korso Kunst/Kultur
Das Informationsmagazin 
der Steiermark
 

03/2005

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    Wege zur absoluten Skulptur – Biennaleteilnehmer Hans Schabus


In seinem Wiener Atelier hatte der Künstler ein tiefes Loch gegraben und den Aushub im Vorraum aufgeschichtet. Für das Secessionsprojekt Astronaut (komme gleich) (2003) gab es ein städtebauliches Konzept: Dieser Schacht, Der Schacht von Babel, wird weitergebaut bis zum Schottentor, dort wird an das städtische U-Bahn-Netz und die U2 angedockt, die direkt an der Secession vorbeifährt. Von dort gräbt man sich durch den Kanal in den Beethovenfries-Raum, von dort nach oben und dann kommt man wieder im Atelier heraus. Dieses zweite Atelier allerdings war eine 1:1 Nachbildung aus weißer Pappe, die im Ausstellungsraum der Secession aufgebaut war – transferiertes Volumen, positioniert im umgebenden Volumen des Ausstellungsraumes.

< Das Rendezvousproblem, Kunsthaus Bregenz 2004 < Hans Schabus vor Astronaut im Atelier

Hans Schabus, 1970 in Watschig im Kärntner Gailtal geboren, studierte bei Bruno Gironcoli Bildhauerei und kann inzwischen auf rege internationale Ausstellungstätigkeit verweisen. Was sich in den letzten Jahren immer deutlicher als Herangehensweise im Wortsinn abzeichnet ist die Einbindung und Darstellung, die Konstruktion eines Weges an den Ausstellungsort. In Verbindung mit der Recherche um die Geschichte dieses Ortes erfolgt die Präsentation eines plastisch zu denkenden Wege- oder Stollensystems als Aneignung des Raumes gleichermaßen wie subversive Annäherung an ihn. Unter dem Titel Das Rendezvousproblem bespielte Hans Schabus im vergangenen Jahr das Kunsthaus Bregenz mit der ideellen Konstruktion einer Verlängerung des Arlbergtunnels bis an das zweite Untergeschoss des Kunsthauses. Die Bezeichnung Rendezvousproblem kennt man aus dem Tunnelbau, wenn sich zwei aus gegensätzlichen Richtungen vorangetriebene Stollen treffen sollen. Der Tag der Ausstellungseröffnung war auch der 121. Jahrestag des historischen Arlbergdurchbruches. Auf dieser Basis entwickelte Schabus ein reales und fiktives Beziehungsgeflecht, das wieder von seinem Atelier in Wien ausging, sich bis Bregenz spannte und das Kunsthaus performativ durchdrang. Er füllte das erste Untergeschoss des Kunsthauses mit einem Teil des Aushubmaterials des fiktiven Stollens, den Rest kippte er virtuell über den Bahnhof Bregenz. Er versperrte den Haupteingang und führte die Besucher durch den Warenlift ins Erdgeschoss, dort trafen sie auf ein „verkehrtes, inneres Hochwasser“ in Erinnerung an jenes von 1999. Im ersten Obergeschoss war eine Reihe von Booten in Richtung Bodensee arrangiert, darunter sein selbstgebautes Amphibienboot forlorn, mit dem er sich meist über Wasserwege den verschiedenen Ausstellungsorten nähert und mit dem er im Film Western (Kamera und Technik: Robert Schabus) durch das Wiener Kanalsystem fährt. Im zweiten Obergeschoss projizierte Schabus Filmsequenzen mit Zügen, die ein weiteres Mal die Anreise suggerierten. Im dritten Obergeschoss führte die Ausstellung in eine gleißend weiß ausgekleideten Kammer, White Cube aber auch assoziativ für den White Out – ein Effekt wie ihn Polarforscher in Extremsituationen beschreiben, als Verlust der körperlichen und psychischen Orientierung im leeren Raum. - Kommissär Max Hollein hat Hans Schabus als Österreichvertreter für diesjährige Biennale in Venedig nominiert. Wenzel Mracek sprach mit Hans Schabus.

Gibt es Prinzipien oder Parameter, die für Ihre Arbeit ausschlaggebend sind?

Ich sehe mich als Bildhauer, daher beschäftigt mich grundsätzlich die Plastik und Skulptur, die Form, das Material, Totalität. Infolge stellen sich mir Fragen nach künstlerischer Arbeit und künstlerischer Existenz wie die Gegenüberstellung von Atelier und Ausstellungsraum und verschiedenste Verknüpfungsszenarien. Im weitesten Sinn sind es Kreisläufe, die mich interessieren, die in einem Raum statt- und aus dem Raum hinausfinden.

Als Rezipient der Ausstellungen Astronaut in der Seccession und Das Rendezvousproblem im Kunsthaus Bregenz fallen mir zunächst die Darstellungen der Annäherung bzw. des Anreisens auf, die im Ausstellungsraum installativ behandelt werden.

Das kann man jedenfalls so sehen. In früheren Jahren noch, als es noch wenig Ausstellungstätigkeit gegeben hat, hat sich alles noch viel stärker im Atelier abgespielt. Wichtig war die Betrachtung des Ateliers und der Gebrauch als Labor, den darin angestellten räumlichen Versuchsanordnungen. Ich habe mir Fragen gestellt, wie man diesen Raum wahrnehmen, definieren, überwinden oder in Schleifen ins Absurde perpetuieren kann.

Am Anfang steht also ein egonzentrisches System, das sukzessiv erweitert wurde?

Auf jeden Fall, hochgradig egonzentrisch. Ich habe es als einzige Möglichkeit verstanden, dass ich in meinem Umfeld und Bewegungskreislauf mit der Kunst beginnen muss, um schließlich irgendwohin zu gelangen, wo andere Kreisläufe wieder interessant werden. Zuerst aber musste ich meinen Raum definieren und behaupten. Zunächst gab es also hier verschiedenste Projekte, bis hin zu Ausstellungen wie in der Secession und dem Kunsthaus Bregenz, wo der institutionelle Ort oder der öffentliche bzw. Ausstellungsraum Teil dieser Ausbreitungskette geworden ist. So generieren sich verschiedene Fluchtapparaturen aus dem Atelier heraus weiter.

Verstehen Sie diese Bewegung aus dem Atelier als Flucht?

Im weitesten Sinn ist alles Flucht. Wir flüchten alle vor irgendetwas, letztlich vor uns selbst. Das Atelier hat mich in meinen Arbeiten wie Zentrale (Video, 2001) oder Passagier (Video, 2001) nicht als auratischer Ort interessiert, sondern als Möglichkeit, mich selbst in einem mir nahen Raum zu definieren. Ich will das gar nicht Konzentration und Flucht aus der Konzentration nennen, sondern einfach als Ausweitung von Bewegungen. Zentrale beinhaltet Szenarien aus dem Horrorgenre, wobei mich interessierte, dass es im Horrorfilm meist um intime Räume geht, die plötzlich von etwas übergeordnet Bösen besetzt werden und dadurch zu einer Bedrohung werden. Ich treffe mich selbst also im Atelier als guter und böser Hans.

Als Teil der Ausstellungszenarien sieht man Sie in Filmen wie Western oder auf Fotografien wie sie in einem selbst gebauten kleinen Segelboot namens forlorn der Bootsklasse Optimist unterwegs sind. Soll das die Annäherung an ein unbekanntes Ziel suggerieren?

Ursprünglich habe ich das Boot für eine Ausstellung in New York gebaut, zu der ich eingeladen war. Ich habe mich in der Projektentwicklung gefragt, wie komme ich dorthin, was habe ich dort verloren. In Assoziation zur Immigrationsgeschichte habe ich beschlossen, ich fahre mit dem Boot hin, ich baue mir ein Boot. Ich bin dann auf den Optimisten gestoßen, der in den 50er-Jahren von einem Amerikaner konstruiert worden war. Es ist das meistgebaute Regattaboot, optimistisch für junge Segler. Ich habe dieses Boot in einen Pessimisten umgebaut: Man kann es falten, es ist mit Scheinwerfern und Rädern ausgerüstet entsprechend dem Pessimisten, der mit schlimmen Situationen rechnet. In weiterer Assoziation zu dem Hehler im Dritten Mann, mache ich mich – im Film – also auf, um durch das Kanalsystem von Wien in Richtung Amerika loszufahren und ungesehen aus dieser Stadt zu verschwinden. Allgemein interessieren mich gerichtete Strukturen wie Straßen in einer Stadt, Wegenetze, Flussläufe, Zugstrecken und im Gegensatz dazu die Richtungslosigkeit wie im offenen Meer, im Weltraum oder in einem weißen Raum. Straßen geben eine Bewegungsrichtung vor, während man in offenen Räumen auf sich selbst und seine Entscheidungsfähigkeit gestellt ist.

In den Konzepten der Annäherung an Ausstellunsgorte haben die Tunnelsysteme einen subversiven Charakter. Sie bedienen sich nicht einfach des vorhandenen Wegenetzes, sondern konstruieren eigene Wege. Es ist die Suche nach Möglichkeiten, die ich für mich alleine behaupten kann. Ist das ideelle Bild, das sich ergäbe, könnte man diese Wegenetze aus ihrer Umgebung abheben, Skulptur?

Auf jeden Fall. Die Überlegung beim Secessionsprojekt war, einen Fluchttunnel aus meinem Atelier zu graben, das ganze Atelier mit Aushubmaterial zu füllen – das wären ca. 420 m3 – und dieses Volumen hätte ich als freien Raum in Form eines Stollens geschaffen. Ich grabe vorne weg und füge hinten das Material wieder an. Es entsteht sozusagen eine Luftsäule, die durch den Untergrund gelegt wird, um in der Secession herauszukommen. In der Secession stand dann wieder das Volumen des Ateliers in ganzer Größe, aber aus weißer Pappe nachgebaut. Es handelt sich um Verlagerung der Volumina, um analoges Beamen als inverser Astronaut, der sich freien Raum im unfreien schafft.

Wenn man sich auf Ihre Tunnel- und Raumsysteme einlässt, denkt man an Bilder wie die Carcerie von Giovanni Battista Piranesi.

An Piranesi interessiert mich der totale Raum, das scheinbar unendliche Fortführen und –denken von Raumstrukturen.

Wie kommt‘s zur Projektentwicklung?

Das Problem ist, dass man sich für einen solchen Anlass ein weiteres Mal freischaufeln muss. Der Pavillion ist mit sehr viel Geschichte behaftet. Die Bilder sind im Kopf und die muss man los werden, um eine eigene Geschichte entwickeln zu können.

Entsteht für Sie ein Druck aus dem Wissen, dass etwa im Kunsthaus Bregenz vor Ihnen Olafur Eliasson, Jenny Holzer, Santiago Sierra waren, in Venedig vor zwei Jahren war es Ihr Lehrer Bruno Gironcoli?

Nein, Druck mache ich mir nur selbst. Natürlich sieht man sich aber an, was haben die anderen mit dem Pavillon gemacht. Ich habe mich über den Ort informiert, wo und warum steht ein österreichischer Pavillon in den Giardini. Die Insel St. Elena wurde ja erst im 19. Jahrhundert aufgeschüttet, dort waren zuvor nur Sümpfe. Dazu gibt es Anknüpfungspunkte zu Wien und der Weltausstellung von 1873, als man ein kleines Venedig hier errichtete. Das Bergmassiv der Venedigergruppe spielt eine Rolle. Darüber entwickelt sich ein Netzwerk, anhand dessen man sich vortastet.

Ich stelle also die Frage: Wie sieht Ihr Projekt für Venedig aus?

(Lacht) Ich habe natürlich eine fertige Idee, aber ich werde noch nicht darüber sprechen. Ich will jedenfalls nicht in die Verlegenheit kommen, irgend etwas in den Raum zu stellen. Piranesi wird aber eine markante Rolle spielen, der ja Venezianer war.

 

 

  Das Werk der Barockbildhauer Johannes Georg und Josef Stammel


Der gebürtige Grazer und Admonter Stiftsbildhauer Josef Stammel (1695 – 1765) zählt zu den bedeutendsten Barockbildhauern im alpenländischen Raum und ist weit über die Grenzen Österreichs hinaus einzigartig in seiner Kunst. Univ.-Prof. Dr. Horst Schweigert vom Institut für Kunstgeschichte der Universität Graz hat das Schaffen des Meisters und seines aus Eschenlohe in Bayern stammenden Vaters Johannes Georg (um 1660 – 1707) in einem soeben erschienenen Buch beschrieben.

Die Publikation “Die Barockbildhauer Johannes Georg und Josef Stammel“ wurde als zweiter Band der Reihe “Beiträge zur Kunstgeschichte Steiermarks, Neue Folge” herausgegeben und ist in vielerlei Hinsicht interessant. Sie entspricht, so Schweigert, nicht nur dem neuesten Stand der Forschung, sondern weist auch bisher unbekannte Werke Josef Stammels nach. Was das Buch für LaiInnen besonders spannend mache, seien die Werkanalysen, die einen lebendigen Bezug zu den gesellschaftlichen und religiösen Vorstellungen der Menschen des 18. Jahrhunderts herstellen. Darüber hinaus zeige die neue Publikation präzise auf, welche künstlerischen Einflüsse Josef Stammels Werke bestimmten. Der geniale steirische Bildhauer verbrachte mehrere Jahre in Italien und die italienische Barockplastik hat sein Schaffen in der Folge maßgeblich inspiriert. „Stammel nahm damit im alpenländischen Raum eine wichtige Position ein; sein Personalstil war primär vom römischen Hochbarock geprägt.” Das Bemerkenswerte an Josef Stammel sei unter anderem auch seine „Gabe des Erzählens, des Fabulierens“, wie Schweigert es nennt, was in seinen Reliefdarstellungen besonders in Erscheinung tritt. „Viele symbolische Details sprechen zu den BetrachterInnen und eröffneten den Menschen einen Zugang zur Theologie. Der Bildhauer erschließt damit das Lebensbild seiner Zeit.“

Horst Schweigert: Die Barockbildhauer Johannes Georg und Josef Stammel. Beiträge zur Kunstgeschichte Steiermarks, Neue Folge, Bd. 2. Leykam. Graz 2004. 360 Seiten. EUR 49,90. ISBN: 3-7011-7428-8, siehe auch http://www.leykamverlag.at/

 

 

  Sondergesellschafterzuschuss für die GTG


Im Wirtschaftsausschuss wurde das Gemeinderatsstück „Sondergesellschafterzuschuss für die GTG“ diskutiert. Mit einer Gesamtsumme von 762.000 Euro (abzüglich der 15%-Sperre sind das 647.700 Euro) ermöglicht die Stadt Graz so der Graz Tourismus GmbH wieder, Projekte zu unterstützen, die vom Tourismusverband, sowie den Tourismusexperten der GTG als touristisch besonders wertvoll erachtet werden. Es sind dies im Besonderen die großen Sommer-Festivals wie das Straßen- und Figurentheaterfestival La Strada (112.000 Euro), der Tanzsommer Graz (100.000 Euro), die neue Bespielung des Landhaushofes mit „Serenata“ (100.000 Euro), der Jazzsommer (200.000 Euro), das Erzählkunstfestival „Graz erzählt“ (50.000 Euro) oder der Advent (100.000 Euro). Außerdem wird mit dem Gastronomieprojekt „Graz Culinaire“ (75.000 Euro) die Stadt auch als kulinarisch interessante Destination aufgewertet, zudem ist ein Tagungs-/Eventplaner für das Kongress- und Veranstaltungswesen für das Jahr 2005 in Arbeit (25.000 Euro).

Der Tourismus als wesentliche der fünf Kernstrategien der Wirtschaftsstrategie hat das Ziel, Graz bis zum Jahr 2010 mit einer Million Nächtigungen unter die Top 3 Städtetourismusdestinationen Österreichs zu bringen. „Die Auswahl der Projekte für die Unterstützung mit dem Sondergesellschafterzuschuss erfolgt aber nicht nur nach Nächtigungswirksamkeit, sondern vor allem nach Qualitätskriterien, die der Positionierung von Graz als Kulturstadt mit europäischen Format entsprechen“, erklärt Tourismusstadtrat Christian Buchmann (ÖVP). Der neue Akzent der Bespielung des Landhaushofes mit „Serenata“ ist dem Stadtrat ein besonderes Anliegen. Nicht mehr der Gratis-Charakter mit Musik aus der Konserve steht im Vordergrund, sondern qualitätsvolle Live-Musik im schönsten Renaissancehof Österreichs, für die ein moderater Eintrittspreis (3 bis 5 Euro) verlangt werden soll.

 

 

  Rose Mild Hausball - Besser als der Opernball


Zum fünften Mal stieg im Feinkostladen von Rose Mild in der Grazer Stubenberggasse ein Hausball der besonderen Art. Live-Musik, eine ausgewählte Gästeschar und beste Stimmung bis in die frühen Morgenstunden waren auch heuer maßgeblich für den Erfolg dieses Events – mitten in der Fastenzeit – ausschlaggebend. Dass einige der geladenen Politiker nicht kamen, tat der Stimmung keinen Abbruch und Organisator Christian „Motor“ Polansek nahm es keinem übel: „Bürgermeister Nagl sagte aus terminlichen Gründen ab, Franz Voves besucht nach wie vor wegen der Tsunami-Katastrophe keine Bälle und Stadtrat Buchmann hat die Einladung zur Kenntnis genommen.“ Alle anwesenden honorigen Ehrengäste wie Bezirksrat Ingo Ferstl (SPÖ), Hauptsponsor Stadtrat Ernst Kaltenegger – der mit Standing Ovations empfangen wurde - und Kollegin Elke Kahr, beide KPÖ, genossen den originellsten Ball von Graz. Bezirksrat Ingo Ferstl entschuldigte Finanzstadtrat Wolfgang Riedler (SPÖ).

 

 

  Österreichische Malerei des 20. Jahrhunderts in der Neuen Galerie


Der so genannte Paragone, als Wettstreit der Künste Architektur, Malerei und Skulptur, entwickelte sich um das Jahr 1500. Vor allem Malerei und Skulptur traten in direkten Wettstreit um die qualitative Rangordnung. Die Befürworter der Skulptur argumentierten mit haptischen Qualitäten und nannten die Malerei eine Lüge, während deren prominentester Verteidiger Leonardo da Vinci für die illusionistischen Qualitäten, die Phantasie, den Erfindungsreichtum und die Möglichkeiten einer Nachahmung der Natur durch perspektivische Mittel eintrat. Ars Pingendi wurde diese Kunst genannt und Ars Pingendi nennen die Kuratorinnen Gudrun Danzer und Christa Steinle die aktuelle Ausstellung österreichischer Malerei des 20. Jahrhunderts aus den Beständen der Neuen Galerie als Fortsetzung der Ausstellungen Support 1 und 2, die eine Entwicklungsgeschichte der Kunst des 20. Jahrhunderts in allen Medien zeigten.

Alfred Wickenburg, Damenbildnis, 1928, 75 x 62 cm

Eingebunden in den österreichischen Kontext wird entsprechend den Aufgaben eines Landesmuseums die Kunstentwicklung der Steiermark exemplarisch vorgestellt. Dabei wird der Weg der Malerei in Österreich nach den klassischen Kriterien Genealogie, Stil und Sujet in Themenbereiche gegliedert, womit sich ein Bogen von Tendenzen des Stimmungsrealismus, des Expressionismus, der Neuen Sachlichkeit, geometrischer und informeller Abstraktion, der Neuen Malerei bis zur medienreflexiven Malerei der Gegenwart spannt.

Chronologisch beginnt der Weg mit der zweiten Generation von Stimmungsrealisten wie Carl Moll, Marie Egner oder dem seit 1907 in Graz wirkenden Alfred Zoff. Der österreichische Expressionismus ist mit Werken von Egon Schiele und Richard Gerstl als prominentesten Vertretern dokumentiert. Vom Expressionismus ausgehend entwickelte Wilhelm Thöny einen charakteristischen Personalstil; dank der Thea Thöny-Stiftung besitzt die Neue Galerie eine bedeutende Sammlung seiner Werke. Um Thöny gruppierte sich ab 1923 der Künstlerkreis der Sezession, dem Anny Dollschein, Axl Leskoschek, Paul Schmidtbauer, Fritz Silberbauer, Alfred Wickenburg und andere angehörten. Nach 1945 – nach dem regimebedingten Bruch mit internationalen Strömungen der Kunst – beginnt die Auseinandersetzung mit der gegenstandslosen Kunst und ab den 1950er-Jahren die intensive Beschäftigung mit Figuration und Abstraktion wie sie sich in Werken von Friedrich Aduatz, Herbert Boeckl, Hans Fronius, Vevean Oviette oder Max Weiler zeigt. Der Künstlerkreis um Otto Mauer und die Galerie St. Stefan ist durch Arbeiten von Hollegha, Lassnig, Mikl, Oberhuber, Prachensky und Rainer repräsentiert.

Die Gruppe Neue Wirklichkeiten formierte sich mit ihrem Förderer Otto Braicha zu Ende der 60er-Jahre und ist mit Arbeiten von Herzig, Pongratz, Ringel und Zeppel-Sperl vertreten. Aufgrund des Engagements ihres damaligen Leiters Wilfried Skreiner verfügt die Neue Galerie über eine große Sammlung Neuer oder Wilder Malerei, die sich gegen Ende der 70er-Jahre auch als Gegenströmung zur Konzeptkunst behauptete. Die klassischen Themen Porträt, Akt, Landschaft, Stilleben bearbeiteten Anzinger, Bohatsch, Brandl, Kern, Mosbacher, Schmalix u.a. Die Malerei der Gegenwart reflektiert vielfach die Bildwelten der Neuen Medien wie bei Jack Bauer, Andreas Leikauf oder Muntean / Rosenblum.

Zu sehen ist Ars Pingendi bis zum 29. Mai / weitere Informationen unter www.neuegalerie.at

– wm –

 

 

 

  all over – Herbert Hinteregger


20.000 BIC-Kugelschreiberhüllen, transparent mit blauen Kappen, sind in gleichmäßiger Verteilung auf Boden, Decke und Wänden des Studios der Neuen Galerie mit Klebeband fixiert. Die Konturen des Raums scheinen so aufgelöst zu sein, die Methode erinnert entfernt an die Experimente von James Turell, Räume durch spezielle Ausleuchtung um eine Dimension zu reduzieren, um sie flächig erscheinen zu lassen respektive Dimensionen überhaupt zu eliminieren. Freilich ist auch der Bezug dieses all over zu Jackson Pollocks schwerpunktlosen Bildern gemeint, wobei eine nicht autorisierte Interpretation des terminus technicus vielleicht auch die Überlegung zulässt, dass dort, wo alles zu Ende ist, kein Ende mehr ist.

Herbert Hinteregger, all over

Der in Wien lebende und 1970 in Tirol geborene Herbert Hinteregger zeigt in dieser Ausstellung aber auch monochrome beziehungsweise tendenziell monochrome Tafelbilder, die aufgrund ihres Malmittels – Farbstoff für Kugelschreiber – und die Methode der Aufbringung in einer Art seriellem Druckverfahren mittels Schwamm in farblich nicht genau zu bestimmende Oberflächen zwischen Blau und Blauschwarz münden und die stark auf die Lichtsituation im Raum reagieren. Die Folge muss wohl sein, dass diese Tafelbilder ihren formalen Charakter je nach Präsentationsform oder nach Standpunkt des Betrachters ändern, zudem ist diese Art von Malerei in keinem anderen Medium reproduzierbar – eine Fotografie etwa kann hier nur einen Bruchteil der zwischen Reflexion, Farb- und Lichtqualität changierenden Oberfläche wiedergeben –, was die These der Aura des Kunstwerks im Hier und Jetzt zu bestätigen scheint oder aber als charmanten Anachronismus in den Raum stellt. Im Begleittext zur Ausstellung verweist Kuratorin Elisabeth Fiedler auf einen Tiroler Moorsee, den Schwarzsee, der auch für Alfred Walde zum Sujet geworden war und der mit seiner uneinschätzbaren opaken Tiefe Herbert Hinteregger nachhaltig beeindruckte: Mit seinen Tafelbildern will er gleichsam ein Stück aus der Oberfläche des Sees schneiden – einen schwarzen Spiegel vielleicht.

all over mit Arbeiten von Herbert Hinteregger ist bis zum 28. März im Studio der Neuen Galerie zu sehen - weitere Informationen unter www.neuegalerie.at

– Wenzel Mracek –

 

 

  Diagonale 2005 – repräsentativ und risikobereit


Intendantin Birgit Flos dämpfte anlässlich der Pressekonferenz gleich einmal alle Hoffnungen: „Sie werden es nicht schaffen, das ganze Programm zu verfolgen.“ Wie wahr. Aus über 560 eingereichten Filmen wurde nicht nur ein Vollzeit-Filmprogramm erstellt, es wurde auch noch durch Rahmenveranstaltungen ergänzt wie Seminare zum Thema Filmhandwerk in Schnitt, Montage, Editing, einen Scriptbrunch mit uniT und Dialoge wie Tricky Women und Filmkarawane, bgeleitet von Diskussionsforen im Internet: dialog, die online-Publikation behandelt jeweils ein Thema zum österreichischen Film, das sich während des vorhergehenden Festivals als besonders relevant erwiesen hat. Auf diese Weise sollen aktuelle Diskussionen aufgegriffen, vertieft und weitergeführt werden (www.diagonale.at/dialog). Aus den Einreichungen ergeben hat sich ein Schwerpunkt um acht Filme aus der Türkei unter dem Motto „In naher Ferne“. Erstmals in diesem Zusammenhang findet anlässlich des Festivals eine Kooperation mit dem Medienturm Zentral als Institution für Medienkunst statt, wo unter dem Titel „Der Knochen der Zunge“ aktuelle Positionen der Medienkunst aus der Türkei gezeigt werden.

In der historischen Schiene begibt sich die Diagonale in diesem Jahr auf die Spuren von Ekstase, Sexualität und Erotik. Neu sind die Earlier Works, in der RegisseurInnen, die im Vorjahr den Eröffnungsfilm zur Verfügung gestellt hatten, mit früheren Arbeiten vorgestellt werden.

Eröffnet wird die Diagonale am 14. März, um 19.30 Uhr in der Helmut-List-Halle: „Crash Test Dummies“ von Jörg Kalt (A 2005, 35 mm, Farbe, 95 Minuten) erzählt von der Reise zweier junger Rumänen nach Wien: Den ganzen Film über suchen Menschen im Niemandsland einer anonymisierten Umgebung mit wechselndem Erfolg Adressen, Treffpunkte und Kontakte; sie verpassen und treffen sich und rennen immer wieder gegen Widerstände an. Empfohlen sei an dieser Stelle die großartige Dokumentation „Unterwegs nach ... Heimat“ von Barbara Gräftner, 2004. Über vier Jahre sammelte Gräftner Aufnahmen im Weiler Gassen in den Defregger Bergen. Die unaufdringlichen Porträts dreier hier lebender Familien wurden Gegenstand dieses Films, der ein unprätentiöses Bild gegenwärtigen Bergbauernalltags zeigt und späte Tendenzen einer touristischen Erschließung.

Diagonale, Festival des österreichischen Films, 14. bis 20. März. Weitere Informationen unter www.diagonale.at

– wm –

 

 

  Paul Flora im Haus der Kunst


Das Frühwerk von Paul Flora ist zunächst stark von Alfred Kubin geprägt. Noch vor 1950 aber bricht er radikal mit der dichten Schraffur und wendet sich der feinnervigen, dünnlinigen Umrisszeichnung zu. Konsequent entwickelt er eine unverkennbare Strichtechnik mit der Tuschfeder. Wiederkehrende Themen sind Städte wie Venedig, Herbststimmungen, Militärszenerien, angemaßter Hochmut, Richard Wagner, Nietzsche, Edgar Allan Poe. Wappentier und zugleich häufiges Motiv wird der Rabe.

In den sechziger Jahren wird der Strich fester, die Umrisslinie dicker und die Binnenzeichnung zusehends dominant. Ab den siebziger Jahren kommen Schraffur und sparsam eingesetzte Farbe als malerisches Element in die Grafiken. Im Alterswerk schließlich tritt in manchen Bildern ein stark lyrisches Element hinzu: Herbstlandschaften, einsame Reiter im Nebel, kahle Bäume. Paul Flora wurde mit seinen Grafiken wegweisend für das 20. Jahrhundert.

Das Haus der Kunst, Andreas-Hofer-Platz 5 in Graz zeigt bis zum 16. April eine Ausstellung mit Zeichnungen, Radierungen, Lithografien und Publikationen von Paul Flora.

Weitere Informationen unter Tel. 0316-82 56 96

 

 

Würdigungspreis für bildende Kunst an Jörg Schlick


Im Rahmen eines Festaktes übergab Kulturreferentin Landeshauptmann Waltraud Klasnic dem Grazer Künstler Jörg Schlick den mit 12.000 Euro dotierten Würdigungspreis für bildende Kunst 2004 des Landes Steiermark. Die zahlreich erschienen Weggefährten, darunter Wolfgang Bauer, und Studenten Schlicks sowie Ehrengäste bezeichnete Klasnic als „große Gemeinschaft im Lande“. „Ich freue mich, dass die heutige Ehrung hier stattfindet, denn der Weiße Saal der Grazer Burg gehört allen Steirerinnen und Steirern, aber besonders jenen, die dieses Land gestalten.“ Schlick ist Mitglied der Lord-Jim-Loge, deren Motto bekanntlich „keiner hilft keinem“ lautet.

 

 

GrazKunst der Werkstadt Graz


Die Werkstadt Graz mit ihrem Mastermind Joachim Baur gibt sich nach zahlreichen seit 1980 realisierten Stadtinterventionen ein weiteres Mal hochoffiziell und gründet eine „Magistratsabteilung“ (J. Baur) namens GrazKunst in der Sporgasse 18 – 20. Die neuen Räumlichkeiten sollen vornehmlich zur Plattform für KünstlerInnen aus Graz oder mit engem Grazbezug werden wie für Seiji Furuya, dessen Fotografien derzeit zu sehen sind. Eine formelle Anstecknadel GrazKunst ist demnächst erhältlich, außerdem können Visitenkarten aus dieser Magistratsabteilung – Achtung Kunst! – in Auftrag gegeben werden.

Wie bisher wird der Workshop in der Färbergasse 3 auch weiterhin für Einzelpräsentationen von internationalen KünstlerInnen genutzt, zurzeit präsentiert die Werkstadt Graz Scherenschnitte von Gerhard Jaschke als Teil des Projektes Der Geschmack der Fremde, das wiederum ein Anschlussprojekt an Teranga Restaurant ist. Während der Diagonale wird der Workshop zur Videolounge und im Rahmen von Aktuelle Kunst in Graz gestaltet Elisabeth Schafzahl einen Ruheraum im Gedankenjahr 2005. Seit 1986 bereits arbeitet die Künstlerin an der Werkgruppe Staatsvertrag anhand von Videos, Animationen, Malerei, Siebdruck und Installation. Weiters avisiert für das Jahresprogarmm 2005 sind Jan Stefan Werner mit Klangraum im Mai, Quantenraum von Bert Könighofer im Juni, im Juli folgt die Werkgruppe Body & Soul von Arnold Reinisch, das Museum für Quellenkultur mit Präsentationen und einer Vortragsreihe im August, UFO von Andi Heller im September, die Präsentation der Fortführung des Europa-Projektes A.C.R.E folgt im Oktober und die schon traditionelle Ausstellungsreihe Sternchen bildet den Ausklang.

Weitere Informationen unter http://werkstadt.at

 

 

  Steirische Kulturbilanz 2004 und Aussichten auf 2005


Landeskulturreferentin LH Waltraud Klasnic lud zu einer Kulturbilanz über das Jahr 2004 und die Aussichten für das heurige Jahr in die Grazer Burg. Das Wichtigste vorweg: Für das Jahr 2005 stehen im steiermärkischen Kulturbudget 46,3 Mio. Euro zur Vergabe an. Einige neue Veranstaltungsorte sollen im Lauf des Jahres bespielbar sein: Die Räume der alten Universität stehen ab Ende April zur Verfügung, ab Mai der Burghof für Wochenendveranstaltungen und ab August die restaurierte Orangerie im Burggarten. Im September wird die Renovierung der Fassade des Palais Attems in Angriff genommen.

Bernhard Rinner, Leiter der Kulturservice GmbH, verweist nach „schwierigem Start“ auf die Einführung einer monatlichen Intendantenrunde zur gegenseitigen Programmbesprechung und -abstimmung als österreichweites Unikat. Internationale Pressekonferenzen wie im Vorjahr soll es keine mehr geben, nun sollen Journalisten, vornehmlich aus England, Deutschland, Slowenien, Spanien, Kroatien und Oberitalien in einer Kooperation mit der AUA in die Steiermark geflogen werden. Zudem hat die KSG einen Werbepool gegründet und sie übernimmt auch die Bewerbung der Landesausstellung.

Zogen Bilanz: Josef Marko, Waltraud Klasnic, Bernhard Rinner, Enrico Jakob

Die Cine Styria als Schwesterabteilung der KSG hat von 93 Ansuchen um Filmförderung 42 Filmprojekte unterstützt, eine Vergabekommission mit Maximilian Schell ist mit der Auswahl eines Cine-Styria-Preises für die beste Produktion betraut, der im Rahmen der Diagonale vergeben werden soll.

Betreffend das Theaterland Steiermark, als neues Programm der Kulturreferentin neben Film und Architektur, gibt es eine Finanzierung in Höhe einer Million Euro. Die aktuellen Ansuchen der freien Szene leitet Klasnic an die Landesevaluierungskommission weiter, die über die Vergabe einer zusätzlichen Million entscheiden muss. 40.000 Euro wurden von Klasnic selbst bereits für das Theater im Bahnhof zugesagt, das eine Jelinek-Uraufführung erarbeitet. Für das Jahresprogramm Theaterland Steiermark – die Theaterfeste der Regionen wurden acht Festivalorte fixiert.

Ein Projekt namens Architektur-Laboratorium Steiermark ist in Vorbereitung, wobei die erste Ausstellung des Werks von Günther Domenig in New York bereits stattgefunden hat. Der Leiter der Landeskulturabteilung HR Josef Marko nannte neu eingeführte Preise wie den Kinderkunstpreis für Sechs- bis Zehnjährige, einen Jugendkunstpreis für Elf- bis Vierzehnjährige und dazu Kompositionsstipendien. Neben dem Cine-Styria-Preis gibt es neu auch den Cine-Styria-Jugendpreis und ein Stipendium. Außerdem vergibt die Landesregierung ein Stipendium für Literatur. Offene Fragen: Die Frage, wann das Landeskulturförderungsgesetz beschlossen werden soll, beantwortete Josef Marko indem er darauf verwies, ein mit Kulturabteilung, Evaluierungskommission und Verfassungsdienst abgesprochener Entwurf läge dem Landesunterausschuss zur Prüfung vor und während dieser Zeit habe die Kulturabteilung keine Möglichkeit der Einflussnahme. Ein neuerlicher Versuch einer Zusammenarbeit der KSG mit der Kulturabteilung mit der Stadt Graz ist nicht in Sicht.

– Wenzel Mracek –

  Schatten, Spiegel und das Ateliertierchen – Markus Wilfling sprach im Forum Stadtpark


Auf Wunsch des Veranstalters Anton Lederer hat Markus Wilfling drei Dinge aus seinem Atelier zum Künstlergespräch ins Forum Stadtpark mitgebracht, die in ihrer Disparität einen ersten Eindruck vom Impetus künstlerischer Repräsentation des Plastikers geben, zugleich gerade der Ironie nicht entbehren, die Teil der Werkkonzeption bei Wilfling ist: Ein Regal mit Lösungsmitteln und Lacken, daneben eine Kühltasche voll leerer Bierflaschen und in der gegenüber liegenden Ecke ein so genanntes Ateliertierchen, ein faustgroßes, kunsthaariges Knäuel, von dem man nicht sofort sagen könnte, ob es lebt.

Markus Wilfling wurde 1966 in Innsbruck geboren, besuchte die Kunstgewerbeschule in Graz und absolvierte die Meisterklasse für Malerei bei Gerhard Loyen, Bildhauerei studierte er an der Akademie der bildenden Künste bei Bruno Gironcoli. – Um die Arbeiten der Vergangenen drei Jahre geht es und darunter nicht (!) um das Schattenobjekt Uhrturm, das für ihn ein offenbar leidiges Thema geworden ist und über das er nicht sprechen will. Die Geschichte erinnert ein bisschen an jene Adelbert von Chamissos aus dem Jahr 1814, in der Peter Schlemihl, nach dem er seinen Schatten an einen Fremden verkauft hatte, in die Krise stürzt. So schlimm kommt es aber nur in besagter Märchenerzählung. Zum Thema Sturz allerdings hat Wilfling das Konzept einer Arbeit mitgebracht. In einer Fotomontage verlaufen die barrierfreien Rampen im Bereich der Treppenanlage eines öffentlichen Gartenareals in Weiz in einer Schraube. Wollte sie ein Rollstuhlfahrer benützen, verlangte ihm das eine akrobatische Leistung mit Achterbahneffekt ab. Die Realität dagegen ist so simpel wie skurril: Anlass für diese Bildarbeit ist die Tatsache, erzählt Wilfling, dass diese Rollstuhlrampen zur Überwindung der Treppenanlage taugen sollen, nach der ersten Treppe jedoch und etwa auf halber Strecke als Sackgasse enden. Nachdem die realen Rampen ohnehin nicht funktionieren, darf eine fiktive Gestaltung umso spektakulärer angelegt sein. Ähnlich der Entwurf für eine Großplastik im Zentrum eines Kreisverkehrs: Ein auf seine markantesten Strukturen reduziertes Kettenkarussell in Originalgröße, das mit seinen scheinbar von der Fliehkraft herumgewirbelten Sitzen wie im Augenblick der festgehaltenen Bewegung da steht. – Allein, an der Plastik bewegt sich nichts, „weil ohnehin der Autoverkehr darum herumkreist“.

Die Verabredung ist der Titel einer Installation im Stiegenhaus der Neuen Galerie im Jahr 2002. Ein zum Karree verbundenes Objekt aus Parkbänken ragt vom oberen Treppenende hoch in den Schacht des Stiegenhauses. Was so einerseits zum sicheren Verweilen einlädt, macht dieses Verweilen auf der gegenüber liegenden Seite zum riskanten Unterfangen. Die Plastik als Metapher für gescheiterte Dialektik?

Schattenobjekte wie jenes am Uhrturm entstammen einer längeren Auseinandersetzung Wilflings mit der in etlichen Objekten übersetzten Idee, durch plastische Schatten eine illusionistische Rauminterpretation zu erzielen. Ein weiteres Thema sind Spiegel und Spiegelobjekte wie das Spiegelobjekt Huhn aus dem Jahr 2004, das aus zwei präparierten Hühnern und einer scheinbaren Projektionsebene besteht. Spiegelung führt auch zur Umkehrung. Dem entspricht das –3 Meter Brett (Minus-drei-Meter-Brett) im Skulpturenpark bei Graz, dass sich auf dem Grund eines Bassins anstatt, als landläufiges Sprungbrett, drei Meter darüber befindet. Und die Transformation des „Spiegelsaales des kleinen Mannes“ (Zit. Katharina Gabalier), als Überarbeitung des immer noch weit verbreiteten Badezimmertriptychons der Marke Alibert kommt dem Tuning von Statussymbolen gleich, wenn Wilfling Lackierungen mit original Ferrarilack vornimmt. Spieg’lein, Spieg’lein ...

Im vergangenen Jahr war Markus Wilfling mit einer Installation zweier schwebender Treppen im Haus der katholischen Hochschülerschaft in der Grazer Leechgasse vertreten, eine Assoziation zur Geschichte des Hauses. – Aber das Ateliertierchen: Tatsächlich handelt es sich um die materiellen Überreste eines Teppichs aus Kunstfaser, der nur aus Fransen und Umriss bestand, „unter den man also auch nichts kehren konnte“.

– Wenzel Mracek –

 

 

  Babel.Platz.Symphonie
Eine Kooperation von La Strada & styriarte 2005
31. Juli 2005 Freiheitsplatz Graz


Ein Komponist – der Freejazzer, Chorleiter und Klangdekorateur Pierre Sauvageot – spaziert über den Grazer Freiheitsplatz. Er sieht 152 Personen in 152 Fenstern, hört sie flüstern, schreien, weinen, singen, hört Läden klappern, Kieselsteine rasseln, Scheiben bersten, hört die Werbeeinschaltungen aus 152 Radios und sogar die Kadenz der Lampen, die in 152 Zimmern ein- und ausgeschaltet werden.

Diese Vision von Pierre Sauvageot wird am 31. Juli 2005 unter dem Titel Babel.Platz.Symphonie zur Realität. Ab 21.00 Uhr bildet Babel.Platz.Symphonie den Abschluss der Styriarte und den Auftakt von La Strada als erstmalige Kooperation der beiden Festivals. Für die Produktion werden noch interessierte und motivierte Musiker und Künstler, die Freude daran haben, an diesem spannenden Projekt mit Tendenz zum Gesamtkunstwerk mitzuwirken, gesucht. Zusendung sind erbeten an: Barbara Jauk, La Strada, Internationales Festival für Straßen- und Figurentheater in Graz

c/o die ORGANISATION | Büro für Gestaltung und Veranstaltungsorganisation GmbH | Andritzer Reichsstraße 66/II, 8045 Graz
T 0316 69 55 80 Fax 0316 69 55 82 | info@lastrada.at

 

 

Out of Styria
Bis Samstag, 12.03: austrian trash and scrap - österreichische idyllen und mythen.


Die Mitglieder der Gruppe S.E.N.F. (= Sensual-Experimentale Normierungs-Fusion), Manfred Fuks, Andreas Kunzmann und Klaus Sinowatz, arbeiten seit langem im künstlerischen Bereich zusammen. Österreich lebt von seinen schönen Landschaften und von seiner großen Vergangenheit.

Kunsthalle Exnergasse, WUK, Währinger Straße 59, 1090 Wien. Informationen unter Tel. 01-40121-42 und http://kunsthalle.wuk.at

 

 

  Manipulationen des Blicks – John Baldessari im Kunsthaus Graz


1970 verbrannte John Baldessari in einem Cremation Projekt die meisten seiner bis 1966 entstandenen Malereien, ein demonstrativer Akt als Abkehr von der zeitgenössischen Malerei und ein initiativer Akt, nachdem Baldessari fortan die Fotografie und Medienkunst in den Mittelpunkt seiner Arbeit stellen sollte.

John Baldessari > Foto: Kim Schoenstadt < The Overlap Series: Two Palm Trees, 2001

1931 in Kalifornien geboren, zählt John Baldessari seit den 1960er-Jahren zu den bedeutendsten und vielseitigsten Vertretern konzeptueller Kunst. Das Wiener MUMOK und das Kunsthaus Graz widmen dem Werk John Baldessaris jetzt in zwei Ausstellungen einen repräsentativen Überblick über das Gesamtwerk. In Wien werden unter dem Titel A different Kind of Order Arbeiten aus den Jahren 1962 bis 1984 gezeigt, in Graz sind es die jüngeren von 1984 bis 2004 unter dem Titel Life’s Balance.

Zu Mitte der 70er-Jahre begann Baldessari Techniken wie Cropping und Montage anzuwenden. Er analysierte Pressefotos und Standbilder aus Hollywood B-Movies auf Mehrdeutigkeiten und forschte nach „Erinnerungen der Seele“. In seinen Montagen bzw. mit Malerei kombinierten Fotoschnitten bedient sich Baldessari immer wieder Arbeitsprinzipien mit deutlicher Nähe zum Strukturalismus: Bewusst hebelt er Rezeptionsgewohnheiten aus, indem er etwa Gesichter im Bild verdeckt und den Blick so auf ursprünglich Nebensächliches lenkt, das, wiederum hervorgehoben - wie beispielsweise eine schreiend gelbe Krawatte –, zu einem neuen Bildzentrum wird. In einem Interview beschrieb er den Schwerpunkt seines Interesses am fiktiven Beispiel zweier Porträtfotos, nicht die Porträts seien für ihn relevant, vielmehr ist es der Raum zwischen den porträtierten Personen. „Auf der formalen Ebene stellt dies ein Hybrid aus Fotografie und Malerei dar, auf der narrativen Ebene ist es eine differenzierte und humorvolle Erforschung eines fast schon barocken Gebäudes aus kunstgeschichtlichen Bezügen in Verbindung mit den Konventionen des Alltags und Found Footage aus allen verfügbaren Quellen des kollektiven Bewusstseins“, so beschreiben die Kuratoren Adam Budak und Peter Pakesch die Arbeitsweise Baldessaris. In der Grazer Ausstellung zu sehen ist auch die Videoinstallation Five ´68 Films aus dem Jahr 2001, die eine Art Collage von fünf Spielfilmen auf einer Projektionsfläche zeigt, wobei nun auch die Wahl der Bildausschnitte eine subjektive Verschiebung der ursprünglichen Erzählstrukturen bewirkt. „Warum ist etwas Kunst und etwas anderes keine Kunst?“ mit dieser Frage umreißt John Baldessari seinen konzeptuellen Ansatz, seine Arbeiten entsprechen folgerichtig einer Intention von didaktischer Kunst.

John Baldessari Life’s Balance ist bis zum 16. Mai im Kunsthaus Graz zu sehen. Weitere Informationen unter www.kunsthausgraz.at

– Wenzel Mracek –

 

 

Die Lücken schließen – auf Hauberisser folgt Zaha Hadid
< Foto: Katharina Gabalier


Im Haus der Architektur wurde der aus einem Wettbewerb hervorgegangene Entwurf von Zaha Hadid für einen Neubau in der Grazer Burggasse 15 präsentiert. Nach dem Abbruch des „Schandflecks“, wie Bürgermeister Siegfried Nagl in einem frühen Kommentar das Kommod-Haus während des sich entwickelnden Konflikts um dessen Verfall und Abriss vor gut eineinhalb Jahren genannt hatte, soll mit geplantem Baubeginn 2006 ein Beispiel für avancierte Architektur von internationalem Renommee entstehen. Bauträger und Wegraz-Chef Reinhard Hohenberg hielt fest, dass die Stadt von sich aus die Weichen gestellt habe, damit dieses Projekt „friktionslos“ realisiert werden konnte. Interessant, wie StR. Gerhard Rüsch (ÖVP) in seiner einleitenden Laudatio auf Hohenberg Klippen im geschichtlichen Abriss um den bis zu seinem Ende unter Denkmalschutz stehenden Biedermeierbau von Georg Hauberisser d. Ä. umschiffte: „Jeder Verlust ist schmerzlich, das gilt auch für die Altstadt ... Das Kommod-Haus hat die gründerzeitliche Überbauung überstanden, es hat auch im Zweiten Weltkrieg nicht allzu viele Schäden davon getragen und es hat (!) in der Altstadt einen hervorragenden Standort. Umso mehr freut es mich, dass es gelungen ist, nachdem dieses Haus tatsächlich abgerissen wurde, durch einen hoch qualifizierten Architekturwettbewerb eine neue Architekturqualität an diesen Standort zu bringen ... Wenn wir in 200 Jahren wieder vor dem Prüfstein der UNESCO stehen und gefragt werden, was haben wir mit den freien Bauplätzen im beginnenden 21. Jahrhundert gemacht, hoffe ich, dass das Urteil so ausfallen wird, dass in den freien Baulücken hervorragende Architektur geschaffen wurde.“ Wie es zu dieser Baulücken kam, steht ja bekanntlich auf einem anderen Blatt und war nicht Thema dieses Abends.

Der Entwurf für den Neubau wurde nicht wie angekündigt von Zaha Hadid, sondern von ihrem Büropartner Patrik Schumacher vorgestellt, weil Hadid einen wichtigeren Termin wahrzunehmen hatte wie übrigens auch Bgm. Nagl, der durch Rüsch Grüße ausrichten ließ. In nun sechs Obergeschossen und zwei Untergeschossen sollen Hotel, Bar, Restaurant und Fitnessclub untergebracht werden. Vor allem die Fassade des als Blockrandverbau angelegten Objekts erinnert an Fassettenaugen oder „Erker“, wie Schumacher es nennt, als alternierende Anordnung von sieben Grundelementen. Welche Materialien verwendet werden sollen ist noch nicht geklärt und hängt sicher vom finanziellen Einsatz des Bauträgers ab. Eine Assoziation zum Kunsthaus ist offenbar angebracht, wenn man die Fensterlösungen als Fragmente oder Zitate der „Blase“ liest.

Das HDA bot dem allseits bedankten Reinhard Hohenberg, der gleich nebenan in der Elisabethstraße wegen eines Villenzubaues um ein weiteres Mal mit dem Denkmalschutz im Clinch liegt, ein perfektes Podium für eine streng choreografierte und moderierte Präsentationsshow nicht unähnlich einer schlechten Oscarverleihung. Und obwohl sich Stadtrat Rüsch in seiner Rede noch ausführliche Diskussionen um den Neubau gewünscht hatte, fand diese Präsentation ein abruptes Ende ohne jede Debatte, selbst die anwesenden Architekten zeigten offensichtlich kein Interesse oder hatten eben keinen Standpunkt.

wenzel.mracek@korso.at

 

 

  Die besten Jahre – ab 21. März im KIZ


1966 sind Matteo und Nicola Studenten in Rom. Philologie studiert der eine, Medizin der andere. Ihre Wege trennen sich, als beide sich in dieselbe Frau verlieben, die psychisch kranke Giorgia (Jasmine Trinca). Sie entführen sie aus einer Klinik, von der behauptet wird, es sei eine Irrenanstalt, doch am Ende entführt die Polizei die schöne junge Frau mit dem mal magisch konzentrierten, mal weggetretenen Blick ihren Beschützern. Woraufhin Matteo sich freiwillig zur Armee meldet, um Polizist zu werden; Nicola dagegen reist weiter, quer durch Europa, trifft Hippies und amerikanische Vietnamkriegs-Gegner und danach seine spätere Geliebte – Studentin, Politaktivistin. Und obwohl sie mit Nicola eine Tochter hat, wird sie die Familie verlassen, um sich den Roten Brigaden anzuschließen.

„Die besten Jahre“ (La Meglio Gioventù) erzählt die Geschichte einer italienischen Familie, ab Ende der 60er Jahre bis heute. Die Schicksale der beiden Brüder Nicola und Matteo bilden den Kern der Geschichte.

Angelo, der Vater der beiden Brüder, ist ein liebevoller Familienvater und Ehemann. Sein ausgelassener, kindlicher Überschwang wird von seiner Familie mit stoischer Ruhe hingenommen. Seine Frau Adriana, eine Lehrerin, liebt ihre Schüler wie ihre eigenen Kinder. Dann sind da noch die älteste Tochter Giovanna, eine Beamtin, und Francesca. Sie ist verlobt mit Carlo, Nicolas bestem Freund, und Carlo wird im Lauf der Geschichte in der Bank von Italien eine große Karriere machen, was ihn in den 70er Jahren zur Zielscheibe der Terroristen in Italien macht. Die Geschichte der Familie ist mit der Geschichte Italiens eng verknüpft: Florenz während der Überschwemmungen, Siziliens Kampf gegen die Mafia, die Fußballspiele Italiens gegen Korea und Deutschland, Turin und seine Arbeiterbewegung während der 70er-Jahre, Mailand während der 80er, die Jugendbewegung, der Terrorismus, die Krise der 90er-Jahre.

„Die besten Jahre“ war ursprünglich als Fernsehserie konizipiert, gelangte schließlich aber in einer sechstündigen Fassung überaus erfolgreich in die internationalen Kinos und gilt inzwischen weltweit als Kultfilm, der neben anderen Preisen in Cannes als bester Film ausgezeichnet wurde.

Die besten Jahre, I 2003, 35mm, 1:1,85, Farbe, 366 Minuten, Dolby Digital.
Regie: Marco Tullio Giordana, Drehbuch: Sandro Petraglia und Stefano Rulli, Kamera: Roberto Forza.
Im März im KIZ Augartenkino, Friedrichgasse 24, 8010 Graz, Tel. (0316) 82 11 86.

KORSO verlost in Kooperation mit dem Kino im Augarten 5 x 2 KIZ-Eintrittskarten beim KORSO-Kulturquiz!

 

 

  Wer braucht die Kulturkritik?
Kritik einer kritisch angelegten Diskussion im Grazer Kunsthaus zu Sinn und Nutzen der Kunstkritik, die von den Diskutanten zunächst unkritisch einmal als Kunst-, dann wieder als Kulturkritik bezeichnet wurde.


Die Frage, „Wer braucht die Kulturkritik?“ stand in der achten Ausgabe der Reihe Jour Fixe im Grazer Kunsthaus zur Diskussion. Kulturkritik ist nicht anders vorstellbar als systemimmanent, also Teil der Kultur selbst, meint allerdings die Analyse und kritische Bewertung einzelner sozialer und kultureller Erscheinungsformen in einer jeweils die ganze Kultur umfassenden Perspektive. Insofern kann die Kunst selbst in spezifischen Ausformungen kritische Instanz der Kultur sein.

Das war aber offenbar nicht Thema der Veranstaltung und dafür stand auch die Runde der Diskutanten mit Veronica Kaup-Hasler als designierte Intendantin des Steirischen Herbst, Richard Kriesche in seiner Funktion als Künstler, Thomas Wagner, Redakteur für Bildende Kunst und Design der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Gerfried Sperl, Diskussionsmoderator und Chefredakteur des Standard und Joanneum-Intendant Peter Pakesch. Thema vielmehr war die Kunstkritik als angewandte analytische Betrachtung und infolge Besprechung aus einer grundsätzlich skeptischen – keineswegs aber vorausgesetzten – ablehnenden oder affirmativen Haltung.

Gerfried Sperl bezeichnete sich als erfahrener Sammler von Bemerkungen aus dem Bereich der Festival-, Theater- und Museumsdirektoren und resümierte über diesen Fundus: Die Direktoren brauchten „Kultur- und Kunstkritik nur als positive in den für die Geldgeber bestimmten Argumentationsmappen. Gegen „Jubelkritiken“ aber spricht die Notwendigkeit der öffentlichen Opposition, ohne die eine Unterscheidung zwischen qualitativ hochwertiger und anderer Kunst nicht möglich sei.

Der Experte Thomas Wagner allerdings stieß sich angesichts Theater-, Kunst- e. a. Kritiken am Begriff der Kulturkritk: „Ist das nun alles zusammen oder die Kritik an der Kultur?“ Aus der Perspektive des Kunstkritikers, hielt Wagner fest, sei die Kritik im Dienst bestimmter Institutionen „ein langweiliges Geschäft – wir wollen ja auch unseren Spaß haben“. Kritik habe aus seiner Sicht immer konstruktiven Charakter, solange sie an der Sache orientiert bleibe und sich nicht in Kampagnen gegen Personen oder Einrichtungen wendet. Zurzeit beobachte er allerdings ein Klima, in dem das Genre der Kunstkritik nicht gerade zum Aufblühen neigt und dafür macht er eine Konsensgesellschaft verantwortlich, in der der Kritiker als Störenfried auftritt.

Eine Bewegung in Richtung kritischer Haikus aufgrund des immer geringer zur Verfügung stehenden Raumes in Zeitungen, nannte Veronica Kaup-Hasler die von ihr beobachtete Tendenz des Schwindens ausführlicher Kritik. Der Kulturkritiker „beziehungsweise die Kulturjournaille“ trete als der verlängerte Arm der Presseabteilungen auf. Glücklicherweise aber wünschte sie sich eine „Kunst des Unterscheidens“ und die Entwicklung verschiedener Techniken und eigener Stile in der Kunstkritik. Eine Gesellschaft ohne kritisches Potential, so Richard Kriesche, hebe sich selbst auf. Kulturkritik sei umfassender als Kunstkritik und sie beziehe sich auf ein Vorher und Nachher und nicht allein auf den Augenblick. Ernsthafte Kulturkritik sei die Platzierung des aktuellen Ereignisses im größeren kulturellen Kontext. „Wenn die Erfordernisse der Kultur- und Kunstkritik in Lifestyling und Adabei-Moderation abgleiten, bedeutet das für den Produzenten von Kunst, genau diese Mechanismen anwenden zu müssen, um überleben zu können. Lächerliche Kunstkritik führt also zu lächerlicher Kunst.“

Mitten im „Feld von Anspruch und Wirklichkeit“ sieht sich Peter Pakesch: A priori ginge es ihm nicht um positive Berichterstattung– und widersprach damit Sperls eingangs angeführter Sammlung von Bemerkungen vieler Direktoren und Intendanten. „Gut formulierte negative Kritik kann auch sehr viel bringen.“

Nachschrift: Die Krisis – und daher Kritik – führt zur Entscheidungsfähigkeit gegenüber der Position des Kunstwerks innerhalb der Systeme Kunst und dem übergeordneten der Kultur. Die Kritik kann sich letztlich nur im sprachlichen Zeichen äußern, eine Distribution erfolgt durch Medien im Print- oder welchem Bereich auch immer. Grundsätzlich ist das nicht besprochene Kunstwerk nicht existent, erfährt erst durch Sprache eine weitere Öffentlichkeit: retrospektiv in der wissenschaftlichen Bewertung durch Kunst-, Musik-, Literaturgeschichte oder initiativ das gegenwärtig Geschaffene betreffend. Der Kunstgeschichte erhalten bleiben spätestens seit der Moderne – man denke an konzeptuelle Kunst und den nachgereihten Stellenwert des physischen Werks – Positionen, die besprochen werden oder wurden. Gleichzeitig besteht die Praxis, Kunst als Handelsware zu transportieren, die wenigstens tendenziell der affirmativen Bewerbung bedarf. Insofern ist der Vergleich mit magischen Praktiken, die Unbelebtes erst durch Besprechen, durch die sprachlich artikulierte magische Formel, ins Leben setzen wohl nicht weit hergeholt, wenn die Kunstkritik das Werk mit metaphorischem Sinn belebt. Der Diskurs vor allem des nicht physischen Werks passiert in der Diskussion durch mehrere Sprecher respektive SchreiberInnen, unter denen wohl die ersten die Kunst- und KulturkritikerInnen sind.

– Wenzel Mracek –

 

 

Anna In Bloom


Die außergewöhnlich kraftvolle und ausdrucksstarke Stimme der Sängerin Anna Friedberg, jazzige Rhythmen, sanfte Balladen, groovige Refrains und getragene Melodien machen die Musik von Anna In Bloom zum Erlebnis. Das harmonische Zusammenspiel musikalischer Talente ist spürbar und unvergleichbar eigen. Selbst die Coverversion Jimi Hendrix’ „Castles made of sand“ klingt ganz nach Anna In Bloom. Das weit gestreute stilistische Spektrum der MusikerIn beweisen die Eigenkompositionen. Thematisch geht es dabei um das, was (junge) Menschen bewegt – Träume, Ängste, Sehnsüchte und um das Beziehen klarer Positionen. „Thank God I’m a woman“ legitimiert das Recht als Frau so zu sein wie Frauen eben sind. In „Time to rest“ wird die Wichtigkeit der Ruhe, um Klarheit zu erlangen, proklamiert. „Protector of faith“ und „In doubt“ berühren auf ganz besondere Art und Weise.

Gegründet hat sich die Band rund um Anna Friedberg (vocal) im Frühjahr 2004. Mit Peter Taucher (guitar), Ewald Prügger (bass) und Bernhard Kern (drums) fanden sich drei bestens ausgebildete Musiker, die das „Blühen“ des Frühlings aber auch das der aufstrebenden Sängerin in einer ganz speziellen Form zum Ausdruck bringen – zu hören und zu erleben bei Live-Auftritten und auf der Demo CD.

Konzerttermine:
19. 3. 2005 Cafe Miro, Grabenstraße 28, Graz. Beginn: 20:30 Uhr
5. 4. 2005 Jazz-Club „Kamot“, Bahnhofstraße 9, Klagenfurt. Beginn: 20:30 Uhr
Kontakt: Bernhard Kern, T 0664-5301952 | Peter Taucher, T 0664-3739300

 

 

  Veranstaltungen mit Bezug zum „Gedankenjahr“


URANIA-Symposion
Gerade rechtzeitig zum österreichischen Jubiläumsjahr 2005 erscheint die neue 14-bändige Geschichte Österreichs unter der Federführung von Herwig Wolfram aus Wien. Aus diesem Anlass lädt die URANIA die Autoren zu einem Symposion zur Geschichte Österreichs zu laden. Mitveranstalter sind das Steiermärkische Landesarchiv und das Bankhaus Krentschker & Co.

Symposion – Österreich im Wandel der Zeiten
Fr., 11. März 2005 von 15.00 bis 19.30 Uhr
Sa., 12. März 2005 von 10.00 bis 18.00 Uhr
Ort: Wartingersaal, Steiermärkisches Landesarchiv, Karmeliterplatz 3, Graz | Kosten: Euro 32,- MitgliederInnen frei
Wissenschaftliche Leitung: Univ.-Prof. Dr. Herwig Wolfram, Wien | Moderation: Dr.in Eva Karisch, URANIA
Programm: www.urania.at

Zweiteilige Gedenkveranstaltung „Zukunft braucht Erinnerung“
Im Gedenken an den Todesmarsch ungarischer Juden 1945 in der Oststeiermark
Gedenkveranstaltung: 06.04.05, 13:00 Uhr bis 17:30 Uhr | forumKloster, Josefsaal, Gleisdorf
ReferentInnen: BGM Christoph Stark (angefragt), Siegbert Rosenberger, MMag. Christian Gmeiner, Dr. Eleonore Lappin und Boris Mihalcic (Violine)

Weiterbildungsseminar für LehrerInnen aller Schultypen
inkl. Exkursion mit SchülerInnen in Gleisdorfer Umlandgemeinden: 14.04.05, 08:15 Uhr bis 16:30 Uhr | forumKloster, Gleisdorf
ReferentInnen: Univ.-Prof. Dr. Peter Gstettner, Mag. Christian Ehetreiber, Wolfgang Seereiter sowie ein Vertreter des Landesschulrates für Steiermark

Nähere Information unter w.seereiter@gmx.at

Video- und Buchpräsentation „Spurensuche Todesmarsch Eisenstraße 1945“
07.04.05, 19:00 Uhr, Stadtmuseum Eisenerz und Museum Arbeitswelt Steyr
Die ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus, das Eisenerzer Personenkomitee und die Stadtgemeinde Eisenerz präsentieren als weiteren Meilenstein im mehrjährigen Erinnerungs- und Gedenkprojekt "Spurensuche Todesmarsch Eisenstraße 1945" ein rezeptionsgeschichtliches Video und eine wissenschaftliche Buchpublikation zeitgleich in Eisenerz und der Partnerstadt Steyr. Den Anlass bildet der 60. Jahrestag des Massenmordes an ungarischen Jüdinnen und Juden am Präbichl.


Nähere Information und Anmeldung unter: christian.ehetreiber@argejugend.at

 

 

Erich Hubmann: Ein Steirer beim „Dachauer Aufstand“
(Foto) Erich Hubmann als Interbrigadist in Spanien (links), in der Mitte der Grazer Max Stiplosek, rechts Erichs Bruder Josef Hubmann


Am 5. November 1946 beschloss der Stadtrat von Dachau, eine Straße im Süden der Stadt nach dem Pernegger Erich Hubmann zu benennen. Ein halbes Jahr später wurde am Haus der Sparkasse am Rathausplatz eine Tafel angebracht, die neben Hubmann auch noch an den Grazer Anton Hackl, den Mannheimer Fritz Dürr und an drei Dachauer Bürger erinnert.

Erich Hubmann wurde am 28. September 1912 als eines von elf Kindern des Gendarmeriewachtmeisters von Pernegg und nachmaligen sozialdemokratischen Bürgermeisters Josef Hubmann geboren. In der Ersten Republik, in den Jahren, in denen sich zwei annähernd gleich starke politische Blöcke – die sozialdemokratische Opposition und die bürgerliche Regierung – gegenüberstanden, wuchs Erich Hubmann im sozialdemokratischen Milieu auf. Das hieß damals Mitgliedschaft bei den Kinderfreunden, in der Sozialistischen Jugend, bei den Wehrturnern und im Republikanischen Schutzbund.

Die Erich-Hubmann-Straße verläuft parallel zur Anton-Hackl-Straße

Schutzbund-Kampf in Bruck, Emigration in die Sowjetunion.
Der Schutzbund-Aufstand vom 12. Februar gegen die Abschaffung der Demokratie durch das Dollfuss-Regime findet die Brüder Erich und Sepp Hubmann an der strategisch wichtigen Talenge bei Zlatten rund sieben Kilometer südlich von Bruck in der Gemeinde Pernegg. Hier wurden die Bahn- und Straßenverbindung durch zwei Tage hindurch immer wieder blockiert und so ein Vorrücken der Regierungstruppen nach Bruck behindert. Als sich schließlich die Niederlage abzeichnete, flohen die Schutzbündler – unter ihnen auch die beiden Brüder Hubmann – in die Berge. Die Regierung hatte noch am 12. Februar das Standrecht verhängt; bis zum 21. Februar wurden 20 Personen zum Tode verurteilt und acht – unter ihnen auch der sozialdemokratische Abgeordnete Koloman Wallisch – hingerichtet. Zudem wurden die Sozialdemokratische Partei und ihre Vereine und Organisationen verboten und deren Vermögen eingezogen. Dies betraf auch Josef Hubmann: Er wurde als sozialdemokratischer Bürgermeister von Pernegg abgesetzt. Dennoch riet er seinen beiden Söhnen, die in sich in den Bergen versteckt hielten, sich der Gendarmerie zu stellen. Was danach folgte, geschah so ähnlich in ganz Österreich: mehrwöchige Internierung, Entlassung und die Unmöglichkeit weiter in ihren Berufen – Erich war Bäckergeselle und Sepp war Feinmechaniker gewesen – tätig zu sein, Flucht in die Tschechoslowakei und Emigration in die Sowjetunion. Erich und Sepp Hubmann landeten in Charkow. Hier arbeiteten sie in einem großen Elektrowerk und wirkten in den Sommermonaten gemeinsam mit anderen Schutzbündlern als Bergführer und Schilehrer im Kaukasus. Zu ihren „Hausbergen“ zählte u.a. der höchste Berg Europas, der 5633 Meter hohe Elbrus. Zudem waren sie auch namensgebend für den von ihnen erstmals bestiegenen Pik Schutzbundowez.

Als Interbrigadist in Spanien.
Als im Herbst 1936 im fernen Spanien die Generäle unter Franco gegen die Republik putschten und ein drei Jahre dauernder Bürgerkrieg begann, eilten aus allen Ländern der Welt Freiwillige nach Spanien, um die Republikaner in dem ungleichen Kampf zu unterstützen. Neben zahlreichen Freiwilligen aus Österreich folgten auch rund 160 der in die Sowjetunion ausgewanderten Schutzbündler dem Aufruf, sich den Internationalen Brigaden anzuschließen. Unter ihnen waren auch Erich und Sepp Hubmann, die noch in der Sowjetunion einen Offizierslehrgang besucht hatten und im Frühjahr 1937 als ausgebildete Fernmeldetechniker in Albacete eintrafen. Die Kampfplätze, auf denen Erich und Sepp Hubmann in den folgenden Jahren unter den Namen Erich Kummer und Hans Lustig zu finden waren, sind jene, wo der Großteil der Österreicher kämpften: um Brunete, Quinto und schließlich am Ebro, wo in der Nacht vom 24. auf den 25. Juli 1938 die letzte große Offensive gestartet wurde.

Interniert in Frankreich.
Nachdem Ende September 1938 der republikanische Ministerpräsident Juan Negrín vor dem Völkerbund den Abzug der Internationalen Brigaden – zu diesem Zeitpunkt über 12.000 Personen – als Vorbedingung dafür verkündet hatte, dass auch Franco auf die Hilfe der faschistischen Verbündeten Deutschland und Italien verzichten würde, wurden die Internationalen Brigaden am 15. November in Barcelona verabschiedet. Der Demobilisierung folgte im Jänner 1939 die erneute Bewaffnung, der zweite Einsatz, bei dem Erich Hubmann wieder dabei war. Doch schon am 9. Februar 1939 überschritt Erich Hubmann mit den Brigaden die Grenze zu Frankreich, wo sie entwaffnet und vorerst im provisorischen Auffanglager in St. Cyprien, danach in Gurs interniert wurden. Im April 1940 meldeten sich Erich und Sepp Hubmann zu einem Arbeitskommando, das nahe der Schweizer Grenze Bunker betonieren musste. Von dort aus flohen sie zweimal über die Grenze und wurden beide Male von den Schweizern wieder den französischen Behörden übergeben. Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Frankreich wurden die Hubmann-Brüder im Süden des Landes interniert.

Gefangener im KZ Dachau.
Im Dezember 1940 waren Erich und Sepp Hubmann schließlich nach fast sieben Jahren wieder in der Steiermark. Die Gestapo hatte sie in Frankreich festgenommen und nach Graz ins Gefangenenhaus Paulustor überstellt, von wo aus sie wie hunderte andere Spanienkämpfer ins KZ Dachau eingeliefert wurden.

Im April 1945 zeichnete sich das Ende der nationalsozialistischen Herrschaft ab. Während die amerikanische Armee unaufhaltsam näher rückte, boten die Nationalsozialisten das letzte Aufgebot zur Verteidigung auf. Im KZ Dachau wurden Kolonnen von Häftlingen zusammengestellt, die auf Evakuierungsmärschen nach Süden in Marsch gesetzt wurden, was bei den entkräfteten Häftlingen teilweise einem Todesurteil gleichkam. Die im Lager verbliebenen Häftlinge mussten damit rechnen, in der letzten Minute von der SS erschossen zu werden. Gleichzeitig trafen sich aber in Dachau auch Männer und Frauen, die ein drohendes Blutvergießen im Konzentrationslager und die Zerstörung der Stadt verhindern wollten. Sie planten das, was später der „Dachauer Aufstand“ genannt werden sollte.

Am 25. April 1945 gelang es einer Widerstandsgruppe um Georg Scherer und Walter Neff – beide waren bis 1941 bzw. 1942 Häftlinge des KZ Dachau gewesen – KZ-Häftlinge aus dem Lager zu befreien. Diese rund 20 Personen zählende Gruppe bestand vorwiegend aus ehemaligen Spanienkämpfern – unter ihnen Erich Hubmann und Anton Hackl – und deutschen Kommunisten, denen sich noch sechs weitere Häftlinge des Außenlagers „Liebhof“, eines landwirtschaftlichen Guts der SS, anschlossen. Von Dachauer Frauen mit Zivilkleidern versorgt, gelangten sie mit ihnen als Liebespaare getarnt nach Mitterndorf, wo sie sich bis zum 28. April versteckt hielten.

Ein Tag zu früh.
Zu diesem Zeitpunkt waren in der Stadt rund 130 Mann des letzten Aufgebots im Volkssturm zusammengezogen worden, damit diese gemeinsam mit den Resten der Wehrmacht und der SS die Stadt vor den näher rückenden US-Truppen verteidigen und einen Aufstand oder Ausbruchsversuch der Häftlinge verhindern sollten. Doch auch innerhalb dieser Gruppe begann sich Widerstand gegen die Pläne der Nationalsozialisten zu regen. Seit Mitte April hatte zudem eine Gruppe ehemaliger Sozialdemokraten Pläne zur Entmachtung der Nationalsozialisten zu schmieden begonnen.

Die österreichische Lagerkapelle in Gurs, vorne: Erich und Josef Hubmann

Als am 28. April 1945 in den frühen Morgenstunden die Meldung „Achtung, Achtung! Sie hören den Sender der Freiheitsaktion Bayern. Arbeiter, schützt eure Betriebe gegen Sabotage durch die Nazis. Verwehrt den Funktionären den Zugang zu euren Anlagen. Die Freiheitsaktion Bayern hat heute Nacht die Regierungsgewalt erstritten“ gesendet wurde – eine etwas verfrühte Meldung –, sahen sich die Dachauer Widerstandsgruppen gezwungen, ebenfalls zu handeln. Von Scherer informiert marschierten Erich Hubmann und die anderen ehemaligen KZ-Häftlinge nach Dachau, wo sie – mit Gewehren ausgestattet – das Rathaus und den Rathausplatz besetzten und den nationalsozialistischen Bürgermeister festnahmen. Den vom Aufstand alarmierten Angehörigen des Volkssturms wurde mitgeteilt, dass in München die Freiheitsbewegung zur Rettung der Städte aufgerufen habe und sie nun zur Sicherung der Stadt eingesetzt würden. Während diese in der Folge gemeinsam mit den ehemaligen KZ-Häftlingen das Rathaus und das Landratsamt besetzten, musste in München die Freiheitsaktion Bayern den Rückzug antreten. Gleichzeitig marschierten in Dachau drei SS-Kompanien mit schweren Waffen Richtung Rathaus vor, wo Erich Hubmann gemeinsam mit vier ehemaligen Häftlingen in der Apothekergasse in Deckung lag. Bei dem Gefecht mit der SS wurden Ernst Hubmann und der Grazer Anton Hackl, der in der Rathaustür positioniert war, tödlich getroffen. Der Dachauer Aufstand wurde nur wenige Stunden nach Ausbruch niedergeschlagen, über 40 am Aufstand Beteiligte verhaftet und vier Gefangene – darunter drei Mitglieder des Volkssturms, die von der SS mit abgefeuerten Gewehren angetroffen wurden – am heutigen Widerstandsplatz erschossen. 24 Stunden später befreiten amerikanische Truppen die Stadt Dachau.

– Heimo Halbrainer –

 

 

ZULM (VI)
Fortsetzung von Willi Hengstlers Indien-Krimi „Zulm“
< "Kaum hatte ich das Grace-Hotel betreten, wurde das Licht fahl, als ob es niemals einen Tag gegeben hätte."


Was bisher geschah: Shankar Nath, halb Inder, halb Österreicher, ist von dem Handelsdelegierten Max Neuhold einem Industriellen aus Mumbai, Mr. Lala, empfohlen worden. Im Haus des Handelsdelegierten hat Shankar auch Reinhold Mayer, einen wohlhabenden Dachdecker, kennen gelernt. In Mumbai wird Shankar von Lala engagiert, damit er einem österreichischen Maler namens Ogrisegg nachforscht. Ogrisegg ist 1938 vor den Nationalsozialisten geflohen und hat in Indien Karriere gemacht. Die Recherche führt Shankar nach Pune zu Pater Sechser, der Ogrisegg im Internierungslager kennen gelernt hatte. Auf der Rückreise wird Shankar von Gudrun, der Frau seines väterlichen Freundes Josef Flunger, angerufen, die ihm mitteilt, dass dieser in Hampi, der südindischen Ruinenstadt, schwer gestürzt ist. Shankar übernimmt die Reiseleitung für den Verunglückten und steigt mit Mayer, der ebenfalls Mitglied von Josefs Reisegruppe ist, zum Unfallort auf. Dort fühlt sich Shankar von Mayer, der bemerkenswerte Kampftechniken beherrscht, bedroht. Ein unentwickelter Film aus Josefs Fotoapparat, den Shankar von einem indischen Hippie bekommt, könnte Klarheit bringen …

And again, and again, again … Hampi, Badami, Bijapur, wir hielten uns letzten Endes nach Norden. Da wir frühmorgens aufbrachen und bis zur Dämmerung unterwegs waren, hatte ich keine Gelegenheit Josefs Film entwickeln zu lassen. Würde die Emulsion in der Hitze verderben? Die Rolle neben Münzen und Taschenmesser drückte mir gelegentlich in die Leiste. Wenn ich dann unauffällig in die Hosentasche fasste, fühlte ich Mayers Blick. Schöpfte er Verdacht? Anil wurde entweder nicht müde oder gab das Steuer des Marutti nicht gerne aus der Hand. Mayer und ich wechselten einander als Beifahrer ab, meist saßen wir aber nebeneinander auf der erhöhten Rückbank. Nach einiger Zeit wurden wir taub vom Fahrtwind und müde von den vorüber jagenden Bildern. Wir fuhren über Getreide, das auf der Straße ausgebreitet war, damit die Reifen das Korn aus den Ähren mahlten. Wir flüchteten vor den dahinjagenden Konvois der Wahlkämpfer an den Straßenrand. Wir passierten einen Wandermönch, der sich auf der Straße, den Kopf zum Mittelstreifen, zur Kumb Melha, der großen Wallfahrt, nach Ujain rollte und bereits Eingang ins Guiness-Buch der Rekorde gefunden hatte. Wir hielten neben einem zerstörten Brückengeländer und blickten hinab auf den Tungabhadra, aus dessen Wasser die Kabine eines Fernlasters ragte. Der Fahrer war noch nicht geborgen worden, und die Neugierigen verjagten die Fische mit Steinwürfen.

Gudrun hatte versprochen mich zu verständigen, sollte sich etwas an Josefs Zustand ändern. Als das Nokia klingelte, begann ich hektisch in meiner Bananabag zu wühlen ... zu spät. Das Display zeigte „Neuhold“. - Jemand hat sich verwählt, sagte ich. Obwohl Mayer die Kamera auf mich richtete, um das Gespräch mitzuschneiden, rief ich zurück. Max hob nicht ab. Bald darauf hörte ich das Signal eines einlangenden SMS: „Anrufen, wenn du allein bist. Bald. Max.“ - Josef Flunger lebt noch, sagte ich. Aber sein Zustand ist unverändert. Mayer langte nach dem Handy, aber da hatte ich das SMS schon gelöscht. Wir gelangten gerade rechtzeitig nach Bijapur, um noch in das Mausoleum Gol Gombaz mit seiner Kuppel, die fast so groß wie die des Petersdomes ist, eingelassen zu werden. Aus irgendeinem Grund versäumte ich, Mayer zu erklären, dass der Rundgang in fast 60 Meter Höhe „Flüstergalerie“ genannt wurde. Er glaubte sich unbelauscht, als er mir gegenüber, 37 Meter entfernt, sein teures Handy benützte. - Wolltest du dem Idioten was erzählen? Ich warne dich, Max! Bring das Projekt nicht in Gefahr! Wir haben es fast geschafft!

Überall, auf Feldern, auf Straßen und Dämmen, auf allen Baustellen, leuchten die Frauen in ihren farbigen Saris. Sie waren die eigentliche Verkörperung des Wahlslogans der BJP vom „Shining India“, der auf die Mitteklasse zielte. Sie gruben, sie schleppten, sie mischten Zement, sie verrichteten nach den Anweisungen von Männern alle Arbeiten, für die gewaltige teure Baumaschinen fehlten, immer in ihre kleidsamen, aber unpraktischen Saris gehüllt, wie um damit Flagge für ihre unauslöschbare Weiblichkeit zu zeigen. An der Umfassungsmauer des Mausoleums waren sechs oder sieben von ihnen bei Ausgrabungsarbeiten beschäftigt. Eine trug jeweils einen Korb mit Erde zehn Schritte zur anderen, bis die Letzte ihre Last auf einen Laster entleerte. Auch sie trugen Saris und als Arbeitsschuhe hatten sie Flipflops an den nackten Füßen. Aber als Mayer die Frauen filmte, wehrten sie ab. Seine Kamera verfügte über einen Sucher, der sich auch zum Motiv hin drehen ließ. Die Gefilmten, meist in den Ruinen herumlungernde Kinder, sahen sich dann plötzlich selbst auf dem ausgeklappten Bildschirm. Diesmal funktionierte der Trick mit dem umgedrehten Sucher aber nicht, eine dunkle, tätowierte Frau bewegte sich sogar auf Mayer zu.

 

- Der Fremde soll sich kein Bild von uns machen ohne zu zahlen! Es war eine tribal woman, eine der Fremden im eigenen Land. Vor tausend oder mehr Jahren verdrängt durch die Indoarier, von Hindus und Katholiken missioniert, zum Aussterben verdammt und wie ich Wanderer zwischen unterschiedlichen Welten, repräsentierten sie ein verlorenes, eigentliches Indien. Woher kommst du, fragte ich sie. - Aus Orissa. Ich bin eine Kondha … Die Frau, arm und schmutzig, war unwiderstehlich in ihrer Fremdheit. Beim Anblick ihrer Tätowierungen erinnerte ich mich an das, was Levi-Strauß über die erotische Anziehungskraft der Nambikwarafrauen geschrieben hatte. Der einzige Tiroler außer Josef, den ich in Indien kannte, hatte in Radjasthan eine tribal woman geheiratet. Der Sohn großer Obstbauern hatte seinen Entschluss nie bereut, fuhr aber alljährlich nach Tirol um bei der Ernte das Geld für seine wachsende Familie zu verdienen. - Es ist weit nach Orissa, sagte ich. Und wo ist dein Mann. - Er hat sich aufgehängt, sagte die tribal woman, ich sei ohne ihn besser dran. Sie lebte auf dem Bürgersteig der Raisen Road, wo es leichter war, Nachstellungen zu entgehen. Ich redete mir ein, dass ich sie treffen wollte, um Einzelheiten für Max Neuhold zu sammeln und sagte ihr, dass ich sie finden würde. Außerdem musste ich Josefs Fotos entwickeln lassen und mit Max Neuhold reden. Im Residency mit dem riesigen, ausgestopften Tiger in der Lobby und seinem exzellenten Buffet, das Mayers Laune sichtlich hob, erklärte ich ihm, dass ich den Abend und die Nacht bei Freunden verbrächte. Anil, der hinter dem Hotel unter den Azaleen kampierte, würde sich, wenn nötig, um ihn kümmern.

Der Fotohändler reichte mir den Umschlag mit den Bildern, ohne mich dabei anzusehen. Sein Rücken, der sich in der Glasscheibe spiegelte, die den Verkaufsraum vom Labor und den Arbeitstischen abgrenzte, kam mir gesprächiger vor. Josef hatte nur wenige der 36 Bilder des Filmes belichtet: Das erste zeigte ein Seite aus einem Dumont-Kunstführer. Ich kannte die schwarze Tafel in der Eingangshalle, auf der die Palastanlagen von Golkonda in Blindenschrift beschrieben waren. Die restlichen Aufnahmen zeigten Hampi und Mayer, wie auch ich ihn auf dem Plateau des Matanga erlebt hatte. Die ersten Bilder waren noch scharf und mit der beiläufigen Routine komponiert, die ich von Josef kannte. Aber dann wurde Mayer zum unscharfen Schatten, bis er auf dem letzten Bild schließlich nur noch als braun-blauer Wischer zu erahnen war. Ein gestrecktes Jeansbein? Ein Fußtritt?

Ich klemmte das Päckchen unter den Arm und überquerte die Raisen Road, die den verhältnismäßigen Reichtum von Bijapur von ihrer unverhältnismäßigen Armut trennte. Der Bürgersteig gegenüber fand eine schattige Vertiefung unter den Säulen, welche die Fassade eines fünfstöckigen Speichers trugen. Ich sah die tribal woman auf dem Asphalt neben ihrem Bündel hocken. Neben ihr steckte eine Familie ihr Terrain ab, indem sie Jutesäcke ausbreitete. Das Familienoberhaupt hatte ein Loch in der Oberlippe, aus dem ein Schneidezahn heraus leuchtete. Ich gab der tribal woman ein Zeichen später nachzukommen und ging um den Speicher herum.

Kaum hatte ich das Grace-Hotel betreten, wurde das Licht fahl, als ob es niemals einen Tag gegeben hätte. Vor einem Lastenaufzug, der unmerklich hinter Scherengittern bebte, saß der Hoteldiener, dessen mit Henna gefärbtes Haar ähnlich glänzte, wie das Fell des kleinen Hundes zu seinen Füßen. Ich checkte ein und folgte dem Diener in den zweiten Stock, behindert von dem Hund, der versuchte, sich an mir zu reiben. Über die Wände meines Zimmers huschten durchsichtige Geckos und die Laken waren gelblich, gefleckt von den Sekreten des Schlafes. - Ziehen Sie frische Laken auf, sagte ich und sah dem Hund zu, wie er die Albino-Geckos von der Wand schnappte und fraß. Und besorgen Sie bitte Dahl, Reis, Tee, einige Flaschen Bier und Kekse. Wenn jemand nach mir fragt, führen Sie die Person zu mir. Ich übersah sein unverschämtes Lächeln und reichte ihm 300 Rupies.

Das Loch in der Mitte des Bades diente gleichzeitig zum Defäkieren und als Abfluss. Die Tür schloss nicht, das Waschbecken war zu schmal, um eine Zahnbürste abzulegen und das Rohr an der Decke erzitterte, ehe es den dünnen Wasserstrahl ausspie. Ich schaltete die Klimaanlage ein, obwohl ein Fenster eingeschlagen war, und sie warf ihren Schwall staubiger Luft über mich. Aber in ihrem Rattern pulsierte das „Again … and again“ von Jack Bruce und steigerte mein beinah körperloses und zugleich keinen Aufschub duldendes Verlangen. Dieses elende Loch, die Reise, die tribal woman, alles schien in einem zusammenzufallen. Der Portier kam mit Bier und Essen zurück und zog die Laken auf. Auch draußen war jetzt Nacht und da die Insekten durch die zerbrochene Scheibe hereinströmten, zündete er eine Moskitospirale an, so dick wie eine Kobra und kaum weniger giftig. Ich roch den alten und neuen Schweiß der tribal woman, noch bevor ich mich umdrehte. Sie hatte Mühe den Hund des Portiers mit einer Hand draußen zu halten, weil sie in der anderen ein Päckchen trug. Schmutz dämpfte die Farben ihres Kunstfasersaris und ihr Blouson war fleckig. Ich schob den Portier hinaus und wollte sie nehmen, sofort, ungewaschen, so wie sie war. Aber wie um Zeit zu gewinnen, öffnete sie das Päckchen: Darin steckte ein Sari, den sie ausbreitete. Erst kürzlich waren laut Indian Times auf einer Wahlveranstaltung Saris verschenkt worden und dabei im Gedränge neun Frauen zu Tode gekommen. Sie küsste meine Füße, und ihre Fähigkeit wortlos mit mir zu sprechen steigerte diese unpersönliche, mich nur zufällig ganz ausfüllende Lust.

- Wie heißt du?, fragte ich sie - Alice. - Alice? - Warum nicht? - Und warum hat sich dein Mann umgebracht? - Sie haben ihn an einen Baum gebunden und ihm einen Arm abgehackt. Was soll ein Jäger oder Arbeiter mit einem Arm? Scham ist keine Eigenschaft der sehr Armen. Während sie sich Drehung um Drehung aus dem zerschlissenen Sari wickelte, leuchtete sie immer mehr in ihrer Nacktheit. Sie kam nass aus dem Badezimmer, und mein Glied zitterte unter ihrem Blick. Aber diese Erregung war nicht auf ein befreiendes Ende hin gerichtet, sondern wuchs mit dem schmutzigen Bett, der stotternden Air Condition und dem scharfen Rauch zu einer Kraft, die mich hochhob. Ich fand mich außer mir, entrückt, über den fettig-schmutzigen Flügeln des toten Ventilators, knapp unter der Decke. Plötzlich begriff ich, dass es sich bei dieser Filmeinstellung von hoch oben um ein Mantra handelte. Schamloses Befingern, in den Mund nehmen, Penetrieren, Schlürfen und Saugen, wir vervielfachten uns zu einem endlos wiederholten Muster; ich existierte über, jenseits der Decke noch einmal und noch einmal ein Stockwerk höher, ebenso wie ich mich mit ihr in den Staubknäueln unter dem Bett wiederholte, immer wieder bis in die Weite des Dekkhans. Es gab keinen Höhepunkt in diesem surrealen Begattungsakt, die Ejakulationen flossen von irgendwo her kommend unaufhörlich in Wellen durch mich hindurch. „ And again … and again … again …“.

Tribal Woman biss mich in den Hals und die glitzernden Geckos an der Wand starrten mich an. Ich starrte zurück, bis die Swarovskibroschen ihren Blick ruckartig abwandten. Es musste viel Zeit vergangen sein, denn als das Handy läutete, war ihr Haar getrocknet und roch nach Feuer. Am Telefon war Gudrun. - Josef ist tot, sagte sie. - Wann? Wie? - Er stammelte noch „Golkonda. Golkonda, Braille“. Gudrun schluchzte. Tribal Woman, geduckt unter ihrem neuen Sari, aß Dahl und Kekse. Ich war so ausgetrocknet, dass ich, ohne es zu merken, die zwei Flaschen Bier leerte. Mein brennendes Glied würde niemals aufhören, so wegzuragen. Sie spürte meinen Blick, der Sari rutschte herab, sie kam vom Fußende herauf auf mich zu und nahm mich zwischen ihre Brüste.

 

 

  AKTUELLE AUSSTELLUNGEN



Donnerstag, 10.03.: Eröffnung der Ausstellung Spring 2005 im KunstRaum/Kulinarium, Bürgergasse 5, 8010 Graz, um 19.00 Uhr mit Arbeiten von Reimann, Grill, Treu, Streicher, Uranitsch, Troger u. a. in der Galerie artmoments, Bauer, Burkart, Hacker, Moschik u. a. in der Galerie Kunst & Handel und Fotografien zum Thema Vom inszenierten Porträt zum Aktionsfoto in der galerie remixx. Informationen unter Tel. 0664 30 77 179


Ab Freitag, 11. März: Jeden Freitag von 16.00 – 17.45 Uhr findet das Forum Stadtpark Raum und Zeit für einen freien und experimentellen Umgang mit der Kunst, malen, zeichnen, erfinden ... Altersgemäßes Arbeiten, die Auseinandersetzung mit aktueller künstlerischer Praxis und das Ausprobieren eigener Ausdrucksformen bestimmen das Programm des Kinder-Workshops. Für Kinder von 7 bis 12, Leitung: Leitung: Maki Stubenberg, ca. 12 Termine. Kosten: 42 Euro, Material ist inkludiert. Informationen unter Tel. 0316/827734 und http://forum.mur.at


Freitag, 11.03.: Farbiges Warten. Tagebuch und Innenraum der neue Katalog von Ingrid Knaus wird um 19.00 Uhr im Stadtmuseum Graz, Sackstraße, präsentiert. Musik: Reinhard Ziegerhofer. Eine Präsentation mit Ausstellung der Originale folgt am 15. März, 18.30 Uhr im forumKloster in Gleisdorf.

„Farbiges Warten“ 66 Seiten, Format 20 x 20 cm, Einband foliert, Titelbild „Freitreppe“, Öl auf Leinwand, 50 x 70 cm (Anhang), ISBN: 3-9501252-2-1, Subskriptionspreis Euro 19,- (später 21,-)


Freitag, 11.03.: Runder Tisch zum Thema Heimat SUBURBIA mit Johannes Fiedler (Architekt) und Walter Titz (Kulturjournalist) im Kulturstock 3, Pischelsdorf um 19.45 Uhr und ein weiteres Mal am 6. April in der Ortweinschule Graz, Korösistr. 157 um 11.45 Uhr.


Samstag 12. 3. – Ausstellungseröffnung "GENUSS - GALERIE" Kulinarische Handwerker durch die Augen von Künstlern in der Galerie Fromme Contempora, Herrengasse 7 in Graz, Altstadt-Passage. Informationen unter T 0316-83 02 54 und www. suziefromme.at


Freitag, 18. 03.: Beginn der Ausstellung Mensch und Kosmos - Präkolumbische Kunst aus Mexiko in der Kunsthalle Leoben. Mehr als 200 Objekte stehen für die größte Schau außerhalb Mexikos. Zu sehen bis zum 18. September, Informationen unter www.leoben.at


Bis Montag, 18. März: Jeweils um 19.00 Uhr führt die Reihe ort im Haus der Architektur, Engelgasse 3-5, 8010 Graz, unter dem Titel Finnland – Die Ästhetik des Praktischen durch die Arbeiten von Juhani Pallasmaa und Olli-Pekka Jokela. Weitere Informationen unter Tel. 0316/323 500 14 und www.hda-graz.at


Bis Montag, 28. 03.: Im Rahmen der Franz Krausz Ausstellung der Neuen Galerie wird ein Teil der Werke, Blumen und Muscheln Israels, im Jüdischen Kulturzentrum Graz, David Herzog Platz 1, 8020 Graz, ausgestellt. Der Grazer Franz Krausz gilt als Pionier der modernen Werbegrafik. Informationen unter Tel. 0316 / 712468


Donnerstag, 31. 03.: Eröffnung der Jahresausstellung der Berufsvereinigung der bildenden Künstlerinnen und Künstler unter dem Titel Labyrinthe und Irrgärten um 19.00 Uhr im Grazer Künstlerhaus am Burggring. Zu sehen bis zum 12. April.

Weitere Informationen unter Tel. 0316/817390 und www.art-bv.com


Bis Freitag, 1. April: In der Reihe Zagreb-Connection zeigt der Verein Dynamic – Photo, Art & Performance Fotografien von Ivo Pedesic im Restaurant Alt Wien, Dietrichsteinplatz 2 in Graz. Informationen unter Tel.0316 / 82 61 10.


Bis Sonntag, 17. April: Das Feuerwehrmuseum in Groß St. Florian zeigt unter dem Titel ICONS sensual irritations eine Ausstellung mit Arbeiten von Hans-Jörg Fürpaß, der sich ganz den „Ikonen“ der Neuzeit widmet – den Pin-ups der Werbeplakate. Informationen unter www.feuerwehrmuseum.at


Bis Donnerstag, 07. April: Im Bildungshaus Mariatrost, Kirchbergstraße 18, 8044 Graz, zeigt Ewald Gynes Arbeiten unter dem Titel Einsichten bei denen das Wechselspiel von Erscheinen und Verschwinden im Mittelpunkt steht.
Weitere Informationen unter Tel. 0316 / 39 11 31-19 und www.ewald-gynes.at


Bis Samstag, 9. April: Die Galerie Eugen Lendl New Space, Palais Wildenstein, Hans Sachs Gasse 1, 8010 Graz, zeigt Arbeiten von Vadim Fishkin. Informationen unter Tel. 316 82 55 14 und www.eugenlendl.com


Bis Freitag, 1. April: In seiner Reihe Cumulus_Kunst: Vor Ort zeigt das Kulturzentrum bei den Minoriten, Mariahilferplatz 3 in Graz, unter dem Titel Scholle und Abglanz Plastiken von Hannes Fladerer. Informationen unter www.minoritenkulturgraz.at


Wanderausstellung „Geschichte und Geschichten der Nachbarschaft“ im Pavelhaus
Geschichte und Geschichten der Nachbarschaft - eine Wanderausstellung über Abgrenzung und Zusammenleben, Vergessen und Erinnern in der Grenzregion Weinviertel-Südmähren. Die zweisprachige Ausstellung beruht auf lebensgeschichtlichen Interviews mit der ältesten Generation in der Grenzregion Weinviertel – Südmähren. Ein Projekt der ARGE grenzen.

Pavelhaus, 8490 Laafeld 30. Informationen unter Tel. 03476/3862 und www.pavelhaus.at


Die Galerie „Zwischenbilder“ zeigt die Ausstellung: children in re-evolution, photography / timeseat Angelica Kugler. Im Sozialamt der Stadt Graz, Schmiedgasse 26, 1. Stock. Weitere Informationen unter www.culture-unlimited.com

 

 

  VERANSTALTUNGEN
– Literatur, Theater, Film, Musik


Donnerstag 10.03.: Das TaO!, Theater am Ortweinplatz, Graz gibt Cyrano nach Edmond Rostand um 20.00 Uhr. Weitere Termine: 11., 14. (auch um 11.00), 16., 17. und 30. (nur um 11.00 Uhr) März. Wenn nicht anders angegeben, Beginn um 20.00 Uhr. Informationen unter Tel. 0316/84 60 94


Donnerstag, 10.03.: Klassentreffen von weipsen im Theaterzentrum Deutschlandsberg in der Neuen Schmiede, Untere Schmiedgasse 11. Weitere Vorstelllungen am 10.,11., 12., 17.,18. und 19.3., jeweils um 20.00 Uhr. Informationen unter Tel. 0 34 62 / 6934


Donnerstag, 10.03.: Premiere von Everlasting Love, einem Jugendstück von Walter Müller ab 10 Jahren. Um 16.00 Uhr im Jugendtheater Next Liberty in Graz. Inszenierung: Michael Schilhan Ausstattung: Alexia Redl mit Athanasiadis, Boca, Zöllinger, Frank, Hamele, Schedl, Wendelin.

Informationen unter www.buehnen-graz.com


Freitag, 11.03.: Die Grazbürsten starten mit der zweiten Serie ihres Programms Austrophobie im Casineum, Landhausgasse 10 in Graz. Weitere Vorstellungen am 12. März, 1., 2., 9., 15., 17., 29. und 30. April sowie am 1., 20. und 21. Mai, jweils um 20.00 Uhr.
Informationen und Karten unter 0316/67 18 37


Freitag, 11.03.: Einsam. Romantisch. Berechnend. ist eine Koproduktion des TiB mit dem Theater am Neumarkt/Zürich. Beginn ist um 20.00 Uhr, nächster Aufführungstermin der 12.03. im Theater im Bahnhof (TiB), Lendplatz 35, 8020 Graz. Karten und Informationen unter Tel. 0316 763620 und www.theater-im-bahnhof.com


Samstag, 12.03.: Die Henne Henriette, das Theaterstück zu Ostern für Kinder von 4-9 Jahren. Eine Vorstellung des Quasi-Quasar Theaters im Grazer Kindermuseum FRida&freD, 8010, Friedrichgasse 34 (Augarten). Weitere Vorstellungen am 13., 18., 19., 20., 24., 26., 27. März, jeweils um 16.00 Uhr Informationen unter Tel. 0316/872 7700 und www.fridaundfred.at


Dienstag, 15.03.: Hader muss weg, das neue Programm von Josef Hader im Grazer Orpheum um 20.00 Uhr.
Weitere Termine: 29.03.und 05., 12., 19., 26. April | Informationen unter www.hader.at

Am Donnerstag, 17.03. und ebenfalls im Orpheum: Taxi, Tod & Teufel – ein Best Of Andreas Vitasek um 20.00 Uhr.


Donnerstag, 17. 03.: Uraufführung „Die Blendung“ von Elias Canetti in der Dramatisierung von Friederike Heller und Marcel Luxinger um 20.00 Uhr auf der Probebühne des Grazer Schauspielhauses.

Am Freitag, 18.03., Premiere von Frank Wedekinds „Musik“ um 19.30 Uhr im Schauspielhaus. Informationen unter www.theater-graz.com


Ab Freitag, 18.03.: Bis zum 23.03. besteht die Möglichkeit, als Lehrer oder Theaterpädagoge am Weltkongress für Drama teilzunehmen: Drama in Education auf Schloß Seggau. Informationen unter www.jugendreferat.at


Montag, 20.03.: "heim.at" das aktuelle Programm von und mit Alfred Dorfer im Festsaal/Hartberghalle, Hartberg.
Informationen unter Tel. 0664 383 9999 und www.dorfer.at


Montag, 21. bis 23. 03.: An drei Abenden, mit Beginn jeweils um 19.30 findet im Kulturzentrum bei den Minoriten, Mariahilferplatz 3/II, die Frühlingsvorlesung von Franz Schuh unter dem Titel Hilfe. Ein Versuch zur Güte statt. Informationen unter www.minoriten.austro.net


Samstag, 26. 03.: Die verwunschene Alm, Uraufführung eines steirischen Märchenspiels von Willi Bernhart, um 16.00 Uhr im THEATERmëRZ, Steinfeldgasse 20, A-8020 Graz. Weitere Termine: 1., 2. 8., und 9. April. Informationen und Karten unter Tel. 0316 / 72 01 72 und www.theatermerz.com


Mittwoch, 30.03.: Robby Dürflinger - so nennt sich Kabarettist Roland Düringer in seinem ersten Best-of-Programm Düringer spielt Dürflinger um 20.00 Uhr in der Sporthalle Leibnitz. Informationen unter Tel. 0664 383 9999


Donnerstag, 31. 03. und Freitag, 1. 04.: Türkisch & Kurdische Büchertage 2005, veranstaltet der Verein Jukus mit Kooperatin ISOP und DIDF Austia in den Räumen der ISOP, Dreihackengasse 2, 8020 Graz, statt. Die Veranstaltung bietet Literaturinteressierten des österreichischen wie auch des türkisch bzw. kurdischen Kulturkreises die Möglichkeit zu Information und Austausch. Jeweils ab 11.00 Uhr.


Samstag, 2. April: Premiere von Die Götter sind tot – Es leben die Götter um 20 Uhr anlässlich des 10Jahresjubiläum des WERK-RAUMtheaters. Weitere Aufführungen am 3., 4., 6., 7., 8. und 9. April jeweils um 20 Uhr im Kristallwerk, Viktor-Franz-Strasse 9, 8051 Graz.
Informationen unter www.werkraumtheater.at


Bis Dienstag, 5. April: Im Literaturhaus Graz ist die multimediale Ausstellung Schreiben gegen den Krieg – Ingeborg Bachmann 1926 – 1973 zu sehen, in der unter anderem noch nie publizierte Texte, bisher unveröffentlichte Fotos und das letzte Filmporträt Ingeborg Bachmann in Rom präsentiert werden. Informationen unter www.literaturhaus-graz.at


direktträger, die Gastspiel DVD, ist ein interaktiver Gastspielkatalog, der 16 Steirische und Grazer Theatergruppen mit 46 aktuellen gastspieltauglichen Produktionen präsentiert. direktträger weist auf die steirische Gastspielförderung hin, wird an alle steirischen Gemeinden, zahlreiche Kulturinitiativen, Schulen und Kindergärten sowie an ausgewählte Kulturinitiativen in Österreich und im Ausland versandt und soll die Gastspieltätigkeit in der Steiermark positiv und nachhaltig beeinflussen.

Veranstalter in der ganzen Steiermark können ihr Ansuchen an die TAG theateragenda richten. Weitere Informationen sowie alle Formulare finden Sie auf der homepage der TAG theateragenda: http://tag.mur.at


Donnerstag, 17.03.: Soundportal in concert im Arcadium: SEAFOOD (UK) & THE HIGH WATER MARKS (USA/NOR), Sonntag, 20.03.: TED LEO AND THE PHARMACISTS (USA) & QUIT YOUR DAYJOB (SWE) und Mittwoch, 30.03.: MONTA (D). Informationen unter www.soundportal.at


Thursdays souly nights – Gänsehaut im Keller
Wenn Gitarrist und Sänger Leo Kysèla einen Balladenabend verspricht, so entspricht das nicht nur ganz seiner Selbstdefinition als „Moll-Typ“, sondern auch dem rudimentären Grundbedürfnis jedes Kysèla-Anhängers: Das Café Pro&St präsentierte „Souly Night“. Im Keller des „Pro&St“ entfaltet Kysèlas Stimme noch mehr Gänsehaut und Tiefgang. Mit seiner pronouncierten Vorliebe für U2 schreckt er keinen Soulliebhaber ab, und um dem oftmals benutzten Klischee des Bluessängers zu entsprechen, fehlt auch ein solcher nicht. Im Gitarrenkarussel begleiten ihn Stefan Wedam, der auch das Cello „kysèlafähig“ macht, und sein kongenialer Altpartner Gerd Weber. Zwischen alten Hadern und selbst geschriebenen Songs ein stimmiger Abend. Nächste Termine 10., 17. und 24. März jeweils ab 20.00 Uhr, Café Pro&St, Rechbauerstraße - Ecke Gartengasse in Graz.
Informationen unter 0699 / 1000 32 82 oder www.soul.at

Mit Gerd Weber (sax/ flute/ vocals), Louis Kiefer (trombone /vocals/ guitar), Stefan Wedam (guitar/ vocals/ violoncello) und B.B.Wimmer (drums) hat Leo Kysèla sein neues Live-Album „the band“ eingespielt, zehn Songs, darunter Walk On The Wild Side und Desire.


Freitag, 11.03.: Das getanzte Gedicht ist eine Produktion des Carousel Theaters um 19.30 Uhr im Kultursaal Mariazell, Grazerstraße 8.
Karten und Informationen unter Tel. 03882 / 4477 und www.kulturag.com


Freitag, 11. bis 25.03.: Grazer Osterfestival 2005 „Der Göttliche Funke“ Das Grazer Osterfestival begibt sich an fünf Konzertabenden auf eine Suche nach auslösenden Momenten, schöpferischen Impulsen und nicht fassbaren Phänomenen in der Musik. Erich Oskar Huetter, künstlerischer Leiter des Grazer Osterfestivals und Steirischen Kammermusikfestivals, hat sich mit diesem Göttlichen Funken als Initialzündung für große Meister der Kompositionskunst auseinandergesetzt und wird das Publikum durch die Konzerte geleiten. Aufführungsorte sind das Stift Rein (11.03. Bach, Liszt), der Minoritensaal in Graz (13.03. Meditative Chelloklänge zeugen von Bekenntnissen großer Komponisten), die Kirche Johann und Paul am Grazer Steinberg (Leidenschaftliche Lyrik verschmilzt mit funkensprühender Trompetenimprovisation) und die Antoniuskirche in Graz (Die sieben Worte Jesu am Kreuz von Joseph Haydn). Korso verlost in Kooperation mit dem Osterfestival 3 x 2 Karten für die Konzerte am 13., 18. und 20. 03.
Informationen unter Tel. 0316 / 30 50 15


Samstag, 12.03: Im Rahmen des Grazer Jazzclubfestivals im Stockwerk, Jakominiplatz 18 in Graz, tritt erstmals in Österreich das Trio Culpo aus Frankreich auf. Ab 20.00 Uhr sind Christopher Culpo – piano, Jean-Charles Richard – soprano- + baritonsax und Peter Herbert – bass zu bewundern. Karten unter Tel. 0316 / 83 39 48, Informationen unter http://stockwerkjazz.mur.at


Sonntag, 13.3.: Boutique Meteor (a) bewegt sich an einer der möglichen Schnittstellen zwischen elektronischer Musik und Metal. Ab 21.00 Uhr im ppc. Weitere Informationen unter www.kim-pop.org


Dienstag, 15.03.: Musikstammtisch für traditionelle und neue Volksmusik unter dem Motto Vurn hint wia hecher ab 19.00 Uhr in der Brücke, Grabenstraße 39a, 8010 Graz. Informationen unter Tel. 0316 / 67 22 48 und www.bruecke-graz.com


Donnerstag, 17.03.: Die Shenanigans & Friends spielen zum St. Patrick’s Day 2005 ab 19.00 Uhr in der Seifenfabrik, Angergasse 41-43 8010 Graz, auf. Informationen unter www.seifenfabrik.info


Freitag, 18. 03: Peter Ratzenbeck in concert im Festsaal der Freien Waldorfschule Graz, St. Peter-Hauptstraße 182, ab 20.00 Uhr. Informationen unter Tel. 031640 26 06 und www.waldorf-graz.at


Samstag, 19. 03.: Roland Neuwirth & die Extremschrammeln um 20.00 Uhr im forumKloster, Gleisdorf.
Informationen unter Tel. 03112 / 2601444 und www.gleisdorf.at


Psalm 2005 – 19. bis 28. März
Ecco la Primavera – Mit Balladen und Madrigalen aus dem Trecento beginnt der Frühling im Minoritensaal und zugleich der diesjährige Psalm der Styriarte. Sieben Worte, moderne Passionsmusik von Arvo Pärt, die Lamentationen der Karwoche Tenebrae I bis III, eine Lesung mit Wolfram Berger begleitet von Bertl Mütter, finnische Spirituals und Gospels zum Osterfest sind die Inhalte eines Musikfestes im Zeichen der drei Buchreligionen Islam, Juden- und Christentum. Das detaillierte Programm finden Sie unter www.styriarte.com


Freitag, 1. April: Konzerte im Explosiv, Schützgasse 16, 8020 Graz: EDENBRIDGE (A); VISIONS OF ATLANTIS (A); ELIS (LIE); NOSGOTH (A). Beginn um 19.00 Uhr, Karten und Informationen unter Tel. 0676/347 80 28 und www.kv-kaltenbach.org

 

 

  GELESENES & ERLESENES


Keine Frage: Bin ich Grazer
Zur kurzweiligen Lektüre und als Anregung, Graz abseits der allbekannten Pfade zu erkunden, sei die aktuelle Ausgabe von Hinterhof plus unter dem Titel Bin ich Grazer empfohlen. Dass dieser unkonventionelle Grazführer eigentlich ein Werbejournal ist, wird vor allem durch den Eindruck eines kleinen grafischen und fotografischen Kunstwerks gelindert. Lesenswerte Texte, durchaus auch bezeichnend für ein manchmal ambivalentes Verhältnis zur Stadt, kommen von Thomas Ballhausen, Christof Huemer, Orhan Kipcak, Wolfgang Pollanz und anderen mehr, Zeichnungen stammen von Walter Felber und Jörg Vogeltanz. Ed Hauswirth liefert eine Liste gegen die Unsicherheit, Grazer zu sein oder was, Kriterium unter anderem „Sich durch den Stadtpark mit dem Rad fahren trauen.“ wm

Hinterhof plus, Ausgabe Graz, 2005: Bin ich Grazer. Euro 10.-


Frei ist nur der Handel
Entgegen der weit verbreiteten Annahme, der Neoliberalismus kenne keine Regeln, sind zahlreiche weitreichende wirtschaftspolitische Abkommen in Kraft, die den Einfluss der großen Konzerne kontinuierlich vergrößern. Diese Abkommen verstecken sich hinter Kürzeln wie GATS, TRIPS, WTO, MAI oder DSU. Eine breite öffentliche Debatte über die wichtigsten Spielregeln des Welthandels, die unseren Lebensalltag stark betreffen, findet nicht statt. Die globalisierungskritische Organisation ATTAC will mit diesem Buch dazu beitragen, die „Geheimschrift“ der globalen Wirtschaftspolitik zu entziffern – und Alternativen für eine faire Gestaltung der Weltwirtschaft aufzeigen.

Attac, Hg: Die geheimen Spielregeln des Welthandels. WTO – GATS – TRIPS – MAI. Wien: Promedia 2004. ISBN 3-85371-200-2, br., 192 Seiten, 15,90 Euro.


Der Germanist und die Schuhverkäuferin.
Wolfgang Feigl hat zumindest zwei Probleme: Seine Dissertation (über deutschsprachige Liebeslyrik) – und eine aus schlechter Erfahrung und philosophischen Überlegungen gespeiste Abwehrhaltung gegenüber Liebesbeziehungen. Zumindest bis er dem Rat Erich Fromms folgt, der Liebe nicht zu verfallen, sondern sie als Aktivität zu entfalten. Seine neue Haltung erprobt er unverzüglich und mit Erfolg an der netten Sortimenterin, die ihn beim Kauf eines Paares billiger Halbschuhe berät. Letztendlich ist’s aber nicht die Kluft zwischen der Welt des Germanisten und jener der Schuhverkäuferin, an der die Beziehung scheitert … Ein äußerst vergnüglicher Roman, reich an klugen Pointen – und ein echter Trostspender für alle Fromm-Geschädigten.

Werner Schandor: Thomas Feigl will die Kunst des Liebens lernen. Klagenfurt-Wien: Kitab 2005, 190 Seiten.

Korso verlost in Kooperation mit den Verlagen je 3 Exemplare der besprochenen Bücher beim KORSO-Kulturquiz!

 

 


Die maßvolle Korruption
Ein Gespräch zwischen Jörg Nauer und Martin Will, aufgezeichnet von Jörg-Martin Willnauer


Jörg Nauer: Mein Lieber, deine Medienpräsenz in jüngster Zeit ist ja schon fast verdächtig. Wie viel hast du dafür bezahlt?

Martin Will: Keinen Cent. Aber vielleicht hilft meine neue Funktion?

J. Nauer: Lass mich raten: CV, Opus Dei, Magna, ORF?

M. Will: Weder noch. Aber ich bin seit kurzem Präsident des Vereins für maßvolle Korruption.

J. Nauer: Wie bitte?

M. Will: Ja, das öffnet Tür und Tor.

J. Nauer: Und wie viele Mitglieder hat dein dubioser Verein?

M. Will: In Österreich ca. 4 Millionen.

J. Nauer: Ich staune. Und was ist mit den übrigen 4 Millionen?

M. Will: Die sind im Verein für ungehemmte Korruption.

J. Nauer: Interessant. Und wer ist bei den Ungehemmten Präsident? Kartnig? Stronach? Dichand?

M. Will: Das bleibt geheim. Unabhängig davon sind beide Vereine gemeinnützig.

J. Nauer: Und warum schließt ihr euch dann nicht zusammen?

M. Will: Also bitte! Es gibt prinzipielle Unterschiede: Korruption ist das Schmiermittel der Gesellschaft. Ohne Korruption geht praktisch nichts mehr. Aber man soll nicht übertreiben! Die Bauwirtschaft ist ja berühmt für Übertreibungen. Ob Straßen- oder Stadionbau: in dunklen Kanälen versickern Millionen.

J. Nauer: Und im Kulturmanagement soll ja auch so mancher Euro in private Taschen rinnen.

M. Will: Im Vergleich zum Waffenhandel sind das Peanuts.

J. Nauer: Deine so genannte „maßvolle Korruption“ ist genauso schlimm wie die ungehemmte! Korruption bleibt Korruption.

M. Will: Falsch. In Italien setzt die Mafia pro Jahr 100 Milliarden Euro um. Das Doppelte vom FIAT-Jahresumsatz! Und das macht den Staat kaputt. In Deutschland läuft das besser: dort nimmt man auch. Aber in Maßen. Helmut Kohl hat vom alten Medienmogul Kirch auch Geld genommen. Aber nur ein paar 100.000 ...

J. Nauer: Das Schwarzgeld fehlt dem Staat! Das Steueraufkommen sinkt, die Infrastruktur wird unfinanzierbar! Weniger Steuer bedeutet...

M. Will: ... mehr Motivation.

J. Nauer: Elegant formuliert. Unmoralisch ist es trotzdem.

M. Will: Vergiss die Moralkeule. Schon die alten Griechen wussten, wie man schmiert. Am Apollo-Tempel in Delphi war die Maxime eingemeißelt: Nichts zu sehr!

J. Nauer: Und das ist dein einziger Wahlspruch?

M. Will: Nein. Es gibt noch einen: Lass dich nicht erwischen!

 

 

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