Dabei wurden auch so genannte Thermografie-Messungen an den
Schulgebäuden eingesetzt. Mit Hilfe von Infrarot-Kameras konnten
Wärmeaustritts-Profile für Bauwerke erstellt und über Auswertung
dieser Profile in einer ersten Phase viele Schritte unternommen
werden, um zunächst ohne oder mit nur geringen Kosten Wärmeverluste
zu vermindern. In weiterer Folge wurde mit Energieberatern über
weiterführende investive und kostenintensivere Folgemaßnahmen
gesprochen. Für die Jahre 2003/2004 hat das Land nun ein Folgeprojekt
Thermografie eingerichtet: 25 steirische Objekte in verschiedenen
Nutzungs-Kategorien (auch Nutzungs-Mix) werden thermofotografisch
untersucht und analysiert:
Die Absicht dieses, u.a. im Rahmen des Netzwerks Ökoenergie
Steiermark (NOEST) laufenden Projekts ist die Erforschung der
Überzeugungswahrscheinlichkeit, der unterschiedlichen Akzeptanz
bzw. Bereitschaft zum Ergreifen allfälliger Sanierungsmaßnahmen
durch die Gebäudeeigner bzw. -betreiber: öffentliche Hand, Kommunen,
Gebietskörperschaften, Private u.dgl.
Die Bilder der Thermografie-Kamera sprechen für sich:
Objekt vor (l.) und nach einer Sanierung der Gebäudehülle
Sanierung im Contracting
Gerhard Ulz, Geschäftsführer des LandesEnergieVereins Steiermark
(LEV), der neben der Grazer Energieagentur (GEA) für die Projektabwicklung
verantwortlich zeichnet: „Die Dienstleistung Infrarot-Messung
– als Kern des Projekts – dient auch hauptsächlich dazu, bei den
Eignern und Betreibern der erfassten Gebäude ein neues Energiebewusstsein
zu schaffen. Deshalb interessieren hier vor allem auch die Effekte,
die derartige Messungen bei den Gebäudebetreibern auslösen: Schaffung
von Energiebewusstsein zur Motivation für Sanierungsmaßnahmen,
Ausgleich von Interessensgegensätzen ... Immerhin kann nach einer
thermografischen Gebäudeanalyse ein Sanierungskonzept angeboten
und auf die berechtigte Frage, was das kostet, unter Berufung
auf bewährte Contracting-Modelle mit »nichts« geantwortet werden.
Die nach der Sanierung zukünftig zu erwirtschaftenden Einsparungen
finanzieren ein derartiges Projekt.“
Die größten Herausforderungen im Rahmen dieser Aktion sind für
LEV-Geschäftsführer Gerhard Ulz öffentliche Gebäude mit Mehrfachnutzung,
etwa Objekte, die Gemeindeamt, Gendarmerieposten und Raika-Filiale
beherbergen. Hier ist die größtmögliche Komplexität für den Forschungseinsatz
gegeben: konflingierende Nutzerinteressen, komplizierte Eigentümerverhältnisse
u. dgl. mehr.
Das Land definiert diese Aktion daher als Hilfsmittel zur Bewusstseinsbildung
und Werkzeug zur Kontrolle von Sanierungen. Für Private wird ein
symbolischer Kostenbeitrag von € 100,00 eingehoben (obwohl die
reellen Kosten bei mindestens € 400,00 liegen!), auch für interessierte
Genossenschaften hält sich der Preis in Grenzen. Das Projekt soll
im Mai 2004 abgeschlossen sein.
Das Kontingent ist noch nicht voll. InteressentInnen melden sich
beim
LandesEnergieVerein Steiermark | Burggasse 9/II, 8010 Graz
| Tel. (0 316) 877/33 89 | Mail: ulz@lev.at
|
Wo mächtige Interessengruppen ihre Projekte durchsetzen
wollen, wird die Einhaltung rechtsstaatlicher Normen oft nur als
lästiges Hindernis gesehen. In der Folge passiert dann auch „so
manch politisches Agieren contra legem“, wie der steirische Umweltanwalt
HR Dr. Alois Oswald vornehm ausdrückt. In Zeiten, wo nacktes betriebswirtschaftliches
Rentabilitätsdenken als Ultima Ratio gilt, stehen umweltrechtliche
Standards verstärkt unter Druck, wie Oswald an einer Reihe von Beispielen
aus dem Grazer Raum verdeutlicht.
480 Züge pro Tag und keine UVP?
Vor allem große Infrastrukturvorhaben stehen auf der schwarzen Liste
des engagierten Juristen. So beinsprucht Oswald – „obwohl ich selbst
ein Anhänger des Schienenverkehrs bin und viel mit dem Zug fahre“
– den Bau des Koralmbahn-Abschnitts von Feldkirchen bis zum Grazer
Hauptbahnhof. Der Grund: „Man will sich um eine Umweltverträglichkeitsprüfung
drücken, indem einfach behauptet wird, die neue Bahnstrecke stelle
eine bloße Erweiterung der bestehenden Südbahnstrecke um zwei weitere
Gleise dar. Kommt keine UVP, dann wird der Lärm bloß nach der Schienenverkehrslärm-Immissionsschutzverordnung
beurteilt und darf im Alltag doppelt so laut sein wie nach den WHO-Bestimmungen,
nach welchen sich die Umweltverträglichkeitsprüfung richtet. Ich
halte das für untragbar, weil immerhin zwischen 40- und 60.000 Menschen
betroffen sind und 480 Züge pro Tag auf dieser Strecke verkehren
werden.“
Umweltanwalt Dr. Alois Oswald:
„Oft wird mehr Energie in die Umgehung einer Umweltverträglichkeitsprüfung
als in sinnvolle Maßnahmen gesteckt“
Oswald wehrt sich vehement gegen den Vorwurf, ein
„Verhinderer“ zu sein: „Mein Antrag auf Umweltverträglichkeitsprüfung
ist kein Hindernis für den Bahnbau – es kann geplant werden, und
die notwendigen Unterführungen können auch schon errichtet werden.“
Die Akzeptanz für dieses und viele anderer Vorhaben wäre wesentlich
höher, wenn die Menschen den Eindruck bekommen, dass alles getan
wird, um ihre Lebensqualität zu erhalten.“
Konzeptloser Südgürtel
Mit gleichem Engagement verlangt Oswald auch eine UVP für das Grazer
Südgürtel-Projekt; schon die Tatsache, dass der Südgürtel über weite
Strecken als Unterflurtrasse geführt werden soll, kann er zum guten
Teil als Erfolg verbuchen. „Das Problem des Südgürtels liegt darin,
dass es kein Gesamtkonzept und keine Netzanschlüsse gibt – die Liebenauer
und die St. Peter Hauptstraße sind zum Beispiel nicht eingebunden.
Man kann doch nicht den Verkehr mit dem Argument, er werde sich
ohnehin verteilen, in die Stadt ’reinleiten.“ Letztendlich spitze
sich alles auf die heikle Problemstellung zu: Entweder sei gar kein
Gesamtkonzept möglich, dann stelle sich die Frage, ob der Südgürtel
überhaupt die ihm zugedachte Funktion erfüllen könne – oder es gebe
doch ein bis jetzt geheim gehaltenes Gesamtkonzept; dann aber sei
das Vorhaben UVP-pflichtig. „Wenn Südgürtel, Ostgürtel und Nordspange
nämlich Teil einer projektierten Ringstraße sind, dann muss in jedem
Fall eine Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgen.“ Ähnliches, so
Oswald, gelte für den Autobahnknoten Ost: „Auch wenn die Verbindung
sinnvoll ist, gibt’s keine Konzepte, wie Hausmannstätten und Thondorf
angebunden werden könnten, keine Ideen für Ausgleichsflächen – da
fehlt der Wille zum vernetzten Denken, statt dessen ist Salamitaktik
angesagt.“ Und: „Man könnte fast den Verdacht hegen, dass von Gesamtkonzepten
deswegen Abstand genommen wird, weil sich bei einer Umweltverträglichkeitsprüfung
herausstellen könnte, dass die Verkehrsbelastung für Graz durch
all diese Vorhaben nur ansteigt.“
„Mehr Energie in Umgehung einer UVP als in sinnvolle
Maßnahmen“
Anhand des vor allem auf Dieselruß-Emissionen zurückzuführenden
Feinstaub-Problems (KORSO berichtete bereits im September des Vorjahres
als erstes steirisches Medium ausführlich über die Hintergründe
des Problems) erläutert Oswald ein weiteres Versäumnis der Politik
– nämlich „den Unwillen, über eine sinnvolle Raumordnungspolitik
auch eine Verkehrsverringerung zu erzielen.“ „Statt dessen genehmigt
man weitere Shopping Center, die gewaltige Verkehrsserreger darstellen“
– und zwar ohne sich um die entsprechende Zufahrt zu kümmern. „Ein
eklatanter Fall von Ungleichbehandlung“, findet Oswald. Denn jeder
Häuslbauer muss nachweisen, wie die Zufahrt zu seinem Haus erfolgen
soll. Anhand des Beispiels des neuen Shopping-Centers in Seiersberg
könne man zudem demonstrieren, dass „oft mehr Energie in die Umgehung
einer Umweltverträglichkeitsprüfung als in sinnvolle Maßnahmen gesteckt
wird.“
Ob angesichts der Überschreitung der Grenzwerte
um das Vierfache (Meran wurde wegen einer Überschreitung von wenigen
Prozent nahezu zur Gänze für den Autoverkehr gesperrt) nicht auch
kurzfristige Maßnahmen gesetzt werden sollten? Oswald: „Fahrbeschränkungen
für bestimmte Gebiete wären bei Grenzwertüberschreitung jederzeit
möglich – dadurch wird der Autoverkehr ja nicht verhindert, sondern
bloß gelenkt.“
380 kV-Leitung: Touristisches Kapital bedroht
Nicht nur im Verkehrssektor kommt’s zu Konflikten zwischen dem Umweltschutz
und den AnrainerInnen auf der einen und den wirtschaftlichen Interessen
auf der anderen Seite: Ein besonders heiß umkämpftes Projekt stellt
auch der Ausbau der 380-kV-Leitung in der Oststeiermark dar. Oswald
begrüßt, dass sich die steirische Landespolitik für eine Umweltverträglichkeitsprüfung
ausgesprochen hat. „Nachdem auch die Verbund-Gesellschaft einer
UVP zugestimmt hat, rechne ich damit, dass 2004 ein diesbezüglicher
Antrag eingebracht wird.“ Der Umweltanwalt versteht die Bedenken
der Bürgermeister der anrainenden Gemeinden, die eine Erd- statt
der Freileitung fordern: „Schließlich geht’s um das touristische
Kapital des Thermenlandes, das durch die Leitung massiv beeinträchtigt
würde.“ Und: „Wenn es Alternativen für die Stromerzeugung für den
lokalen Bedarf gibt, dann sollte man eher darauf zurückgreifen –
oder eben zugeben, dass die 380-kV-Leitung Teil einer europäischen
Ringleitung ist, durch die dann auch Strom aus osteuropäischen Kernkraftwerken
fließen wird.“
Christian Stenner
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