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korso
ÖkolandSteiermark |
Das
Informationsmagazin
für die Steiermark |
12/2005 |
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Ökopark
Hartberg – Forschergeist im Dienst der Umwelt |
Beim EcoundCo-Firmentreffen im November hatten die Mitglieder des
Ökotechnik-Netzwerkes Gelegenheit, einen Blick hinter die Kulissen
des Ökopark Hartberg zu werfen. In diesem Gewerbepark der besondern
Art finden sich rund 20 Umweltgewerbebetriebe sowie der Forschungspartner
Joanneum Research in einem attraktiven Umfeld eingebettet. Damit
ist der Ökopark Hartberg ein regionaler Schwerpunkt für
Ökologie und steirisches Umwelttechnik Know-how – und
noch ist Platz für weitere Ansiedlungen.
Dr. Herbert Böchzelt, Joanneum Research:
„Die wirtschaftliche Umsetzbarkeit steht bei allen unseren
Forschungsprojekten an oberster Stelle.“
Erlebniswelt Ökopark
Hier, wo das Schlagwort vom umweltgerechten Wirtschaften mit Leben
erfüllt wird, kann man Fortschritte auf dem Gebiet der Umwelttechnik
hautnah in den Unternehmen und Forschungslabors miterleben, wie
DI Reinhard Fink, Leiter des Ökoparks erklärt: „Wir
setzen alles daran, nicht nur für Unternehmen nachhaltigen
Nutzen zu stiften, sondern wollen mit unserem Erlebnispark das Ökothema
für die ganze Familie interaktiv erlebbar machen.“ Eines
der großen Ziele des Ökoparks ist es, innerhalb der nächsten
Jahre energieautark zu werden und geschlossene Kreisläufe zu
entwickeln.
Ökologische Dämmstoffe aus Altpapier
Die Firma CPH- Celluloseproduktion Hartberg ist ein Umweltpionierbetrieb,
der Dämmstoffe und Akustikbeschichtung aus Altpapier hergestellt,
z.B. für die Deckengestaltung in den Stadtwerken Hartberg,
die hervorragende akustische und dämmtechnische Eigenschaften
aufweist. „Mit seinen Dämmprodukten kann das Unternehmen,
das eng mit Forschungspartnern kooperiert, große Erfolge verzeichnen“,
erklärt Ing. Wolfgang Lackner. Täglich werden Tonnen von
Altpapier angeliefert, die großteils aus dem Ausland importiert
werden müssen. Die fertigen Dämmprodukte werden vor allem
bei Sanierungen und im modernen (Passiv-)Wohnbau eingesetzt.
Forschung für nachhaltige Lösungen
Das ebenfalls am Ökopark ansässige Institut für Nachhaltige
Techniken und Systeme der JOANNEUM RESEARCH versteht sich als F&E-Partner
der Wirtschaft. Anhand konkreter Aufgabestellung werden nachhaltige
Lösungen für die Wirtschaft entwickelt.
In vier Forschungsschwerpunkten beschäftigen sich 22 MitarbeiterInnen
mit den Themen „Nachhaltige Techniken, Nachhaltigkeit und
Systeme, Chemisch-technische Pflanzennutzung und Ökosystemtechnik“.
Dr. Herbert Böchzelt zur Praxisnähe der Forschungseinrichtung:
„Die Beispiele, wo uns das gelingt, sind vielfältig und
reichen vom Galvanic-Unternehmen, das den Wasserverbrauch um 90%
reduzieren konnte bis hin zum Milchproduzenten, der mit Solarer
Prozesswärme arbeitet.“
Die grüne Bioraffinerie
Die wirtschaftliche Praxis steht bei allen Schwerpunkten im Vordergrund
und reicht von Umweltsanierungstechniken über Simulationsmodelle
bis hin zum industriellen (Abwasser)-Management. Der Bereich der
Chemisch-technischen Pflanzennutzung am Ökopark Hartberg beschäftigt
sich vorwiegend mit der Nutzung pflanzlicher Rohstoffe.
Eines der Projekte, das in Forscherkreisen weltweit Aufsehen erregt
und mittlerweile umsetzungsreif ist, ist die „grüne Bioraffinerie“
– die auf einem innovativen Nutzungskonzept von Gras beruht.
Ob die Pilotanlage, für die alle notwendigen technischen und
fachlichen Voraussetzungen vorhanden sind, in der Steiermark umgesetzt
werden kann, ist allerdings noch offen.
Josef Schiffer
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Steirische
Papierindustrie stellt die Rute ins Fenster |
Die Papier- und Zellstoffindustrie besitzt in der Steiermark nicht
nur eine traditionsreiche Vergangenheit, sondern hat sich in den
vergangenen Jahrzehnten zu einem der wichtigsten Wirtschaftszweige
des Landes gemausert.
BU: Landeshauptmann
Voves (4. v.li.) und Landesrat Buchmann (re.) versicherten der „geballten
Kraft“ von Vertretern der steirischen Papier- und Zellstoffindustrie,
sich für ihre Forderungen stark zu machen.
Die gegenwärtige Lage wird von den Unternehmensvertreter
allerdings weniger rosig gesehen: Zu hohe Energiepreise, schlechte
Infrastruktur und mangelnde Förderkultur haben in ihren Augen
die Standortqualität der Steiermark bereits stark beeinträchtigt.
Daneben sieht sich die Branche durch Road-Pricing und Doppelbemautung
in Österreich mit einem erheblichen Kostendruck gegenüber
der Konkurrenz aus Asien konfrontiert.
Unter dem Motto „Einigkeit macht stark“ präsentierten
Ende November die sechs großen Papier- und Zellstoffproduzenten
in Gratkorn einen gemeinsamen Forderungskatalog. Die anwesenden
Politiker, Landeshauptmann Mag. Franz Voves und Wirtschaftslandesrat
Dr. Christian Buchmann, sicherten zu, sich für die Anliegen
der steirischen Papierindustrie auch auf Bundesebene einzusetzen.
Global Players …
Mit mehr 1,3 Mia. Euro Umsatz und über 3200 Arbeitsplätzen
zählt die Papier- und Zellstoffindustrie heute zu den Schlüsselbranchen
der Steiermark. Beeindruckende 90 % ihres Produktionsvolumens
gehen in den Export. „Zusammen mit der Holzindustrie, die
mit ihren ca. 55.000 Beschäftigten die Rohstoffbasis für
die Papier- und Zellstofferzeugung zur Verfügung stellt, erreicht
sie einen höheren Jahresumsatz als etwa die Fahrzeugindustrie
oder der Fremdenverkehr“, führt Gernot Schleiss von Mayr-Melnhof
Karton aus. Für die Absicherung dieser sind hohe Investitionen
an den Standorten erforderlich – ein nicht unwichtiges Argument
gegenüber der Politik: Bei optimalen Rahmenbedingungen sollen
in den nächsten Jahren allein in den sechs Leitbetrieben knapp
600 Mio. Euro für die Erneuerung der Anlagen und die Ausweitung
der Kapazitäten investiert werde.
… mit Umweltbewusstsein.
Auch in Hinsicht auf den aktiven Umweltschutz sieht man sich sehr
gut positioniert. Der Abtransport der fertigen Produkte sowie die
Anlieferung der Rohstoffe erfolgt zum überwiegenden Anteil
per Schiene.
Der Recyclinganteil von 70 % beim Altpapier ist der höchste
Europas – 700.000 Tonnen davon werden von der steirischen
Papierindustrie weiterverarbeitet. Zusätzlich werden drei Mio.
Festmeter Holz jährlich für die Produktion benötigt,
der Löwenanteil davon wird entweder bei Durchforstungen gewonnen
oder ist Restholz (z.B. Hackschnitzel, Sägeabfall) aus den
heimischen Wäldern.
Der hohe Energiebedarf der Industrie wird zu mehr als 70 %
aus eigener Erzeugung gedeckt, dabei kommt dem Anteil erneuerbarer,
biogener Energieträger mit knapp der Hälfte eine überragende
Rolle zu. „Durch die Verwertung der vor Ort anfallenden Reststoffe
wird nicht nur der Ausstoß an Treibhausgasen reduziert, sondern
auch die Abfallwirtschaft entlastet“ erklärt Dieter Radner
von Sappi.
Umfangreiches Forderungspaket an die Politik
Trotz ihrer zahlreichen Stärken klagt die Papierindustrie über
den Kostendruck. In einer zunehmend globalisierten Wirtschaft profitieren
Produzenten in den Schwellenländern von niedrigen Lohn- und
Rohstoffkosten und müssen nur selten auf umfangreiche Umweltauflagen
Rücksicht nehmen. Den Mitbewerbern im EU-Raum dagegen, z.B.
in Deutschland, fließen zum Teil enorme Förderungen von
Seiten der Politik zu.
Ganz oben auf der Wunschliste stehen ein zügiger Ausbau der
Verkehrsinfrastruktur, vor allem auf dem Bereich der Schiene, sowie
die Schaffung von Logistiknetzwerken, um eine effiziente Versorgung
mit Rohstoffen zu gewährleisten. Weiters fühlen sich die
Unternehmen benachteiligt, weil ihre KWK-Anlagen nicht im Sinne
des Ökostromgesetzes anerkannt werden, was extrem hohe Kosten
verursacht, wie Radner erklärt: „Wir fordern die Gleichbehandlung
unserer Anlagen, denn die Energieerzeugung mit Kraft-Wärme-Kopplung
läuft hocheffizient und mit Hilfe modernster, umweltschonender
Infrastruktur.“
Als weitere wichtige Anliegen werden eine bessere Förderung
der steirischen Bildungsinstitutionen (z.B. Fachhochschulen) sowie
eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren genannt.
Josef Schiffer
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Regionalcluster
Hartberg feiert |
Vor 25 Jahren wurde als einer der ersten seiner Art der
Entwicklungsförderungsverband im Bezirk Hartberg gegründet.
und vor drei Jahren entstand hier der österreichweit erste
Regionalcluster als Pilotprojekt.
Ein Fest für Hartberg
Diese beiden Jubiläen bildeten Anlass für ein großes
Fest am 24. November, das im Festsaal der Hartberghalle mit über
350 Gästen gefeiert wurde. Der Rückblick auf die Erfolge
der vergangenen 25 Jahre, wie die Heiltherme Bad Waltersdorf, das
größte Biomasseheizwerk Mitteleuropas oder den Tourismusregionalverband,
waren Themen einer Quizshow. In dieser mussten die 15 Teams, bestehend
u.a. aus Bürgermeistern, Unternehmern, Ärzten, Landwirten
und Pfarrern, nach dem Muster der Millionenshow ihr Wissen unter
Beweis stellen.
Die Festreden wurden von Thermendirektor Johann Haberl und von Univ.Doz.
Dr. Dietmar Kanatschnig gehalten, die auch ihre Visionen für
die nächsten 25 Jahre formulierten. GF Ing. Ferdinand Zisser
weiß aus langer Erfahrung, dass das nur geht, indem man einen
Schritt nach dem anderen setzt, und lud konkret zur Teilnahme an
den neu formierten Arbeitsgruppen Ungarn, Handwerk und Konsumentenplattform
ein.
Umweltpreis für Leistungen
Vor kurzem erhielt der Entwicklungsförderungsverband den Anerkennungspreis
der ÖGUT (Österreichische Gesellschaft für Umwelt
und Technik) für den innovativen und nachhaltigen Prozess „Regionalcluster
Hartberg“. Präsident Dr. René Haiden bedankte
sich für das Engagement und gratulierte Obmann LAbg. Franz
Riebenbauer zu den erfolgreichen Initiativen im Hartbergerland.
Für Zisser sind diese Anerkennungen von außen „gut
für das Selbstvertrauen der Region, bewahren vor Betriebsblindheit
und sollen alle knapp 70.000 Einwohner unseres Bezirkes motivieren
den Regionalcluster noch mehr zu leben“.
– js –
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Nachhaltigkeit
bleibt auf der Agenda des Agrarressorts |
Die Landtagswahlen vom 2. Oktober haben einschneidende Veränderungen
in der steirischen Ressortlandschaft nach sich gezogen, diese wurden
von Landesrat Johann Seitinger bei der Präsentation seiner
Agenda scherzhaft mit den Auswirkungen „eines Urknalls”
verglichen. Trotz einiger schmerzender Abstriche zeigt er sich aber
alles andere als unzufrieden mit seiner Rolle: „Nach zwei
Jahren Einarbeitung fühle ich mich äußerst wohl
in meinem Ressort und werde in jeder Hinsicht unterstützt durch
ein kompetentes und hoch motiviertes Team.”
Landesrat Johann Seitinger:
„Die hohe Qualität unserer Lebensmittel kann nur durch
den Erhalt der bäuerlichen Familienbetriebe gesichert werden.”
Sichere Lebensmittel aus heimischer Landwirtschaft
Nach der Neuaufteilung der Aufgaben ist Landesrat Seitinger in den
kommenden fünf Jahren zuständig für die Bereiche
Landwirtschaft, Wohnbau, Wasser und Nachhaltigkeit. Die Arbeitsschwerpunkte
für die kommenden fünf Jahre liegen für ihn klar
in den beiden Kernbereichen seines Ressorts. „Der hohe Standard
der Lebensmittelproduktion muss auch in Zukunft sichergestellt sein”,
betont Seitinger: „Auf das Engste verknüpft mit dieser
wichtigen Frage ist der Erhalt der klein strukturierten, bäuerlichen
Familienbetriebe.“
Dies stellt eine riesige Herausforderung dar angesichts der Kürzungen
der EU-Agrarbudgets: Österreich hatte bislang auf Grund seiner
kleinen Strukturen eine klar privilegierte Position, bei einer Fläche
von nur 2 Prozent der EU 15 flossen mit etwa 10 Prozent die Fördermittel
reichlich.
Daher will Seitinger die Investitionsbereitschaft in den bäuerlichen
Betrieben ankurbeln, damit diese fit für die Zukunft sind.
Ergänzend dazu soll die Infrastruktur im ländlichen Raum
mit Nachdruck vorangetrieben werden. In engem Zusammenhang damit
stehen die europäischen Projekte auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit,
die weiterhin dem Ressort von Seitinger zugeordnet ist, wie die
Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes durch
die Agenda 21 und ÖLE (Ökologische Landentwicklung).
Ökologischer Wohnbau hat Vorrang
Als eine „unglückliche Entscheidung“ beurteilt
der Agrarlandesrat die teilweise Ausgliederung des Umweltschutzes
sowie der Erneuerbaren Energie aus seinem Ressort: „Gerade
bei der Ökoenergie gibt es eine intensive Verbindung zur Land-
und Forstwirtschaft, die die natürliche Rohstoffbasis darstellt
sowie auch zur Wohnbauförderung, die ja bereits seit einiger
Zeit auf die Forcierung nicht fossiler Heizsysteme setzt.”
Auch die bei Seitingers Ressort verbliebene Abfall- und Stoffflusswirtschaft
leistet einen zentralen Beitrag zu diesem Thema, denn „immerhin
werden 70 Prozent des Abfalls als erneuerbare Energieträger
verwertet“.
Bei der Wohnbauförderung sollen auch in den kommenden Jahren
ökologische und soziale Aspekte im Vordergrund stehen, erklärt
Seitinger: „Die Schwerpunkte liegen im vermehrten Einsatz
von Holz und anderen ökologischen Baustoffen. Des Weiteren
muss die Energieeffizienz über bessere Wärmedämmung
gesteigert werden, z.B. in Form von Niedrigenergie- und Passivhäusern,
aber auch beim ökologischen Sanieren von Altbeständen.”
Um jungen Familien den Weg zum Eigenheim zu erleichtern, will Seitinger
zukünftig die Startförderung für Jungfamilien optimieren.
Josef Schiffer
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Ökostrom-Deal
„Sargnagel“ für Energiewende |
Die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 bezeichnet den Ökostrom-Deal
zwischen SP und VP als „Sargnagel“ für eine Energiewende.
Der Kompromiss wird den KonsumentInnen höhere Kosten bescheren
und den Ausbau von Windkraft, Sonnenenergie und Biomasse bremsen.
„Österreich ist verpflichtet, bis zum Jahr 2010 78,1
Prozent an Erneuerbarer Energie im Strommix zu haben. Wird jetzt
die Abmachung umgesetzt, kann dieses Ziel nicht mehr erreicht werden“,
kritisiert Silva Herrmann, Energiereferentin von GLOBAL 2000, während
Minister Martin Bartenstein die Einigung begrüßt: „Ein
guter Kompromiss, der den Ausbau des Ökostroms bis 2011 sichert.“
Vielmehr drohen aber Rechtsunsicherheit und drastisch gekürzte
Budgets. „Gerade in Zeiten, wo steigende Energiepreise deutlich
machen, dass die fossilen Energien zur Neige gehen, darf Österreich
nicht bei Strom aus Biomasse, Wind etc. bremsen. Die geplante Förderung
von bis zu 2.000 MW fossiler KWK-Kraftwerke aus dem Titel 'Ökostromgesetz‘
lehnen wir ab.“, so DI Josef Plank, Geschäftsführer
des österreichischen Biomasseverbandes.
– js –
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Drei Millionen Quadratmeter
Sonnenkollektorfläche |
Solarthermische Kollektoren sind heute im Wohnbau nicht mehr wegzudenken
und Österreichs Vorreiterrolle auf dem Gebiet zeigt sich nicht
nur in der hohen Anzahl von Solaranlagen, sondern auch in ihrem
hohen technischen Standard. Kürzlich übergab in St. Pölten
Umweltminister Josef Pröll den dreimillionsten Quadratmeter
Kollektorfläche. Die installierte Leistung entspricht damit
jener aller Donaukraftwerke zusammen. „Mit der bis jetzt installierten
thermischen Leistung von 2.100 MW wird die Emission von 496.000
Tonnen CO2 vermieden“, freut sich Pröll.
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Leben
mit Feinstaub – Schicksal oder Herausforderung? |
Die gemeinsame Suche nach Auswegen aus der Feinstaubkrise –
die bekanntlich in Graz besonders stark ausgeprägt ist –
stand im Zentrum einer internationalen Fachtagung, die Mitte November
im Fachhochschulzentrum Joanneum abgehalten wurde. Mit der Veranstaltung
„PM 10 – Herausforderung oder Schicksal?“ wurde
zugleich die Halbzeitbilanz des EU-Projektes „KAPA GS“
eingeläutet, das noch bis Mitte 2007 läuft.
Am
Podium diskutierten über wirksame Maßnahmen (v. l.) Dr.
Luigi Minach (Landesumweltagentur Bozen), Dr. Walter Huber (Umweltressort
Südtirol), Umweltreferent Bgm.-Stv. Walter Ferk, DI Dr. Werner
Prutsch (Umweltamt Graz), Moderator Bernd Koschuh (ORF), Dr. Marie-Luise
Mathiaschitz-Tschabuschnig (Umweltstadträtin Klagenfurt) und
Wolfgang Hafner (Klagenfurt/Projektleiter KAPA GS)
In der Kooperation haben sich Klagenfurt, Graz und Südtirol
zusammengeschlossen, um ihre Feinstaubprobleme mit vereinten Kräften
und Know-how in den Griff zu bekommen. Von den Gesamtinvestitionen
von mehr als 4 Mio Euro übernimmt die Europäische Union
45 Prozent – also mehr als 1,8 Mio Euro – aus dem Topf
für das Life-Programm. In einem Plenum von mehr als 100 Fachleuten
und politisch Verantwortliche aus 15 Ländern wurden Modelle
und Maßnahmen zur Reduktion der Feinstaubbelastung in den
betroffenen Gebieten präsentiert und man diskutierte über
deren praktische Umsetzung.
Feinstaub – ein europaweites Phänomen
Die hohe Feinstaubbelastung, die schon seit einigen Jahren europaweit
festgestellt wird und immer wieder hitzige Umweltdebatten anfeuert,
stellt nämlich nicht nur in Graz, sondern auch in anderen Regionen
eine gravierende Gesundheitsgefährdung für die Bewohner
dar. Das Phänomen beschränkt sich bei weitem nicht nur
auf die großen städtischen Ballungsräume: In Beckenlagen
und Tälern gibt es häufig nur geringe Zirkulation zwischen
den Luftschichten – insbesondere bei Inversionswetterlagen
im Winter. Einmal freigesetzter Feinstaub kann so tagelang in der
Atmosphäre verweilen. Als Folge davon reichert sich die Luft
in Bodennähe mit mikroskopisch feinen Staubpartikeln an, die
über die Atemwege in den menschlichen Körper gelangen
und mannigfache Krankheitssymptome wie Asthma, Herz- und Kreislaufversagen
sowie Lungenkrebs verursachen.
Maßnahmenbündel für Grazer Luft
Der Erfahrungsaustausch auf überregionaler Ebene bringt allen
Beteiligten nur Vorteile; davon ist der Grazer Bürgermeister-Stellvertreter
und Umweltreferent Walter Ferk überzeugt: „Die Problematik
macht vor den Landesgrenzen nicht Halt, daher ist es natürlich
von hohem Interesse, Berichte über Erfahrungen aus anderen
Regionen zu hören.“ In der Steiermark hat man sich im
vergangenen Jahr auf ein Maßnahmenbündel geeinigt, das
den forcierten Ausbau des öffentlichen Verkehrs (z.B. Straßenbahnverlängerungen)
und der Fernwärmeversorgung vorsieht. Zusätzlich wird
eine finanzielle Förderung von Nachtrüstpartikelfiltern
für Kraftfahrzeuge angeboten.
Eine baldige Entspannung der Lage kann davon freilich nicht erhofft
werden: „Leider wird die seit Anfang des Jahres laufende Förderaktion
von den Autofahrern nicht wie erhofft angenommen“, bedauert
Ferk – und auch der angekündigte Ausbau der Infrastruktur
wird nur auf langfristige Sicht eine Entlastung mit sich bringen,
befürchten Kritiker.
Eine breit angelegte Informationskampagne soll mithelfen, den
längst überfälligen Bewusstseinswandel einleiten
und die Menschen zum Verzicht auf das eigene Auto bzw. zum verstärkten
Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel und das Fahrrad zu
bewegen. Angesichts der Tatsache, dass zurzeit schon über 90
Prozent der Berufspendler mit dem Pkw nach Graz kommen, hat eine
effiziente und leistungsfähige Anbindung der Stadt mit dem
regionalen des öffentlichen Verkehrs oberste Priorität.
Dieses ehrgeizige Leitprojekt soll mit Hilfe des Landes Steiermark
durch den Bau einer City-S-Bahn gewährleistet werden, die die
Landeshauptstadt mit den Großräumen Hartberg/Feldbach,
Leibnitz, Bruck und Köflach/Voitsberg verbinden wird.
Fahrverbote nur temporäre Lösung
Die Verkehrsexperten stimmen darin überein, dass die Androhung
von Verkehrsbeschränkungen die Bevölkerung zum Mitmachen
motiviert. Das bestätigte DI Dr. Werner Prutsch, Leiter des
Grazer Referats für Luftreinhaltung, aus seinen Erfahrungen:
„Als Ende der 80er Jahre Smogalarmpläne ausgearbeitet
wurden, die u.a. Fahrverbote umfassten, wurden binnen kurzem mehr
als 10.000 Pkw mit Katalysatoren ausgerüstet. Das hatte zur
Folge, dass das Fahrverbot gar nie in Kraft treten musste!“
In den Südtiroler Städten, u.a. Bozen und Meran, wurden
im Gegensatz zu Graz in der Vergangenheit schon vielfach Verkehrbeschränkungen
verhängt, wenn die Grenzwerte an aufeinander folgenden Tagen
überschritten wurden. Dort können dies die Kommunen im
Gegensatz zu Österreich autonom entscheiden. Dr. Walter Huber,
der Direktor des Ressorts für Raumordnung, Umwelt und Energie,
sieht in Fahrverboten aber nur die ultima ratio: „Die Beschränkung
des Individualverkehrs hat nur eine temporäre Wirkung auf die
Absenkung der Feinstaubwerte. Wir wollen daher in Zukunft stärker
auf Prävention und Information der Bevölkerung setzen.“
Gut angenommen wird die Nachrüstung von Diesel-Kfz mit Partikelfiltern
oder die Umstellung auf Gas-Betrieb, wofür es eine Befreiung
von der Kfz-Steuer bis zu drei Jahren gibt. Bei der öffentlichen
Busflotte setzt man in Südtirol auf Methangas als Treibstoff.
In Klagenfurt ist mit Ende November eine Verordnung in Kraft treten,
die großräumige Straßensperren ermöglicht:
„Wenn an mehr als fünf Tagen die Feinstaubgrenzwerte
überschritten werden, sollen die am stärksten betroffenen
Straßenzüge für Kraftfahrzeuge gesperrt werden“,
erklärt Dr. Marie-Luise Mathiaschitz-Tschabuschnig, die Umweltstadträtin
von Klagenfurt. Durch diese Maßnahme soll vor allem der Durchzugsverkehr
aus dem Stadtgebiet, der über 40 Prozent ausmacht, verbannt
werden. Die Umweltmedizinerin ist Mathiaschitz-Tschabuschnig betonte
die extreme Gesundheitsgefährdung durch Feinstaub: „Die
Lebenserwartung wird durchschnittlich um 8 bis 9 Monate verkürzt.“
Grazer TU entwickelte Prognosemodell
Ein Simulations- und Prognosemodell der TU Graz ist das Herzstück
des Projektes „KAPA GS“. Von den Grazer Wissenschaftlern
wurde ein Ausbreitungsmodell für Feinstaub erarbeitet, um die
Auswirkungen von Maßnahmen zur Reduzierung der Partikelbelastung
zu simulieren bzw. die aufgrund der Wetterlage zu erwartende Belastung
zu prognostizieren. Das von Univ.Prof. Dr. Ernst Stadlober vom Institut
für Statistik ausgetüftelte Modell wird in Graz seit dem
Vorjahr eingesetzt und seit kurzem kommt das System auch in Klagenfurt
mit großem Erfolg zum Einsatz, wie Mathiaschitz-Tschabuschnig,
bestätigt: „Das gibt uns die wissenschaftlich fundierten
Daten in die Hand, um konkrete Maßnahmen setzen zu können.
Alle drei Partnerregionen werden in Zukunft das Modell dazu verwenden,
um Daten für sinnvolle Sofortmaßnahmen im Verkehrsbereich
zu sammeln.
Josef Schiffer
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Feinstaub schadet
massiv
< Prof. Dr. Manfred Neuberger |
Auf der Grazer Fachtagung „PM 10 Herausforderung oder Schicksal?“
referierte Prof. Dr. Manfred Neuberger vom Institut für Umwelthygiene
der Universität Wien zur „Medizinischen Relevanz des
Feinstaubes“. Er hat in einer viel beachteten interdisziplinären
Studie nachgewiesen, dass Kinder und ältere Menschen besonders
stark gefährdet sind. Korso sprach mit Prof. Neuberger über
die Gefahren von PM 10, die Belastung in Innenräumen und seine
Forderungen an die Politik.
Wie gefährlich ist die Feinstaubsituation?
Die Luftqualität ist heutzutage zwar grundsätzlich
besser als vor 30 Jahren, aber die stetige Zunahme des Verkehrs,
insbesondere der Dieselfahrzeuge, stellt eine enorme gesundheitliche
Gefahr für die Menschen in urbanen Regionen dar. Nach Zunahme
der Stauboberfläche beobachteten wir an Schulkindern eine Verschlechterung
ihrer Lungenfunktion und an Kindern mit Atemwegserkrankungen eine
Zunahme ihrer Symptome.
Bringt der Dieselpartikelfilter für
Autos etwas, wenn der Großteil des Feinstaubes aus Abrieb
und Aufwirbelung entsteht?
Auf jeden Fall, denn verantwortlich für die
meisten akuten und chronischen Staubwirkungen auf Lunge, Herz und
Gefäße sind Partikel unter 2,5µm, einschließlich
von Ultrafeinstäuben, wie sie durch moderne Dieselmotoren ausgestoßen
werden. Auch unlösliche Feinstaubpartikel aus der Verbrennung
anderer Stoffe (kohlenstoffhältige Aerosole) sind wesentlich
aggressiver als etwa mineralische Stäube aus der Landwirtschaft.
Sie haben auch die Situation in Innenräumen
untersucht, welches sind ihre Erkenntnisse?
In Räumen halten wir uns die meiste Zeit
auf. Wenn dort geraucht wird, ist die Feinstaubkonzentration viel
höher als außen. drei nacheinander verglimmende Zigaretten
lassen in einem 60m2 großen Raum die PM10-Konzentration 10-mal
höher ansteigen als ein gleich lang laufender PKW-Dieselmotor.
Patienten mit Herzkranzgefäßerkrankungen sind schon bei
einem kurzen Aufenthalt in verrauchten Lokalen gefährdet, einen
Herzinfarkt zu bekommen. Auch in Arbeitsräumen ist der Gesundheitsschutz
durch die dzt. Grenzwerte unzureichend.
Was erwarten Sie von der Politik an Maßnahmen?
In erster Linie die Reduktion der Emissionen aus
Motorfahrzeugen, Quersubventionierung des Bahnausbaus durch emissionsabhängige
Straßenbenützungsgebühren, keine Pendlerpauschale
ohne Park & Ride oder Fahrgemeinschaft, zonierte Parkraumbewirtschaftung,
sichere Radverbindungen und attraktive öffentliche Verkehrsmittel.
Der PM2.5-Grenzwert und die Abgasnormen müssen verschärft
werden. Auch die NO2-Belastung ist zu hoch und wird durch die Euro
V-Norm unzureichend gesenkt. Die USA sind uns mit ihrer Norm (EPA
2007) schon einen entscheidenden Schritt voraus.
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Mit Biodiesel gegen
den Feinstaub |
Die gesundheitsgefährdende Feinstaubbelastung in Graz hält
sich seit Jahren hartnäckig auf hohem Niveau. Seit dem Beginn
der technischen Überwachung (2001) wurde der EU-weit vorgeschriebene
Grenzwert von 50 Mikrogramm für PM10-Partikel regelmäßig
um weit mehr als 100-mal im Jahr überschritten – maximal
erlaubt sind 30 Überschreitungen.
DI Andreas Solymos, der Leiter des Betriebsdienstes der GVB-Busse,
stellte beim Biodieselkongress in Barcelona das Grazer Modell für
den Busbetrieb mit Biodiesel vor.
Umfangreiche Maßnahmenpakete wurden inzwischen
von der Politik verabschiedet, aber die Busse der Grazer Verkehrsbetriebe
sind bereits seit über zehn Jahren Wegbereiter auf dem Gebiet
der Feinstaubvermeidung.
Verkehr als Hauptverursacher erkannt
Die Wissenschaft hat längst gezeigt, wo wirksame Maßnahmen
zur Bekämpfung des Krankmachers Feinstaub ansetzen müssen:
Die Ursachen seiner Entstehung sind zwar regional unterschiedliche
– in den Städten trägt aber nach jüngsten Erkenntnissen
mit rund 70 Prozent der Verkehr die Hauptschuld, wobei zwischen
Emissionen aus Verbrennung, dem Abrieb (Reifen und Bremsen) sowie
der Aufwirbelung unterschieden werden muss. Insgesamt pustet der
motorisierte Straßenverkehr über 675 Tonnen Feinstaub
pro Jahr in die Grazer Luft und macht die steirische Landeshauptstadt
damit zur am stärksten belasteten in ganz Österreich.
GVB-Busse umwelttechnisch vorbildlich
Vorbildliches Engagement zeigt die Grazer Stadtwerke AG: Die 133
Niederflur-Busse der Verkehrsbetriebe (GVB) der Grazer Stadtwerke
AG wurden schon 1994 versuchsweise mit Biodiesel betrieben und sind
seit 2004 zur Gänze auf den alternativen Kraftstoff umgestellt.
Die GVB-Busflotte setzt aber nicht nur allein auf den Biodiesel,
der Großteil ist schon mit Partikeloxidationskatalysatoren
zur Reduktion des Feinstaubs ausgestattet. Die Umrüstung der
letzten Fahrzeuge soll nach Auskunft der GVB-Leitung mit Mitte des
kommenden Jahres endgültig abgeschlossen sein.
Die Erfahrungen der Grazer Verkehrsbetriebe werden inzwischen auch
weltweit von Interessenten gefragt, „verschiedene Delegationen
aus dem fernen Asien ebenso wie aus europäischen Nachbarländern
haben die zukunftsweisenden Verkehrslösungen der GVB bereits
mit Interesse studiert“, erklärt DI Andreas Solymos,
der Leiter des Betriebsdienstes der GVB-Busse. Solymos hatte kürzlich
auf einem internationalen Biodieselkongress in Barcelona Gelegenheit,
das Grazer Modell ausführlich vorzustellen: „ Es hat
sich gezeigt, dass wir hier europaweit eine echte Vorreiterrolle
einnehmen, leider haben wir bis jetzt immer noch zu wenige Nachahmer
gefunden.“
Pioniere des umweltfreundlichen Nahverkehrs
Gerhard Amtmann, der technische Leiter der GVB-Bus-Werkstatt, blickt
auf die Anfänge zurück: „Biodiesel wird bei uns
seit 1994 verwendet. Ausschlag gebend dafür war zuerst das
Projekt Ökodrive mit dem Grazer Umweltamt.“ Später
folgten die EU-Projekte Civitas, Trendsetter sowie derzeit KAPA
GS, an denen sich die GVB beteiligt haben oder noch immer mitmachen.
Begonnen wurde mit zwei Testfahrzeugen, die noch von den GVB selbst
umgerüstet wurden. Die Versuche verliefen dabei so zufrieden
stellend, dass schon wenige Jahre später über 40 Busse
ausschließlich mit dem Biokraftstoff unterwegs waren.
Die Vorteile des Biodiesels, der von der SEEG
in Mureck zum Großteil aus Altspeiseöl und Raps erzeugt
wird, liegen dabei auf der Hand, erklärt Solymos: „Biodiesel
ist für die Grazer Verkehrsbetriebe kostenneutral, denn der
geringe Mehrverbrauch wird durch den kleineren Preis leicht wettgemacht.
Im Winter muss allerdings aufgrund der niedrigen Temperaturen ein
Gemisch aus fossilem und Biodiesel verwendet werden.“
Gut gerüstet in die Zukunft
Die Emissionswerte der GVB-Busse wurden allein durch den Einsatz
von Biodiesel schon wesentlich besser, durch den Einsatz von Partikeloxidationskatalysatoren
konnten sie noch wesentlich reduziert werden, erklärt Amtmann:
„Wir haben im Dezember 2004 begonnen, unsere Busse mit diesen
Katalysatoren nachzurüsten. Der Kat von Pankl ist ein offenes,
wartungsfreies System und verlegt sich im Gegensatz zu anderen Filtersystemen
nicht.“ Die neuen Katalysatoren verhindern mehr als 90 Prozent
der Partikelanzahl, die beim Verbrennungsvorgang im Motor entsteht,
und als Nebeneffekt auch den bislang typischen „Schnitzelgeruch“.
„Insgesamt werden der Grazer Luft damit
1,4 Tonnen Feinstaub pro Jahr erspart“, freuen sich die Vorstandsdirektoren
der Grazer Stadtwerke AG Mag. Dr. Wolfgang Messner und DI Wolfgang
Malik. Und DI Solymos ergänzt: „Schwarze Rußwolken
sind damit endgültig passé, denn beim Partikelausstoß
schaffen wir schon jetzt die Euro-4-Abgasnorm, die erst ab September
2006 für Neufahrzeuge wirksam wird.“
– js –
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