In Zeiten, wo ProvinzpolitikerInnen dem Standortwettbewerb
als neuer Event-Sportart huldigen, tut es gut, in einem Buch zu
blättern, das gleichermaßen ein „Plädoyer für planetarisches Bewusstsein”
wie ein „Lehrstück für eine planetarische Betrachtungsweise” darstellt
(Vorwort der Herausgeber Wilfried Graf und Christoph Wulf). Und
Edgar Morin – geboren 1919, emeritierter Direktor des französischen
Braintrusts CNRS – ist fraglos einer der wichtigsten jener zeitgenössischen
DenkerInnen, die postmodern fragmentierten Ideen-Ruinen eine zusammenhängende
Sicht des Weltgeschehens entgegensetzen können.
Die Diagnose Morins im Einklang mit Hölderlins
„Wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch”: Der vielfältigen Barbarei
– der zu allen Zeiten existenten „individuellen und kollektiven
Raserei” hat sich die „techno-bürokratische Barbarei” zugesellt,
die sich unter anderem durch die „tendenzielle Kommerzialisierung
jeglicher Lebensäußerung” auszeichnet, stehen nun – wenn auch „mit
enormer Verspätung” – „Ansätze zu planetarem Handeln und Denken”
gegenüber. Mag Morin manchmal auch allzu lyrisch argumentieren:
Die Aussage, dass „das Bewusstwerden der irdischen Schicksalsgemeinschaft
zum Schlüsselereignis des Jahrtausends werden muss”, wird nur jenen
als leeres Wortgeklingel erscheinen, die meinen, die Zukunft bereits
mit der Wahl des richtigen Pensionsfonds in den Griff bekommen zu
haben.
Christian Stenner
Edgar Morin / Anne Brigitte Kern: Heimatland
Erde. Versuch einer planetarischen Politik. Wien: Promedia 1999,
206 S.
KORSO
verlost in Kooperation mit dem Promedia-Verlag 6 Exemplare des Buches
„Heimatland Erde” beim [KORSO-Kulturquiz]
unter www.korso.at!
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