04 / 2002
 
Nachhaltig Sanieren und Modernisieren durch Contracting

Die Art und Weise, wie Gebäude saniert werden, hat große Bedeutung für Umwelt, Beschäftigungs- und Wirtschaftspolitik. Beim Grazer Thermoprofit-Congress Anfang April sollen "Neue Wege zum Sanieren und Modernisieren" aufgezeigt werden.

Das Zauberwort für ökologische nachhaltige Sanierung heißt "Contracting" und funktioniert so: Ein Contractor (oft ein großes Unternehmen der Energiebranche wie etwa die zertifizierten Thermoprofit-Partner Wärmedirektservice der Grazer Stadtwerke, Steirische Ferngas AG, Steirische Fernwärme GmbH, Österreichische Fernwärme AG, EnergieComfort GmbH und Siemens Landis & Staefa) übernimmt die Sanierung eines Gebäudes – Dämmung, Erneuerung der Heizanlage, Fenstersanierung etc. – und streckt nach Bedarf die dafür notwendigen finanziellen Mittel vor; die erzielte Einsparung bei den Energiekosten wird zur Rückzahlung der Investitionskosten verwendet. Die Haus- bzw. Wohnungseigentümer oder Mieter profitieren durch das verbesserte Wohnklima – und die Umwelt durch geringeren CO2-Ausstoß. Zusätzlich können in die Verträge Bestimmungen aufgenommen werden, die den Contractor verpflichten, im Falle einer Überschreitung der vereinbarten Heizkosten-Obergrenze die Mehrkosten zu refundieren.

Erfolgreiche Projekte
"Die Grazer Energieagentur GEA hat mit "Thermoprofit" ein Contractingmodell entwickelt, das nun auch schon mehrfach in der Praxis erprobt wurde", erläutert GEA-Mitarbeiterin Mag. Wilma Mert. "Die Sanierung der GGW-Siedlung Daungasse, Asperngasse und Wagner-Biro-Straße und jene der Denggenhofsiedlung der Neuen Heimat sind erfolgreiche Thermoprofit-Beispiele." Die innovativen Umsetzungsmodelle wurden im Rahmen eines EU-Life-Projektes entwickelt.

Bis zu 50% Energieeinsparungen
Die Erfolgsdaten sind beeindruckend: Bei der Siedlung Daungasse (Gesamtnutzfläche: 7485 m2) konnten mit einem Gesamt-Investitionsvolumen von 2,18 Mio EUR Energiekosteneinsparungen von 45% erzielt werden. Die Mieter zahlen jetzt pro Jahr um 24.500 EUR weniger Energiekosten als vor der Sanierung, dieser Betrag wird über einen Zeitraum von 15 Jahren für die Finanzierung der Wärmedämmung verwendet, die CO2-Emissionen konnten dabei um 405 t/a gesenkt werden. Hier trägt der Contractor – die Steirische Ferngas AG – das volle Risiko für die Einhaltung der vereinbarten Heizkosten und den Aufwand für die Betreuung der Heizanlage.
Bei der Denggenhof-Siedlung, einer Wohnanlage der Neuen Heimat aus den Vierzigerjahren, bei der speziell auf ökologische Materialien und eine nachhaltige Sanierung geachtet wurde und die 450 Wohnungen mit insgesamt 27.000 m2 Wohnfläche umfasst, ist das Einsparungspotenzial noch gewaltiger: Nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen durch den Generalunternehmer Alpine Mayreder BaugmbH – Dämmung der Außenwände und Decken, Austausch von 1500 alten Fenstern gegen neue Holzfenster – werden die Energiekosten von jährlich 200.000 EUR auf nahezu die Hälfte sinken. Da die Maßnahmen so effizient und Rücklagen aus dem Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag vorhanden sind, werden die Mieter hier trotz der Rückzahlung der Investitions-Finanzierung unterm Strich monatlich weniger Betriebskosten zahlen als zuvor.
 

Ein Haus der Denggenhofsiedlung vor und nach der Sanierung (Infrarot-Aufnahme): Deutlich ist die starke Verringerung der Energieabstrahlung durch die Wände erkennbar
 

3000 Arbeitsplätze
Der Bedarf für weitere Sanierungen ist gewaltig: "Prinzipiell sind alle Groß-Gebäude mit einem Errichtungszeitpunkt ab den vierziger Jahren bis Mitte der siebziger Jahre betroffen", weiß Projektleiter DI Gerhard Bucar von der Energieagentur. "Zurzeit stehen wir mit der Stadt Graz in sehr positiv verlaufenden Gesprächen über die Sanierung der Triestersiedlung." Für Graz liegen einstweilen noch keine Zahlen über das mögliche Gesamt-Sanierungsvolumen vor; für ganz Österreich wird ein Gesamtvolumen von mehr als 1 Mrd. EUR geschätzt. Immerhin 3000 Arbeitsplätze könnten bis 2020 dauerhaft durch nachhaltige Sanierungsmaßnahmen gesichert werden.

Anbieter-Plattform gegründet
Nach einer längeren Anlaufzeit sind nun immer mehr große Bauträger von den Vorteilen der Contracting-Finanzierung überzeugt, betont Bucar. Denn: Vor zwei Jahren wurde mit der Wohnrechtsnovelle Rechtssicherheit darüber geschaffen, dass die Rückzahlung der Sanierungs-Investitionen über die Betriebskosteneinsparungen möglich ist. Und auch auf Anbieterseite tut sich einiges: Immer mehr Unternehmen der Baubranche interessieren sich für den expandierenden Markt der nachhaltigen Sanierung. Mert: "Wir haben eine Anbieter-Plattform mit Firmen gegründet, die sich in diesem Bereich weiterbilden wollen und die Kriterien für ökologisches Sanieren erfüllen."

cs

 
APRIL-AUSGABE
ÖKOLAND STEIERMARK