Nach sechs Jahren Unterbrechung hat die Europäische Kommission am
19. Mai erstmals wieder ein neues gentechnisch verändertes Lebensmittel
zugelassen. Das Baby hört auf den wenig poetischen Namen Bt11 und
spritzt permanent Gift: Diesem Zuckermais sind nämlich die Gene
des Bodenbakteriums Bacillum Thuringensis eingepflanzt worden, das
ein für Insekten tödliches Gift abscheidet. Auf diese Art genetisch
manipuliert ist die Maispflanze in der Lage sich durch eine Dauerdusche
mit Insektiziden selbst zu schützen. Der wissenschaftliche Ausschuss
für Lebensmittel hat diesen Mais als genauso sicher eingestuft wie
konventionelle Vergleichprodukte und damit als sicher bewertet.
Fachleute sprechen von „substanzieller Äquivalenz“.
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Klage gegen die EU-Kommission
Manfred Grössler, Diplomphytologe und Ernährungsberater,
bezweifelt den methodischen Ansatz dieser Art von Sicherheitsüberprüfung.
Es würden nur isoliert Inhaltsstoffe verglichen, aber es fänden
keine Untersuchungen zur chronischen Toxizität statt. Er bezweifelt,
dass der menschliche Organismus in der Lage ist, genveränderte Substanzen
vollständig identifizieren und verarbeiten zu können. „Die Zulassung
von genetisch veränderten Lebensmitteln widerspricht den Prinzipien
des nationalen Gesundheitsplans“, begründet Grössler auf einer Veranstaltung
der „Plattform Pro Leben – AntiGENTechnik“ sein Engagement für eine
„Gentechnikfreie Steiermark“. Die Plattform (wir berichteten in
Korso 04) wendet sich gegen die EU-weite Zulassung von genveränderten
Produkten bei der Herstellung von Lebensmitteln.
Tötet Bt-Mais nicht nur Schädlinge?
Als argumentative Verstärkung hat die Plattform am 19. Mai den hessischen
Landwirt Gottfried Glöckner in die Steiermark geholt. Glöckner
hält etwa 50 Milchkühe und hat bereits im 1995 den ersten Versuchsanbau
mit genmanipuliertem Mais der Sorte Bt 176 getätigt. Wie der neulich
zugelassene Zuckermais war dieser Mais ebenfalls mit Genen des Bacillum
thuringensis angereichert und stammt ebenfalls von der Firma Syngenta.
Diese Sorte war schon vor Ausrufung des sogenannten Moratoriums
zugelassen worden.
Glöckners Erfahrungen sprechen allerdings für eine Weiterführung
der Denkpause. Einige Jahre verliefen sowohl Anbau als auch Verfütterung
ohne Komplikationen. Im Jahr 1999 baute Glöckner schließlich ausschließlich
diese eine Maissorte an, sodass seine Kühe ab dem Jahr 2000 ausschließlich
mit Bt-Mais gefüttert wurden. Was dann geschah, führt der Landwirt
mit drastischen Bildern vor: Kühe mit geschwollenen Gelenken, geplatzten
Eutern und apathischem Blick. Schließlich verenden mehrere der Tiere,
und ein Veterinärmediziner der Universität Gießen kann einen Zusammenhang
mit der Verfütterung von Genmais nicht mehr ausschließen. Molekularbiologen
fanden schließlich Spuren des Bt-Gens im Pansen und sogar im Kot
der Kühe. Der Versicherung der Firma Syngenta, das Bt-Eiweiß werde
im Maul der Tiere bereits restlos abgebaut, stehen diese konkreten
Erfahrungswerte gegenüber. Syngenta übernimmt nicht die Haftung
für die Schäden aus diesem unfreiwilligen Großversuch, hat aber
mittlerweile die Sorte Bt 176 sowohl in Deutschland als auch in
Spanien stillschweigend vom Markt genommen.
„Die Überprüfungen vor der Zulassung solcher Produkte und die
unabhängige Begleitforschung sind derzeit völlig unzureichend“,
resümiert Glöckner seine Erfahrungen.
Plattform Pro Leben
will den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen verbieten lassen
und bekommt dafür Unterstützung von den Grünen
Plattform-Sprecher Richard Tomasch kann daraus nur eine
Konsequenz ziehen: „In der EU darf der Anbau von gentechnisch veränderten
Pflanzen nicht zugelassen werden.“ Und versucht dies mit einer Klage
gegen die Kommission zu erreichen. Diese hat bekanntlich das Zulassungsverbot
wieder aufgehoben und gestattet den Mitgliedsländern lediglich gentechnikfreie
Zonen auszuweisen.
Damit hätte auch die steirische Landespolitik eine Möglichkeit
den Einzug der GVO (im Fachjargon für „gentechnisch veränderte Organismen“)
in die grüne Mark zu verhindern. Die grüne Landtagsabgeordnete Edith
Zitz plädiert neuerlich dafür, gemeinsam mit anderen Regionen
Europas eine „gentechnikfreie Zone Europa“ durchzusetzen. Sie ist
zuversichtlich, dass es gelingen werde, in dieser Frage einen breiten
Konsens über die Parteien und Interessensverbände hinweg zu finden.
Ob ihr Optimismus begründet ist, ließ sich an diesem Abend nicht
überprüfen, denn alle anderen eingeladenen PolitikerInnen waren
nicht zur Veranstaltung erschienen.
Aber welcher Mensch ernährt sich auch schon ausschließlich von
Zuckermais?
Richard Hubmann
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