korso Graz
Das Informationsmagazin 
der Steiermark
 
03/2005
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Stadtpark: Experte bezweifelt Notwendigkeit des Kahlschlags
< Univ.-Prof. Franz Wolkinger: „Kahlschlag würde auch hohe Kosten verursachen“


Nach einem ExpertInnengipfel kündigte man von Seiten der Stadt Graz an, dass es nun doch zur gänzlichen Beseitigung einiger Stadtpark-Alleen (Montclair- und Dubrovnik-Allee) kommen soll. Umweltanwalt Hofrat
Dr. Oswald hat auf Basis eines von ihm in Auftrag gegebenen Gutachtens das Verfahren beeinsprucht (KORSO berichtete). Mit dem Verfasser des Gutachtens, Univ.-Prof. Dr. Franz Wolkinger, sprach Gerlinde Knaus.

Welche Argumente führen Sie gegen den Kahlschlag ins Treffen?

Graz ist von der Gartenstadt zur Kulturhauptstadt und von dieser zur Feinstaubhauptstadt geworden – und könnte jetzt Kahlschlaghauptstadt werden. Wenn dem Stadtgartenamt nichts anderes einfällt als über hundert Bäume radikal zu schlägern – noch dazu in einer grünen Lunge, die halbkreisförmig die Altstadt schützt und den Staub ausfiltert – dann ist es nach meinem Dafürhalten fehl am Platze. Der Kahlschlag würde übrigens auch sehr hohe Kosten verursachen. Es ist ja nicht damit getan, dass ich die Bäume auf einmal nach pflanze. Es muss der Boden ausgetauscht und verjüngt und die Pflege weiter betrieben werden. Man müsste den Stadtpark stattdessen sanft und abschnittweise sanieren. Dazu ist die Stadt auch verpflichtet, weil der Stadtpark geschützter Landschaftsteil ist.

Wie könnte so ein alternatives Sanierungskonzept aussehen?

Mein Vorschlag ist, nicht einfach über hundert Bäume zu eliminieren, sondern sehr sorgfältig drei bis vier Gruppen herauszunehmen, die wirklich gefährdet sind. Dort könnte man im Laufe der Zeit Ergänzungen mit Rosskastanien, das ist ja die wichtigste Baumart im Stadtpark, durchführen. Diese sollten mindestens 30 cm Umfang haben – das ist ohnehin vorgesehen.

Zur Rechtfertigung des Kahlschlages werden vor allem denkmalschützerische Überlegungen ins Treffen geführt, man fürchtet, dass eine schrittweise Erneuerung kein einheitliches Allee-Bild mehr entstehen lässt.

Wir haben ja jetzt auch ein ungleiches Bild, wie die Pécs-Allee zeigt, da schon bisher einzelne Bäume nachgesetzt wurden. Man müsste eigentlich sicherstellen, dass eine Baumschule 2-300 gleich alte Rosskastanien zur Verfügung hat, die nach Bedarf abgerufen werden können. Letztlich käme es dadurch zur gleichmäßigen Erneuerung ohne krasse Unterschiede.

Wie viele Bäume müssten aufgrund der diagnostizierten Stammfäule gefällt werden?

Das ist eine Definitionssache. Zunächst zu den Ursachen: Die Bäume haben viele morsche Stellen, weil man Anfang der 70er Jahre die Kronen radikal gekappt hat. Die zweite Ursache ist, dass man die Baumpflege vernachlässigt hat. Ab 1978/1979 gab es sogar einen Baumtrupp, der sich nur um die Pflege der Bäume kümmerte, der wurde eingespart. Ich meine, dass etwa 10% der Bäume tatsächlich gefällt werden müssen. Man sollte auch bedenken, dass sich die alten Bäume viel besser in die künstliche Stadtumwelt eingefügt und angepasst haben. Auf dem Jakominiplatz mussten z.B. einzelne Bäume schon einige Male nachgepflanzt werden, weil sie die extremen Verhältnisse in der Stadt so schwer vertragen. Daher ist es notwendig, so lange es geht, den alten Baumbestand pfleglich zu erhalten.

 

 

Grenzwertig. Ein Dramolett von Lea Steinborn


Eine viel befahrene vierspurige Straße in Graz. Lastwägen, Lärm, Gestank, Staubwolken. Ein altes Mutterl, hustend, schwankend, ein Taschentuch vor den Mund pressend.

Auftritt Dr. Fein-Staub (grauer Anzug, das graue Antlitz und den flackernden Blick des irren Serienmörders), wachelt mit einem rostigen, scharf geschliffenen Schraubenzieher, zischelt: „Muatterl, es is so weit, du g’hörst mir – jeden Tag muss einer dran glauben in dieser Stadt, ein Dutzend im ganzen Land …“ (rammt ihr den Schraubenzieher in die Lunge).

Mutterl (verröchelt)

Auftritt Landesumweltreferent (grauer Anzug, rosiges Antlitz, empört): „Sie, ich beobacht’ Sie schon die ganze Zeit! (Leiser:) Das ist heuer schon mindestens die sechzigste, die sie am G’wissen haben, dabei hamma erst Ende Februar. Alte, Kranke, Kinder – so geht’s net weiter, ich werd Ihnen Schwierigkeiten machen müssen!“

Fein-Staub (ertappt): „Ja, aber – aber die Wirtschaft … die Friedhofsgärtnereien, die Blumenläden, die Pomp-Füneberer, die Wachslichtl-Hersteller, die Taxifahrer, die was die Trauergäst’ am Friedhof führn, die Leichenbeschauer, die Wirtn, wo der Leichenschmaus ausg’richt wird … da sind Arbeitsplätze in Gefahr …und Stimmen bei da Wirtschaftskammerwahl …“

Umweltlandesrat (knickt ein, kleinlaut): „I weiß …“

Fein-Staub (selbstbewusster): „A veritabler Konjunktureinbruch; die Kerzlziager verlegen ihre Betriebe in Länder, wo freudiger g’storben wird …“

Umweltlandesrat (windet sich): „Mir follt nix ein … i muass was tun … die EU sitzt mir im G’nack“ (grübelt, dann hellt sich sein Gesicht auf): „Ich hab’s, so könnt’s gehen: Wir erhöhen den Grenzwert!“ Fein-Staub (kennt sich nicht aus): „Herr Landesrat meinen?“ Umweltlandesrat (gönnerhaft): „Liegt doch auf der Hand, mein Lieber: den Grenzwert für den Todesfall! Frisch umgebracht ist doch eigentlich net wirklich tot; schau dir das Muatterl an – schaut grad drein, als ob sie uns noch was sagen möcht’! (Feierlich) Die Grenze zwischen Leben und Tod, wer kennt die schon? Als christlicher Politiker werd ich mich da hinfort an die Bibel halten: Aus Staub bist du geboren … zu Staub wirst du werden. Erst wenn der Mensch selbst zu Feinstaub geworden ist, dann sind alle Zweifel ausg’räumt, dann is’ der Grenzwert überschritten. Drunter gülts nimmer.