Eichholzer-Lehrer und Sezessionsmitglied Friedrich Zotter,
ab 1928 Vorstand des Baukunst-Institutes der Technischen Hochschule,
ab 1959 Präsident der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs.
Neben der Tatsache, dass die Halle Helds „Messe-neu-Konzept“ im
Wege steht, mag dies mit ein Grund für des Messepräsidenten Absicht
sein, dem Bauwerk den Garaus zu machen: Held gilt nämlich als
Architekten-Hasser, der „seine“ Messe am liebsten nur von Hallenbau-Unternehmen
planen lassen möchte. In der Tat ist die Ausschreibung für die
Neugestaltung der Messe in Form eines EU-weiten „Total-Unternehmer-Wettbewerbs“
ergangen, an dem sich nur Unternehmen mit einem jährlichen Milliarden-Mindestumsatz
beteiligen dürfen, was Architekten automatisch von der Teilnahme
ausschließt – ein Novum für Österreich, das der Präsident der
Architektenkammer für Steiermark und Kärnten, Christian Andexer,
schwer kritisiert: „In der Ausschreibung, deren Erstellung gerüchteweise
einen Millionen-Euro-Betrag gekostet haben soll, ist nicht einmal
erwähnt, dass ein denkmalgeschütztes Gebäude zum Bestand gehört
– ein schwerer professioneller Fehler. Vor allem aber bringt die
Konstruktion der Total-Unternehmerschaft mit sich, dass Planung
und Ausführung in einer Hand liegen, was nach österreichischer
Rechtskultur wegen der daraus entstehenden Interessen-Konvergenzen
nicht erlaubt ist.“ Auch Andexer plädiert dafür, den Denkmalschutz
nicht bloß als Kostenfaktor zu sehen und die Halle 11 als Meisterleistung
eines der wichtigsten heimischen Architekten der Moderne in das
Messe-neu-Konzept zu integrieren.
Ein möglicher Kompromiss. Um die meisterhafte Konstruktion des
Bauwerkes wieder sichtbar zu machen, bedarf es allerdings einigen
Aufwandes: Die Holzteile wurden aus Brandschutzgründen mit Wellblech
verkleidet, die Deckenträger hinter einer abgehängten Gipskarton-Decke
versteckt. Sollte die zukünftige Form der Nutzung innerhalb des
Messegeländes eine Wiederherstellung des alten Zustandes aus Brandschutzgründen
nicht erlauben, so ist Bouvier zu einem Kompromiss bereit: „Man
könnte die Halle abtragen und an einem anderen Ort wieder aufbauen
– aber nur unter der Bedingung, dass Ab- und Aufbau im gleichen
Takt vonstatten gehen. Der von Held vorgeschlagenen Zwischenlagerung
der Halle, bis ein neuer Aufstellungsort gefunden ist, werde ich
sicher nicht zustimmen – wir hätten dann keine Halle, sondern
ein Brennholz-Lager.“
Für Helds nahe am Vorwurf der Wiederbetätigung liegende Anschuldigungen
hat der Landeskonservator jedenfalls nur ein müdes Lächeln übrig:
„Die Grazer Messe selbst hat nichts dabei gefunden, diese Halle
an die sechzig Jahre lang zu nützen – da wirkt die aktuelle Aufregung
allzu durchsichtig.“
Christian Stenner