An die 300 vorzeitige Todesfälle sind in der steirischen
Landeshauptstadt jährlich auf Feinstaub-Emissionen zurückzuführen.
Hauptverursacher ist der KFZ-Verkehr, vor allem auch durch die besonders
toxischen Emissionen dieselbetriebener Fahrzeuge. Mit dem –
lang erwarteten – Ausbau der drei Straßenbahnlinien
4,5 und 6 sagen Stadt Graz und die Grazer Stadtwerke mit ihren Verkehrsbetrieben
nun den Feinstaubemissionen auf wirksame Weise den Kampf an –
und leisten gleichzeitig einen wichtigen Beitrag für die Mobilität
der GrazerInnen. Denn diese leidet unter immer stärkerem Stau
– ein nicht zu unterschätzender Schaden für die
Grazer Wirtschaft.
Straßenbahnen sind optimale Nahverkehrsmittel:
Sie verursachen keine Emissionen, sind sicher und bequem –
vor allem die neuen Niederflur-Garnituren – brauchen wenig
Platz und können im Verhältnis zu Bussen mit einem Minimum
an Energieaufwand ein Maximum an Personen befördern.
Höchste Zeit: Graz zieht nach
Der Grazer TU-Professor Dr. Klaus Riessberger vom
Institut für Eisenbahnwesen und Verkehrswissenschaft konstatiert
eine „absolute Renaissance des Straßenbahnwesens in
Europa“ – in Paris, London, München, Utrecht und
innerhalb Österreichs in Wien, Linz und Innsbruck werden die
Straßenbahnnetze modernisiert und zum Teil ausgebaut. Denn:
Ab einer Kapazität von 3000 Personen – nach anderen Quellen
ab 5000 – ist die Straßenbahn betriebswirtschaftlich
und kapazitätsmäßig günstiger als Buslinien.
Das war auch mit ein Grund dafür, dass sich Stadt und Stadtwerke
zur Verbesserung der Verkehrssituation in St. Peter für eine
Straßenbahnverlängerung statt eines Ausbaus der Busverbindungen
entschieden.
2008 soll hier der Sechser wenden, zeigen Stadtbaudirektor Bertram
Werle, Stadtrat Gerhard Rüsch, Bezirksvorsteher Peter Schröttner
und GVB-Direktor Antony Scholz
In einem Einzugsbereich von 700 Metern im Umkreis
der fünf neuen Haltestellen der Sechser-Verlängerung (1,735
km von der jetzigen Endhaltestelle über die Petersgasse, die
Eisteichgasse, den St. Peter Pfarrweg und den Breitenweg zum östlichen
Ende der Wienerberger Gründe in die Peterstalstraße)
wohnen 12.000 Menschen, 8000 Passagiere pro Tag werden erwartet;
die Linie wird zweigleisig ausgebaut werden, insgesamt werden Investitionen
von Euro 21,4 Mio erforderlich sein.
Solide Mehrheiten für den „Langen
Sechser“
Nicht nur die überwältigende Mehrheit der Grazer GemeinderätInnen
hat im Interesse der Stadt für die Sechser-Verlängerung
votiert, auch unter den AnrainerInnen gibt es „solide Mehrheiten
für die Straßenbahn ins Peterstal“, sagt Brigitta
Neumeister, Sprecherin der Vereinten Bürgerinitiativen
„Pro Sechser“. Sie weist in diesem Zusammenhang auf
die immerhin 2000 Unterschriften für die Straßenbahnverlängerung
hin, die von den Bürgerinitiativen gesammelt wurden –
und auf die Tatsache, dass etwa der Vorstand der Interessengemeinschaft
der Terrassenhaussiedlung St. Peter den damaligen Bürgermeister
Stingl Ende 2002 aufforderte, das Projekt raschestmöglich zu
realisieren. Was Neumeister besonders seltsam findet: Dass unter
dem kleinen Häuflein fanatisierter Gegner, die sich noch immer
hartnäckig gegen die Verbesserung der Lebensqualität im
Bezirk stemmen, „auch Leute sind, die schon Ablösen aus
Steuergeld für ihre Grundstücke kassiert haben und jetzt
mit dem Geld in der Tasche weiterhin gegen die Trasse protestieren.“
Immobilienwerte ungefährdet
Befürchtungen, dass der Wert der Grundstücke an der neuen
Trasse sinken könnte, teilen Fachleute nicht. „Im Umkreis
von ca. 300 Metern um neu errichtete Haltestellen öffentlicher
Verkehrsmittel stiegen die Immobilienbewertungen auf ein Mehrfaches“,
zitiert der Grazer Regionalplaner DI Günter Tischler
Erfahrungswerte der Wiener Immobilienwirtschaft. Die stellvertretende
Obfrau der steirischen ImmobilienmaklerInnen, Patricia Reisinger,
sieht die Immobilienpreise in St. Peter zwar schon „am Plafond“
und hält von daher weitere Steigerungen für eher unwahrscheinlich
– aber: „In Mariatrost verkauft sich zweifellos ein
Grundstück an der Trasse der Straßenbahnlinie 1 besser
als eines an der Mariatrosterstraße.“
Angst vor Lärm muss jedenfalls niemand haben:
Ganz abgesehen davon, dass die zu erwartende Reduktion des KFZ-Verkehrs
automatisch eine Verminderung der Lärmbelastung mit sich bringen
wird, wird der Oberbau der gesamten Strecke erschütterungsgedämmt
ausgeführt und mit automatischen Schmieranlagen versehen.
Stressfrei ins Zentrum
Die Vorteile für die Menschen im Einzugsgebiet liegen klar
auf der Hand – von der stressfreien, schnellen Fahrt ins Zentrum
ohne Umsteigen bis zur Verbesserung der Luftgüte durch die
zu erwartende Verminderung des Quellverkehrs. „In der Wienerbergersiedlung
wohnen zum Beispiel viele Familien mit Kindern, die unter anderem
deswegen in die Gegend gezogen sind, weil die Anbindung an das Straßenbahnnetz
versprochen war“, weiß Neumeister aus vielen Gesprächen
mit AnrainerInnen. Gemeinsam mit ihnen hofft sie nun darauf, dass
der Zeitplan vom Spatenstich am 11. Juli bis zur Inbetriebnahme
wie geplant eingehalten werden kann.
Nahverkehrsknoten Puntigam …
Während die Sechserverlängerung vor allem den anrainenden
12.000 GrazerInnen nützt, soll die Fünfer-Verlängerung
um knappe 380 Meter vor allem zu einer Reduktion des Einpendlerverkehrs
beitragen: Wenn bis Ende 2006 der neue Bahnhof Puntigam mitsamt
einem Park-and-Ride-Parkplatz mit 800 Stellplätzen fertig gestellt
sein wird, soll er auch mit der Straßenbahn erschlossen werden.
Dann werden EinpendlerInnen, die nicht mit der Bahn anreisen, zumindest
die Straßenbahn für ihren Weg ins Zentrum nützen
können. Rund 6700 Fahrgäste mehr pro Werktag werden für
den „langen Fünfer“ erwartet.
… und Liebenau.
Eine ähnliche Aufgabe kommt schließlich der Verlängerung
der Straßenbahnlinie 4 um 1538 Meter vom Liebenauer Stadion
zum Einkaufszentrum Murpark zu: Am Sternäckerweg soll in unmittelbarer
Nachbarschaft einer neuen ÖBB-Haltestelle Liebenau ein Park-and-Ride-Parkplatz
mit 500 Stellplätzen entstehen, die PendlerInnen können
dort direkt in die Straßenbahn umsteigen. Die Arbeiten am
„Langen Vierer“ haben bereits begonnen: Zunächst
wird der Gleiskörper zwischen Ostbahnhof und Stadion saniert;
in dieser Zeit – bis September 2005 – wird es zu Einschränkungen
des Verkehrs in der Conrad-von-Hötzendorfstraße kommen.
Nach Fertigstellung des Projektes erwarten sich die Stadtwerke 7600
Fahrgäste mehr pro Tag für den „langen Vierer“.
Stadtwerke-Vorstandsdirektor Dr. Wolfgang Messner (li)
: „Der Bereich Verkehr stellt mit den GVB einen Schwerpunkt
im Stadtwerke-Konzern dar. Modernisierung bzw. Ausbau der Standards
für unsere Kunden sind uns ein wesentliches Anliegen –
so besitzen wir hier in Graz die modernste Busflotte und die modernsten
Straßenbahnen in ganz Österreich. Mit dem Ausbau der
Linien 4, 5 und 6 setzen wir erneut ein starkes Zeichen in diese
Richtung.“
Stadtwerke-Vorstandsdirektor DI Wolfgang
Malik (re): „Gerade durch die Feinstaubproblematik
erhält das Thema „Öffentlicher Verkehr“ einen
besonderen Stellenwert. Die Grazer Stadtwerke AG hat in den letzten
5 Jahren etwa 70 Mio. Euro für Komfort und Umwelt aufgewendet–
mit den 50 Mio. Euro Infrastruktur-Investitionen der Stadt Graz
bedienen wir in Zukunft moderne Nahverkehrsknoten als „Andockstellen“
für unsere ÖV-Interessierten.“
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