korso Kunst/Kultur
Das Informationsmagazin 
der Steiermark
 
12/2004
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    Krise ist überall: Fehlentscheidung List-Halle Von Beginn weg wurde das Public-Private-Partnership-Projekt Helmut-List-Halle, ebenso Renommier-Location wie Sargnagel des steirischen herbstes, von Seiten des einen Partners – der öffentlichen Hand – mit überschäumender Euphorie und ebenso großem Dilettantismus betrieben. Die Zeche dafür soll nun nach dem Willen der Kleinen Zeitung (und der zählt in diesem Land bekanntlich nicht wenig) der von ihr so titulierte „Feuerkopf“ herbst-Intendant Peter Oswald bezahlen. Der hat aber am Desaster gerade so viel oder so wenig Schuld wie eine Reihe anderer Beteiligter.


Die Schulden des herbst – zur Zeit etwa 1,4 Mio Euro, mit Jahresende sollen davon noch 1.050.000 übrig sein – sind eng mit dem Namen einer Halle verbunden, die wiederum den Namen eines Mannes trägt, der sich damit zu Lebzeiten ein Denkmal gesetzt hat. Und dem dabei auch noch das Kunststück gelungen ist, dieses zweifellos herausragende und hochwertige Bauwerk zu einem nicht geringen Teil von der öffentlichen Hand mitfinanzieren zu lassen.

Immerhin ein Drittel der ursprünglich veranschlagten Errichtungskosten der Helmut-List-Halle wurde bekanntlich aus Steuergeldern bezahlt, je zur Hälfte von der Stadt Graz (hier wiederum ca. 330.000 Euro aus EU-Geldern) und dem Land Steiermark.

Weder Sponsoring noch Mäzenatentum
Damit war aber, wie jede/r der 54 GemeinderätInnen hätte erkennen können, die am 14. Februar 2002 in seltener Eintracht einstimmig den Segen für das „Musterbeispiel für privat-öffentliche Kooperation“ (Kleine Zeitung vom 28.12.2002) erteilten, der Beitrag der öffentlichen Hand noch nicht erschöpft – außer man hätte naiverweise angenommen, dass die AVL den Bau dem zukünftigen Betreiber gratis zur Verfügung stellen würde. Dies war natürlich nicht der Fall: Schon am 05. Februar 2002 hatte sich der steirische herbst – dessen Intendant Peter Oswald sich mit Begeisterung als Hallen-Manager angeboten hatte – zur Bezahlung eines Mietentgelts von insgesamt an die 2 Mio Euro für die Vertragsdauer von 10 Jahren verpflichtet – heute beträgt die Jahresmiete offenbar aufgrund geänderter Vereinbarungen 216.000 Euro.

Zusammen mit den 2.180.000 Euro aus Stadt, Landes- und EU-Geldern für die Errichtung fließen damit weit über 4 Mio Euro aus öffentlichen Geldern in die Halle des Professor List – die im Jahr 2012 wieder in die volle Verfügungsgewalt des Eigentümers übergeht. Da die Bausubstanz – die Inneneinrichtung gehört dem steirischen herbst – bis dahin wohl keinen besonderen Wertverlust erleiden wird, dürfen wir annehmen, dass dem Eigentümer aus dem Hallenprojekt zumindest kein materieller Verlust erwächst.

Mit Fug und Recht also hatte AVL-Marketing-Direktor Michael Ksela anlässlich des Spatenstiches am 15. Februar 2002 erklärt, dass AVL List die Errichtung der Halle „nicht als Sponsoring oder Mäzenatentum“ betrachte, sondern als einen „Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Kunst.“ (Kleine Zeitung vom 16.02.2004)

„Die kostengünstige Bauart der Halle reduziert die Produktions- und laufenden Kosten.“
Vermutlich unter dem Druck der veröffentlichten Meinung und der permanenten Huldigungen der Politik, die in Professor List partout einen Patron der Künste sehen wollte, änderte man dann das Selbstbild: Im Dezember 2003 wurde die AVL, wie es in einem ebenfalls von Ksela verfassten Text auf der Homepage des Unternehmens heißt, „für ihr Kunstsponsoring-Konzept (Hervorhebung C. S.) „Helmut-List-Halle – ein Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Kunst““ „von den Initiativen Wirtschaft für Kunst mit dem österreichischen Kunstsponsoring-Preis „Maecenas 2003“ im Rahmen einer Gala in Wien ausgezeichnet.“

War es den Beteiligten also wenigstens gelungen, eine – wie es im Event-Deutsch so schön heißt – Win:Win-Situation herzustellen? Schließlich hatte es im vom damaligen Baustadtrat Franz Josel vorbereiteten Gemeinderats-Stück geheißen: „Den genannten Kulturpartnern – der Steirische Herbst fungiert als Betreiber – ermöglicht die Errichtung der Halle eine drastische Reduktion ihrer Aufwendungen für temporäre Veranstaltungsorte, die kostengünstige Bauart der Halle reduziert die Produktions- und laufende Kosten.“

Diese Vorschau entbehrte offenbar jeder Grundlage
Unter anderem deswegen, weil die Halle von List an den herbst jungfräulich und völlig leer übergeben wurde. „Für die Bestuhlung und die gesamte technische Einrichtung haben wir insgesamt 1,9 Mio bezahlt“, berichtet Oswald, der glaubhaft versichert, dass der Kauf wesentlich kostengünstiger gekommen sei als von anderer Seite vorgeschlagene Leasing- oder Mietvarianten. Die Notwendigkeit der Einrichtung der Halle durch den herbst war jedenfalls allen Präsidiumsmitgliedern bekannt, bestätigt auch herbst-Präsident Prof. Kurt Jungwirth gegenüber KORSO: „Wir waren nicht über alle Einzelheiten informiert, aber über die Sachlage wussten wir Bescheid, weil Oswald darüber im Präsidium berichtete. Die Einrichtung war ein strittiger Punkt zwischen dem herbst und AVL, und Oswald hat darüber mit Vertretern des Unternehmens verhandelt.“

Business-Pläne wurden nicht angepasst
Offenbar mit wenig Erfolg, der Zeitdruck, unter dem Oswald stand, war jedenfalls gewaltig, galt es doch, die Halle bis zur Uraufführung von Beat Furrers „Begehren“ am 9. Jänner 2003 bespielbar zu machen. Der Abend wurde zum gewaltigen Erfolg, die Halle hatte ihre Feuerprobe bestanden und wurde international für ihre herausragende Akustik in den blauen Himmel gelobt. Beim Gedanken daran gerät der herbst-Intendant noch immer ins Schwärmen: „Die Halle ist einfach toll, besser als der Wiener Konzerthaussaal“ - in der Tat gibt es Kritiker, die sie als beste Akustik-Halle Europas bezeichnen.

Nur: Als Oswald die Betriebskosten-Abrechnung des ersten Quartals in Händen hielt, sei er „fast vom Sessel gefallen“. Auch wenn sich die Betriebskosten in der Folge eingependelt haben – sie liegen derzeit bei ca. 690.000 pro Jahr – spätestens dann musste dem Intendanten und dem Präsidium klar geworden sein, dass die Vorgaben des ursprünglichen Business-Plans, den 2003-Geschäftsführer Eberhard Schrempf erstellt und der eine ausgeglichene Bilanz vorgesehen hatte, keineswegs erreicht werden könnten.

Schrempf rechtfertigt sich damit, dass der Plan für ein ursprünglich wesentlich einfacheres Bauvorgaben, die so genannte „Schachtel“ erstellt worden sei; die AVL habe dann aber eine qualitativ hochwertigere Ausführung angestrebt, was auch die Betriebskosten in die Höhe getrieben habe. Zu dem Zeitpunkt, als der herbst die Halle übernommen habe, sei es weder seine Aufgabe gewesen noch habe ihn jemand darum gefragt, die Planungen den neuen Vorgaben anzupassen.

Fehlentscheidung List-Halle
KORSO erreichte Bürgermeister Siegfried Nagl wenige Minuten nach der Sitzung des herbst-Präsidiums vom 6. Dezember, auf dem die Weichen für eine Entschuldung des steirischen herbst gestellt wurden. In den kommenden Jahren sollen jährlich 250.000 Euro von der Subvention der Stadt an den herbst abgezogen werden, damit sollen die Verbindlichkeiten bezahlt werden. „Die neue Intendantin Kaup-Hasler wird dann zwar 2006 um diese Summe weniger zur Verfügung haben, aber letztendlich wird ihr Budget höher sein als das Oswalds, und sie genießt zusätzlich den Vorteil, dass sie das technische Equipment nicht anmieten muss.“ Damit sind aber die laufenden Abgänge durch den negativen Saldo aus (zu geringen) Einnnahmen auf der einen und Miete und Betriebskosten auf der anderen Seite noch nicht ausgeglichen.

Nagl: „Die Fehlentscheidung List-Halle wird weiterhin einen Fehlbetrag von 250.000 bis 500.000 Euro jährlich erbringen. Dieser Abgang ist für 2005 vom Land Steiermark übernommen worden, für den Zeitraum 2006 bis 2012 ist er noch nicht gedeckt, und wir wissen auch noch nicht, wie wir ihn bedecken werden. Letztendlich sind alle Beteiligten einer Fehleinschätzung unterlegen.“

Das Eingeständnis des Bürgermeisters ist erfrischend. Es nährt die Hoffnung, dass die Politik in Hinkunft etwas genauer nachfragen wird, wenn die Heroen der Wirtschaft und der Kultur Arm in Arm auftreten, Forderungen stellen und das Blaue vom Himmel versprechen. Die Vertreter jener Medien, die in solchen Fällen gerne als Einpeitscher agieren, wären gut beraten - wenn sie sich schon nicht dem mühseligen Geschäft der Recherche unterziehen wollen – zumindest ein wenig Zurückhaltung zu üben. Damit sie später nicht allzu offensichtlich zurückrudern müssen, wenn unbequeme Wahrheiten ans Licht kommen. Oder gar das einstige Liebkind zum Sündenbock umschreiben müssen.

– Christian Stenner –

Lesen Sie dazu auch den Kommentar von Heimo Steps

 

 

  Die Vertreibung der Kunst aus der Kultur


Welcher Kultur- und Kunstbegriff hat die Chance, dem allgemeinen Terror der Trivialität zu widerstehen? Ist die Quote die ultima ratio des von öffentlicher und privater Hand geförderten Kulturbetriebes? In der Reihe Wohin steuert Österreich analysierten auf Einladung der Akademie Graz im großen Minoritensaal Dr. Gerfried Sperl (Der Standard), Univ.-Prof. Dr. Manfred Wagner (Universität für angewandte Kunst, Wien) und der Rektor der Kunstuniversität Linz, Univ.-Prof. Dr. Reinhard Kannonier, in Referaten das Un-Verhältnis zwischen Kunst und Kultur respektive die Qualität der Massenkultur gegenüber der Quotentauglichkeit von Kunst.

Graz, Eröffnung 2003 Reinhard Kannonier > „Event holt alles ein, auch die Kunst.“

Wenn die Vorträge mit Der Einbruch des Boulevard in die Kulturszene überschrieben waren, so muss ein Anflug von Lamento durch die nicht eben erst jetzt als Tendenz sich zu erkennen gebende Tatsache relativiert werden, dass gerade dieser Einfluss des Boulevards ausschlaggebend war für Entwicklungen der ersten und zweiten Moderne und damit für eine Erweiterung des Kunstbegriffes. Gerfried Sperls Erinnerung an überdeutliches Product Placement eines Strumpfindustriellen in der Inszenierung einer Salzburger Mozartoper ist keine Entwicklung erst der letzten Jahre, vielmehr ist diese profane Einmischung Gewinn versprechender Marketingstrategien in die Kunst ein schon zur Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert mit Plakatkunst, Revue, Vaudeville und Industrialisierung einhergehendes Phänomen der Massenkultur. Industriellen Verfahren und Marketing abgekupferte arbeitsteilige Prozesse, Seriellität, Hervorhebung von Image oder Markenführung, jetzt als Branding bezeichnet, wurden letztlich zu integrativen Kriterien der Pop Art. Was per definitionem als populäre Kunst auftrat, war wiederum massentauglich bestenfalls in ihren Accessoires Mode, Musik und Design, nicht aber in ihrem theoretischen Kern. In seiner aktuellen Publikation Das Cover von Sgt. Pepper (Wagenbach 2004) beobachtet etwa der Münchener Kunsthistoriker Walter Grasskamp die Überschneidungen von Pop- und Hochkultur, wonach letztere „aus dem Alltagskontext isolierte Werke hochspezialisierter Kunstfertigkeit“ umfasst, „die sich – etwa im white cube einer Kunstgalerie – als purer Inhalt ausnehmen; Popkultur vermischt dagegen Spezialfertigkeiten, auch traditionell hochkünstlerische, mit medialen Erscheinungsbildern, offenen Vermarktungsstrategien und Alltagselementen, deren Integration Teil der gestalterischen Gesamtaufgabe ist“. Die Pop Art hätte demnach „Techniken und Motive der Massenkultur überwiegend kopiert, um mit ihnen in den Institutionen der Hochkultur zu reüssieren“. Schon der Soziologe Siegfried Kracauer beobachtete in Essays, entstanden in den 20er- und 30er-Jahren, Das Ornament der Masse und die Mächte – Politik, Medien und Industrie –, die in der Lage waren, diese Masse zum Ornament zu formen. Und wieder wird man sich gegenwärtig offenbar der Opportunität der Form bewusst, wenn Reinhard Kannonier feststellt, „was zählt, ist der stromlinienförmige Kreative“ – denn Form ist Macht, wie schon Thomas Hobbes in seinem Leviathan, einer Beschreibung des absolutistischen Staates, 1651 bemerkte. Was Theodor W. Adorno noch als „Unfreiheit verschleiernde Kulturindustrie“ anprangerte, tritt nach Reinhard Kannonier gegenwärtig als die Subsumierung der Masse unter den Event als Teil von Marketingstrategien auf. Zu beobachten ist somit eine Umkehrung der die Moderne prägenden Tendenz, nämlich die Instrumentalisierung der Kunst im Kontext der Ökonomie und Politik.

Event versus Kunst?
„Der inflationäre Gebrauch des Begriffs Event“, so Reinhard Kannonier, „ist in den letzten Jahren ein sprachlicher Selbstläufer geworden, der alles einholt und somit auch die Kunst.“ Die Kunst gerät in einen kunstfremden Kontext und wird etwa als Teil eines umfassenden Touristikangebots gleichwertig neben Sightseeing, Shopping oder Wellness in der Form eines Besuches von Kunstausstellungen im Package angeboten. Ausstellungsmacher wiederum sind angehalten, in ihrer Bilanz eine möglichst progressive Besucherquote anführen zu können, was wiederum mit einer inhaltlichen Anpassung des Ausgestellten an ein Interessensniveau möglichst vieler Menschen – und im allgemeinen nicht spezialisierter – verbunden ist. „Die Konstruktion von spektakulären Ereignissen, auch von solchen künstlerischer Natur, ist keineswegs neu“, relativiert Kannonier aber. „Die Aufführung von Händels Wassermusik im Jahr 1717 mit Lustfahrten auf der Themse war ebenso ein in nicht künstlerisches Umfeld eingebettetes Ereignis wie diverse Aktionen von Futuristen und Dadaisten zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Neu ist die ökonomisch mediale Professionalisierung von Events: Die Zillertaler Schürzenjäger auf Tirols Gletschern, Verdis Aida im Steinbruch von St. Margarethen, Stockhausens Helikopter-Streichquartett zu Ehren von Red Bull am Salzburger Flughafen. Ihnen allen ist eine austauschbare Event-Fassade gemein, unter der die jeweiligen wirtschaftlichen Interessen nach einer bestmöglichen Branding-Strategie suchen.“

Das Eröffnungsspektakel der europäischen Kulturhauptstadt Graz führt Kannonier als Beispiel dafür an, dass zunehmend auch öffentliche Institutionen den Gesetzen des Event-Marketings folgen. „Die eingesetzten Mittel und eines von zwei Zielen sind gleich: Aufmerksamkeit für Kultur zu erregen, zwecks Optimierung der eigenen Position am Markt.“ Ein zweites Ziel ist die Exponierung von Inhalten und Konzepten. Die Erweiterung des Kulturbegriffs in Verbindung mit der Expansion des Dienstleistungssektors in Bereichen wie Fremdenverkehr, Kulturtourismus, PR und Werbung oder Kommunikationstechnologie bilden den „Humus für Eventkultur und den Staubsauger, der von der Eventkultur auf die Kunst angesetzt wird“ und Kannonier fragt, „ob die Kunst sich durch die Erweiterung des Kulturbegriffes in den 60er- und 70er-Jahren nicht vielleicht ein Eigentor geschossen hat?“ Hat diese Erweiterung in der Folge zur „Vertreibung der Kunst aus der Kultur“ (© Walter Wippersberg) beigetragen und stattdessen die Einführung der Quote als Maßstab aller Dinge gefördert? „Die Parallelen zur Politik sind gar nicht erstaunlich: In beiden Fällen hat der jeweils selbst erzeugte Druck des Marktes zu populistischen Strategien geführt, welche Inhalte, Konturen und Programme auffraßen und durch Eventual Design ersetzten.“ Die Folge ist, das der Lebensstil über Lebensweise triumphiert, Design wird zum Sinn und Mittel zur Selbstorientierung.

Event ist Design, Kunst ist Ausdruck
Als Kriterien für ein Verhältnis zwischen Kunst und Event hält Kannonier vorrangig fest, dass der Event Masse bedingt und die Masse bedient, nämlich Masse an Publikum, an Medien, an Finanzen. Nur so erschließen sich wiederum neue Massen, Medien und Finanzen und damit das Interesse der Sponsoren. Das Individuum tritt innerhalb des kollektiven Erlebnisraumes zurück. „Die Kunst hingegen richtet sich primär an das mündige Individuum, auch dann, wenn dieses mündige Individuum in kollektive Situationen eingebettet ist, sei es im Konzertsaal, sei es bei Ausstellungsbesuchen.“ Der persönliche Zugang, das persönliche Erleben, Wahrnehmung und Reflexion von Inhalten erst machen das mündige Individuum zum kritischen Rezipienten. Eventmarketing dagegen ist auf den größtmöglichen Nenner aller potentiellen Zielgruppen und auf die Vermeidung von Individualisierung bedacht. Im Bereich der Kunst aber bestehen nach wie vor Kriterien, die sich sowohl der reinen Vermarktung als auch der Integration in andere Bereiche entziehen. Darin besteht nicht zuletzt auch die allgemeine gesellschaftliche Legitimität der Kunst, kreatives Experimentierfeld zu sein das letztlich für die Entwicklung der Gesellschaft unerlässlich ist. „Wird dieses Feld, dieser Freiraum beschnitten, dann sägen auch andere Teile der Gesellschaft an dem Ast, auf dem sie sitzen, nicht zuletzt auch die Wirtschaft. Kunst hat ihre eigenen spezifischen und individuellen Strategien zu entwickeln. Die wichtigste Reaktion auf den erwähnten Rückkoppelungseffekt durch die erweiterten Kultur- und Kunstbegriffe müsste die Forderung sein, mehr Kunst in den Alltag zu bringen und nicht einfach darauf zu kleben wie es bei vielen Kunst-am-Bau-Projekten passiert; sie muss integrierter Bestandteil einer ästhetischen Gestaltung unserer Umwelt sein“, resümmiert Reinhard Kannonier.

– Wenzel Mracek –

 

 

Comics, Tonto und Laleloo – Künstlergespräch mit Edda Strobl im Forum Stadtpark


„Alles was wir wissen“, stellte der Systemtheoretiker Niklas Luhmann fest, „wissen wir durch die Massenmedien.“ Neben Radio, Fernsehen und Internet sind Massenmedien und die damit einhergehende Bilddistribution unverändert auch von Printmedien bestimmt und die Masse dieser scheinbar die Wirklichkeit abbildenden, nach Ansicht des Philosophen Jean Baudrillard aber eine zweite Wirklichkeit generierenden, Bilder sind ein Fundus, aus dem die Grazer Künstlerin Edda Strobl vorwiegend zeichnerische Überlagerungen und Inhaltliche Transformationen von Wirklichkeiten und Identitäten entwickelt.

Zu Gast bei den Künstlergesprächen im Forum Stadtpark, erzählte die 1962 in Graz geborene Edda Strobl von ihrer Arbeit nicht nur der vergangenen drei Jahre, sondern sie erinnerte auch an ihre Verbindung zum schon fast legendären FOND, einer der wohl progressivsten Künstlergruppen der 90er-Jahre in Graz. Nach Kunstgeschichte- und Philosophiestudium in Graz und einer Restauratorenausbildung in Florenz ist Strobl seit 1991 freischaffende Künstlerin. Um aber ein Stück weiter in die Gegenwart zu gelangen: Im Studio der Neuen Galerie stellte Strobl 1998 unter dem Titel FAD. Fucks and Drugs Zeichnungen als visuelle Versatzstücke verschiedenster Printmedien aus, die, auf Transparentpapier übereinandergelegt, völlig neue Erzählungen und Assoziationen entstehen lassen. In der Technik dieses Durchpausverfahrens oder Outlinings arbeitete sie auch an einer Serie, die wie ein Tagebuch angelegt war, indem sie die täglichen Titelseiten der Kronenzeitung in markanten Konturen durchpauste und persönlicher Tagesaktualität gegenüberstellte. Nach einem halbjährigen Stipendienaufenthalt in Chicago und wieder zurück in Österreich, gründete sie 2001 mit Helmut Kaplan die Comic-Abteilung innerhalb des Elektroniklabels TONTO, ein erstes Heft erschien unter dem Titel Genossen, die Plots entstanden assoziativ in Erinnerung an Träume.

Strobl arbeitet auch an Visuals als Sampling von Videosequenzen, basierend auf gefundenem beziehungsweise selbst gedrehtem Filmmaterial, die in Live-Performances mit der Gruppe Laleloo im Wiener Konzerthaus, der Sammlung Essl oder der Diagonale-Bar im Rahmen von Projekten Christian Loidls, Bernhard Langs oder Robert Lepenik aufgeführt wurden. Nach einem weiteren Aufenthalt in Chicago, während dem sie in einem Park mit Obdachlosen lebte, entstand die Broschüre Tompkins Square Park im Jahr 2002.

Aus der Tonto Mini Comic Neigungsgruppe, einer Initiative für alle Comic-Interessierten, entstanden 2003 elf Hefte und zur Sacher-Masoch-Ausstellung entwickelte sie die Geschichte eines Gesprächs zweier Freundinnen, die von einer anfänglichen Comic-Ebene schließlich in einen reinen Textteil übergeht. Für das -Projekt Real-Utopia im öffentlichen Raum des Bezirks Gries gab Strobl die Wandzeitung Public um die Thematik von Immigranten in zwei Ausgaben heraus. Im aktuellen TONTO-Heft, 2004, nimmt sich Strobl Herman Melvilles Schreiber Bartleby als Comic im Stil der 40er-Jahre an. Bartleby ist Notariatssekretär, der sich zunehmend allen ihm gestellten Aufgaben verweigert – angesichts der Werkliste von Edda Strobl wohl eine deutliche Gegenposition. Die Künstlergespräche im Forum Stadtpark werden am 15. Dezember fortgesetzt, zu Gast ist Markus Wilfling.

– Wenzel Mracek –

 

 

  Kultur in der Steiermark – Erreichtes & Ziele


Landeshauptmann und Kulturreferentin des Landes Steiermark, Waltraud Klasnic, lud zu einer Journalistenrunde in die Grazer Burg, um Erreichtes und Aussichten der steirischen Kulturpolitik, unterstützt durch den Leiter der Landeskulturabteilung HR Josef Marko, den Geschäftsführer der Kultur Service GmbH (KSG), Mag. Bernhard Rinner, und den Generalsekretär des Vereins CineStyria, Enrico Jakob, zu präsentieren.

Einleitend fasst Klasnic zusammen, dass mehr als 400 Kultur-initiativen in der Steiermark von der Kulturabteilung unterstützt werden, darunter 119 freie und regionale Initiativen, die noch bis 2005 in dreijährige Fördervereinbarungen eingebunden sind und im nächsten Jahr in Summe 3,310.746 Euro erhalten werden. Neu ist die Absicherung der Freien Szene durch eine Erhöhung des Förderbudgets um eine Million Euro, ebenso ist die KSG und die Filmförderung Steiermark – organisiert durch die CineStyria – mit jeweils einer Million Euro abgesichert. Mit den weiteren Förderungen für Theaterland Steiermark, Helmut-List-Halle, Styriarte, Literaturhaus und Skulpturenpark - in Zusammenhang mit dem Canetti-Projekt 2005 - und Architekturland Steiermark ergibt diese „überplanmäßige“ Absicherung eine Summe von fünf Millionen Euro, die im Jahr 2004 durch Auflösung von Beteiligungsrücklagen flüssig gestellt wird.

Die Maßnahmen der KSG im Jahr 2004 beschreibt Bernhard Rinner mit den Schwerpunkten „Vernetzung“ mittels Einführung einer Intendantenrunde bzw. Programmbeirates, woraus Programme entwickelt wurden wie ein Carmen-Schwerpunkt um die Styriarte-Produktion 2005 und ein Canetti-Schwerpunkt in Zusammenarbeit mit Literaturhaus, Schauspielhaus und Skulpturenpark. Weiters wurden Logos und Corporate Design unter der Marke „in styria“ entwickelt, dazu Webauftritte unter www.instyria.at und www.cinestyria.at. Die Pläne für 2005 beinhalten unter anderem Promotionsauftritte bei „Kultur-Events“ und Pressereisen internationaler Medienvertreter zu steirischen Kulturveranstaltungen. Eine Veranstaltungszeitung als Kalendarium soll wöchentlich erscheinen und ab März 2005 kommt, in redaktioneller Verantwortung des Wiener Magazins Falter und finanziert aus Mitteln der KSG, ein wöchentliches und damit weiteres Kulturmagazin über den Semmering, der Steiermark-Falter. Die ursprünglich angestrebte gesellschaftliche Beteiligung der Stadt Graz an der KSG kam nicht zustande.

Die CineStyria, hält Enrico Jakob fest, fungiert als Filmbotschafter des Landes Steiermark und ist zentrale Anlaufstelle für Filmförderung, Promotion, Information und Service. Entscheidungsfindungen werden aus den Empfehlungen eines Fachbeirates von einem Vorstandsgremium getroffen, Vereinsobmann ist Dr. Alfred Grinschgl. Im ersten Jahr des Bestehens wurden insgesamt 37 Filme gefördert, davon 10 kommerzielle Produktionen und 28 Nachwuchs- und Experimentalfilme. Jakob verweist besonders auf den Finanzrücklauf in die Steiermark in Höhe von 680 Prozent der Beteiligung an der Satel-Produktion „Der Todestunnel“.

Angesprochen auf das derzeit wohl heikelste Thema steirischer Kulturpolitik, die Finanzprobleme des Steirischen Herbstes, die erfolgten Sonderförderungen des Landes in Höhe von rund 1,5 Mio Euro und die Umstände, wie die 2006 zu gründende Herbst GmbH zustande kommen soll, weist Klasnic zunächst darauf hin, dass „bei aller Kreativität, die die Geschäftsführenden qualifiziert, auch wirtschaftliches Denken eingefordert werden muss“. Das Budget für die Intendanz ab 2007 ist noch nicht fixiert, wenngleich bisher bestehend aus 700.000 Euro seitens Graz, 1,3 Mio Euro seitens des Landes und ca. 600.000 Euro seitens des Bundes. „Aus diesem Budget werden in den nächsten Jahren Rückzahlungen zu leisten sein. Die Höhe der jährlichen Rückzahlungen muss bis zur Gesellschaftsgründung fest stehen.“

Die designierte Intendantin Mag. Veronica Kaup-Hasler dagegen bleibt auf dem Standpunkt, wie schon anlässlich ihrer Vorstellung angemerkt, das Festival nur schuldenfrei übernehmen zu wollen. Die Gesellschaft soll im Beteiligungsverhältnis von zwei Drittel Land und ein Drittel Stadt Graz gegründet werden. Im Jahr 2006 soll mit AVL-List eine neue Vereinbarung über die Betriebsform der List-Halle getroffen werden.

– wm –

 

 

  Zweiter Grazer Kulturdialog: Alles eitel Wonne ?


Der vom Grazer Kulturamt und Kulturstadtrat Mag. Dr. Christian Buchmann initiierte 2. Grazer Kulturdialog im Dom im Berg mutete heimelig wie ein vorgezogenes Adventtreffen an. Vielleicht wurde dieser Eindruck und die allgemeine Stimmung durch die sanft gedämpfte Lichtregie im Dom erzeugt, wer weiß, vielleicht bewusst als Steuerungselement eingesetzt.

Wirkliche Konfrontationen zwischen Kulturschaffenden und der Kulturpolitik blieben jedenfalls aus. Man fühlte sich zu wohl in der Höhle, in der Moderator Otto Hochreiter einleitend und naheliegend mit dem Vergleich um das platonische Höhlengleichnis und die Wahrnehmungsfähigkeiten der – wohlgemerkt platonischen - Höhleninsassen geistvolles Fluidum zu verbreiten bemüht war. Nachdem im Vorjahr ein erster Kulturdialog mit einer Open-Space-Versammlung im Literaturhaus zunächst in einen veritablen Bauchfleck zu münden drohte, infolge aber doch zustande kam, ist Buchmanns Konzept, Generalaudienzen in Form eben dieses Dialog betitelten Verfahrens abzuhalten, offensichtlich aufgegangen. Nach rückblickenden Referaten auf die Entstehungsgeschichte von Kulturbeiräten Harald Saiko und Andrea Schröttner, einem Statement zum Kulturentwicklungskonzept der Stadt von Christian Buchmann, das keine Kürzungen der Subventionen für die freie Szene im nächsten Jahr vorsieht – wenngleich, man erinnere sich an das Gespräch des Stadtrates mit IG-Kultur-Sprecher Michael Petrowitsch im Oktober-Korso, in den nächsten zwei Jahren 55 Prozent des Grazer Kulturbudgets eingespart werden sollen - und dem in Wien ansässigen Grazer Fachbeirat für Theater, Christian Pronay, über die Situation in Graz aus Wiener Sicht sollte nach Protokoll eine offene Diskussion folgen. Die allerdings erschöpfte sich in Dankes- und Lobreden der Kulturschaffenden. Es geht uns also gut!?

Bemerkenswert allerdings ist, dass Buchmann von „stillen Ressourcen“ in der bestehenden 2003-Organisationsgesellschaft sprach, die als „Treibstoff“ dem Kulturbudget zugeführt werden sollen. Kryptisch jedoch gab er sich weiterhin über die Höhe dieser Ressourcen und das Procedere ihrer Umschichtung. Transparenz um die jeweiligen Subventionssummen dagegen ist vom ersten öffentlichen Kulturförderungsbericht der Stadt Graz zu erwarten, der nach Rechnungsabschluss des Jahres 2003 bei StR. Buchmann angefordert werden kann.

Die folgenden Arbeitskreise förderten schließlich doch einige Vorschläge und Anliegen zutage, denen sich die Kulturpolitik widmen sollte: Nach der Evaluierung zur Neuverteilung der Subventionen im Bereich der freien Szene wünscht man sich eine ebensolche für den Steirischen Herbst und die Styriarte. Vor allem sollen die Entscheidungsprotokolle der Kulturbeiräte veröffentlicht werden. Ein Technikpool, Ateliers und Studios mögen eingerichtet werden. Neben einem überfälligen Nutzungskonzept für den „Moloch“ List-Halle wünschen sich die Kulturschaffenden und –veranstalter erschwingliche Aufführungs- und Präsentationsorte neben oder mit dem inzwischen entstandenen Überangebot an Grazer Kulturstätten wie Dom im Berg, Stadthalle, Kunsthaus etc. oder eben dem nicht ausgelasteten Moloch.

Resolution der IG-Kultur
Die wenige Tage zuvor abgehaltene Landeskonferenz der IG-Kultur im Theater am Ortweinplatz ging mit einer Resolution zu Ende, die sich naturgemäß mit einigen der oben genannten Forderungen deckt. Neben dem Punkt Spielstätten und Ateliers soll vor allem der prozentuelle Anteil des Landeskulturbudgets am Gesamtbudget angehoben werden. Derzeit beträgt der Kulturanteil 1,7 Prozent, der auf mindestens 2,5 Prozent angehoben werden soll. 0,6 Prozent davon sollen gesichert der freien Szene zugute kommen. Nachdem es in den letzten Jahren verabsäumt wurde, die gesetzlich vorgeschriebenen Bausummen für öffentliche Gebäude in Gegenwartskunst am Bau zu investieren, fordert die IG-Kultur zum einen die Einhaltung dieser Bestimmung und darüber hinaus die Einrichtung eines Fonds durch Förderer kritischer und innovativer Projekte. Weiters wird die Einrichtung einer amtlichen Stelle zur Antragsunterstützung für EU-Förderungen verlangt. Die Erlöse aus dem ORF-Schilling sollen von bisher 30 auf 38 Prozent erhöht werden. Der Landeskulturbeirat soll gestärkt und mit klaren Förderkriterien ausgestattet werde. Außerdem werden die Medien an ihren Bildungs- und Kulturauftrag erinnert, der auch den kleineren Kulturinstitutionen entsprechenden Raum für Berichterstattung und Rezension geben muss. – Korsare (sic!) aber müssen nicht erinnert werden.

– Wenzel Mracek –

 

 

Neue Leiterin der Provinzialrömischen Sammlung am Landesmuseum Joanneum


Dr. Ulla Steinklauber übernimmt mit 1. Jänner 2005 die Leitung der Provinzialrömischen Sammlung am Landesmuseum Joanneum. Mit ihr hat die Findungskommission – bestehend aus Dr. Elisabeth Walde (Institut für Klassische und Provinzialrömische Archäologie der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck), Dr. Peter Scherrer (Mitarbeiter des österreichischen archäologischen Instituts Wien), Dr. Gernot Picottini (Direktor des Landesmuseum Kärnten i. R.), Peter Pakesch (Intendant des Landesmuseum Joanneum) und Dr. Wolfgang Muchitsch (Direktor des Landesmuseum Joanneum) – eine Provinzialrömerin gefunden, die nicht nur vielseitige Erfahrungen in ihrem Bereich mitbringt, sondern auch dem Landesmuseum Joanneum seit vielen Jahren verbunden ist.

Dr. Ulla Steinklauber, die in ihrer Vergangenheit u.a. so diffizile Großgrabungen wie jene am Grazer Hauptplatz geleitet hat, möchte vor allem der einzigen steirischen Römerstadt – Flavia Solva – besondere Aufmerksamkeit widmen und dort jährlich stattfindende Grabungen anstreben, welche nicht nur die Konservierung der Ruinenstadt sichern, sondern auch eine zusätzliche Attraktion für die BesucherInnen des heuer neu eröffneten Museumspavillons bieten. Fixführungen durch die Ruinen, insbesondere auch für Kinder, werden die archäologische Vermittlung in Flavia Solva verstärken. Im Sinne eines Landesmuseums im besten Sinne des Wortes wird sich die archäologische Präsenz des Joanneum auf die gesamte Steiermark ausdehnen und insofern auch dessen Regionalisierung fördern. Kleinere Forschungsgrabungen sind bereits für 2005 geplant. Vortragsreihen zu aktuellen archäologischen Themen, eine Erweiterung der international bekannten Zeitschrift „Schild von Steier“ um die steirischen archäologischen Unternehmungen und auch andere neue Publikationen sowie eine intensive Zusammenarbeit mit österreichischen und südosteuropäischen musealen Einrichtungen werden zusätzlich neue Impulse für Fachleute und „breites“ Publikum bringen.

Dr. Steinklaubers Vorgänger, Dr. Erich Hudeczek, tritt mit Anfang nächsten Jahres seinen wohlverdienten Ruhestand an und blickt damit auf 34 Jahre erfolgreiche wissenschaftliche Tätigkeit am Landesmuseum Joanneum zurück. Sein letztes Arbeitsjahr – zugleich das Jahr der Römer in der Steiermark – fand seinen Abschluss in der Eröffnung der Römersteinsammlung im neuen Lapidarium und des Museumspavillons Flavia Solva.

 

 

 

  Styriarte 2005 unter dem Motto „Sinnlich“


Ein Fest für alle Sinne, vielleicht sogar ein synästhetisches Festival, soll die Styriarte 2005 im Zeitraum vom 25. Juni bis zum 31. Juli werden. Das verspricht Intendant Mathis Huber, der das Musikfestival seit 1991 leitet und vor kurzem mit dem Hanns-Koren-Kulturpreis des Landes Steiermark 2004 ausgezeichnet wurde. Wie es in der Begründung zur Preisverleihung heißt, ist es ihm unter anderem gelungen, „den Dirigenten Nikolaus Harnoncourt dauerhaft für das Styriarte-Festival zu gewinnen“. Nikolaus Harnoncourt ist es nun auch, der sich für die Styriarte 2005 mit George Bizets Opernbestseller Carmen erstmalig beschäftigt hat. Eine neue Edition auf Basis des Urtextes wurde erarbeitet und kommt in Regie von Andrea Breth mit dem Chamber Orchestra of Europe und dem Arnold Schoenberg Chor in der Helmut-List-Halle zur Aufführung (25., 27., 29. Juni und 1., 3. Juli 2005).

Nikolaus Harnoncourt >

Haydns turbulenteste Oper und ihr tragikomischer Held Orlando Paladino wird vom Concentus Musicus Wien unter der Leitung Harnoncourts zu einem prallen Fest der Sinneslust im Stefaniensaal werden (13., 14. Juli). Auch für Goethes Egmont in Beethovens Vertonung, ebenfalls im Stefaniensaal, steht Harnoncourt am 30. Juni und 2. Juli am Pult. Danach ist der biblische König David Mittelpunkt seiner beiden Konzerte in Stainz, als büßender Sünder in Mozarts geistlicher Kantate Davidde penitente (8., 9. Juli).

Hopkinson Smith interpretiert am 28. Juni im Schloss Eggenberg Kompositionen der Lautenmeister aus Italien und Frankreich des 16. Jahrhunderts. Barocke Himmelstöne sind tags darauf im Minoritensaal mit Emma Kirkby und dem Ensemble London Baroque zu erleben. Am 18. Juli stellt sich Il Giardino Armonico zu einem Erntefest in der Helmut-List-Halle mit Werken von Telemann, Goldberg, Nardini und Vivaldi ein. Die Blockflöte, Flauto dolce, in zahlreichen Versionen packt das Flanders Recorder Quartett am 21. Juli wiederum im Minoritensaal aus und Harfenhörgemälde zaubert Xavier de Maistre unter dem Titel Arpeggio am 28. Juli, zuvor ist es am 24. Juli Arianna Savall, die eigene Kompositionen unter dem Motto Bella Terra mit Harfe und Stimme zum Besten gibt.

Eine Verquickung der Ohren- mit den Gaumenfreuden vollzieht die Styriarte mit Rossinis Sünden am 1. Juli, wenn Eszter Haffner mit Freunden Küchenkreationen und Musik kredenzt. Aus dem dichten und hochqualitativen Programm seien hier noch einige Termine hervorgehoben: Am 15. Juli gastiert der Clemencic Consort mit den Carmina Burana in Helmut-List-Halle. Jordi Savall macht mit drei Konzertprogrammen Station in Pöllau: La Folia (23. Juli), Musica notturna (26. Juli) und Bachs h-Moll Messe (30.Juli). Französische Orgelwerke des 19. und 20 Jahrhunderts und eine Orgel Jam Session stehen in Herz-Jesu auf dem Programm. Der Abschluss des Styriarte Festivals am 31. Juli ist gleichzeitig Auftakt für das Straßentheater Festival La Strada. Gemeinsam mit Pierre Sauvagot entsteht auf dem Freiheitsplatz eine Babel.Platz.Symphonie.

Die Styriarte 2005 dauert fünf Wochen und bringt mehr als 50 Veranstaltungen.
Karten und weitere Informationen unter T 0316-825 000 und www.styriarte.com

 

 

„Wie sich die Bilder gleichen ...“ Tosca an der Grazer Oper An der Grazer Oper hatte im November Tosca von Giacomo Puccini Premiere. Es handelt sich hierbei um eine Übernahme von Dietmar Pflegerls Inszenierung aus dem Klagenfurter Stadttheater des Jahres 2001, welche zwischenzeitlich auch schon im Ausland aufgeführt wurde.


Die Regie lässt die Handlung am Originalort zur Originalzeit spielen (Rom, Juni 1800), Kostüme und Ausstattung dagegen sind in der Gegenwart angesiedelt. Damit sollte wohl die ständige Aktualität der Hauptthemata, Liebe und Eifersucht sowie politische Willkür und Intrigantentum unterstrichen werden. Die Kirche, in der Cavaradossi im ersten Akt am Bildnis einer büßenden Magdalena malt, wirkt sehr nüchtern. Störend die Polizisten im dritten Akt mit ihren Schutzschildern, die eher Assoziationen an eine Opernballdemonstration im Wien des auslaufenden 20. Jahrhunderts wecken. Auch das Feuer in einer Mülltonne, an der sich Polizisten die Hände wärmen können, wirkt im sommerlichen Rom etwas befremdend.

Ansonsten können Regie und Bühnenbild (Bühne und Kostüme Bernd-Dieter Müller und Annette Zepperitz) als durchaus solide Arbeit angesehen werden. Die Kostüme der Hauptdarsteller wirken trotz Gegenwartsbezuges nicht allzu irritierend, obgleich ein wenig mehr Phantasie nicht geschadet hätte. Vielleicht etwas zu vordergründig ist die strikte Farbqualifizierung in schwarz = Bösewicht und weiß bzw. hell = Guter, die Erinnerungen an die Western der John-Wayne-Ära aufkommen lässt, die andererseits die Protagonisten deutlich akzentuiert und die Handlung so klar und leicht verfolgbar ihren Gang nimmt.

Den Hauptpersonen Tosca (Marquita Lister), Cavaradossi (Evan Bowers) und Scarpia (Boris Trajanov) ist gemein, dass alle drei ihre Partien souverän beherrschen. Lister überzeugt in ihrer Emotionalität und sicher gesetzten Höhen und Tiefen ihres Soprans, Bowers versteht es seinen Tenor treffend einzusetzen, ohne je zu übertreiben. Trajanov, der ebenso wie Bowers schon in Klagenfurt seine Partie gesungen hat, ist aufgrund seiner Bühnenpräsenz die beherrschende Figur des Abends. Er füllt die Rolle des Bösewichtes sowohl durch seinen Gesang als auch durch die Optik ideal aus. Das Grazer Philharmonische Orchester unter Wolfgang Bozic begleitet und unterstützt die Sänger routiniert und fehlerlos, ohne die Bühnendarsteller je zu übertönen.

Ein gelungener Abend, durchaus begeistert aufgenommen vom Grazer Publikum. Opernfreunden, die werkgetreue Inszenierungen schätzen und sich am Gegenwartsbezug nicht stoßen, sei die Aufführung ans Herz gelegt, Freunde des Regietheaters werden, abgesehen von der Musik, weniger auf ihre Rechnung kommen.

– Philipp Jöllinger –

Weitere Aufführungen in der Spielzeit 2004/05: 01.12, 22.12, 22.01, 11.02, 10.03, 19.03, 23.03., 02.04, 28.04.

 

 

Herz-Jesu-Kirche behutsam restauriert
< Restaurierter Strahlenkranz für Herz Jesu Kirche


Der aus Südtirol stammende Bischof Johannes Baptist Zwerger rief erstmals 1875 zum Bau einer Herz-Jesu-Kirche in Graz auf, die von 1881 bis 1891 als diözesane Wallfahrtsstätte vom Grazer Architekten Georg Hauberrisser d. J. (Sohn von Georg Hauberrisser d. Ä., der unter anderen das ehemalige „Kommod-Haus“ in der Burggasse erbaute) geplant wurde. Georg Joseph Ritter von Hauberrisser d. J. studierte in München, Berlin und Wien, war ab 1866 in München tätig, wo er 1867 –1874 den Neubau des Rathauses in einem der Spätgotik nachempfundenen Stil nach flandrischem Vorbild mit hohem Turm errichtete. Hauberrisser legte den Entwurf für die Herz-Jesu-Kirche in Graz als Gesamtkunstwerk an, alle Details bis zur Platzierung der Kerzenleuchter stammen von ihm.

Die zu den „bedeutendsten Sakraldenkmälern des Historismus in der Steiermark zählende“ (Landeskonservator Dr. Friedrich Bouvier) Herz-Jesu-Kirche musste einer vollständigen Außenrestaurierung unterzogen werden. Unter Einhaltung des Kostenrahmens von 900.000 Euro konnten die Renovierungsarbeiten am Glockenturm (Bauabschnitt I) und an der Westfassade samt Nordturm (Bauabschnitt II) nun abgeschlossen werden. Im November wurde der neu vergoldete Strahlenkranz von Weihbischof Dr. Franz Lackner gesegnet und am Turmkreuz in 110 m Höhe angebracht.

Mit der Eingerüstung der Kirche Ende April 2004 begannen die Bauarbeiten, die Restaurierung der Steinteile folgte im Mai durch die Fa. Zottmann. Schadenszonen und –ursachen waren drastischer als angenommen: Verschiebungen im Bereich der Fensteröffnungen wiesen auf verstärkten Wassereintritt und damit auf zusammenhängende Quell- und Treibkräfte im Untergrund hin. Ein Abrutschen einzelner Bruchstücke von bis zu 25 kg wäre jederzeit möglich gewesen. Rostende Eisenbolzen mussten behutsam aus den feingliedrigen Fassadenteilen herausgelöst werden um weitere Rostsprengungen vor allem an den Wasserspeiern zu vermeiden. Stark begünstigt durch die Luftverschmutzung und durch allgemeine Erosion und Vergipsung zeigten sich Schäden auch im Bereich des feingliedrigen Fassadenschmucks. Für die Restaurierung der Sichtziegelfassade des Turmes und der Westfassade wurde eine im Backsteinbau erfahrene Firma aus Deutschland herangezogen, die bis zum Spätherbst 2004 ca. 9.000 Ziegel restaurierte und gegebenenfalls austauschte. Das Zeigerwerk und die Zeigerlager der Turmuhr wurde gereinigt und repariert, das Ziffernblatt neu gestrichen und die Uhrzeiger neu vergoldet. Einen nicht unbeträchtlichen Anteil der Kosten verschlang der Taubenschutz. Durch die Anbringung von Edelstahlnadeln und dünnen Kunststoffnetzen soll in Zukunft verhindert werden, dass sich Tauben niederlassen und das Bauwerk durch Verschmutzung neuerlich Schaden nimmt.

Für Landeskonservator Dr. Friedrich Bouvier waren „die behutsamen Ergänzungsmaßnahmen und der sensible Umgang mit der vorhandenen Substanz vergleichbar mit der Wartung eines Objekts und im wahrsten Sinne des Wortes Pflege eines hervorragenden Baudenkmals, das als Gesamtkunstwerk unbeschadet erhalten blieb“. Ohne Unterstützung von SpenderInnen und der öffentlichen Hand (Stadt Graz, Land Steiermark und Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Bundesdenkmalamt) wären die Wiederherstellungsmaßnahmen der Herz-Jesu-Kirche, an denen heuer insgesamt zwölf verschiedene Firmen (ca. 60 Mann) tätig waren, kaum realisierbar gewesen. Im kommenden Jahr werden die Renovierungsarbeiten der Süd-, Ost- und Nordfassade (Bauabschnitt III) fortgesetzt, budgetiert sind dafür knapp 500.000 Euro.

– Katharina Gabalier –

 

 

  Neue Kulturhäuser in Leoben und Bruck


Im neu etablierten KULTUR-QUARTIER_LEOBEN bietet das neue MuseumsCenter Leoben eine vielschichtige Erlebniswelt für den an Geschichte, Kultur und Kunst interessierten Besucher. Unter einem Dach mit der Kunsthalle Leoben wird das MuseumsCenter nicht nur ein nach modernsten Kriterien gestaltetes Ausstellungszentrum sein, sondern auch Kommunikationszentrum für Musik, bildende Kunst, Literatur und Wissenschaft. Inmitten dieses Kunst-und Kulturzentrums, das jährlich ethnologische Großausstellungen von internationalem Format präsentiert, bildet das neue Museum einen Brennpunkt, indem es Stadt-, Regional- und Montangeschichte in einem permanenten Dialog vereint.

Bruck/Mur: LH Waltraud Klasnic, BP Heinz Fischer, Bgm. Bernd Rosenberger mit Gattin und 1. LHStv. Franz Voves

Unter dem Motto „Schienen in die Vergangenheit“begibt sich der Besucher auf eine Reise von der Gegenwart zurück in die Vergangenheit. Auf insgesamt 1.200 m2 Ausstellungsfläche in den Räumlichkeiten des historisch ehemals bedeutenden Jesuitenklosters und in einem seit der Landesausstellung „made in styria“ geschaffenen Zubau wurde das neue MuseumsCenter Leoben realisiert.
Weitere Informationen unter www.leoben.at

Am 2. Dezember wurde das neue Brucker Kulturhaus im Beisein von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer, Landeshauptmann Waltraud Klasnic und Landeshauptmannstellvertreter Mag. Franz Voves eröffnet. Das Kulturhaus zählt zu den bedeutendsten Bauwerken der österreichischen Arbeiterarchitektur der 1. Republik. 1924 als Arbeiterheim errichtet, wurde der für die damalige Zeit überdimensionierte Bau 1993 in einem ersten Bauabschnitt mit einem Kino und einer Kunstgalerie teilweise renoviert.

Mit der Fertigstellung der zweiten Bauetappe im heurigen Dezember verfügt die Stadt Bruck an der Mur nun über ein vielseitiges Kultur- und Veranstaltungszentrum. Die äußere Form des Baukörpers wurde kaum verändert, während der Innenraum neu gestaltet und mit multifunktionalen Sälen und Räumen, mehreren Foyer-Ebenen, einem breiten Gastro-Angebot sowie modernster Veranstaltungstechnik adaptiert und ausgestattet wurde.

Für Bürgermeister Bernd Rosenberger lassen die technischen Finessen und die breite Vielfalt der Präsentationsmöglichkeiten für Veranstalter, Kongresse und Künstler keine Wünsche offen. „Damit bekommt nicht nur das heimische Veranstaltungswesen noch mehr Qualität, sondern es ist ein attraktiver Ort für Firmen, Gesundheitskongresse und Vorstellungen jeder Art und wird schon jetzt als solcher gehandelt“, betonte Bürgermeister Bernd Rosenberger in seiner Festansprache.

 

 

  Förderpreise und Stipendien der Stadt Graz 2004


Der Grazer Stadtsenat vergibt den Kunstförderungspreis 2004in Höhe von je 2.200 Euro an Christian Eisenberger und Michael Gumhold. Aus der Begründung der Jury: „Der 1978 in Graz geborene, in Semriach und Wien lebende Künstler Christian Eisenberger ist unter anderem Maler und Grafiker, Plastiker, Fallensteller im öffentlichen Raum, Möbeldesigner, Fotograf, Wortarrangeur und Museumsdirektor.“ Michael Gumhold (siehe auch ArtBox Oktober-Korso) hingegen, 1978 in Graz geboren, versucht als wesentliche Grundidee in seinen Arbeiten scheinbar Alltägliches auf eine Weise wörtlich zu nehmen, die gesellschaftliche Strukturen sichtbar werden lässt.

Der manuskripte Literaturförderungspreis 2004 ging an Angelika Reitzer und der Musikförderungspreis 2004, ebenfalls jeweils 2.200 Euro, an Thomas Amann und Christian F. Schiller. Weitere Literaturförderungspreise erhielten Georg Petz und Johannes Schrettle.

Der Fotoförderungspreis 2004 erging an Daniel Hafner. Außerdem werden auf Vorschlag der Universität für Musik und darstellende Kunst Begabtenstipendien in Höhe von jeweils 600 Euro an Ines Agallija (Albanien), Shiarhei Kanavalau (Belarus), Elena Kurilova (Russland), Klaus von Heydenaber (BRD), und Zhanna Ivanova (Ukraine) bewilligt.

Kulturstadtrat Christian Buchmann kündigt für das kommende Jahr eine Änderung des Vergabemodus an: Wurden bisher die Kandidaten und Preisträger durch eine Jury ausgewählt, so soll ab 2005 eine offene Ausschreibung auf dem Kulturserver erfolgen. Mit der Ausarbeitung des neuen Modus wurde die Kulturabteilung beauftragt.

 

 

  Digital Communities – Utopie(n) und wie weiter?


Eine Maxime der Aufklärung betont den freien Zugang des Menschen auf Wissen und Wahrheit und mehr noch, der freie Zugriff auf die Welt macht erst das spezifisch Menschliche aus. Schon Francis Bacon, Gottfried Wilhelm Leibniz und viele andere forderten eine vernünftige und rationelle Wissenschaftspolitik, die durch wissenschaftlichen Fortschritt auch den gesellschaftlichen Fortschritt ermöglichen würde. Niccolò Machiavelli und Thomas Hobbes dagegen sahen in der menschlichen Gesellschaft selbst das Ordnungsproblem. Für sie schloss der freie Zugriff auf die Natur den auf die Menschen mit ein und blieb deshalb dem Tyrannen oder Monarchen vorbehalten. Insgesamt aber stand man spätestens seit der Renaissance vor der Frage, wie eine Gesellschaft von erkenntnisfähigen Individuen angesichts ihrer Vielfalt aussehen könnte und diese Frage mündete schließlich in das vielfach durchgearbeitete Gedankenexperiment der Utopie.

Vom Lordkanzler Heinrichs VIII., Thomas Morus, stammt die namengebende Schrift zum Modell: De optimo reipublicae statu deque nova insula Utopia (1516, englisch 1551, deutsch erstmals 1612, 1922 unter dem Titel Utopia). Utopia ist wörtlich ein Nicht-Ort, ein Un-Ort und ein Nirgendwo und bei Morus ein Reisebericht zu einem glücklichen Inselstaat und seiner Gesellschaft, die sich entschlossen hat, in einem auf dem Gemeineigentum basierenden Gemeinwesen zu leben, geprägt von Toleranz und Wissenschaft. Ähnlich, wenn auch zentralistischer versuchte sich 1617 Tommaso Campanella mit seinem Sonnenstaat und etwa zeitgleich Francis Bacon in der Erzählung vom Neuen Atlantis. Höhlen und Türme, Seen und Laboratorien dienen der Erforschung der Natur und der experimentellen Herstellung neuer Stoffe und Instrumente, einschließlich Flugzeugen und U-Booten. Forscher bereisen die Außenwelt als „Lichthändler“, um wissenschaftliche Ergebnisse zu erkunden, andere arbeiten als „Beutesammler“, „Jäger“, „Gräber“ und „Aufteiler“, um in der Literatur, in Experimenten und anderen Wissenschaften das Wissen zu vermehren und zu systematisieren. Ferner gibt es theoretisch tätige Beamte, die die Ergebnisse interpretieren, und solche, die für praktische Anwendungen sorgen. Man geht also arbeitsteilig vor, verbindet Erfahrung, nutzt bestimmte Werkzeuge und knüpft Beziehungen, bildet also eine Gesellschaft, ein System.

Leben im Netz – im Hintergrund die Chimäre

Wie sich die Bilder gleichen (um eine aktuelle Titelzeile mehrfach zu verwerten): „Digital Communities lassen Gemeinschaft, konstruktiven Kontext und soziales Kapital entstehen und treiben die gesellschaftliche Innovation voran. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, die jeweils relevanten Technologien und Infrastrukturen zugänglich zu machen oder überhaupt erst zu entwickeln. Digital Communities setzen sich für eine umfassende menschliche Entwicklung ein, zu der wesentlich auch die Neugestaltung des Machtgefüges zwischen BürgerInnen und Politik, Staat, Verwaltung und Wirtschaft im Sinne von größerer Teilhabe, einer Stärkung der Rolle des zivilen Sektors und der Gestaltung lebendiger Demokratie gehören“, heißt es in der Programmschrift zu einem vor kurzem im Grazer ESC von mur.at, Verein zur Förderung von Netzwerkkunst, abgehaltenen Roundtablegespräch es zum Thema Digital Communities – Utopie(n) und wie weiter? Dort stellte neben anderen der Initiator Franz Nachrada sein Projekt KB5 vor, nach dem fünf „globale“ Dörfer – Heiligenkreuz, Kirchberg, St. Stefan, Wolfsberg und Kirchbach – nach Ausbau von Infrastruktur durch Privatinvestoren über Open Source Technologie vernetzt werden.

Reni Hofmüller referierte die Geschichte von faces – gender – technology – art, eines auf Basis von Mailinglisten sich entwickelnden Netzwerkes. Werner Jauk, Lehrbeauftragter für systematische Musikwissenschaft an der KFUni Graz, bezeichnete Digital Communities als „Vorform einer politisch-sozialen Gemeinschaft“ und betonte grundsätzlich den Vorteil wie die Gefahren, die sich aus der vergleichsweise „einfachen“ Manipulierbarkeit digitaler gegenüber analoger Information ergeben können. Die Digital Community, so Jauk, sei die utopische Vorstellung einer sich selbst organisierenden Gemein- oder Gesellschaft, je nach Schnittmengenanteil politischer, sozialer, wirtschaftlicher oder künstlerischer Interessen. Keineswegs seien die Teilnehmer an digitalen Gesellschaften von ihrer geografisch und kulturell bedingten Identität zu trennen, sind also nicht „ortlos“. Nomen est omen könnte man angesichts einer Akkumulation von Teilnehmern an netznetz.net denken, die/der/das sich als „kollaborativer Prozess zur Sichtbarmachung der Netzkultivierenden im elektronischen Raum Wien, Österreich und wwwweit darüber hinaus“ beschreibt und inhaltlich wohl auf programmatisches Wachstum eines Systems/Rhizoms – das Medium als Botschaft – ausgerichtet ist.
Morus, Bacon, Campanella, McLuhan und Luhmann – schaut’s oba; Turkle und Kurzweil – seither ist noch nichts geschehen.

wenzel.mracek@korso.at

 

 

  Kulturpreise des Landes Steiermark für Bildende Kunst und Literatur


Univ.-Prof. Mag. Wolfgang Herzig ist der Träger des Würdigungspreises des Landes Steiermark für bildende Kunst 2002. 1968 war er Mitbegründer der Gruppe „Wirklichkeiten“. Seine Werke befinden sich in privaten und öffentlichen Sammlungen wie zum Beispiel der Österreichischen Galerie des 19. und 20. Jahrhunderts, der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien, der Modernen Galerie und der graphischen Sammlung Rupertinum in Salzburg und dem Steiermärkischen Landesmuseum Joanneum - Neue Galerie in Graz. Wolfgang Herzig, der sich selbst als „Pinsel-Akribist“ bezeichnet, vertritt laut Eigendefinition eine expressive Variante einer konstruktiven Figuration.

Preisübergabe: Klasnic, Bauer, Herzig >

Wolfgang Bauer wurde von der Steiermärkischen Landesregierung mit dem Peter-Rosegger-Literaturpreis 2004 ausgezeichnet. Mit der Uraufführung von „Magic afternoon“ durch den Regisseur Horst Zankl in Hannover im Herbst 1968 wurde Bauer im ganzen deutschen Sprachraum als Dramatiker bekannt. Über sechzig Bühnen zeigten dieses Seelenzustandsbild einer von den verblassten Geistern der Bürgerlichkeit verlassenen jungen Generation. Seine „Mikrodramen“ werden als Schule machende Beispiele einer fundamentalen, puren Dramatik geschätzt. Mit seiner Hereinnahme trivialer Elemente der Pop- und Weltfilmkultur beteiligte Bauer sich an der Revolte seiner Generation. Seit 1985 vergibt das Land Steiermark den mit 22.000 Euro dotierten Peter-Rosegger-Preis, der sich als Würdigung hervorragender Leistungen im Bereich der Gegenwartsliteratur versteht.

Die Preise wurden am 24. November im Palais Attems durch LH Waltraud Klasnic übergeben.

 

 

„Nur Kinder kennen den Unterschied zwischen guter und schlechter Musik“ Wahlgrazer Sandy Lopicic genießt aufgrund seiner vielseitigen Begabungen, sei es als Komponist, Jazzmusiker, Begründer der „Sandy Lopicic Band“ oder musikalischer Leiter hoch karätiger Theaterinszenierungen auf internationaler Ebene einen ausgezeichneten Ruf. Mit KORSO-Redakteurin Claudia Windisch sprach er über seine neuen Projekte.


Sie sind 1991, ein Jahr vor Beginn des Bosnienkriegs nach Graz gekommen um zu studieren – war der drohende Krieg mit ein Grund für Ihre Entscheidung?

Ich wollte eigentlich immer an der Jazzakademie Graz studieren und kam ursprünglich deshalb auch hierher – zuerst mit der jugoslawischen Staatsbürgerschaft, dann hatte ich die bosnische und jetzt bin ich österreichischer Staatsbürger. Es kam nicht so, wie ich wollte, denn ich war jung und unerfahren, so fiel ich bei der Aufnahmeprüfung an der Jazzakademie durch und studierte schließlich an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Graz Konzertfach Klavier.

Sie zeichnen für die musikalische Leitung zahlreicher Produktionen der Bühnen Graz verantwortlich – ich erinnere an The Black Rider, Sugar – some like it hot, Janis Joplin, Robin Hood u. v. m. Was ist nun eigentlich tatsächlich „Ihres“, schließlich umfasst die Palette der Stilrichtungen ein breites Feld!?

Theatermusik mag ich sehr – Musicals hingegen sind eigentlich gar nicht so „meins“, wobei ich sehr froh bin, Kindermusicals gespielt zu haben, weil dies für mich sehr wertvolle Erfahrungen waren. Kinder sind ein sehr dankbares Publikum – sie sind ehrlich, d. h. sie kennen den Unterschied zwischen guter und schlechter Musik! Simba, Aladin, Alice im Wunderland, Robin Hood, Snoopy, … ich habe tatsächlich schon sehr viele Kindermusicals gemacht.

Können Sie mir schon vorweg etwas zu Ihrem Hamburger Projekt verraten?

Mich hat der neue Intendant des Schauspielhauses Hamburg, Friedrich Schirmer, gefragt, ob ich Interesse hätte, eine „Lopicic-Version“ des „Fliegenden Holländers“ zu komponieren. Der Schauplatz: der Balkan an der südlichen Adria.

„Jesus Christ Superstar“ hat an der Grazer Oper einen vollen Hit gelandet. Sie wurden mit der musikalischen Leitung der erfolgreichen Inszenierung betraut – worin lag die Herausforderung?

Dieses Musical ist eigentlich für ein großes Orchester geschrieben. Wir haben mit einer nur sehr kleinen Band das Regiekonzept der 70er Jahre ins Heute transportiert und so „ausarrangiert“, dass die Substanz der Songs dabei nicht kaputt ging. Das Besondere am „Sandy Lopicic Orkestra“ ist die multikulturelle Zusammensetzung.

Was braucht es um so viele Nationalitäten konstruktiv zu vereinen?

Eigentlich war das ein Zufall. Ich habe im Jahr 1999 die Besetzung von „Black Rider“ fast 1:1 übernommen und in meiner Band engagiert. Dazu kam nur mehr Matthias Loibner mit der Drehleier. Es ist fast nicht möglich ein rein österreichisches Orchester zu gründen, da in Graz die österreichischen Musiker absolut in der Minderheit sind. Musik ist aber zum Glück sehr verbindend.

Sie waren zwischendurch auch in London musikalisch aktiv und hatten dort ja im wahrsten Sinne des Wortes ein „tierisches Vergnügen“ …

Ich habe an einem Fernsehmusical mitgearbeitet bzw. die Musik zu einer Dokumentarserie über die sexuellen Phänomene in der Tierwelt geschrieben.

Schweben Ihnen weitere Pläne dieser Art vor bzw. woran arbeiten Sie ganz aktuell?

Morgen beginne ich mit dem Schreiben der Theatermusik für „Glaube, Liebe und Hoffnung“, ein Stück unter der Regie von Cornelia Crombholz. Außerdem plane ich mein drittes Album und ein neues Programm für mein Orkestra. Das zweite Album war eher experimenteller Natur. Jetzt will ich mit einem gänzlich neuen Album durchstarten! Unser Comeback geben wir am 23. April 2005 im Rahmen eines Balkanfestivals im Orpheum Graz.

Weitere Informationen unter: www.lopicic.com

 

 

  Ein Büro für das kollektive steirische Gedächtnis


Nicht nur belastender Erinnerungen können sich die SteirerInnen in Hinkunft elegant und gleichzeitig nutzbringend entledigen: Ab 25. November können diese im neuen „Büro der Erinnerungen“ am Landesmuseum Joanneum in der Neutorgasse (in den Räumlichkeiten des ehemaligen Ecksaals) „abgegeben“ werden und so in die Landesgeschichtsschreibung einfließen. Die seit Projektbeginn zu einem Berg angewachsenen Erinnerungen sollen nach der Ausstellung im Rahmen von „Graz 2003“ auf die Steiermark ausgedehnt werden.

Die Sammlung „lebendigen historischen Wissens“ wurde im Februar 2004 vom Landesmuseum Joanneum erworben und wird nun im Rahmen multimedialer Gedächtnisforschung vom Büro der Erinnerungen und vom Bild- und Tonarchiv weiterentwickelt. Entstehen soll langfristig ein kollektives steirisches Gedächtnis, das aus einer zeitgeschichtlichen Sammlung steirischer Alltags-, Erinnerungs- und Geschichtskulturen besteht“, heißt es von Seiten des Landesmuseum Joanneum. Die wissenschaftlichen Mitarbeitenden des „Büro der Erinnerungen“, Elke Murlasits und Heimo Hofgartner, haben die Aufgaben, nach Erinnerungen zu suchen, diese wissenschaftlich aufzubereiten und die projekteigene Datenbank im Internet zugänglich zu machen. Weiters sind eigene Ausstellungen, eine Buchreihe, Diskussionen und Workshops zur Gedächtniskultur geplant.

Datenbank: www.museum-joanneum.at/bde

 

 

  Neue Adresse für Faksimile-Aficionados


Für LiebhaberInnen mittelalterlicher Handschriften gibt es eine neue Pflicht-Adresse im Web: Unter www.skriptorium.at bietet das neue Grazer Unternehmen Skriptorium einen weltweiten Überblick über die schönsten und bedeutendsten Faksimile-Ausgaben. Die Faksimile-Bibliothek erstreckt sich von der Antike mit dem Vergilius Vaticanus bis zu den Handschriften der späten flämischen Meister (Das Schwarze Stundenbuch). Unter www.skriptorium.at trifft man auch auf insulare Buchmalerei mit dem Book of Kells ebenso wie auf karolingische (Dagulf-Psalter) und ottonische Buchmalerei mit der Bamberger Apokalypse.

Zusätzlich bietet das Unternehmen auch ein Suchservice, wenn es darum geht, ein Exemplar einer bereits vergriffenen Faksimile-Edition ausfindig zu machen. Replika von mittelalterlichen Rüstungen und Schmuckstücken runden das medievale Angebot ab.

T 0316 890 527 | www.skriptorium.at

 

 

  Domenig feiern! Unter den aktiven Architekten Österreichs ist Günther Domenig zweifellos eine der wichtigsten Persönlichkeiten. Die Verleihung des Goldenen Löwen anlässlich der diesjährigen Biennale in Venedig, mag als Untermauerung dieser Aussage angeführt werden.


Die Architekturfakultät der TU Graz, veranstaltete am 02. Dezember ein Fest zu seinen Ehren. Domenigs, geboren in Klagenfurt, feierte am 06. Juli dieses Jahres seinen 70. Geburtstag, absolvierte 1959 an der TU Graz, und hat hier von 1980 bis 1999 gelehrt. Das Rahmenprogramm beschäftigte sich mit der Person Günther Domenig, seinem Werk und seinem Wirken an der Architekturfakultät.

Dietmar Feichtinger, heute selbst international bekannter Architekt mit Bürositz in Paris, der zu Zeiten Domenigs Professur in Graz studierte hielt den Einführungsvortrag, in dem der Blick von außen auf die spezielle Grazer Situation nachgezeichnet wurde. Danach folgt die Österreichische Erstaufführung des Films „Dreaming in Reality, Günther Domenig am 18. Oktober 2004“, Konzept und Regie von Sigrid Kurz und Karlheinz Klopf. Dieser Film wurde für die - noch bis 08. Jänner 2005 laufende - Ausstellung Domenigs im Österreichischen Kulturforum NY gedreht, und ist dort uraufgeführt worden.

Auf mehreren Projektionswänden waren Domenigs Arbeiten, sowie Interviews mit Weggefährten, Freunden und AbsolventInnen zu hören und zu sehen. Unter diesen etwa: Walter Pichler, Peter Noever, Giselbert Hoke, Prix (Coop Himmelb(l)au), Werner Hollomey, Bettina Götz und Richard Manahl (Artec) u.a.m.

 

 

  Französisch-Österreichisches Kulturinstitut neu


Die Französisch-Österreichische Gesellschaft (Société France-Autriche) hat beschlossen, das Französisch-Österreichische Kulturinstitut an der Adresse Herrengasse 3 in Graz (Gemaltes Haus) weiterzuführen. Damit werden Sprachkurse und Kurse für Französische Sprachdiplome (DELF), Jour fixe, Biblio- und Mediathek, kulturelle Aktivitäten wie Filmwochen u.a. weitergeführt. Zudem wird ein Zentrum für pädagogische Information (CIPEF) den Kontakt mit Lehrern der französischen Sprache sichern. Um den Weiterbestand des Instituts zu sichern, laden Präsident Kurt Jungwirth und die Vizepräsidenten Dominque Bayen, Günther Müller und Gerhard Wielinger ein, der Gesellschaft beizutreten.

Informationen unter T 0316-82 93 96

 

 

  Neue Kunst im Grazer Congress


Nach Umbau und Generalsanierung im Jahr 1999 verdankt der Grazer Congress als Veranstaltungszentrum im Verband der historischen Kongresszentren Europas seinem Leiter Nikolaus Breisach die konsequente Akzentuierung des Hauses durch zeitgenössische Kunstwerke namhafter österreichischer Künstlerinnen und Künstler entsprechend der Philosophie, dass der traditionelle Wert des historistischen Baues auch an sukzessiver Innovation zu messen sei. So konnten in den letzten Jahren durch Breisachs Initiative Künstler wie Gustav Troger, Stefan Sandner, Thomas Stimm, Erwin Wurm und Hubert Schmalix gewonnen werden, die mit ihren Arbeiten in den neu gestalteten Räumen für einen markanten Aspekt der Corporate Identity des zentral in Graz gelegenen Kongresszentrums stehen.

Michael Schuster > < und Michael Kienzer, unverspiegelt

Fünf aktuelle Interventionen erweitern nun als Neuzugänge das diskursive Spannungsverhältnis zwischen historischem Ensemble und künstlerischer Reaktion. Einige der Glassegmente der Kuppel über dem Treppenhaus wurden in der Arbeit von Siegrun Appelt und Gerold Tagwerker durch Spiegelflächen ersetzt – ein nuancierter Eingriff mit immenser Folge: Natürliches Licht von außen wird durch die Spiegelungen der künstlichen Innenbeleuchtung und der erfassten Raumteile gebrochen. Eher den gegenteiligen Effekt erzielt Michael Kienzer an einem vormals verspiegelten Treppenaufgang im Foyer, der bisher eher unglückliche Blicke auf den Hauslift im Raum vermittelte. Durch Auftrag einer monochromen und nahezu opaken Lasur in gestisch malerischem Verfahren wird die Spiegelung entschärft, die Fläche vermittelt nun den Charakter eines informellen Gemäldes.

To whom it may concern stellt Michael Schuster in Form eines konzeptuellen Leuchtkastens mit eben diesem Schriftzug wie ein Hinweisschild in den Eingangsbereich der Langen Halle, eine vielschichtige Aufforderung, sich mit den Kunstwerken, dem Ort und den persönlichen Belangen der Anwesenheit auseinander zu setzen – oder eben auch nicht. Mehrere Plastiken als formale Einzelstücke von Dorothee Golz sind, entsprechend ihrer künstlerischen Auseinandersetzung mit Gebrauchsgegenständen, als Stehtische zu benutzen und als den Raum bestimmendes Werk nimmt Herbert Brandls großformatige Guache den Hintergrund des Podiums im Stefaniensaal ein. Mit diesem annähernd die Raumhöhe ausfüllenden Print simuliert Brandl den Charakter von nass in nass gemalter, informeller Aquarelltechnik.

– Wenzel Mracek –

 

 

  Pinocchio: Gelungenes Kindermusical über’s Mensch-Werden


Nach dem Kinderbuchklassiker von Carlo Collodi wurde Pinocchio von Andreas Staudinger als Librettist und Maurizio Nobili als Komponist und Dirigent auf der Grazer Opernhausbühne in Szene gesetzt. Maximilian Achatz inszenierte das Kindermusical mit dem Ensemble des Next Liberty. Durch die märchenhafte Handlung führt eine Grille, die als Begleiter Pinocchio bei seinen Abenteuern zur Seite steht. Pinocchio, die berühmte Marionette des Puppenschnitzers Gepetto, wird ein lebendiger Bub, der zusammen mit Freundin Spaga gefährliche Abenteuer bestehen muss, bevor er sogar seinen Vater aus dem Bauch des Riesenwals rettet. Für Kinder fast aller Altersstufen spannend und auch für die Eltern unterhaltsam – singen doch die Füchsin und der Kater von der Gier, die so dumm macht, Versprechungen nach Profit ohne Ende zu glauben. Am Ende steht die Antwort auf die Frage: Wo liegt denn der Unterschied zwischen einer Marionette und einem lebendigen Kind? Wer weiß denn, was das Leben wirklich ist? Wer aufgepasst hat und sich auf die Geschichte eingelassen hat, erfährt: es braucht viel Zeit, bis man weiß, was man will, Geduld und jede Menge Mut.

Nächste Aufführungstermine: 16. und 21. 12. um 17.00 Uhr, am 23., 26. und 28. 12. um 11.00 Uhr, am 13. 1. 2005 sowie am 2., 10. und 17. 2., jeweils um 17.00 Uhr. Weitere Termine und Informationen unter www.theater-graz.com | 0316-8008-0

Die Gier ist ein … Grazer Premierenpublikum
Zuerst lachten sie noch verständnissinnig und applaudierten, die (erwachsenen) BesucherInnen der Pinocchio-Premiere, als das Couplet von der Gier erklang, das sich ganz offensichtlich an die Eltern und nicht an die lieben Kleinen richtete. Dann, nach zwei Stunden bester Unterhaltung, ging’s rasch raus ins Foyer: Dort sollte es nämlich feine Schokokrapfen geben, die von der Bäckerei Sorger für die Kinder gesponsert worden waren. Die nun folgende Szene könnte bloß Schlingensief adäquat auf die Bühne bringen: Boutiquengewandete Mütter, elegant gekleidete Väter lieferten sich vor den entsetzt zurückweichenden jugendlichen Krapfen-Austeilerinnen eine erbarmungslose Schlacht, entrissen sich gegenseitig die Mehlspeis-Sackerln – manche ergatterten schamlos drei, vier davon, als gälte es, damit daheim noch ein paar verhungernde Mäuler zu stopfen – und zogen sich mit ihrer Beute in tote Winkel zurück um sie dort zu verschlingen. Nicht wenige Kinder gingen – obwohl sicherlich ausreichend Krapfen für alle da gewesen waren – leer aus. Ein kleiner Junge, dem eine „Dame“ den letzten Krapfen buchstäblich vor dem Näschen weggerissen hatte, brach in herzzerreißendes Weinen aus. Die Gier macht dumm, und hässlich macht sie auch. Sie anzusehen, macht traurig und zornig.

– cs –

 

 

Großer Kunstpreis der Stadt Graz an Erwin Wurm


Der inzwischen international beachtete und aus Graz stammende der Stadt Graz Künstler Erwin Wurm erhält den mit 14.500 Euro dotierten Großen Kunstpreis der Stadt Graz. Nach einstimmigem Beschluss der Jury, bestehend aus Gertrude Celedin, Werner Fenz, Rainer Fuchs, Arnulf Rohsmann, Peter Weibel und Werner Reiterer fasst Peter Weibel in der Begründung zusammen: „Erwin Wurm hat seine Kindheit und Jugend in Graz verbracht. Er hat dort die Volksschule und das Gymnasium absolviert und Kunstgeschichte studiert. Seine Ausbildung als Künstler hat er in Graz erhalten und gemeinsam mit dem großen Dramatiker Werner Schwab den Begriff „Grazkunst“ geschaffen.

Nach seinen wichtigen Beiträgen zur malerischen Skulptur in den 80er Jahren, die vom damaligen Leiter der Neuen Galerie, Prof. Dr. Dr. Skreiner, besonders gefördert wurden, hat er in den letzten Jahren mit seinem Skulpturbegriff, der sich auf die Medien, Fotografie und Video und auf Handlungsanweisungen an den Betrachter erweiterte, einen enormen internationalen Durchbruch erreicht, der bis in den Populärbereich vorgedrungen ist. Erwin Wurms Arbeit wird von internationalen Popmusikgruppen verarbeitet. Er war auf dem Umschlag von „Art in America“ und beginnt demnächst eine Ausstellungstournee durch den gesamten nordamerikanischen Kontinent.“ Erwin Wurm wird „somit zum internationalen Profil der Stadt Graz als Kulturhauptstadt außerordentlich viel beitragen. Sein multidisziplinäres Schaffen zwischen den Medien und Gattungen steht in einer Grazer Tradition. Seine Erweiterung des Skulpturbegriffs steht ebenfalls in der Tradition der Preisträger. Erwin Wurm ist also ein optimaler Kandidat.“

 

 

  Let‘s all get up and dance to a song that was a hit before your mother was born.


„Yellow Submarine” ab 23. Dezember im KIZ
Das „überirdische Paradies“ Pepperland, das „80.000 Meilen unter dem Meeresspiegel“ irgendwo im Nirgendwo liegt, wird von den „Blue Meanies“ heimgesucht. Pepperland, das bisher von Harmonie, Musik und farbenfroher Vielfalt geprägt war, wird in eine in eine öde, trostlos graue Landschaft verwandelt.

Mit Hilfe von phantasievollen Waffen wie den „bissigen Türken“, Clowns, Musik-Abwehrraketen und nicht zuletzt dem berühmt-berüchtigten „Blue Glove“, einem Handschuh, der alles, was sich ihm in den Weg stellt, zu zerstören gedenkt, werden nahezu alle Einwohner von Pepperland versteinert und die bis dahin für Musik sorgende „Sgt. Pepper‘s Lonely Hearts Club Band“ wird unter einer Vakuumglocke eingeschlossen. Nur dem Seemann „Old Fred“ gelingt mit einem gelben U-Boot die Flucht. Er steuert Liverpool in England an, um bei den Beatles Hilfe zu suchen. In dem ebenfalls ziemlich anonym und grau dargestellten Liverpool, wo das „Yellow Submarine“ den einzigen Farbtupfer zu bilden scheint, trifft er zunächst auf Ringo, der „Old Fred“ in das leicht skurrile Haus der Beatles mitnimmt, um die restlichen drei zu suchen. Als schließlich alle beieinander sind, geht es mit dem „Yellow Submarine“ Richtung Pepperland.

Schon bald gerät man in das Meer der Zeit, in dem die Uhren zunächst rückwärts laufen und die „Fab Four“ „When I‘m Sixtyfour“ anstimmen. Danach passieren sie das Meer des Wissens, in dem sich stolzierende Teekannen, blaue Elefanten, lila Dinosaurier und Vakuumsauger tummeln. Ringo aktiviert unbeabsichtigt den Schleudersitz und wird in die unendlichen Weiten der Märchenwelt geschleudert, wo er sich mit diesen Wesen herumschlagen muss. Währenddessen wird auch das „Yellow Submarine“ von springenden Socken und boxenden Dinosauriern angegriffen … Der 90minütige Bilderrausch gilt bis heute als Kultfilm der Psychedelic-Ära und als Pionierarbeit im Bereich Zeichentrick. Maßgeblichen Anteil an der überquellenden, bizarren Fantasie in Form und Farbe hatte der Düsseldorfer Pop-Art-Künstler Heinz Edelmann. „All You Need Is Love“

Regie: George Dunning. Drehbuch: Al Brodax, Roger McGough, Erich Segal, Jack Mendelsohn, Lee Minoff. Kamera: John Williams. Musik: John Lennon, Paul McCartney. Schnitt: Brian J. Bishop. Produzent: Al Brodax. Produktion: King Features, Subafilms, Apple Corps. GB, US 1968. 35mm. Farbe. 90 min. Stereo. 1:1,37. English OF. Ab 6

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KORSO verlost in Kooperation mit dem Kino im Augarten 5 x 2 KIZ-Eintrittskarten beim KORSO-Kulturquiz!

 

 

  Weihnachts-Feeling im Volkskundemuseum Die Atmosphäre eines ganz besonderen Weihnachtsmarktes war bei der Eröffnung der Sonderausstellung des Volkskundemuseums „Watte, Glas und Flittergold“ sicht- und spürbar: Glasperlenschmuck aus Gablonz, Kartonschmuck aus der Tschechoslowakei, Watteschmuck aus Russland – darunter „Nils Holgerson auf der Gans“ und „der schlaue Fuchs“, Christbaumspitzen aus Glas, Lametta und leonischem Draht und viele weitere Exponate wurden von den BesucherInnen bestaunt

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„Auf der Suche nach einem Weihnachtsaustellungsthema, das zum Staunen anregt, dachten wir zunächst an die Objekte einer Grazer Christbaumschmuckfabrik. Dann aber ist Schritt für Schritt die Privatsammlung von Ulrike Eberhart zum Mittelpunkt der Ausstellung geworden“, erklärt Dr.in Roswitha Orac-Stipperger, Leiterin des Volkskundemuseums. Vor etwa zehn Jahren wollte Ulrike Eberhart alten Schmuck für einen einzigen Christbaum erwerben. Konsequentes Suchen im Freundes-, Bekannten- und Verwandtenkreis erbrachte Christbaumschmuck für mehr als einen Baum. „Die Suche entwickelte eine Eigendynamik. Geschlossene Familienkonvolute kamen hinzu, sehr viele Stücke wurden in Österreich und während Reisen auf Flohmärkten, in Antiquariaten und auf Auktionen erworben“, erläutert Eberhart das Entstehen der etwa 900 Stück umfassenden Sammlung. Zwei Drittel davon werden systematisch geordnet in 15 Vitrinen präsentiert.

Geschichten, Motive und Materialien.
„Jedes Stück dieser Ausstellung hat eine besondere Geschichte. Die ehemaligen NutzerInnen haben es abgelegt, es wurde aufbewahrt und erfüllt nun als Sammelobjekt eine neue Funktion“, so Orac-Stipperger. Zu den Raritäten zählen eine Box mit dem Bild der Kaiserin Elisabeth, rote Schuhe mit Krampusbildern und eine in St. Petersburg erworbene Christbaumspitze, die einen Sowjetstern darstellt. Neben Glas zählte im 19. Jahrhundert die „Dresdner Pappe“ zu den beliebtesten Materialien. Ende des 19. Jahrhunderts waren die im böhmischen Gablonz hergestellten Holzglasperlen und ab den 30er Jahren mit winzigen Glaskugeln („Venezianischer Tau“) überzogener Karton die Favoriten. Glas ist nach wie vor sehr beliebt – in drei Tischvitrinen werden u. a. Produktionsschritte von Christbaumschmuck einer bis 1996 in Graz ansässigen Christbaumschmuckfabrik gezeigt.

Christbaumschmuck aus der Sammlung Eberhart >

Die Geschichte des Christbaumschmuckes ist nicht sehr alt
Früheste Nachrichten über geschmückte Christbäume stammen aus dem 16. Jahrhundert aus städtischen Zünften Nordwestdeutschlands. Mitte des 19. Jahrhunderts beginnt haltbarer Schmuck die davor übliche Dekoration aus Äpfeln, Nüssen und Zuckerwerk abzulösen. Im thüringischen Lauscha werden zu dieser Zeit erstmals Glaskugeln hergestellt. Lauscha hat sich seit der „Wende“ als Zentrum der Glaskunst etabliert. In Österreich setzt sich der Christbaum als weihnachtliches Symbol schlechthin ab der Mitte des 19. Jahrhunderts im städtischen Raum, im ländlichen Raum erst im Laufe des 20. Jahrhunderts durch.

– Doris Schmid –

Die Ausstellung ist noch bis 30. Jänner 2005 im Volkskundemuseum, Paulustorgasse 11 bis 13a, zu sehen.
Öffnungszeiten: Di.- So, 10-18 Uhr, Do. 10 – 20 Uhr, zusätzlich am 24.12.2004, 10-14 Uhr und am 26.12.2004, 10-18 Uhr.
Infos: T 0316 - 8017-9899 | www.volkskundemuseum-graz.at

 

 

  Zeitanlyse / Wissenschaft / Religion – Reihe zur Forschung in Graz bei den Minoriten


Die Wissenschaftsschiene im Kulturzentrum bei den Minoriten dient dazu, Forschung und Wissenschaft eine breitere Öffentlichkeit im kulturellen Kontext zu bieten. In den letzten beiden Jahren wurde mit „open university“ – „Puzzle Mensch“ (2003); „Puzzle Leben“ (2004) eine erfolgreiche universitätsübergreifende Veranstaltungsreihe initiiert, die die existenziellen Fragen des Menschseins in den Blick nimmt. Diese Reihe wird 2006 fortgesetzt.

Mit 20. Jänner 2005 startet eine von Astrid Kury gestaltete Reihe, die bevorzugt jungen WissenschafterInnen eine multimedale Plattform bietet, ihre Forschungen der interessierten Öffentlichkeit, außerhalb der Scientific Community, vorzustellen. Die Stadt Graz definiert sich nicht nur als Kulturstadt, sondern auch als Standort wissenschaftlicher Innovation. „Forschung in Graz“ leistet einen Beitrag zum Image als Wissenschaftsstadt und verankert die besondere Bedeutung wissenschaftlicher Forschung im öffentlichen Bewusstsein. Die Vortragsreihe konzentriert sich auf die umfassende Präsentation von herausragenden Projekten an Grazer Forschungseinrichtungen. Dabei werden innovative Ergebnisse in einen unmittelbaren Zusammenhang mit unserer gegenwärtigen Lebenswelt gestellt – von anwendungsorientierten Innovationen für Industrie und Wirtschaft bis hin zur Thematisierung aktueller Fragestellungen des sozialen und kulturellen Lebens.

Der erste Vortrag von MitarbeiterInnen des SFB an der Karl-Franzens-Universität Graz. behandelt den interdisziplinären Spezialforschungsbereich „Moderne. Wien und Zentraleuropa um 1900“. In der Folge werden die Forschungsprojekte „Stadt und Landschaft“, „Aroma“, „Was das Leben schwer macht. Leiden an gegenwärtigen kulturellen und sozialen Bedingungen“, „Optimierung und Kontrolle“ und „Eine neue Sichtweise der Erste-Person-Perspektive“ vorgestellt.

Detaillierte Informationen finden Sie unter www.minoriten.austro.net

 

 

  Förderungspreis des Landes und Artists in Residence in der Neuen Galerie


Aus 210 Einreichungen wurde der Förderungspreis des Landes Steiermark für zeitgenössische Bildende Kunst 2004 zum bisher dritten Mal und nach einem 1999 entwickelten Kuratorenmodell vergeben. Alle zwei Jahre sind mit der Steiermark verbundene Künstlerinnen und Künstler eingeladen, Dossiers zu ihren Arbeiten einzureichen. Der diesjährige Kurator, Dirk Snauwaert, Kunsthistoriker am Musée d’art contemporain in Villeurbanne bei Lyon, hatte im zweiten Schritt des Verfahrens 14 Positionen ausgewählt, worauf die KünstlerInnen eingeladen wurden, sich im ersten Stock der Neuen Galerie mit aktuellen Arbeiten zu präsentieren.

Sonja Gangl, HIDDENTITIES_1, 2004, Colorprint/Diasec

Die keiner Themenvorgabe unterworfene Schau dieser Arbeiten gibt aufgrund verschiedenster Ansatzweisen und Ausdrucksmedien nun einen spannungsreichen Überblick herausragender Werke der steirischen Kunstszene. Der Förderungspreis des Landes Steiermark 2004, in der Höhe von 11.000 Euro, ergeht an Sonja Gangl, geboren 1965 in Graz und Absolventin der Akademie der bildenden Künste und der Hochschule für angewandte Kunst in Wien. In seiner Begründung führt Dirk Snauwaert an, dass die Künstlerin, die vorwiegend mit den Medien Fotografie, Video und Computer arbeitet, ihre medialen Ansätze mit klassischen Medien wie Zeichnung und Malerei verbindet. „Die Wechselwirkung zwischen fotografischen und malerischen Strukturen der Bildfindung stellt Gangl nicht nur in ein formales Spannungsfeld, sondern auch in ein inhaltliches. Die Verbindung der Gegenüberstellung von Betrachtung und Voyeurismus, Begehren und Konsum, Sexualität und Disembodied (Werktitel) – Körperlichkeit fusioniert sie zu einer höchst aktuellen Erweiterung der malerischen und zeichnerischen Verarbeitung von fotografischem Material.“

Reverend Ethan Acres, Transportable Hochzeitskapelle in der Ausstellung “Las Vegas – the magic hour”, Grazer Künstlerhaus, 2001

Weitere Preisträger und ebenfalls in der aktuellen Ausstellung der Neuen Galerie mit ihren Arbeiten vertreten: Josef Trattner erhält den Viktor-Fogarassi-Preis in Höhe von 4.000 Euro. Trattner verwendet vorwiegend das „kunstunwürdige“ (Snauwaert) Material Schaumstoff und ist etwa mit seinen Metasofas im öffentlichen Raum der Kulturhauptstadt 2003 in Erinnerung. Der Preis des Bundeskanzleramtes mit 3000 Euro geht an Anita Leisz, die sich in ihren Arbeiten „Strukturen von Architektur und Skulptur sowie der Zeichnung im sehr erweiterten Feld“ annimmt. Den Humanic-Preis, 2000 Euro, erhält Franz Kapfer, der inhaltliche Bezüge zu römischer Geschichte, Mythologie des Mittelalters und der Landesgeschichte herstellt. Als „Quereinsteiger“ geht der Preis der Steiermärkischen Bank und Sparkassen AG, 726 Euro, an den Maler Årge Kugelstein. Arbeitsstipendien des Landes und des Bundeskanzleramtes in der Höhe von je 2000 Euro gehen an das Duo Marusa Sagadin und Michael Hilsmair, an Christian Kobald und an Klaus Schuster. Weiters werden Werke von einem anonymen Künstler, der mit gemalten Figuren auf Pappe im öffentlichen Raum auftritt, von Atelier Sheriff, Klaus Schafler, reMI, Norbert Trummer und Michael Zinganel um die Gesamtsumme von 8.000 Euro angekauft. Die Arbeiten der Preisträger sind bis zum 9. Jänner im ersten Stock der Neuen Galerie zu sehen.

Seit 1993 besteht das Artist-in-Residence-Programm der Neuen Galerie, das internationale und österreichische KünstlerInnen nach Graz bringt und Grazer KünstlerInnen Kontakte ins Ausland ermöglichen soll. In Kooperation mit Museen und Institutionen ergehen Vorschläge für den Austausch, durch den avancierte Kunst in allen Medien und Ausdrucksformen werkstatthaft und exemplarisch gezeigt werden kann. Unter dem Motto Präsenz des Performativen in Skulptur, Malerei, Fotografie zeigt die Neue Galerie nun eine Schau von zwölf künstlerischen Positionen, die aus dem Programm der Jahre 2001 bis 2004 hervorgingen, darunter Reverend Ethan Acres, ein in Las Vegas lebender Künstler-Prediger, der in Graz schon mehrfach und auch im Rahmen der Ausstellung „Las Vegas – the magic hour“ in der Neuen Galerie vertreten war. Gezeigt wird ein Video, das während einer Predigt-Performance in einer katholischen Kirche entstand. Madeleine Berkheimers (NL) Arbeit ist geprägt von Heterogenität der Materialien und Ausdrucksweisen, durch die sie etwa in Installationen Grenzen und Tabuzonen zwischen Körper und Raum thematisiert oder markt- und gesellschaftskritische Untersuchungen anstellt. In ihrer Arbeit warriors zeigt Sinje Dillenkofer (D) schemenhafte und manipulierte Fotografien von Rüstungen aus dem Grazer Zeughaus. Die ägyptisch-deutsche Künstlerin Susan Hefuna entwickelte 2004 eine grafische Serie zum Motiv des Mashrabiya, dem orientalischen Haremsfenster.

Der Schweizer Axel Huber untersucht in seinen Fotografien die mediale Mythenbildung und geschichtsträchtige Ortszuweisungen, konzeptuelle Fotografien stammen von der Tschechin Mílá Presalová und die Schwedin Judit Strøm bewegt sich in ihren großformatigen Acrylbildern zwischen Zeichnung und Malerei. Mit Malerei vertreten ist auch der Däne Per Mølgaard, minimalistische Plastik kommt von Jeppe Hein (DK), Installationen von Ján Manuska (CZ), Nancy Rubins (USA) – deren Airplane Parts and Building im Skulpturenpark zu sehen ist - und Sissi (I). Die Präsenz des Performativen ist ebenfalls bis zum 9. Jänner zu sehen.

Weitere Informationen unter www.neuegalerie.at

– Wenzel Mracek –

 

 

  „Nicht das Wetterfähnchen ändert sich, sondern der Wind“


KORSO fragte den steirischen Kulturfachmann Dr. Heimo Steps, ob wir seinen in der „Kleinen Zeitung“ nur sehr fragmentarisch wiedergegebenen Beitrag zur „herbst“-Diskussion veröffentlichen könnten. Heimo Steps: „Mir hätte es auch gefallen, wenn ihn die ,Kleine Zeitung’ im Ganzen publiziert hätte. Daher habe ich nichts dagegen. Und grundsätzlich teile ich die Meinung Sören Kierkegaards, dass die Polemik der Wahrheitsfindung dient.“

Der Provinzler Michel de Montaigne (1533 – 1592) notierte in seinem abgelegenen aquitanischen Schreibturm: „Es scheint, von allen Gaben des Geistes hat die Natur die Gabe des Verstandes am gerechtesten verteilt; denn niemand beklagt sich über die ihm zugemessene Portion.“

Frido Hütter am allerwenigsten, wie es scheint. Mit weltmännischer Grandezza zeiht er die bisher immer provinzielle und daher von ihm nur sehr selektiv wahrgenommene steirische Kulturszene des Kuschens oder der Schmähstadheit und tut so, als ob er ihr Feuer unterm Hintern machen wollte. Zynismus ist auch dann nicht entschuldbar, wenn er aus blinder, tauber und gespürloser Eitelkeit sprießt.

War F. H. nicht der willfährige Herold der Meisterlizitierer von 2003, der Intendanten, Geschäftsführer, Programmbeiräte und ihrer noch willfährigeren politischen Zuarbeiter, denen wir jetzt die ausgiebige, aber nicht einträgliche Nachhaltigkeit in der anmutigen Form einer desaströsen finanziellen Misere verdanken? Hat er nicht die greisen Literaten und die zu kurz gekommenen oder überhaupt nicht beachteteten Wappler großzügig mit seinem Mitleid gesalbt, während er auch noch so selbstreferenziellen und -zugeteilten Großprojekten der Programmbeiräte huldvoll seinen medialen Segen erteilte ? Wes Brot ich ess’, des Lied ich sing. Und nun schon wieder! Nicht das Wetterfähnchen ändert sich, sondern der Wind.

Zynisch ist es, den im Zwangskorsett kleiner Budgets steckenden Kulturinitiativen und Kunst- und Kulturproduzenten zuzurufen: „Jetzt reißt euch mal am Riemen!“, wo der selbstbewusst angemeldete finanzielle Mehrbedarf großer Institutionen selbstverständlich wahrgenommen und ihre lässigen Budgetüberschreitungen zum Kavaliersdelikt geadelt und damit selbstredend auch nachfinanziert wurden. Diese Praxis hat diejenigen geradezu ausgehungert, die, geht es nach unserem Rufer von der Burg, jetzt die herbstlichen Kastanien aus dem Feuer holen sollen.

Jedenfalls hat der aquitanische Edelmann Montaigne von seinem entlegenen Schreibturm im 16. Jahrhundert aus mehr wahrgenommen als es der weltmännische Medienmann des 21. Jahrhunderts Frido Hütter in unserer Kulturmetropole je tun wird. Freilich wissen wir wohl, dass wir uns kein Bildnis machen sollen. Und das lässt hoffen – wie auch sein Wagemut, diesmal beim Schreiben „Volles Risiko“ gegangen zu sein.

– Heimo Steps –

 

 

Das Haus der freundlichen Offenheit
Eine Literaturhaus-Zwischenbilanz von Willi Hengstler

< Gerhard Melzer, Fachmann für die Bewerbung des Produktes Literatur


Es gibt Leute, auf die jedenfalls die Metapher „Sonntagskind“ zutrifft. Meine erste Erinnerung an Gerhard Melzer ist, wie er von Volker Schlöndorffs Dreharbeiten zu Musils „Die Verwirrungen des Zöglings Törless“ in Schloss Eggenberg erzählte. Der Regisseur hatte ihn als Statist einen Bettler spielen lassen, der einen Regenwurm verschluckt. Wie Melzer sich selber nachspielte, sich zurückbeugte und den Regenwurm andeutete, war klar, dass aus diesem schlanken, lockeren Kerl was werden würde. Wofür sich andere plagen müssen – Mitarbeiter internationaler Zeitungen, des ORF, Universitätskarriere, Leiter des Nabl-Institutes – gelang ihm anscheinend mühelos. Und die freundliche Offenheit, die man braucht, damit einem die Dinge zufliegen, ist auch zum Kapital des Literaturhauses geworden, das Melzer seit 11/2 Jahren führt. Zeit genug sich nach 2003-Euphorie und herbst-Kater zu fragen, ob die an das Haus in der Elisabethstraße 39 geknüpften Erwartungen eingetroffen sind.

Schlagende und heitere Querverbindungen
Das kaisergelbe Literaturhaus der Stadt Graz, zuvor das „Grazer Kulturhaus“ unter seinem exzellenten und bärbeißigen Leiter Otto Breicha, hatte es nicht immer leicht, angenommen zu werden. Es liegt sozusagen an der äußersten Grenze der Innenstadt mit ihren kulturellen IA-Einrichtungen. Würde sich das ganze Spektrum der Literaturvermittlung – Lesungen, Ausstellungen, Happenings, theatralische Arbeiten – mit dem wissenschaftlichen und archivarischen Betrieb kombinieren lassen, ohne zum dornröschenhaften Literaturschloss zu werden? Und würde das Angebot vom Publikum, den schreibenden Monomanen und den literarischen Gruppierungen gleichermaßen angenommen werden? Dass sich die Frage mit „ja“ beantworten lässt, hat eben mit Melzers kluger Verbindlichkeit und Offenheit zu tun.

Werbung für das Produkt Literatur
Sein Programm erfindet kaum Neues; es ist nur gut. Als undogmatischer Literaturfan sucht er schlagende und heitere Querverbindungen: Eine Kältekammer für das Programm „Kälte“ oder einen Abend mit „Die Geheimen Anstalts-Tagebücher von Stermann und Grissemann“. Neben vollem Haus (etwa mit Ransmayer oder Haneke und Kuseij) gähnt manchmal allerdings auch die Leere. Wobei solche Abende – wie unlängst der mit Paul Wühr – nicht auf mangelnde Qualität zurückzuführen sind. Aber im Großen und Ganzen geht das Konzept unterschiedliche Gruppen gezielt anzusprechen auf. Dahinter steckt der freundliche Wunsch – Produktwerbung zu machen, und das Produkt heißt Literatur. Da gibt es den prominenten „Leser des Monats“, wie etwa den Pianisten Schirmer, der ein völlig anderes Publikum anlockt als die experimentielle Literatur, für die der Mitarbeiter Paul Pechmann steht. Oder Rikki Winter, die Kinderliteratur (bookolino) und die „crimeline“ betreut. Literarische Bindekraft wird auch durch die Verlagspräsentationen garantiert, bei denen von der Steirischen Verlagsgesellschaft, über herbstpresse, edition exil oder edition zzoo bis zu Droschl, die Verlage ihre Autoren die neuen Bücher vorstellen lassen („Premiere“). Neben prominenten Kollegen kommt auch die Grazer Autorenversammlung mit allen örtlichen Mitgliedern zum Zug oder Literaturzeitschriften wie „Lichtungen“ oder „perspektive“ werden präsentiert. Zur „Kooperation“ zählt die Zusammenarbeit mit den anderen österreichischen Literaturhäusern (Projekt „Krise der Demokratie“) oder mit Institutionen wie dem „Kulturzentrum bei den Minoriten“, dem Jüdischen Kulturzentrum („Identitäten“) und ISOP.

Für die Zukunft: Etwas von allem
In Hinkunft sollen junge Autoren noch verstärkt präsentiert werden. Andererseits wünscht sich Melzer auch den Auftritt von Weltberühmtheiten wie Philipp Roth, John Updike oder Michel Houellebecq. Aber solche Kaliber sind nicht nur teuer, man kommt auch kaum an sie ran – ganz zu schweigen von den dafür erforderlichen Sonderbudgets. Mit John Ford (dem Romancier, nicht dem Westernregisseur) wird es vielleicht klappen. Das nächste Großprojekt steht jedenfalls fest: eine multimediale Veranstaltung anlässlich des 100. Geburtstages von Elias Canetti, in den die Neue Galerie, der Skulpturenpark und ein Schauspiel eingebunden werden sollen. Der Nobelpreisträger hat 1954 einen Essay über acht Skulpturen von Wotruba geschrieben, den Melzer neu herausbringen will; gleichzeitig sollen die beschriebenen Arbeiten im Skulpturenpark ausgestellt werden.

Kataloge
Besonders programmatisch sind die an Ausstellungen gebundenen Projekte, von denen einige ihren Niederschlag in schönen Katalogen fanden „Peter Handke: Über die Musik“ (Droschl) war ohne Zweifel ein sehr persönliches Anliegen des Hausherrn. Und an der Ausstellung eines Teiles des Vorlasses von Gerhard Roth – „Orkus. Im Schattenreich der Zeichen“ (Springer, Hg. Daniela Bartens, Gerhard Melzer) – lassen sich die von Melzer angestrebten Synergien besonders deutlich ablesen. Es wurden nicht nur Vorlesungen zu Roth angeboten, sondern praktische Einführungen in den Umgang mit Nachlässen. Und der Katalog zu Branko Lenarts „Augen:Blicke“ zeigt die geradezu selbstmörderische Offenheit des Literaturhaus-Chefs: Neben den Bildern von Brus oder Bauer, die vor Melzers Büro hängen, sind alle anderen Autoren des Umkreises in der ständigen Galerie vertreten – auch der arme Verrückte, der sein Bild mit Fotos von gefüllten WCs anreicherte.

Die Website des Hauses www.literaturhaus-graz.at ist übrigens ausgezeichnet.
Und ein Buch über die vergangenen 11/2 Jahre ist in Arbeit.

 

 

  ZULM (IV)
Fortsetzung von Willi Hengstlers Indien-Krimi „Zulm“


Was bisher geschah: Shankar Nath sieht aus wie ein Inder, spricht außer Wienerisch und Englisch auch Hindi und ist seit kurzem Dr.phil. (Religionswissenschaft, Kunstgeschichte). Nach Dharmsala, Indien, zurückgekehrt, wird er von einem Mitglied des Geheimdienstes mit sanftem Zwang engagiert. Shankar lernt in Nizamuddin, Delhi, einen Sufisänger namens Zulficar und dessen Freund John kennen, der erstochen wird. Max Neuhold, bei dem Shankar in Delhi zu wohnen pflegt, empfiehlt ihn Mr. Lala, einem Industriellen aus Bombay. Shankar reist nach Bombay zu Lala, von dem er engagiert wird, um einem österreichischen Maler namens Ogrisegg nachzuforschen. Ogrisegg ist 1938 vor den Nationalsozialisten geflohen und hat in Indien Karriere gemacht. Als Shankar mit Soonoo, der Tochter Lalas, das World Social Forum in Mumbai besucht, um die Adresse eines Lagerkollegen von Ogrisegg zu bekommen, wird er auf offener Straße betäubt.

Ich fühlte mich wie Löschpapier zwischen Abrissbirne und Backsteinmauer, dann wieder wie die in sich zusammensinkende Hauswand selbst. Dann wurde mir klar, dass es sich nur um eine harte Hand handelte, die mir ins Gesicht schlug. Ich öffnete die Augen und als erstes sah ich in einen dreckigen weißen Hemdkragen. Hinter dem Mann standen Polizisten in Khakiuniformen und sahen zu, als ob sie von der Behandlung, die er mir angedeihen ließ, etwas lernen könnten. Der Polizist in Zivil hörte auf, mich zu schlagen und musterte mich vom Kopf bis zu meinen billigen Flip-Flop-Sandalen.

- Hat er versucht sie zu belästigen, fragte er Soonoo. - Ich bin überfallen worden, sagte ich. Das Sprechen tat meinem Kopf sehr weh. - Aber sie hat um Hilfe gerufen. Er wandte sich zu Soonoo um und ich bekam noch mehr vom Inneren seines dreckigen Hemdkragens zu sehen. Ihr Fahrer? Soonoo gebrauchte jetzt ein makelloses Amerikanisch, das man nur auf sehr teuren Colleges lernt. Dieser Akzent ist mehr wert als eine goldene VisaCard, er macht beinah automatisch zu einem Herren dieser Welt und sichert gesellschaftliche Akzeptanz, Jobs und Kredit. - Ein Freund der Familie. Ein Besuch aus Österreich. Wir heißen Lala. - Hast Du einen Pass?, fragte der Inspektor beeindruckt. Ich wankte und die Männer in Khaki grinsten unverschämt, als Soonoo mich aufrichtete. - Erst dachte ich, die Männer wollten ihn stützen, sagte Soonoo, dann bekam ich es mit der Angst und schrie. Der Inspektor gab mir den Pass zurück. - Ein paar Typen haben gestern einem französischen Kameramann mit der gleichen Methode die Ausrüstung gestohlen. - Seh ich wie ein Kameramann aus?, fragte ich. Soonoo ging hinaus auf die Straße um den Wagen zu holen und ließ uns allein. - Welchen Kick wolltet ihr euch eigentlich verschaffen?, fragte der Inspektor kalt. Ich hab euch arrogante Delhi-Schnösel mit diesen Upper-Class-Puppen aus Sandelholz so was von satt. Das erste worüber du dich mokierst, ist mein dreckiges Hemd. Wie soll meine Frau es in unserem gemütlichen Slum sauber kriegen mit einer Wasserpumpe für 400 Leute. Und das Wasser, das da rauskommt, ist auch schon dreckig.

Soonoo schlenderte durch die Laubarkaden voran. Ich verzichtete nur darauf, mich seitlich in die Büsche zu schlagen, weil ich ein WC in der Nähe wusste.

Hinter meiner Gastgeberin die Stufen hochsteigend trieb mir der kollernde Sturzbach in meinem Bauch jeden Ehrgeiz aus, mich als Frauenheld zu gebärden. Als Soonoo endlich die Tür zu einem Badezimmer öffnete, das nur ein bisschen größer als mein Wohnzimmer war, versuchte ich nicht zu zappeln. Bevor die Wanne voll war, trieb es mich dreimal auf die Muschel und ich lauschte bis zum Hals im Wasser lange auf das unheilvolle Brodeln in meinem Bauch. Schließlich schlüpfte ich in den Kurta-Pyjama aus dünner Baumwolle und ging in das Wohnzimmer. Es war mittlerweile dunkel geworden und das Blau, Gelb und Grün des Parks draußen vor den Panoramascheiben waren gerade noch zu unterscheiden. Der düstere Dschungel stand in beunruhigender Spannung zur Einrichtung des Salons aus Glas, poliertem Stahl und Chrom. Ich kannte die Stehlampe von Reggiani noch aus alten James-Bond-Filmen und die gläserne Tischmaschine aus den Münchner Werkstätten mit der 1,5 cm dicken Glaskristallplatte war berühmt. Keine Bilder. Soonoo schüttete weißes Pulver in ein Glas und reichte es mir; das Wasser schäumte und wurde milchig. Du bist dehydriert, sagte sie, da, Mineralstoffe. Dann zog sie die Vorhänge zu, während ich plötzlich sehr hungrig wurde. Aber als ich mich setzte, begann die Tischlampe zu flackern. - Wackelkontakt, sagte Soonoo, man muss den Leuchter nur ein bisschen anheben und die Schraube oben anziehen. Diese italienischen Dinger sind lebensgefährlich, sagte ich. - Geschenk von Sonja, sagte sie. - Sonja Ghandi? Sie spürte, wie sehr ich die Vorstellung hasste, jetzt auf diesen Glastisch zu steigen. - Komm. Ich halte dich. Ich beobachtete, wie die Spuren meiner nackten Füße auf dem Glas verdunsteten, während ich die Lampe hochschob. Dann drohte Soonoo zu stürzen, da der Wippstuhl aus Rohr, auf den sie gestiegen war, um mich zu halten, unkontrollierbar schwankte. Sie schaffte es gerade noch, sich auf den Tisch zu knien. Ich versuchte die Lampe mit dem Rädchen zu fixieren, ohne darauf zu achten, dass sie ihr Gesicht an meinen Oberschenkel presste und gleichzeitig das Band meines Kurta-Pyjamas öffnete. Der grau-blaue Haris unter dem Tisch war ein ausgesprochen männlicher Teppich und das einzige traditionelle Element in diesem Raum. Die Lampe erlosch, aber das restliche Licht reichte, um uns nackt von unten in der Glasfläche gespiegelt zu zeigen. Sie drehte sich um und rieb ihr Gesäß an meinen Beinen. Während ich die Kurta von den Füßen schüttelte, ließ sie sich auf die Knie nieder. - Willst du mich nicht endlich in den Arsch ficken, sagte sie mit einer plötzlich tiefen Stimme. Mir war heiß vor Müdigkeit, ich fühlte mich wie weit entfernt und der Schock über Soonoo löste einen Lachreiz aus. - Üblicherweise knien Figuren wie wir u n t e r dem Tisch und tragen die Glasplatte auf dem Rücken. - Komm, sagte sie wieder mit dieser Stimme, und ich gab nach und atmete Sandelholz, Sandelholz.

„Josef scheint von einem dieser Felsen in Hampi gestürzt zu sein“

Das höher im Inland gelegene Pune war während des britischen Raij für die Kolonialherren zur kühleren Alternative für das stickige Mumbai geworden. Viele der mittlerweile auf über vier Millionen Einwohner angewachsenen Stadt pendeln täglich in dem extrem temperierten Eilzug nach Mumbai. Mir wurde erst wieder warm, als ich den Zug verließ und auf dem immer noch ländlich wirkenden Bahnhofsplatz Süßigkeiten kaufte. Blumen waren für einen 1908 geborenen Jesuiten vermutlich noch weniger attraktiv. Dann ließ ich mich von einer Motorrikscha zu der Anlage bringen, deren kahle Symmetrie weniger an katholisches Gepränge als an De Chiricos Pittura Metafisica erinnerte.

Pater Sechser war ein sehr großer, aristokratisch wirkender Greis, der attraktiver aussah als auf dem Jugendfoto, das ich von ihm kannte. Ich stellte mich ihm auf Hindi vor, er verstand, antwortete aber auf Tirolerisch, dass er kein Hindi spreche. - Ich war für Indien nicht vorgesehen, sagte er, aber keiner der beiden Confratres, die kommen sollten, um hier Priester auszubilden, war tauglich für die Tropen. Darum musste ich gehen. Im Innenhof, der fast zur Gänze von einem leeren Schwimmbecken eingenommen wurde, herrschte Stille. - Als Hitler in Österreich einmarschierte, schiffte ich mich gerade von Neapel nach Mumbai ein. Während er mich eine Galerie entlang bis in den entferntesten Winkel führte, wo sich seine Zelle befand, erblickte ich unten, auf dem Boden des Beckens, eine ziemlich große Schildkröte, die auf eine Metallleiter zusteuerte. - Sie haben aber nicht viel Zeit gehabt, um Priester auszubilden. - Schon, aber erst im Lager. Am Abend desselben Tages, an dem Hitler in Polen einmarschierte, wurden alle Ausländer ohne britischen Pass in ein Militärgefängnis gesteckt. Solche, die vor Hitler geflohen waren, fanden sich plötzlich auf engstem Raum mit Nazis zusammengepfercht. -

Seine Zelle war mit Bett, Schreibtisch und zwei Fauteuils möbliert. Eine Tür führte zu einem winzigen Badezimmer und gegenüber befand sich ein zweiteiliger Bücherschrank. - Später normalisierten sich die Verhältnisse, d. h. sie wurden laxer. Wir stahlen elektrischen Strom um abends lesen zu können, hatten sogar eine halboffizielle Brauerei und bauten Möbel, die nach der Auflösung des Lagers sehr begehrt waren. - Gab es auch Künstler im Lager, fragte ich. - Sie meinen Heinrich Harrer? Der kümmerte sich damals vor allem um die Fußballmannschaft. - Und Ogrisegg? Der Maler aus Österreich? In der Zelle wuchsen die Schatten, obwohl die Sonne ihr Licht noch durch die Rauten eines kleinen Fensters in der Tür schickte. - Ogrisegg malte damals nicht. Er wollte eine Zeitung herausgeben, aber es gab Streit, weil er keine Deutschen ins Team nahm. Die Nazis organisierten alles, sie waren sehr tüchtig … - Und was tat er sonst ? - Ohrisegg arbeitete in der Bäckerei, wenn er sich nicht draußen herumtrieb. Wir konnten uns ja den Tag über frei bewegen. Deshalb war es für Harrer und Aufschnaiter auch so leicht nach Tibet zu fliehen. - Und was hat Ogrisegg außerhalb des Lagers so getan? Sechser lächelte. - Gehen wir hinaus? Die Sonne ist um die Zeit angenehm. Als ich mich über das Geländer beugte, fiel unten die Schildkröte, die sich auf Hinterbeinen gegen die Leiter gelehnt hatte, nach rückwärts um, und ruderte mit den Flossen in der Luft. - Ich habe ihn einmal in Begleitung einer Frau getroffen. Einer Tribal Woman. - Wie sah sie aus?, fragte ich. Er zuckte mit den schmalen Schultern. - Ich erinnere mich nur, weil ich damals die Baghawadgita las und sie mir die Hand küsste, als sie es wahrnahm … Ich fürchte, ich bin keine Hilfe für Sie. Sechser ließ es sich nicht nehmen mich zum Bahnhof zu begleiten. Unten kamen wir an der Schildkröte vorbei, die sich mittlerweile wieder auf den Bauch gedreht hatte und dabei war, erneut die Leiter zu erklimmen. Er reichte mir zum Abschied eine schmale Autobiografie – Memories of my Life, Jakob Sechser SJ – und wankte dann groß und unerschütterlich zurück in seine De-Chirico-Behausung. Mitten in dem Wahnsinnsverkehr drehte er sich, den Arm nur lässig zur Warnung hebend, noch einmal um. - Es gab da so ein Gerücht. - Was für ein Gerücht? - Na ja, kindisch. Der Maharadscha von Hyderabad stand zwar gut mit den Briten, aber er soll versucht haben, sich bei den Deutschen rückzuversichern. Die Ereignisse unter Nehru haben ihm ja dann Recht gegeben. - Und Ogrisegg hatte damit zu tun? - Es ging jedenfalls um viel Geld.

Der Zug nach Mumbai war fast leer und ich vertrieb mir die Zeit mit Sechsers Autobiografie, die bemerkenswert luzid geschrieben war. Zwischendurch verlor ich den Faden und fragte mich, ob ich die Schildkröte zu meinem Wappentier machen sollte. Glich ich bei meinen Nachforschungen, die in immer neue, unbestimmte Gefahren und Sackgassen führten nicht diesem Tier mit seiner Schwerfälligkeit und Sturheit? Auf dem Nebengleis hielt der von Mumbai kommende Gegenzug, voll besetzt mit den Pendlern auf ihrem Heimweg nach Pune. Als das Handy läutete, wandten sie mir müde Gesichter zu, als ob sie es drüben hören könnten. Es war Gudrun und sie war so erregt, dass ich gar nicht auf die Idee kam sie zu fragen, woher sie meine Nummer hatte. - Shankar, bist du’s?! Josef ist vermutlich tot. - Wir dachten doch immer, dass er uns alle überlebt. - Ein Unfall. Er war mit einer Reisegruppe unterwegs in Hampi und da scheint er von einem Felsen gestürzt zu sein. Mehr weiß ich nicht. Er liegt in Hyderabad ... - Ich komme. - Nein, du musst seine Gruppe übernehmen. Die hängen in Hampi auf unsere Kosten fest. - Aber vorher treffen wir uns bei Josef. Anil kann mich mit dem Maruti-Jeep abholen. Sie legte auf. Ich versuchte vergeblich mich an den alten, magischen Gesang von Jack Bruce zu erinnern. Vielleicht war das alles ein undurchdringlicher Plan, vielleicht auch nur Zufall, aber auf alle Fälle war mir die Selbstgewissheit, mit der ich stets durch Indien gesurft war, abhanden gekommen.

 

 

  AKTUELLE AUSSTELLUNGEN


Freitag, 10. 12.: Ausstellungseröffnung Seiichi Furuya: alive in der CAMERA AUSTRIA, Kunsthaus Graz, um 18.00 Uhr. „Voll Verwunderung und zugleich kritisch hat der japanische Fotograf Seiichi Furuya in den letzten 25 Jahren auf viele ‚europäische‘ Themen reagiert, etwa auf den ‚Eisernen Vorhang‘ oder die Berliner Mauer, Themen die inzwischen schon Geschichte sind. Furuyas Bilder sind in ihrem klarsichtigen Befremden heute Dokumente einer sehr eigenständigen Auseinandersetzung.“ (Monika Faber, Ausstellungskuratorin).

Die Ausstellung läuft bis 23. Jänner 2005 | Informationen unter www.camera-austria.at
Zur Ausstellung erschien ein Katalog: Seiichi Furuya: alive, mit einem Essay von Monika FaberSCALO, Zürich / Berlin / New York 2004, ISBN 3–908247–80–2.


Freitag, 10. 12.: Das Pavelhaus bei Radkersburg, Laafeld 30, eröffnet um 18.00 Uhr gleich zwei Ausstellungen: Die Stärke der Schwachen - Frauen in der Zeit, Moc sibkih – zenske v casu kmeckega gospodarjenja Die Ausstellung wurde von der Ethnologin Irena Destovnik im Rahmen ihrer Forschungsarbeit über das Alltagsleben der Bauersfrauen am Beispiel zweier Dörfer in Südkärnten gestaltet und setzt sich mit der Bedeutung der Frauen im System der bäuerlichen Wirtschaft mit ihren verschiedenen Überlebensstrategien, Erbpraktiken und der vorherrschenden Geschlechterideologie in der zweiten Hälfte des 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auseinander.

Toplo - hlado, kalt – warm Eine Gruppe von österreichischen und slowenischen Jugendlichen hat in Thermen und Kurorten beider Länder diesen und noch anderen Fragen nachgestellt, ihre Eindrücke in einer Fotodokumentation und in Kurzffilmen festgehalten und überhöht. Ein Projekt von Robert Muscherlin. Weitere Informationen unter T 03476-3862 und www.pavelhaus.at


Mittwoch, 19. Jänner: Um 19.00h eröffnet in der Wiener Generali Foundation die Ausstellung Das Neue Europa. Kultur des Vermischens und Politik der Repräsentation. Für diese traditionell von Gästen kuratierte erste Ausstellung im Jahr konnten Marius Babias und Dan Perjovschi gewonnen werden. Beide wurden Anfang der 1960er Jahre in Rumänien geboren und sind international tätig. Gezeigt werden Werke von Renaud Auguste-Dormeuil, John Miller, Oda Projesi, Dan Perjovschi, Lia Perjovschi, Natascha Sadr Haghighian, Hito Steyerl, Marlene Streeruwitz, Silke Wagner, Jasmila Zbanic.
Bis zum 24. April 2005 in der Wiedner Hauptstraße 15, 1040 Wien. Informationen unter T 01-504 98 80 und http://foundation.generali.at


Architekturpreis des Landes Steiermark 2004
Zur Förderung und Anerkennung beispielgebender Leistungen auf dem Gebiet der Architektur schreibt die Steiermärkische Landesregierung die Vergabe des Architekturpreises des Landes Steiermark 2004 aus. Die Auszeichnungen können sowohl für Arbeiten praktischer Natur (für Bauten und Objekte aller Sparten) als auch für Arbeiten theoretischer Natur verliehen werden. Der Preis, bzw. die Preise sind für Arbeiten zuzuerkennen, die in der Erfüllung der gestellten Aufgabe unter Bedachtnahme auf die Umgebung des Objektes eine beispielgebende architektonisch- künstlerische und eigenständige Leistung darstellen, bzw. bei theoretischen Arbeiten die entsprechenden Kriterien erfüllen. Der ausgeschriebene Betrag von Euro 22.000,– wird dem Haus der Architektur für die Durchführung des Preisausschusses, die Herstellung von Prämierungstafeln und die Publikation der ausgezeichneten Preise und Vorstellung der Preisträger zur Verfügung gestellt.

Bewerbungen bzw. Anträge sind bis 31. Januar 2005 im Haus der Architektur, Engelgasse 3 - 5, A- 8010 Graz (T 0316-323 500 0, Fax 0316-323 500-75), einzureichen. Die Jurysitzung findet im Frühjahr 2005 im Haus der Architektur statt. Weitere Informationen unter www.aikammer.org


Bis 13. Februar: Zur Inszenierung „Emilia Galotti“ von Gotthold Ephraim Lessing im Schauspielhaus Graz hat Walter Seidl im Rahmen des Projekts Herz und Nerven Kunst trifft Theater von association for contemporary art und Schauspielhaus eine s/w Diainstallation gestaltet, die sich mit unterschiedlichen Inszenierungsformen von Wirklichkeit auseinander setzt. Ausgehend von den Proben zum Stück im Schauspielhaus Graz wird ein paralleles Universum an Narrationsformen entwickelt, die auf der Inhaltlichkeit von Lessings Werk und der Gegenwärtigkeit der Inszenierung in Theater und persönlicher Realität basieren. Zu sehen bis zum 13. Febuar, Informationen unter http://rotor.mur.at


Bis 15. Jänner: Im KUNSTRAUM/KULINARIUM, Palais Trauttmansdorff, Bürgergasse 5 in Graz sind Arbeiten von Michael Vonbank zu sehen, über den der Kunsthistoriker Peter Gorsen (Universität f. angewandte Kunst) schreibt: „Trotz des erworbenen kulturellen Wissens blieb das künstlerische Werk bis heute der introvertierten Bildwelt verpflichtet. Vonbank stößt alle kunsthistorischen Einflüsse ab. Seine Phantasieschöpfungen: „die Kehrseite meines Seins“, sind von instinktiver, innerer Notwendigkeit diktiert wie die Seelenlandschaften in der Art Brut.“
Informationen unter T 0664-307 71 79 und www.kunstundhandel.com


Bis Freitag, 17.12.: 70 Künstlerinnen und Künstler aus dem Bezirk Hartberg beteiligen sich an der Benefizausstellung Künstler für Behinderte im Bezirk Hartberg im Kultursaal der Bezirkshauptmannschaft Hartberg. Zu sehen sind Werke aus den Bereichen Malerei, Fotografie und Bildhauerei. Von jeder Künstlerin und jedem Künstler wird ein Kunstwerk präsentiert, das während der Ausstellung versteigert wird. Der Reinertrag der Veranstaltung fließt Behinderteneinrichtungen im Bezirk zu. Informationen unter T 03332-606-240


Bis Freitag, 17. 12.: Ausstellung Expo 2005 Aichi Japan - Präsentation für den Österreichpavillon im Haus der Architektur Graz, Engelgasse 3-5. Die kreative Gestaltung des Österreich Pavillons für die Weltausstellung 2005 in der Provinz Aichi in Japan war mittels Verhandlungsverfahren EU-weit ausgeschrieben. Insgesamt 42 interdisziplinäre Kreativteams haben ihre Vorschläge eingereicht. Das Projekt „The Slope“ von trecolore architects wurde in einem zweistufigen Verhandlungsverfahren als Siegerprojekt ausgewählt und zur Umsetzung beauftragt. In der Ausstellung des HDA werden bis 17. Dezember alle eingereichten Projekte präsentiert. Informationen unter www.hda-graz.at


Bis Sonntag, 19. 12.: Eco-Gypsies, Tramps and Thieves: Arbeiten von Bruno Wildbach in der Kunsthalle Feldbach, Sigmund-Freud-Platz 1, 8330 Feldbach. Informationen unter Tel. 03152/2202-26 und www.brunowildbach.com


Bis Donnerstag, 23. 12.: Die Ausstellung Länderzirkel Mongolei im Interkulturellen Café und Begegnungszentrum Auschlößl, Friedrichgasse 36, 8010 Graz, zeigt unter dem Titel Mythen aus dem fernen Osten malerische und grafische Arbeiten des 1966 in Ulaan-Baatar geborenen Bayar Dorjpalam. Informationen unter T 0316-813368


 

Bis Donnerstag, 23. 12.: Die Galerie Eugen Lendl – New Space, Palais Wildenstein in der Hans-Sachs-Gasse 1/1 zeigt take-away. frische Bilder. In der Ausstellung sind mit Arbeiten vertreten: Andrew Bick, Djawid C. Borower, Aurelia Gratzer, Robert Muntean, Hubert Schmalix u.a. Nach einer Weihnachtspause ist die Ausstellung auch vom 7. bis 22. Jänner 2005 zu sehen. Informationen unter T 0316-825-514 und www.eugenlendl.com


Bis Donnerstag, 23.12.: In der EDITION Medienturm wird die Collection 2003/2004 im Medienturm Zentral, Josefigasse 1, 8020 Graz, präsentiert. Eine Auswahl von Auftragsarbeiten ist zu sehen, die in den letzten zwei Jahren für den Kunstverein Medienturm entstanden sind. Es handelt sich um Videos, Fotografien, Prints und Installationen, die als Künstlereditionen in limitierter Stückzahl aufliegen. Kern dieser im Aufbau befindlichen Sammlung bleiben kommissionierte Arbeiten auf DVD, die jeweils mit einem einführenden Text im Schuber vertrieben werden.
Informationen unter www.medienturm.at


Bis Freitag, 24. 12.: Die Galerie Schafschetzy, Färbergasse 2 in Graz, zeigt Arbeiten von Karen Holländer, Josef Kern, Andreas Leikauf, Anton Petz und Klaus Wanker. Informationen unter T 0316-82-89-82 und www.galerie-schafschetzy.com


Bis Freitag, 24.12.: Die Weihnachtsverkaufsausstellung art for the heart im KunstRaum/Kulinarium der Galerien art moments und Kunst&Handel, Palais Trauttmansdorff, Bürgergasse 5, 8010 Graz, zeigt Arbeiten von Hermann Nitsch, Franz West, Oswald Oberhuber, Walter Ritter u.a. Vier ausgewählte Werke aus der Malwerkstatt Graz/Jugend am Werk werden zudem am 15. Dezember in der Capital Bank der Grawe Gruppe AG, Burgring 16, präsentiert und in Fenster des adventkunstkalenders eingesetzt.


Bis Freitag, 31.12.: In der neuen Abteilung Graz im zwanzigsten Jahrhundert im Grazer Stadtmuseum, Sackstraße 18, zeigt Edith Temmel eine Auswahl ihrer Glasarbeiten unter dem Titel des Stückes von Tennessee Williams (Die) Glasmenagerie. Eine Matinée um 11.00 Uhr gibt es am Sonntag den 12. Dezember. Informationen unter 0316-872 7600 und www.stadtmuseum-graz.at


Bis 4. Februar: Die Welt der kristallenen Träume: Portrait-Medaillons, Plastiken und Kristallvasen in Glas der kroatischen Künstlerin HEDA RUSEC sind im Europazentrum Graz, Zinzendorfgasse 1/I, zu sehen. Zwischenzeitlich ist die EZ-Galerie vom 23. Dezember bis zum 9. Jänner geschlossen. Informationen unter Tel. (0316) 38 48 38 und www.europahaus-graz.at


Bis 9. Jänner: Zauber der Weihnachtskrippe. Die internationale Krippensammlung Maud Pohlmeyer aus dem Badischen Landesmuseum Karlsruhe im Diözesanmuseum Graz, Mariahilferplatz 3. Am Donnerstag, 23. Dezember, unter dem Titel Zu jener Zeit …Gedanken und Texte rund um Weihnachten ab 18.00 Uhr. Informationen unter www.graz-seckau.at/dioezesanmuseum


 

Bis 9. Jänner: Die Kulturhaus-Kunstgalerie in Bruck/Mur zeigt Zeichnungen, Druckgrafiken und Bronzen von Alfred Hrdlicka.
Informationen unter T 03862-890 DW 411 und www.bruckmur.at


Heuer keine Weihnachtsausstellung im Kunstmagazin Hell, Bruck/Mur ... stattdessen stellt Botond eine private US-Armee für jedermann/-frau zur Verfügung, ist Leo Hainzl am Retro-Trip, gibt Julie Hayward u.a. technisch-amorphe Anleitungen zur Weingewinnung, kopiert sich Marianne Lang mit Taucherbrille auf Postkarten anderer Leute, gewährt Anke Müller zart-blasse Einblicke in ihren letzten Sommer … Dergleichen und anderes mehr, außerdem mehr Information unter www.kunstmagazin.at


Unter dem Titel OK [Ohne Kommentar] zeigt Georg Illek neue Arbeiten im ISOP, Dreihackengasse 2, 8020 Graz. Er kommentiert dann doch: „Neben meiner Liebe zur Landschaftsmalerei beschäftige ich mich bei meinen neuen Arbeiten mehr und mehr mit dem Versuch, Außenansichten des Innenlebens zu fertigen“. Informationen unter www.illek.org


25.000 BesucherInnen in den „Beweglichen Teilen“ im Kunsthaus Graz Bereits über 25.000 BesucherInnen haben die derzeitige Ausstellung Bewegliche Teile. Formen des Kinetischen gesehen. Dieser überdurchschnittlich gute Besuch bestätigt den positiven Trend für das Kunsthaus Graz: Insgesamt haben seit der Eröffnung im vergangenen Herbst 216.874 BesucherInnen den „Friendly Alien“ besucht, allein im Jahr 2004 waren es bisher 111.930. Während ca. 32% der BesucherInnen aus Graz kommen, konnten ca. 43% zusätzliche Gäste aus Österreich und außerdem mehr als 20% aus dem benachbarten Ausland verzeichnet werden.


KUNST.GARTEN.BIBLIOTHEK: Öffnungszeiten Freitag 18.00-19.30 Uhr, Samstag 15.30-18.00 Uhr. kunstGarten, Payer-Weyprecht-Str. 27, 8020 Graz, Informationen unter T 26 27 87 und http://kunstGarten.mur.at


Die Galerie Tazl, Neutorgasse 47 in Graz, zeigt bis 11. Jänner Arbeiten von Karel Appel, Gerhard Demetz, Keith Haring, Andreas Reimann, Milan Markovic, Walter Moroder, Arnulf Rainer, Tobias Hermeling, Hans Staudacher und Erwin Weißkircher. Dienstag bis Freitag 11.00 bis 18.00, an Adventsamstagen 9.00 bis 18.00. Information unter T 0316-82 00 46


„Erotica“ in der Galerie remixx im Kunstraum/Kulinarium

Gertrud Ring (um 1925), Otto Rudolf Schatz (um 1940), Felix Kalmar (1990)
Im Kunstraum Kulinarium, Bürgergasse 5 in Graz, zeigt die Galerie remixx erotische Kunstwerke von 50 Künstlern in einem Zeitraum von 1870 – Heligravuren von Franz von Bayros – bis in die Gegenwart. Information unter T 0664-31 12 169

 

 

  VERANSTALTUNGEN – Literatur, Theater, Film


Freitag, 10. 12.: Das theaterzentrum deutschlandsberg spielt Rumpelstilzchen nach den Brüdern Grimm in der Neuen Schmiede. Weitere Aufführungen am 11. Dezember, und am 15., 16., 22., 23. Jänner 2005, jeweils um 17.00 h.
Reservierungen unter T 0 3462-6934 | Informationen unter www.theaterzentrum.at


Freitag, 10. 12.: Es ist endlich so weit: Um 16.00 Uhr eröffnet das Next Liberty Jugendtheater in der neuen Thalia mit der Premiere von „Amadé und Antoinette“ von Thomas Birkmeir in der Inszenierung von Michael Schilhan. Informationen unter www.theater-graz.com


Freitag, 10. 12.: Zur stillsten Zeit im Jahr, die richtige Feier ... Im Zentrum des Abends stehen 5 Frauen und ihre Körper. Ihr Ziel: Weihnachten wieder schön sein und schön feiern. Wieder schöne Weihnachten – jedem eine faire Chance ist eine Kreation Kollektiv des Theaters im Bahnhof in Koproduktion mit dem Tanzquartier Wien. Weitere Aufführungen am 11., 15., 16., 17. und 18. Dezember, jeweils um 20.00 im TiB am Lendplatz, Graz, jeweils 20 Uhr. Weitere Informationen unter T 0316-76 36 20 und www.theater-im-bahnhof.com

Im Rahmen des ersten Off-Theaterfestivals steiermarkheute wurde am 20. November erstmalig der theaterlandförderpreis04 vergeben. Gewinner ist das Theater im Bahnhof Graz mit seiner Produktion „Die beste Besetzung. Ist immer noch die Regierung.“


Samstag, 11. 12.: ERLAUBEN BITTE: ICH. Die österreichische Seele als Heurigenabend in einer szenische Hommage an H. C. Artmann und Hans Moser mit Rudi Widerhofer & dem Ehepaar Reblaus und Lukas Goldschmidt an der Hammond-Orgel. Die Inszenierung stammt von Ernst M. Binder. Eine Koproduktion von dramagraz / Rabenhof Theater Wien und dem Literaturhaus Graz wo diese Hommage noch am 12., 13., 14., und 15. Dezember, jeweils um 20.00 Uhr aufgeführt wird. Infos unter T 0699-126 98 299, 0676-67 101 66 und www.literaturhaus-graz.at


Samstag, 11. 12. Um 15.00 Uhr in der Landes-Ludothek, Herrengasse 3 in Graz: Rapunzel, kleines Theater mit Musik, anschließend Tanz und gefüllte Bratäpfel für die Kinder. Am 18.12., ebenfalls um 15.00 Uhr: Kasperltheater Die verschwundenen Weihnachtsgeschenke. An diesem Tag wird Christbaumschmuck gebastelt. Stern-Kuchen und Kakao gibt’s für die Kinder zur Jause. In der Weihnachtswoche können zudem alle Kinder ihre Geschenke mitbringen und unter Anleitung verpacken. Eine unabhängige Spieleberatung bietet die Landes-Ludothek ab 29. November Mo - Fr zwischen 15:00 und 18:00 Uhr, samstags zwischen 10:00 und 17:00 Uhr im CityServiceCenterGraz. Mo-Fr 09.00 bis 18.00 Uhr und Sa von 10.00 bis 17.00 Uhr stundenweise Kinderbetreuung im CityServiceCenter Graz. Natürlich wird hier jeden Tag gespielt, gesungen und gebastelt.
Informationen unter Tel. 0316-85 00 84 oder 0676-8666 0242 und www.jugendreferat.at


Samstag, 11. 12.: Premiere im Grazer Schauspielhaus: Endstation Sehnsucht von Tennessee Williams um 20.00 Uhr auf der Probebühne. In der Inszeniereung von Barbara Weber spielen Ninja Reichert (Blanche DuBois), Katja Hirsch (Stella Kowalski), Stefan Maaß (Stanley Kowalski) u.a. Die Musik kommt von Joris Zebinger und Stefan Bürgermeister. In seinem berühmtesten Theaterstück „Endstation Sehnsucht“ erkundet Tennessee Williams, ob ein Leben nach dem Verlust aller Illusionen noch möglich ist. Informationen unter www.theater-graz.com


Donnerstag, 16.12.: Projektion des palästinensischen Dokumentarfilms Crossing Qalandia (2002) am Institut für Dolmetsch- und Translationswissenschaft der Universität Graz, Merangasse 70, 1.Stock, mit Beginn um 19.45 Uhr. In seinem Video-Tagebuch Crossing Calandia setzt sich Sobhi al-Zobaidi mit dem Alltag während der „al-Aqsa“-Intfada, israelischen Angriffen und den Folgen des 11. September auseinander. Kalandia ist der berüchtigste israelische Checkpoint. Ihn müssen der Filmemacher und seine Frau jedes Mal überqueren, wenn sie nach Jerusalem gehen und erfahren immer dieselben Erniedrigungen eines Apartheidsystems. Eintritt frei.


Buchpräsentation von Herbert Eichholzers „Abessinischer Reise“Der in den letzten Jahren wieder ins öffentliche Interesse gerückte Grazer Architekt Herbert Eichholzer, der 1943 40-jährig von den Nationalsozialisten wegen Widerstands gegen den Nationalsozialismus hingerichtet wurde, war 1925 gemeinsam mit einigen Freunden – u.a. den späteren Sezessionisten Ferdinand Bilger und Walter Ritter – aus Graz aufgebrochen, um Eritrea und Abessinien zu durchqueren. Die Fotos und Reiseberichte von Eichholzer und den anderen Expeditionsteilnehmern finden sich in einem neuen Buch des Vereins CLIO.

Der Grazer Autor Thomas Karny liest auf Einladung von CLIO am Donnerstag, 16. Dezember, 19.00 Uhr, im Stadtmuseum Graz, Sackstraße 18, aus den Reiseberichten. Der Historiker Heimo Halbrainer gibt einen historischen Überblick über Abessinien als Ziel von Reisenden, Forschern und Auswanderern im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Herbert Eichholzer, Abessinische Reise 1925/26. Herausgegeben und mit eine Nachwort versehen von Heimo Halbrainer und Gabriele Anderl, Graz 2004. ISBN 3-9500971-7-1, 122 Seiten mit zahlr. Abb., Euro 12,00


Samstag, 18. 12.: Es weihnachtet sehr … Eine schräge Revue im Theater im Kürbis, Wies, mit Beginn um 20.15 Uhr. Stell dir vor, es ist wieder einmal Weihnachten und das Kürbis-Team ist endgültig von Sinnen und macht den XXX-Mas-Wahnsinn auch noch mit. Unbedingt Karten sichern unter T 03465-7038. Information unter kuerbis@kuerbis.at


Fr., 28. Jänner: Das Varieté Freier Fall, die offene Bühne, hebt ihren Vorhang wieder im moxx, Moserhofgasse 34 in Graz. Im mittlerweile dritten Jahr nutzen Bühnenneu- und altlinge diese besondere Bühne für Erst- oder Neuerfahrungen. Das Konzept 8 bis 10 Nummern pro Abend, die neu in mehrerer Hinsicht sein können, umrahmt von einer professionellen Moderation, überrascht und berührt.
Kartenreservierungen unter T 0316-83 476 oder varietefreierfall@gmx.at. Weitere Informationen unter http://freierfall.mur.at


100 ‘Lichtungen’ in 25 Jahren - Großes Ehrenzeichen für Herausgeber Markus Jaroschka
Als engagierter Vertreter in der Erwachsenenbildung und als Förderer junger Autoren wurde Dr. Markus Jaroschka für unzählige Kulturinteressierte ein Begriff. Von 1977 bis 1986 führte er an der Universität Graz Lehraufträge für Erwachsenenbildung durch und leitet seit 1986 die österreichische Urania für Steiermark. Als Förderer junger Autoren waren Dr. Jaroschka derartige Publikationen ein besonderes Anliegen: „Seit 1981 ist er ganz wesentlich am Aufstieg der Literatur-Zeitschrift ´Lichtungen´ beteiligt. Dr. Jaroschka ist seit 1990 alleiniger Herausgeber der ´Lichtungen´, die heute zu den führenden Kultur-Zeitschriften im Südosteuropäischen Raum zählt“, betonte LH Waltraud Klasnic anlässlich der Feier „25 Jahre – 100. Nummer ´Lichtungen´“ im Grazer Kulturzentrum bei den Monoriten.

In Würdigung der Verdienste um die kulturelle Vielfalt in diesem Land zeichnete sie Dr. Markus Jaroschka mit dem Großen Ehrenzeichen des Landes Steiermark aus.

Als Jugendlicher erlernte Markus Jaroschka die Berufe Bäcker und Koch. Später studierte er an der Karl-Franzens-Universität Graz Philosophie und Mathematik. „Aus dem Abwiegen von Nahrungsmitteln wurde ein Abwägen von Inhalten und eine gedankliche Beschäftigung mit den neuen Zutaten“, so LH Klasnic in ihrer Laudatio. Mittels zweier großer, vielbeachteter Projekte konnte ein internationales Literaturnetz geschaffen werden; transLOKAL präsentiert Literatur aus europäischen Städten und in der Reihe Poetik der Grenze wurden im Rahmen von Graz 2003 zeitgenössische Werke aus 25 Städten Europas vorgestellt.


Literaturwettbewerb 2005 der Akademie Graz
Die Akademie Graz schreibt einen Wettbewerb für Autorinnen und Autoren österreichischer Staatsangehörigkeit und Geburtsdaten ab dem 1. 1. 1955 aus, der mit insgesamt 7.400 Euro dotiert ist. 50 Jahre nach dem Staatsvertrag scheint man in Österreich in eine gewisse Lethargie verfallen zu sein. Es gibt kaum noch Aufbruchstimmung oder Widerstand. Daher lautet das Thema: Österreich heute: 50 Jahre nach dem Staatsvertrag. Einzureichen sind bisher nicht veröffentlichte Manuskripte, anonym in vierfacher Ausfertigung und im Umfang bis maximal 10 maschinengeschriebenen Seiten nach freier Textwahl als Essay, Prosa, Lyrik oder Satire. Einsendeadresse unter dem Kennwort Literatur-Wettbewerb 2005: Akademie Graz, Albrechtgasse 7/II, 8010 Graz. Einsendeschluss ist der 4. Juni 2005. Rückfragen unter T 0316-83 79 85 – 13 | Informationen unter www.akademie-graz.at


Abos für 2005 – St. Ulrich im Greith
Alle geben in diesen Zeiten Geschenktipps ab, da wollen auch wir nicht hinterm Greith-Haus halten. Das Konzert-Abo 2005 im Greith-Haus ist wahrlich ein heißer Tipp, und das nicht nur, weil die im Programm sind. Fünf Konzerte zum Abopreis von 60 Euro - da heißt es zugreifen! Immerhin ist bei diesem Preis ein Konzert glatt geschenkt. Bestellungen werden unter T 03465-20200 oder kulturhaus@styria.com entgegengenommen.


Bis Donnerstag, 23.12.: Das Büro für Weihnachtslieder, die einzigartige Servicestelle des Steirischen Volksliedwerkes für alle Fragen rund um Weihnachtslieder, -gedichte, -geschichten und Melodien hat seit 1. Dezember von Mo. bis Sa., 9 - 18 Uhr im Landhaushof, Graz geöffnet. Informationen unter T 0316-83 80 99 und www.steirisches-volksliedwerk.at

 

 

  GELESENES & ERLESENES


LEBENSZEICHEN 2005 - Farbbildkalender als Buch
13 große Farbfotos und Texte zum Thema „Heil-Weise(n) bei indigenen Völkern: Schamanismus, Heilen mit Pflanzen, Musik, Orakel u.v.m.“ im Format A3. Amélie Schenk, Holger Kalweit und Dagmar Eigner, international bekannte SchamanismusforscherInnen, beleuchten schnappschussartig das mehr als komplexe Thema. Die Musikerin und Heilerin Virginia Mukwesha vom Volk der Shona aus Zimbabwe erzählt von traditionellen Methoden und Ritualen zur Heilung von Einzelpersonen. Spirituelle FührerInnen der nordamerikanischen Indianer wie Corbin Harney, Janet McCloud und Thomas Banyacya geben Ratschläge, wie unser kranker Planet Erde wieder ins Gleichgewicht gebracht werden könnte.

LEBENsZEICHEN 2005 ist um EUR 17,90 (+ EUR 3.90 Versandspesen) erhältlich.
Bestellungen an: Gesellschaft für bedrohte Völker-Österreich, 1030 Wien, Untere Viaduktgasse 53/7A | T 01-503 4990 oder office@gfbv.at | www.gfbv.at
Bestellungen in Graz unter T (0316) 32 60 05 oder 0650-9110109

KORSO verlost ein Exemplar des Kalenderbuches beim KORSO-Kulturquiz!


Kriegerische Männer, friedliche Frauen?
Als die feministische Wissenschafterin Claudia von Werlhof einmal im österreichischen Fernsehen anlässlich der gerade aufgeflammten Diskussion über die Aufnahme von Frauen ins Bundesheer nach ihrer Einschätzung gefragt wurde und ob dieser Wunsch mancher ihrer Geschlechtsgenossinnen nicht aus feministischer Sicht zu befürworten sei, antwortete sie sinngemäß: Auch in der Mafia und anderen Verbünden des organisierten Verbrechens seien die Frauen eine klare Minderheit, und niemand käme auf die Idee, zur Herstellung von mehr Geschlechtergerechtigkeit ihre verstärkte Teilnahme an diesen Organisationen zu fordern. Im vorliegenden Band werden die traditionellen Zuschreibungen der Begriffspaare Krieg / Mann und Frieden / Frau hinterfragt – anhand von Beispielen aus dem israelisch/palästinensischen Konflikt, aus dem „Krieg gegen den Terror“, dem Krieg in Afghanistan – und anhand von theoretischen Überlegungen; andere Beiträge befassen sich mit den Möglichkeiten feministischer Friedensarbeit. Neissl et al. (Hg.): Männerkrieg und Frauenfrieden. Geschlechterdimensionen in kriegerischen Konflikten. Wien. Promedia 2003, ISBN 3-85271-207-X, 208 S., EUR 17,90.

KORSO verlost in Kooperation mit dem Promedia-Verlag 5 Exemplare des Buches beim KORSO-Kulturquiz!


Die Steiermark von 1945 bis heute: Vom Bundesland zur europäischen Region
Rechtzeitig zum Republikjubiläum im nächsten Jahr – 60 Jahre Zweite Republik, 50 Jahre Staatsvertrag, 10 Jahre EU-Mitgliedschaft – erschien dieser Tage das Buch „Vom Bundesland zur europäischen Region. Die Steiermark von 1945 bis heute“. Das über 700 Seiten starke Werk ist der letzte Band der auf zehn Bände konzipierten Reihe „Geschichte der Steiermark“, die von der Historischen Landeskommission für Steiermark herausgegeben wird.

Die Herausgabe der zehnbändigen Geschichte war in Hinblick darauf notwendig geworden, dass seit der von Hans Pirchegger in den 1920er Jahren vorgelegten dreibändigen „Geschichte der Steiermark“ kein gleich umfassendes Werk mehr erschienen war. Dass die beiden zeitgeschichtlichen Bände – im Juni 2005 soll der neunte Band „Die Steiermark von 1918 bis 1945 zwischen Demokratie, Ständestaat und Diktatur“ erscheinen – die ersten der Reihe sind, hat sicher auch mit dem gestiegenen Interesse an der jüngeren steirischen Landesgeschichte zu tun. Die Beiträge von dreiundzwanzig Wissenschaftern und Wissenschafterinnen bieten in verständlich und spannend aufbereiteten Kapiteln teils überraschende Einblicke in die Zeit von 1945 bis heute. Sie spannen dabei den zeitlichen Bogen vom Kriegsende 1945 über die sowjetische und britische Besatzungszeit bis hin zur sich innerhalb der EU neu positionierenden Region. Das „Erbe des Nationalsozialismus“ wird in dem Band durch Beiträge über die Nachkriegsprozesse gegen NS-Verbrecher ebenso behandelt wie in solchen über die nur schleppende und teilweise beschämende „Wiedergutmachung“ an den NS-Opfern.

Dass die Steiermark wirtschaftlich, kulturell und wissenschaftlich erfolgreiche 60 Jahre vorweisen kann, wird in zahlreichen Beiträgen – etwa über den wirtschaftlichen Aufstieg, die steirische Literatur- und Theaterszene und die „Grazer Schule“ der Architektur – dargestellt.

Vom Bundesland zur europäischen Region. Die Steiermark von 1945 bis heute. Hg. v. Joseph F. Desput. ISBN 3-901251-30-8), 770 Seiten, Vorzugspreis bis 24.12.2004 EUR 48,-- (danach: 59,--) Bestellungen: Historische Landeskommission, Karmeliterplatz 3, 8010 Graz, www.geschichte-der-steiermark.at

KORSO verlost in Zusammenarbeit mit der Historischen Landeskommission 2 Exemplare des Buches beim KORSO-Kulturquiz!


Die Poesie Europas
Das 100. Heft der Lichtungen ist einem der traditionellen Schwerpunkte der Grazer Literaturzeitschrift gewidmet: der „Poesie Europas“. Der Jubiläumsband versammelt Texte der letzten Jahrzehnte aus nahezu allen Ländern des Kontinents inklusive der neuen Staaten Zentral- und Südosteuropas, vergisst nicht auf die Peripherie in ihrem doppelten Wortsinn – also auf die äußeren Randgebiete wie die Türkei oder Malta und auf die inneren in Gestalt der Minderheitensprachen wie Romanes oder Ladinisch – und bietet wie üblich einen Abschnitt zu „neuen Namen“ heimischer Literatur, in dieser Ausgabe allerdings in Form eines da capo „arrivierter Newcomer“ wie Robert Wolf, Olga Flor oder Gerhild Steinbuch. Allen an der Grazer Literaturszene und deren Geschichte Interessierten bietet der Beitrag von Christian Teissl über das erste Vierteljahrhundert der Lichtungen interessante Einblicke.

Lichtungen. Zeitschrift für Literatur, Kunst und Zeitkritik. Bd. 100, 25. Jg / 2004.240 Seiten, EUR 4,50


 

Path to Nature’s Wisdom
Anlässlich des Kalachakra 2002 in Graz trafen sich unter der Patronanz des Dalai Lama Menschen verschiedener Traditionen zum Gespräch über ihre Erfahrungen mit der Natur bei einer internationalen Öko-Konferenz im Schloss Seggauberg. Ihre Beiträge spannen den Bogen zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen, schamanischen Visionen, buddhistischer Ethik und christlicher Ökologie. Anhand regionaler Fallstudien im Himalaya und in den Alpen werden – inspiriert von der Ecoliteracy Fritjof Capras, der Naturparkidee, dem Modell Ökosoziale Marktwirtschaft und der Ökosophie – Lösungswege skizziert, die den Frieden mit der Natur als Ziel anstreben. Einen Höhepunkt bildet sicherlich der Vortrag des Alternativ-Nobelpreisträgers Martin von Hildebrand über die Naturvisionen des Aschenvolkes im Amazonas-Regenwald, die sich auf die Überzeugung stützen, nur gerechte und gleiche Ressourcenverteilung könne langfristig Überleben sichern. Eingeleitet wird das Buch durch eine Botschaft des Dalai Lama über die irdische Welt als unser Zuhause und die Verpflichtung jedes Einzelnen, zum Schutz der natürlichen Umwelt beizutragen.

Andrea Loseries-Leick & Franz Horvath, Hrsg.: Wege zur Weisheit der Natur. Ökologischer Dialog Himalaya & Alpen. Naturschutzbund Steiermark, Graz 2004. Beiträge in deutscher und englischer Sprache.

KORSO verlost in Kooperation mit dem Österreichischen Naturschutzbund zwei Exemplare des Buches beim KORSO-Kulturquiz!


Luft zum Lesen
Graz. Die größte Stadt Österreichs – zumindest wenn man Wien als Bundesland zählt. Außerdem Ex-Kulturhauptstadt. Und lange Zeit als Literaturhauptstadt bekannt. Dazu Feinstaubhauptstadt.

Die Grüne LAbg. Edith Zitz und Bernd Hadler haben daher steirische KünstlerInnen eingeladen, sich Gedanken über „Luft“ zu machen – und das Resultat findet sich nun in einem bei der Steirischen Verlagsgesellschaft erschienen Buch gleichen Namens. Auf 160 Seiten liefern sich Monique Schwitter und Werner Krause einen „Luftpost-Verkehr“, Helwig Brunner philosophiert über „was wir ausatmen, wenn wir einatmen“ und Jörg-Martin Willnauer predigt „8 Gebote zur Reinhaltung heimischer Luft“. Außerdem vertreten: prominente Namen wie G.R.A.M., Sonja Harter, Georg Petz, Martin G. Wanko, Werner Schandor, Michael Ostrowski, Birgit Pölzl, Gerhild Steinbuch oder Johannes Schrettle. Fazit: Mehr als „heiße Luft“...

KORSO verlost in Kooperation mit dem Grünen Landtagsklub 3 Exemplare des Buches beim KORSO-Kulturquiz!


Rolf Schwendter VERGESSENE WIENER KÜCHE – Kochen gegen den Zeitgeist
208Seiten, gebunden, 100 Rezepte, Euro 17,90; ISBN 3-85371-226-6 Zu bestellen in Ihrer Buchhandlung!

Die Durchsetzung des Weltmarktes führt auch beim Kochen zum systematischen Verschwinden der regionalen Küchen. Ingredienzien werden tabuisiert oder verboten, übrig bleiben folkloristische Ersatzstücke. Rolf Schwendter gräbt in den Rezepturen einer längst vergessenen ”Wiener Küche” vor allem des 19. Jahrhunderts und fördert 100 Kochanleitungen zu Tage, die er sozialspezifisch zuordnet.

Gesamtkatalog bei: Promedia | 1080 Wien, Wickenburggasse 5/12 | promedia@mediashop.at | www. mediashop.at


mahlZeit – Kochkurse im Einrichtungshaus Hans-Peter Heck, frisch gekrönter Haubenkoch, gibt Kochkurse im Einrichtungshaus Schaden Lebensräume, 8091 Jagerberg 91. Termine und Information unter T 03184-8209


Europäischer Literaturwettbewerb für Kinder und Jugendliche
Für Kinder und Jugendliche, die in deutscher Sprache schreiben, gibt es noch bis 15. Jänner die Möglichkeit am europäischen Literaturwettbewerb zum Thema „Begegnung“ teilzunehmen. Information Literaturhaus Graz | T 0316-31 89 06 und www.literaturwerkstatt.at

 

 


Steirische Plakatkunst im frühen 21. Jahrhundert
ein Gespräch zwischen Jörg Nauer & Martin Will, aufgezeichnet von Jörg-Martin Willnauer

 

Jörg Nauer: Große Ereignisse werfen ihren Schaden voraus.

Martin Will: Was meinst Du? Weihnachten? Silvester? den Song-Contest?

J.Nauer: Nein. Die Landtagswahl.

M.Will: Die ist noch weit! Da fließt noch viel Schmutz die Mur hinunter.

J.Nauer: Aber die Wahlplakate werden jetzt schon affichiert.

M.Will: Die hab ich nicht einmal übersehen.

J.Nauer: Du hast Dir diese Meisterwerke heimischer Plakatkunst, diese Orgie von Peinlichkeiten entgehen lassen?

M.Will: So ist es. Und mit mir ein beachtlicher Teil der Bevölkerung. Denen geht diese Selbstbeweihräucherung aus Steuermitteln nämlich am Arm vorbei.

J.Nauer: Schade. Derzeit wird uns Steuerzahlern nämlich wirklich was geboten fürs Geld. Z.B. die schlecht gepickten Plakate des Herrn Schöggl. Ein wenig vorteilhaftes Konterfei auf blauem Grund ...

M.Will: ...originell!...

J.Nauer: …und der sinnige Spruch: „Ein Mann, ein Wort.”

M.Will: Da hat LR Flecker schon gekontert: „Ein Mann, drei Worte: Ich falle um!“

J.Nauer: Getroffen! Aber das SPÖ-Vorwahlkampfplakat ist auch nicht besser: Herr Voves lässt uns wissen, dass er bereit ist, mehr Verantwortung zu übernehmen, sprich; er will LH werden...

M.Will: ... das ist doch auch richtig in einem Land, in dem eine Partei fast 60 Jahre den LH stellt. Das parlamentarische System lebt vom Wechsel! Der Wechsel hält den Filz in Grenzen.

J.Nauer: Mag sein! Aber Herr Voves schaut verschämt zur Seite! Wenn ich Verantwortung übernehmen will, muss ich die Leute anschauen!

M.Will: Schlechte Werbeagentur.

J.Nauer: Die gut bezahlt wird. Da darf auch das schwarze Regierungsteam nicht abseits stehen. Um teures Geld wurde eine Agentur beauftragt und ein Teamfoto plakatiert. Motto: Gruppenbild mit Damen.

M.Will: An dieses Plakat erinnere ich mich sogar! Das schwarze Team stand da wie Vorzugsschüler in einer geschrumpften Schulklasse ...

J.Nauer: Über die Vorzüge dieser Musterschüler lässt sich streiten.

M.Will: Und was ist mit den Grünen? Was haben die plakatiert?

J.Nauer: Nichts.

M.Will: Sehr positiv! Ein Grund, grün zu wählen.

J.Nauer: Armut allein ist noch kein Programm. Hätten die Grünen Geld und - vor allem - Macht; hätten sie längst plakatiert.

M.Will: Hm. Andere, die nicht zur Wahl stehen, plakatieren trotzdem. Weil sie offensichtlich genug Geld haben. Wie z.B. die Wirtschaftskammer.

J.Nauer: Jaa! „Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut!“ So ein Blödsinn! Der US-Wirtschaft geht es sehr gut, aber Millionen US-Amerikaner können sich nicht einmal richtig satt essen! Der Nazi-Wirtschaft ging es jahrelang hervorragend und das hat unzählige Menschen buchstäblich umgebracht. Bei so viel Dummheit bleibt einem die Luft weg! Lernen Sie Geschichte, Herr Wirtschaftskammerdiener!

M.Will: Reg dich nicht auf. Auch diese Plakate werden der Vergessenheit anheimfallen.

J.Nauer: Und durch neue, noch dümmere ersetzt. Wetten?

M.Will: Stimmt. Aber das ist 220 Jahre her. Und im Gegensatz zur steirischen Variante war der josephinische Absolutismus wenigstens aufgeklärt.

 

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