korso Kunst/Kultur
Das Informationsmagazin 
der Steiermark
 
10/2004
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    Die Kunst, die Dinge zu bewegen – Formen des Kinetischen im Kunsthaus


„... weil die Technik geräuschlos geworden ist und sich mit Design, mit der glatten Schale und mit Stromlinienform maskiert, macht sie uns vergessen, dass wir von ihr beherrscht werden, dass wir in einem technischen Zeitalter leben ...“ Jean Tinguely (1925-1991), oftmals als „Vater der kinetischen Kunst“ bezeichnet und einer der Protagonisten des Nouveau Réalisme der 60er-Jahre, übte mit seinen ironisch poetischen Maschinenplastiken nachhaltigen Einfluss auf seine künstlerischen Nachkommen aus. Seine aus Schrott und Fundstücken zu beweglichen Mechanismen arrangierten Gebilde entstanden aus der Faszination sichtbarer Mechanik respektive standen sie alleine für ein mechanisch kinetisches Prinzip wie Hommage to New York (1960), eine Maschine, die sich innerhalb einer Performance von 23 Minuten unter Lärm und Explosion selbst zerstörte. In seinen Arbeiten reagierte Tinguely schon in den 60ern in einem atavistisch anmutenden Impetus auf tendenziell sich verbergende Funktionsweisen der Technologie im Design, einer Ablöse der elektrifizierten durch die elektronische Zeit.

Günther Uecker, Sandspirale, 1970

Ein halbes Jahrhundert kinetischer Kunst
1968 zeigte das Museum of Modern Art The Machine, eine Dokumentation der Entwicklung von Kunstmaschinen und Maschinenkunst von der Renaissance bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Der damals vom Kurator Peter Hultén festgestellte Epochenwechsel von einem mechanischen zu einem elektronischen Zeitalter mutet heute schon etwas verstaubt an. Mit der Ausstellung Bewegliche Teile – Formen des Kinetischen im Grazer Kunsthaus, in Zusammenarbeit mit dem Museum Jean Tinguely, stellen nun die Kuratoren Katrin Bucher, Peter Pakesch, Heinz Stahlhut und Peter Weibel die Frage nach Aktualität von Maschinen- und kinetischer Kunst für zeitgenössische KünstlerInnen, indem sie eine weite Bandbreite beweglicher und bewegter Exponate präsentieren. In einem ersten Teil stehen über 50 Werke von Jean Tinguely, Michelangelo Pistoletto, Malachi Farrell, Olafur Eliasson und anderen mehr für die Relevanz kinetischer Kunst seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts bis heute. Darunter erinnert beispielsweise eine Arbeit von Rebecca Horn, American Waltz (1990), in ihrer formalen Schlichtheit und gleichzeitig großer Suggestionskraft wohl nicht zufällig an die Androiden eines Jacques de Vaucansons oder Jaquet-Droz als mechanische Nachbildungen des Menschen.

Auftragswerke
Ein zweiter Teil der Ausstellung zeigt Arbeiten zeitgenössischer KünstlerInnen, die eigens beauftragt wurden, einen Beitrag für Bewegliche Teile zu realisieren, darunter etwa Thomas Baumann, Sabrina Raaf, Wendy Jacob oder Jeppe Hein. Zur Ausstellung im Kunsthaus ist im Studio der Neuen Galerie eine Fotodokumentation zu Jean Tinguelys Hommage to New York zu sehen, seine kinetische Skulptur Große Spirale aus den Jahren 1971-73 befindet sich im Hof der Neuen Galerie. Der umfangreiche Katalog versammelt Beiträge von Söke Dinkla, Guy Brett, Peter Weibel, Christian Theo Steiner, Rolf Pfeifer und Britta Glatzeder, ein Vorwort von Guido Magnaguagno und eine Einleitung von Peter Pakesch. Bewegliche Teile – Formen des Kinetischen ist bis zum 16. Jänner in Graz zu sehen und wird anschließend vom Museum Jean Tinguely in Basel übernommen.

Informationen unter www.kunsthausgraz.at

– Wenzel Mraek –

 

 

  polizei LÜGT im Frühwerk von Peter Weibel Eine Ausstellung in der Neuen Galerie bietet eine Retrospektive über die ersten 15 Jahre künstlerischer Tätigkeit des Omni-Artisten.


Zwei großformatige Fotografien einer Aktion aus dem Jahr 1973 zeigen Peter Weibel, die Zunge fixiert im erstarrten Beton eines massiven Blocks. Die darauf folgende gewaltsame Befreiung verletzt die Zunge. Diese aktionistische Metapher mit dem Titel raum der sprache steht für das vielschichtig zu interpretierende Prinzip erweiterter Skulptur und assoziativ für eine physisch manifestierte Fortführung kritischer Untersuchungen des Mediums Sprache auf seine Tauglichkeit, die Wirklichkeit abzubilden. Weibel nimmt dabei Bezug auf die linguistischen Theorien von Ferdinand de Saussure und die sprachkritischen von Fritz Mauthner und Ludwig Wittgenstein. Sprache als Zeichensystem der Konstruktion und Vermittlung von Wirklichkeit ist ein zentrales Thema der Kunst des 20. Jahrhunderts und Peter Weibel ist einer der bedeutendsten Protagonisten eines Kunstbegriffs, der durch die Analyse von Sprache und ihren Repräsentationsmechanismen in Malerei, Fotografie, Film, Environment, Aktionismus, Konzept- und Kontextkunst und Interaktivität nicht zuletzt in den so genannten Neuen Medien erweitert wurde: Peter Weibel immer vorne weg.

Polizei lügt, Wien, 1970 (aus der Reihe „Anschläge“)

Vom geschlossenen Kunstwerk zum offenen Handlungsfeld
„Viele, viele Kisten“ haben die Kuratoren Günther Holler-Schuster und Peter Peer im Weibelschen Archiv in Karlsruhe gesichtet um diese Schau des Frühwerks aus der Zeit von 1964 bis 1979 auf zwei Stockwerken der Neuen Galerie unter dem Titel das offene werk zu präsentieren. Von den Anfängen als visueller Poet in einem durch die Wiener Gruppe geprägten Umfeld führt ein stringenter Bogen über bereits in den 60ern entwickelte partizipatorische und interaktive Arbeiten zu Closed-Circuit-Videoinstallationen vom Anfang der 70er-Jahre bis heran an erste interaktive Computerinstallationen und damit vom geschlossenen Kunstwerk der ersten in die offenen Handlungsfelder der zweiten Moderne. Angesichts einer Überfülle verfügbaren Materials beschreibt Peter Peer die Intention, „eine Ausstellung über Peter Weibel zu gestalten, aber nicht im Stil des Kurators Weibel“, in Erinnerung an von Weibel kuratierte Ausstellungen wie Das Phantom der Lust oder M_Ars - Kunst und Krieg, denen sichtlich Tendenzen des Überbordens anhafteten. Das offene Werk dagegen versammelt repräsentative Beispiele von Werkgruppen.

Anarchischer Gestus, distanziert interpretiert
Dem sich um die Person Peter Weibel entwickelnden Mythos der immer wieder ironisch ins Treffen gebrachten Omnipräsenz als Direktor des Zentrums für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe, als Lehrer an mehreren Hochschulen, als Kurator – auch der Neuen Galerie –, als Autor und Herausgeber oder salopp verkürzt als Diskursmaschine entspricht die sich in der Ausstellung abzeichnende Auseinandersetzung des promovierten Logikers mit formalen Sprachen und Systemen, mathematischen Modellen, mit Kybernetik und Automatentheorie, Medien- und Kommunikationstheorie, politischer Agitation, Gesellschaftskritik etc. – Weibel ist nicht zu fassen. In einer frühen Verquickung von Körper– und Textkunst implantiert sich Weibel Textstücke auf Papier unter die Haut, worauf die Schnittstellen vernäht werden. Dem legendären „Vortrag“ Kunst und Revolution, 1968 im Hörsaal 1 der Universität Wien, unter Beteiligung von Günter Brus, Otto Mühl, Oswald Wiener, Franz Kaltenbeck, Weibel und anderer, folgen subversive Interventionen einer als anschläge betitelten Serie, darunter polizei LÜGT aus dem Jahr 1971. Der vordergründig anarchische Gestus entsteht aus der kalkuliert eingesetzten perspektivischen Verkürzung im Fotodokument, Schein und Wirklichkeit unterliegen stets einer interpretatorischen Distanz.

Ehrung für einen Post-Punk-Sechziger
Teils in Zusammenarbeit mit Valie Export entwickelt Weibel sein Langzeitprojekt Expanded Cinema als Reihe von Experimenten, in denen Elemente des dokumentarischen und fiktionalen Films als Grundlage einer Ausdehnung in den realen Raum unter Involvierung des Betrachters herangezogen werden. Peter Weibel peitscht das Medium nicht nur in der Aktion Lichtseil, 1969. Eine Umkehrung dieses Prinzips findet sich in the endless sandwich, einer Tele-Aktion aus den Jahren 1969/72, als endlose Bildrückkoppelung zwischen realem Betrachter, Kamera und Bildschirm.

Ein Akustikraum in der Ausstellung ist Weibels Popmusikprojekt Hotel Morphila Orchestra gewidmet. „Ich bin ein Feind der Zeit, des Raums, der Form“ singt er als Frontman in dem Song Scheiß Polizei. Marshall McLuhans Diktum, das Medium sei die Botschaft, muss in Anbetracht der Strategien Peter Weibels, sich durch die seinem Inhalt adäquaten und also stets neuesten Medien zu switchen, wohl einmal mehr revidiert werden.

Zur Ausstellung Peter Weibel – das offene werk 1964 – 1979 erscheint ein Katalog im Verlag Hatje Cantz.

wenzel.mracek@korso.at

Das offene werk ist bis zum 21. November in der Neuen Galerie Graz zu sehen, weitere Informationen unter www.neuegalerie.at
Am 2. November ab 17.00 können KORSO-LeserInnen in den Genuss einer Führung durch Peter Weibel selbst kommen.
Anmeldungen erbeten unter korso@korso.at oder Tel. (0316) 82 28 83 14

 

 

  Handtelefone abschalten im steirisc[:her:]bst Intendant Peter Oswald bezeichnete den steirischen herbst anlässlich der Programmvorstellung als „Zeiterkundungsfestival“, was dessen gegenwärtigen Charakter wohl besser beschreibt als die lange schon obsolete Suche nach möglicher Avantgarde.


Übergangs-Räume
Zwei Auftragswerke des herbst beginnen mit imperativen Sätzen gegen Handy-Geklingel ... Signs of the time? In der Regie von Tina Lanik landen drei Ehepaare im junk space eines Seminares gegen Flugangst, geleitet von einem Bestsellerautor. In Anspielung auf kommerzorientierte Seminarevents entwickeln die Teilnehmer aber nur weitere Neurosen: Ein Trimm-Dich für Angsthasen am Aufführungsort Kristallwerk. Dr. Charlie Dodler dagegen, Autor und Protagonist in Wolfgang Bauers Foyer, wird der Zutritt zur Premiere seines eigenen Stückes verweigert und er muss in dieser Erstaufführung, inszeniert in der List-Halle vom Theater im Bahnhof, mit dem Foyer vorlieb nehmen. Das Schauspielhaus bringt eine szenische Lesung von Johannes Schrettle unter dem Titel Dein Projekt liebt dich in Kooperation mit uniT und in Regie von Dieter Boyer auf die Probebühne.

Halböffentliche Räume
Der steirische herbst 04 bezieht neue Orte: Im Non-Stop-Kino, der Pädagogischen Akademie und dem ASKÖ Stadion in Eggenberg versammelt die Kuratorin Doris Rothauer unter dem Titel Third Places Ausstellungen, eine Filmreihe, Symposien, Workshops und Live-Acts zu den Themen Fußball, Games und Musik-Clips. Die Dritt-Orte stehen, neben Zuhause und Arbeitsplatz, für halböffentliche Räume, die ähnlich dem historischen Marktplatz wichtige soziale Funktionen in der Gesellschaft erfüllen.

Ländliche Räume
Gespannt sein darf man auf den Gebirgskrimi Im Gesäuse nach Text und Idee von Hans Winkler. Vor der Haindlkar-Hütte in Jonsbach erlebt man ein Hörspiel um AußenseiterInnen, politische Flüchtlinge, Wilderer und Erstbesteigungen. Nach einem Konzept von Richard Resch präsentiert der Kulturstadl Rachau bei Knittelfeld gemeinsam mit Roland Girtler und Branko Lenart, Ausstellung und Buch Land Leben Rachau.

Wirtschafts-, mitteleuropäische und kalte Räume
In den Abteilungen Bildende Kunst, Literatur und Diskurs versucht das Forum Stadtpark die Grenzen der Ökonomie in Ausstellung, Symposion und Vorträgen unter Leitung von Oliver Ressler auszuloten. Mit Beweglichen Teilen dagegen beschäftigt sich die gleichnamige Ausstellung im Kunsthaus Graz. Günther Holler-Schuster ist Kurator einer Personale um das Werk des Chronisten amerikanischer – also unserer ? – Lebensweise und Tradition, Cameron Jamie, im Künstlerhaus unter dem Titel JO. Im Palais Attems und in Konzeption von Michal Koleek, Margarethe Makovec und Anton Lederer findet unter dem Titel Ostwärts gen Westen eine Konferenz zu Kunstinitiativen aus dem mittel- und südosteuropäischen Raum statt. Und schließlich aber nicht zuletzt versammelt die Literatur im Herbst zum Thema Kälte ein hochkarätig auskristallisiertes Teilnehmerfeld Warm anziehen bitte!

Zukunftsräume
Unter 69 BewerberInnen für die Intendanz des Steirischen Herbst in Nachfolge von Peter Oswald ab dem Jahr 2006 entschied sich das Herbst-Präsidium einstimmig für Veronica Kaup-Hasler. 1968 in Dresden geboren und nach der Ausreise aus der DDR in Wien aufgewachsen, studierte Kaup-Hasler Theaterwissenschaft, Politikwissenschaft und Ethnologie. Sie arbeitete als Journalistin und unter der Direktion von Claus Peymann am Burgtheater im Bereich Dramaturgie. Von 1995 bis Juni 2001 war sie bei den Wiener Festwochen als Festivaldramaturgin und seit 1998 als künstlerische Mitarbeiterin von Schauspieldirektor Luc Bondy beschäftigt. Von 1998 bis Juni 2001 war sie Lehrbeauftragte an der Akademie der Bildenden Künste in der Meisterklasse von Prof. Erich Wonder. 2001 wurde sie zur Künstlerischen Leiterin des Festivals Theaterformen bestellt. herbst-Präsident Kurt Jungwirth nannte als einen der Gründe für die Bestellung Veronica Kaup-Haslers zur künftigen Intendantin, dass sie im Hearing noch nicht mit einem vorgefertigten Konzept überzeugen wollte, vielmehr möchte sie nach eigener Aussage aktuelle Tendenzen für ihr Antrittsjahr ausloten. Ihr besonderes Interesse gilt temporären Interventionen. Dazu möchte Kaup-Hasler auch neue Spielorte für den Steirischen Herbst erkunden. Kurt Jungwirth betonte, dass die Leitung des herbst in schuldenfreier Übergabe mit einem Budget von 3 Mio. Euro vertraglich gesichert wird. Die Konsolidierung des Budgets soll durch die 2006 zu gründende Gesellschaft des steirisch[:erbst:] mit dem Land Steiermark, der Stadt Graz und dem herbst-Präsidium erfolgen.

Desinierte herbst-Intendantin Veronica Kaup-Hasler mit herbst-Präsident Kurt Jungwirth: Ab 2006 schuldenfrei gestellt?

– wm –

Das vollständige Programm für 2004 finden Sie unter www.steirischerbst.at

 

 

  „Auch in der Kunstproduktion sollen wirtschaftliche Kriterien berücksichtigt werden“ Auf Vorschlag von KORSO diskutierten Kulturstadtrat Christian Buchmann und IG-Kultur-Sprecher Michael Petrowitsch Anfang September über Schwerpunkte der Grazer Kulturpolitik – an erster Stelle stand dabei wie immer post 2003 die Verteilung der knappen Mittel. Es moderierte KORSO-Kulturchef Wenzel Mracek.


Mracek, Buchmann, Petrowitsch und Schwerpunkte der Grazer Kulturpolitik

KORSO: Michael Petrowitsch hat in seiner Funktion als IG-Kultur-Sprecher in KORSO einen Gastkommentar veröffentlicht, in dem es vor allem um Vergabemodalitäten von Subventionen und Verhältnismäßigkeiten an Beispielen aus der freien Szene und Großveranstaltungen wie dem Grazer Jazz-Sommer geht. Dem Wunsch nach einer Entgegnung seitens Ihres Büros gegenüber KORSO folgte unser Vorschlag für dieses moderierte Gespräch. Worin sollte nun diese Entgegnung bestehen?

StR. Christian Buchmann: Entgegnen will ich gar nichts, weil ich für Meinungsfreiheit bin. Deshalb habe ich auch den Kulturdialog eingerichtet, der im vergangenen Jahr zum ersten Mal, mit Anfangsschwierigkeiten aber dann ganz produktiv, stattgefunden hat und der heuer im Herbst eine Wiederholung finden wird. Ich wollte eigentlich darauf hinweisen, dass die städtische Kulturpolitik sehrwohl großen Wert auf die Szene und deren Einbindung legt. Wir sind auch Wünschen nachgekommen - nicht monetäre sage ich jetzt - die geäußert wurden, größere Transparenz bei der Mittelvergabe zu schaffen, einen Kulturbeirat und zehn Fachbeiräte einzurichten, um zur Mittelvergabe noch stärker als zuvor Qualitätskriterien einzuführen und so nachzuweisen, wohin die Mittel fließen. Es war immer der Wunsch der Szene, einen Kulturbericht herauszubringen, in dem die Stadt Graz, ähnlich wie andere Gebietskörperschaften, nachweist, was mit den Mitteln geschieht. In diesem Kulturbericht werden im November, nach Rechnungsabschluss des Gemeinderats, bis auf hundert Euro herunter alle Subventionen des Kulturressorts publik gemacht. Mir ist es wichtig darzustellen, dass beispielsweise das Jazzfest oder auch Classics in the City nicht von mir erfunden worden sind, sondern ich in laufende Verträge eingestiegen bin. Ich habe die Mittel, die übrigens nicht aus dem Kulturressort kommen, bei beiden Festivals degressiv gestaltet. Große Teile der Finanzierung stammen hier aus dem Tourismusressort. Was ich ungerecht finde ist die Darstellung, dass die Stadt Graz für Zeiger und springfour [siehe KORSO Juli/August, springfour ist eine Veranstaltung von Zeiger] nichts tut. Ich habe mir die Dokumentation der Mittel ausheben lassen, die zwar immer zu wenig sind, aber durchaus respektabel.

KORSO: Also sind an springfour Mittel seitens der Stadt geflossen?

Buchmann: Zeiger hat eine Fördervereinbarung mit der Stadt Graz und ist Veranstalter von Springfour. Ganz kann man die Dinge nie trennen: Zeiger bekam in den letzten Jahren Jahresförderungen um 10.000 Euro, Springfour bekommt heuer aufgrund der Evaluierung des Fachbeirates rund 3.500 Euro; ich bin auch Mitglied der Tourismuskommission, das ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts in die alle Unternehmer und Freiberufler einzahlen, und ich habe darum gebeten - es wurde zugestimmt -, dass aus dem touristischen Budget 7.000 Euro an Springfour vergeben werden. Zudem hat die Stadt Graz am Veranstaltungsort Dom im Berg für eine gewisse Anzahl von Tagen im Jahr ein Einweisungsrecht und wir haben Springfour für diese Veranstaltung den Dom kostenfrei zur Verfügung gestellt. Springfour blieben daher ca. 10.000 Euro Miete erspart. Die Situation ist also nicht so schlecht wie sie dargestellt wurde und das war auch der Grund, warum ich um dieses Gespräch gebeten habe.

Michael Petrowitsch: Wie mir Stefan Auer [Obmann Zeiger] die Situation dargestellt hat, gibt es den Verein Zeiger und die Veranstaltung springfour. Im Juni noch wurde ein Schreiben betreffend springfour an Sie gerichtet, das, wie mir Auer vor zwei Tagen [6. September] mitgeteilt hat, noch immer nicht beantwortet ist. Aber sehen wir uns die Zahlen an: Sie sagen 3.500 Euro für einen Megaevent, der springfour nun einmal auch ist, im Vergleich zum Jazzsommer, der mit 600.000 Euro zwar vom Land finanziert wird, aber in der Stadt stattfindet. Da stimmen die Relationen einfach nicht. Der Hauptkritikpunkt seitens der IG-Kultur ist, dass anders als bei den großen Playern, ein springfour-Gesamtbudget von 150.000 Euro zu zwei Drittel über Eintrittsgelder und Sponsoren erwirtschaftet wird. So etwas funktioniert vergleichsweise beim Jazzfestival Saalfelden mit 10.000 Besuchern, die kommen, bleiben und Geld da lassen, so wie es auch in der von Ihnen gerne zitierten Studie von Joanneum Research dargestellt wird: Ressourcenorientiert arbeiten und vorhandene Substanz fördern, nicht nur einkaufen. So sind 3.500 Euro löblich, können aber nicht der Weisheit letzter Schluss sein.

Katharina Kocher-Lichem: Dazu kommen 7000 Euro von der Grazer Tourismus Gesellschaft, das macht 10.500 Euro.

Petrowitsch: Ja, bitte, aber sehen wir uns Beträge an mit denen sich die Stadt etwa am Steirischen Herbst beteiligt.

Buchmann: Ich halte nur nichts davon, und sage das auch immer den neuen Repräsentanten der freien Szene, institutionelle Kulturanbieter gegen freie Szene auszuspielen. Ich glaube, beide sollen qualitativ gemessen werden an dem, was sie bringen. Ich habe ein klares Bekenntnis zur freien Szene abgegeben, habe aber auch festgehalten, dass wir uns in einer schwierigen Situation befinden. Uns fehlen für das nächste Jahr zwischen 100 und 150 Mio. Euro und jeder Referent, auch der Kulturreferent, muss 2005 30 Prozent seines Budgets einsparen und zwar in einer Phase, in der uns jeder empfohlen hat, nach dem Kulturhauptstadtjahr in Kunst, Kultur und Wissenschaft zu investieren. Auf die 30 Prozent im nächsten Jahr folgen 2006 - Auftrag des Gemeinderates - noch einmal 25 Prozent Einsparung, das heißt, ich muss in zwei Jahren nachweisen, dass ich mein Budget halbiere. Das ist besonders dramatisch im Kulturbereich, weil wir keine Pflichtausgaben haben. Kulturförderung ist ein Ermessensposten in öffentlichen Haushalten. Deshalb habe ich darum gekämpft, mehrjährige Förderverträge heuer noch einmal zustande zu bringen und wir konnten rund 50 solcher Dreijahres-Verträge abschließen. Ich bin verpflichtet, die Einsparungen 2005/06 zu erbringen, werde aber nicht bei der freien Szene sparen, d.h. proportional zum sinkenden Budget wird die freie Szene mehr bekommen - natürlich wird's real unterm Strich nicht mehr werden. Das bitte ich zu sehen. Ich bin überzeugt davon, dass die freie Szene gute Arbeit leistet und zum Bild von Graz beiträgt und von Besuchern gut angenommen wird. Nicht lustig ist die Frage, wo ich 30 Prozent einsparen soll. Eine erste Maßnahme ist zu überprüfen, ob wir nicht bibliothekarische Tätigkeiten, die Stadtbibliotheken betreffend, einsparen könnten, indem wir den Bücherbus stärker hinausschicken um dadurch an Infrastruktur zu sparen. Wenn es darum geht, das Budget zu sanieren bin ich einer der mittut. Ich vertrete aber die Haltung: intelligent sparen und gleichzeitig Schwerpunkte setzen. Könnte ich alleine entscheiden, würde ich bei der Kultur und bei der Wissenschaft das Budget erhöhen, weil das in der Stadt auch Arbeitsplätze schafft und zum Bild der Stadt beiträgt und ich würde in anderen Bereichen sparen. Das wird Ihnen aber jeder Stadtsenatsreferent für seinen Bereich so darstellen.

KORSO: Michael Petrowitsch hat in seinem Kommentar das Gespräch mit einem Tourismusmarketing-Fachmann angeführt, der die Meinung vertritt, in einem kathartischen Prozess müsste sich der subventionierte Kulturbetrieb reduzieren und was sich schließlich als markttauglich erweist, sollte gestärkt werden. Nun kann vor allem neue Kunst in ihren Entwicklungen nicht generell in Hinsicht auf Markttauglichkeit konzipiert werden. Progressive Kunst entsteht in Situationen vergleichbar wissenschaftlicher Grundlagenforschung.

Buchmann: Das glaube ich nicht. Wenn Sie das absolut formulieren, unterschreibe ich es nicht. Ich glaube zwar, das es immer Entwicklungen und Kunstsparten gibt, die am Markt ohne öffentliches Commitment nicht bestehen können und da haben wir in einem Arbeitsabkommen zwischen der Volkspartei und der Sozialdemokratie auch vereinbart, dass wir in diesen Bereichen unterstützend tätig sein wollen. Wir sind überzeugt, dass Vielfalt nur so gewährleistet sein kann. Ich sage aber offen dazu: Im Rahmen der budgetären Möglichkeiten. Der Steirische Herbst beispielsweise bekommt 700.000 Euro im Jahr von der Stadt und er bekommt vom Land noch einmal soviel, der Bund zahlt auch noch etwas dazu. Nun kann man sagen, man will ihn nicht mehr - das wäre eine politische Entscheidung. Ich will den Steirischen Herbst in einer besonderen Qualität, die in der Ära nach Oswald neu zu definieren ist, ich will aber auch springfour und andere Aktivitäten der Szene und diesen Spagat müssen wir schaffen.

Petrowitsch: Ich weiß, dass Sie ein schweres Amt haben mit der Aufgabenkritik, die auf Sie und alle anderen jetzt zugekommen ist. Ich hoffe, es wird nicht zur gängigen Praxis das Leute wie Kulturamtsleiter Peter Grabensberger Doppelfunktionen übernehmen müssen [Anm.: Grabensberger ist interimistischer Leiter des Stadtmuseums], wenn andere pensioniert und nicht nachbesetzt werden. Das schlägt sich letztlich - und ich denke auch an andere Ämter - auf die Moral im Amt nieder. Das sind ja Leute, die mit den Initiativen in permanentem Kontakt sind. Betreffend den Steirischen Herbst: Niemand will den Herbst aufgeben. Aber wenn man schon evaluiert, wie es ja geschehen ist, dann sollte man diese Evaluierung auch ins Kalkül ziehen. Es gibt sehr gut evaluierte und unter 20.000 Euro dotierte Initiativen, deren Subventionen kaum angehoben wurden wie KiG [Kultur in Graz, http://kig.mur.at], die in den letzten Jahren 7.000 Euro bekommen haben und jetzt sind es 8.000. Das sind Beträge, die dem monatelangen Aufwand des Ansuchens, Nachtelefonierens, der Programmerstellung etc. nicht gerecht werden. Würde man so mit dem Steirischen Herbst verfahren, würde es einen Aufschrei geben. Die Frage ist, will man in die Stadt nach 2003 investieren, wie es in der Studie von Joanneum Research empfohlen wird, oder kauft man von außen zu, was gerade marktfähig erscheint?

Buchmann: Also ich habe gar kein Interesse daran, Konzerte zu kaufen. Ich glaube, dass wir auf der Produktionsschiene ganz stark sind und gerade der Steirische Herbst kooperiert intensiv mit der heimischen Szene. Auch manche Subvention an den Herbst fließt indirekt in die Szene und das gilt für viele der Großen. Wir haben zum Beispiel bei der Neukonstruktion der Vereinigten Bühnen dafür Sorge getragen, nach einem kulturpolitischen Auftrag des Landes und der Stadt, mit der freien Szene zu kooperieren. Das gilt auch für das Opernhaus. Auch touristisch organisierte Events werden ganz streng evaluiert, ich habe die Ergebnisse auf dem Tisch. Wer die Evaluierungskriterien nicht erfüllt, im Tourismus sind das vor allem Nächtigungszahlen, wird künftig aus den touristischen Budgets nicht mehr dotiert werden. Ich sage aber dazu, die Diskussion ist virtuell, ich muss ja auch im Wirtschafts- und Tourismusressort 30 Prozent einsparen. Classics in the City gab es heuer zum letzten Mal in dieser Form. Ein neues Produkt muss kreiert und entsprechend der Auslobung vorgenommen werden. Ich bin gespannt, welche Vorschläge eingehen werden, in die die freie Szene eingebunden sein muss. Wenn das nicht der Fall ist, werden wir 30 Prozent bei diesem Festival einsparen. Es sind im Sommer aber auch jede Menge Anrufe eingegangen, nach denen die Grazer sagen, man könne das Überangebot an Veranstaltungen nicht konsumieren und es muss besser koordiniert werden. Das kann man zwar auch als Kompliment auffassen, jedenfalls ist in der Abfolge vieles zu verbessern. Dazu soll auch der Kulturdialog dienen. Ich habe auch diesbezüglich großes Interesse, die Kultur Service GmbH [KSG]zu machen, weil ich glaube, dass wir jemanden brauchen, der eine Jahresprogrammplanung unterstützend koordiniert und Pakete anbietet. Wenn wir wollen, das Graz-Besucher nicht nur auf das Opernhaus schauen, müssen wir die Kultur in Graz und im Land gemeinsam vermarkten.

KORSO: In den Statuten der KSG ist auch der Passus Sponsoring angeführt, nach dem die GmbH Kooperationen mit privaten Förderern anstrebt. Gibt es diesbezüglich Strategien oder Partner?

Buchmann: Ich bin in Österreich einer der Wenigen, der sowohl die Kultur als auch die Wirtschaft betreuen darf. Das ist zu Beginn mit großer Skepsis betrachtet worden, nicht zuletzt weil ich aus der Wirtschaft komme. Eigentlich wollte man diese beiden Ressorts nicht in einer Hand wissen. Ich sehe mittlerweile den großen Vorteil, der sich für beide ergibt. Es ist mir ein großes Anliegen, dass die Wirtschaft stärker ins Kunstsponsoring einsteigt, aber auch in der Kunstproduktion sollen wirtschaftliche Kriterien berücksichtigt werden. Die Zeit ist vorbei, in der man seitens der Wirtschaft sagte, ich schalte ein Inserat oder platziere mein Logo. Das ist keine Win-Win-Situation, sondern in Wahrheit für die Kunstproduzenten uninteressant und ebenso für die Wirtschaft. Ich habe daher Prof. Richard Kriesche gebeten, für den Herbst ein Symposion auszurichten, in dem wir Beispiele für das Treffen Wirtschaft-Kunst entwickeln wollen. Neben den großen Beispielen wie dem Maezenas gibt es für die klein- und mittelständige Wirtschaft auch Möglichkeiten, die für beide Seiten interessant sein können. 50 Prozent der Grazer Unternehmer haben höchstens einen Beschäftigten, das sind kleinst strukturierte Unternehmen, die haben keine 30.000 Euro Marketingbudget. Mit Partnern können aber auch solche Betriebe Sponsoren sein und hier meine ich intelligentere Lösungen, als in einem Caféhaus eine Vernissage zu organisieren. Im selben Ausmaß gilt das für die KSG, das wird ein großer Prüfstein für den Geschäftsführer Mag. Bernhard Rinner, ob er nämlich Modelle entwickeln kann, durch die man Drittmittel aus Sponsoring erschließen kann. Er hat da einige sehr respektable Ideen.

Petrowitsch: Die Stadt wird also nicht selbst initiativ um Sponsoren zu gewinnen?

Buchmann: Ich mache sicher keinen Sponsorpool, sondern ich werde Modelle entwickeln, nach denen die Wirtschaft mit Kunstproduzenten der verschiedenen Sparten direkt in Kontakt tritt. Ein Pool dagegen, in den die Wirtschaft einzahlt, würde nicht funktionieren, weil die Vergabekriterien undurchsichtig werden. Die Wirtschaft zahlt ja bereits nicht nur durch ihre Steuerleistung ein, sondern sie zahlt auch in den Tourismusverband in der Höhe von 1,5 Mio. Euro jährlich, davon geht eine großer Teil an die Kunstproduktion - nicht nur, aber auch an die freie Szene.

Petrowitsch: Seitens der Frau Landeshauptmann gibt es inzwischen die Zusage, dass im nächsten Jahr eine Million Euro mehr für die freie Szene zur Verfügung gestellt werden. Gibt es von Ihrer Seite auch so einen Happen?

Buchmann: Ich kann einen Kunstgriff machen, indem ich 30 Prozent des Kulturbudgets einspare und bei der freien Szene nichts streiche. Dann explodiert die freie Szene gegenüber den anderen Subventionierten. Aber das bedeutet nicht mehr Geld, sondern nur die Verhältnisse im Kulturbudget wären verschoben. Ich hätte gerne mehr Geld und dafür kämpfe ich. Ich bin nur auch Realist: 30 Prozent weniger muss sich irgendwo niederschlagen. Hätten wir eine Million mehr, wüsste ich sehr vieles damit zu tun.

Petrowitsch: Eine große Hilfe wäre schon, wenn die zugesagten Subventionen wenigstens zu Mitte des Jahres überwiesen würden und nicht zu Jahresende wie jetzt üblich. So müssten weniger Kredite aufgenommen werden, um die Produktionen zu sichern.

Buchmann: Das möchte ich ab dem nächsten Jahr tun, das hat sich heuer durch die Einrichtung der Fachbeiräte verzögert. Spätestens bis zum Mai sollen Subventionszusagen einlangen.

KORSO: Vor kurzem fand im Kunsthaus ein Symposion zur Frage einer zeitgemäßen Adaptierung des Trigongedankens statt, in dem die TeilnehmerInnen zu dem Schluss kamen, um sich in Europa als Kulturstadt zu positionieren, müsste Graz seine Qualitäten als Ort der Entwicklung von Kunst mit Laborcharakter betonen. Jetzt bemühen sich junge Künstler um Ateliers wie die stadteigenen in der Monsbergergasse, die von Künstlern mit Langzeitverträgen besetzt sind und es gibt Gespräche um Adaptierung neuer Arteliers auf den Reininghaus-Gründen.

Buchmann: Ich bin ein Fan des Trigongedankens, ich sage nur, was in den 60er-Jahren aktuell war, muss nicht 2005 auch aktuell sein. Daher hat es mich nicht überrascht, dass bei diesem Symposion nicht der Knüller herausgekommen ist. Aber ich glaube, Graz und die Steiermark haben den Trigongedanken immer gelebt.

Petrowitsch: Das Pavelhaus führt den Trigongedanken seit seiner Gründung ja auch programmatisch fort. Wir haben seit Jahren Kontakte bis Thesaloniki und Istanbul. Es war in diesem Symposion eine Fahrt ins Pavelhaus geplant, die aufgrund der Entfernung dann doch nicht stattfand. Man sollte Graz und die Steiermark nicht auf eine Brückenfunktion reduzieren, weil sich ja auch die politischen Bedingungen verändert haben.

Buchmann: Zur Ateliersituation: Ich wurde im vergangenen Jahr von der Frau Landeshauptmann zu einer Reise nach Basel eingeladen, in deren Verlauf wir uns die dortige Ateliersituation angesehen haben. Es gibt dort hervorragende Modelle unter Selbstverwaltung. Nach der Rückkehr habe ich den Kulturamtsleiter Peter Grabensberger gebeten, alle Informationen zur Geschichte unseres Atelierhauses zusammenzustellen. Es hat sich herausgestellt, dass die Einmieter zum Teil unbefristete Verträge haben, die ich nicht auflösen kann. Sofern uns der Vermieter nicht kündigt, kann ich auch unsere Untermieter nicht kündigen. Ich habe daher gebeten, neue Modelle unter zwei Gesichtspunkten zu entwickeln: Wir wollen den Grazer bildenden Künstlern etwas anbieten, gleichzeitig möchten wir aber auch den Künstleraustausch fortsetzen. Wir müssen bestehende Artists-in-Residence-Programme der Stadt - das bekannteste besteht für die Literatur - ausbauen. Wir werden es in der Ausstattung nicht so toll hinbekommen wie im Wiener Museumsquartier, aber wir müssen hier etwas zustande bringen. Deshalb ist diese Frage ständiger Tagesordnungspunkt des Kulturbeirates. Luise Kloos ist hier sehr engagiert und ich konnte einen Kontakt mit den Verantwortlichen von Reininghaus herstellen, wo im Bereich der ehemaligen Mälzerei ein ausbaufähiges Objekt existiert. Aus unserer Sicht kommt aber nur ein Public-Private-Partnership-Modell mit etwa der Firma Reininghaus und unter Selbstverwaltung in Frage. Ich glaube nicht, dass die Stadt Graz ein solches Haus selbst bespielen soll, es muss eine Trägerorganisation in Vereinsform entstehen und es muss einen klaren Schaffensauftrag für die Nutzer geben. Ich halte nichts mehr von unbefristeten Verträgen.

Petrowitsch: Wann kommt es zu einer Entscheidung, wie es mit der KSG und der Stadt Graz weitergeht?

Buchmann: Die Entscheidung muss bis Ende Herbst fallen. Inhaltlich wird es keinen Knackpunkt mehr geben, bei den Finanzen spießt es sich noch, das ist aber Sache von Finanzstadtrat Wolfgang Riedler. Wir werden ein gemeinsames Stück dem Gemeinderat vorlegen, in dem wir empfehlen in die Gesellschaft einzutreten oder aufgrund der Finanzlage nicht einzutreten. Persönlich bin ich der Überzeugung, es wäre zum Nutzen aller wenn wir der Gesellschaft beitreten.

Petrowitsch: Vor einigen Tagen hat mich die KSG um Übermittlung von Präsentationsunterlagen des Pavelhauses für eine Pressekonferenz in Ljubljana gebeten. Aus unserer eigenen Tätigkeit weiß ich, dass das Pavelhaus in Ljubljana nicht mehr vorgestellt werden muss. Eine effizientere Vorgangsweise wäre, Journalisten in die Steiermark zu holen, die sich selbst ein Bild machen könnten. Ähnlich sehe ich die KSG-Präsentation in London.

Buchmann: Diesbezüglich werden wir natürlich über Strategien diskutieren, wenn Graz Gesellschafter der KSG ist.

 

 

  Mit CLIO durch den Herbst: querstadtein & Zeitgeschichte


Das Herbstprogramm von CLIO – Verein für Geschichts- und Bildungsarbeit bietet wieder ein vielfältiges Programm. Ein Schwerpunkt ist dabei dem Exil gewidmet. So referiert am 14. Oktober bzw. am 28. Oktober um jeweils 19.00 Uhr im Jüdischen Kulturzentrum, David Herzog Platz 1, die Wiener Historikerin Gabriele Anderl über „Exil in Jugoslawien“ bzw. „Exil in Palästina“. Am 8. Oktober bzw. am 4. November lesen um jeweils 20.00 Uhr im Afro-Asiatischen Institut, Leechgasse 22, der nach Mexiko emigrierte Bruno Schwebel bzw. Doron Rabinovici und Ivan Ivanji.

m Rahmen von querstadtein – Wohnraum Graz & Lebensräume gibt es u.a. Rundgänge zum jüdischen Leben in Graz: Am 30.10. ab 14.00 Uhr (Treffpunkt: Griesplatz / Pestsäule) folgen die TeilnehmerInnen Gerald Lamprecht „Auf den Spuren der Gründer der IKG im 19. Jahrhundert“; am 6.11., ab 15.30 Uhr (Treffpunkt vor Synagoge) zum Thema: Jüdischer Alltag in der Zwischenkriegszeit. Der Zentralfriedhof mit seinen rund 180.000 Bestatteten steht im Mittelpunkt einer Führung der beiden Autorinnen des Buches „Planung für die Unendlichkeit. Der Grazer Zentralfriedhof“ am 15.10. (Treffpunkt: Hauptportal des Zentralfriedhofs um 16.00 Uhr).

Am 9.10. ab 14.00 Uhr führt CLIO durch das bosnische Graz (Treffpunkt: Kriegerdenkmal Kreuzung Neutorgasse/Joanneumring), am 16.10. und 7.11. geht es ab 14.00 Uhr durch das afrikanische Graz (Treffpunkt: Griesplatz 13). Botanische Rundgänge gibt es am Schlossberg am 10.10., 14.00 Uhr (Treffpunkt: Karmeliterplatz/Schlossbergaufgang) und am 17.10. ab 14.00 Uhr im Stadtpark (Treffpunkt: Café Promenade).

Infos: T 0676 / 64 85 414 oder 0699 10 39 04 53 | www.clio-graz.net

 

 

  Internationales im steirischen herbst


Samstag, 23.10., 20 Uhr: Vortrag des Colectivo Situaciones und der Arbeitslosengruppe MTD Solano: „Vom Streik zur Autonomie: Neue Formen der Vergesellschaftung“.

„Que se vayan todos!“ - „Alle sollen sie abhauen!“ war die Losung der Revolte in Argentinien im Jahr 2001. Straßenblockaden und Stadtteilversammlungen, besetzte Fabriken und geplünderte Supermärkte bestimmten die Szenerie und tradierte Formen der politischen Repräsentation wurden radikal in Frage gestellt. Die Erfahrungen des Jahres 2001 und die Veränderungen der letzten drei Jahre stehen im Zentrum der Auseinandersetzung.

Sonntag, 24.10. | 11Uhr: Workshop mit AktivistInnen des Colectiovo Situaciones | Anmeldung unter 0316 / 827734
Koproduktion mit dem steirischen herbst. Ort: forum stadtpark, Stadtpark 1, 8010 Graz

 

 

  Kühlhaus-Literatur Das Literaturhaus Graz bietet im Oktober neben der Weiterführung bereits etablierter Serien wie „Leser des Monats“ und der Kinder- und Jugendschiene „Bookolino“ einen groß angelegten Schwerpunkt zum Thema „Kälte“ in Koproduktion mit dem Steirischen Herbst.


„Jede Zeit bringt Schlüsselwörter hervor, die ihren Zustand markieren. Seit der Wirtschaftsliberalismus grassiert, sich in alle Lebensbereiche hineinfrisst, sie durchwirkt und überformt, hat das Wort Kälte Konjunktur“, so Gerhard Melzer im Vorwort zum von ihm konzipierten Schwerpunktprogramm des Grazer Literaturhauses. Dort dreht sich von 13. bis 16. Oktober in Koproduktion mit dem steirischen herbst alles rund ums Thema „Kälte“. Als Idee hinter dem Programm steht der Gedanke von „Kälte als Metapher für eine gegenüber Normalbedingungen stark herabgesetzte Temperatur in den Beziehungen der Menschen“ sowie der Umgang von Kunst und im Speziellen von Literatur mit diesem Phänomen. Als Kernstück der Veranstaltungsreihe veranschaulicht eine Ausstellung zu Konrad Bayers „der kopf des vitus bering“ die Brisanz des Themas „Kälte“. Der im Montageverfahren konstruierte Prosatext ist die umfangreichste Arbeit Bayers, der sich vor mittlerweile fast vierzig Jahren das Leben nahm; er gilt als Schlüsselwerk der österreichischen und internationalen Nachkriegsavantgarde. Die Ausstellung zeigt Handschriften und Typoskripte des Autors sowie diverse Quellen, die zur Entstehung des Textes Verwendung fanden. Interessant in diesem Zusammenhang ist Konrad Bayers Interesse am Schamanismus, der in der Ausstellung mit der Komposition seiner Prosa in Verbindung gebracht wird. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit zum Besuch einer „Kältekammer“, die bei minus 110 Grad die Gelegenheit bietet, die von Bayer in „der kopf des vitus bering“ thematisierte physikalisch – physiologische Grenzüberschreitung nachzuempfinden.

Anselm Glück performt am 14.10. im Literaturhaus

Als weiteren Programmpunkt im Rahmen der „Kälte“-Reihe bietet das Literaturhaus ein umfangreiches Angebot an Lesungen u.a. mit Christoph Ransmayr, Peter Strasser und Gerhard Rühm, der die Veranstaltungsreihe mit Chansons, Melodramen und Sprechtexten am 13.10. einleitet. Tags darauf eröffnet Anselm Glück, der zuletzt mit seinem (Theater)-Text „innerhalb des gefrierpunktes“ in Graz große Erfolge feierte, die „Kältekammer“ mit einer Schreib- und Sprechperformance nach einem Satz von Samuel Beckett. Zu guter Letzt präsentiert am 16.10. die Schweizer Romanautorin und Dramatikerin Sybille Berg Auszüge aus ihrem im Frühjahr erschienenen Buch „Ende gut“. Begleitet wird die attraktive Lesereihe von Diskussionsrunden mit prominenter Beteiligung. So spricht zum Beispiel der Filmemacher Michael Haneke („Funny Games“, „Die Klavierspielerin“) mit Martin Kusej, dem zukünftigen Schauspieldirektor der Salzburger Festspiele für 2005 und 2006, über Kunst und Kälte.

Abseits des Steirischen Herbstes bietet das Literaturhaus im Oktober unter anderem noch eine „Arabische Nacht“ mit Abbas Beydoun und Tarek Eltayeb am 20.10. und seine bereits bewährten Programmschienen: Die Reihe „Premiere“ präsentiert Claudio Magris sowie die Steirischen AutorInnen Reinhard P. Gruber, Andrea Sailer, Hans Trummer und Herbert Zinkl. Im „Bookolino“ liest am 11.10. die Australierin Margaret Wild aus ihrem Roman „Jinx“, als „Leserin des Monats“ gastiert Lotte Tobisch in Graz.

– Gerhild Steinbuch –

Nähere Informationen zum Programm des Grazer Literaturhauses unter 0316 380-8360 oder im Internet: www.literaturhaus-graz.at

 

 

Grazer Park nach Martha Tausk benannt


Bei Betrachtung des Grazer Stadtplans fällt auf, dass Frauen als Namensgeberinnen für Verkehrsflächen fast nicht vorkommen. Derzeit sind es gerade einmal 30 Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts, die mit ihrem Namen im Grazer Straßenverzeichnis stehen. Um dies zu ändern und Leistungen und Geschichte von Frauen auch in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen, hat der Grazer Gemeinderat im Herbst 2003 einen einstimmigen Beschluss gefasst, Verkehrsflächen (Straßen, Plätze) vorrangig nach Frauen zu benennen. Die in Frage kommenden Persönlichkeiten müssen entweder in Graz geboren sein oder hier gelebt haben, in jedem Fall aber für Graz oder womöglich die ganze Menschheit große Leistungen erbracht haben. Bei einigen der rund 800 Männer, die bisher als Namensgeber für Straßen in Graz zum Zuge gekommen sind, wurden allerdings weniger strenge Maßstäbe angelegt.

Am 25. September wurde nun der vor einem Jahr errichtete Park über der Nordspange in Geidorf entsprechend dem Beschluss nach der ersten Frau im Steiermärkischen Landtag benannt, der Sozialdemokratin Martha Tausk.

Altbürgermeister Alfred Stingl bezeichnete in seiner Ansprache Martha Tausk wegen ihres Einsatzes für Frieden und soziale Gerechtigkeit als ideale Namensgeberin für einen Park, in dem das Leben blühe und gedeihe. Kritiker geben allerdings zu bedenken, dass es sich dabei um eine Verkehrsfläche ohne Postadresse handelt, die entsprechend selten verwendet werden wird. Während so mancher Kriegsherr und Nazidichter als Namensgeber für große Straßen steht, werden VertreterInnen des „anderen Graz“ zumeist gar nicht oder so bedacht, dass ihre Gassen und Plätze in keinem Adressverzeichnis aufscheinen. So wurde etwa ein Beschluss aus dem „Gedenkjahr 1988“ – Verkehrsflächen nach Personen zu benennen, die für Freiheit, die Wiederrichtung eines freien und unabhängigen Österreichs kämpften und von den Nazis hingerichtet wurden – gar nicht oder so umgesetzt, dass auch die entsprechenden Gassen und Plätze (Kapistran-Pieller-Platz, Poketzgasse) keine Postadresse haben.

– Heimo Halbrainer –

 

 

  Den Abgrund überbrücken: Interkulturelle Konfliktbewältigung


Das Jüdische Kulturzentrum Graz lädt in Kooperation mit dem Friedensbüro, dem Centrum für jüdische Studien an der Universität Graz und CLIO im November den israelischen Psychologen Dan Bar-On nach Graz ein, der Anfang der 1990er Jahre in einem außergewöhnlichen Projekt Nachkommen von Nazi-Tätern und Kinder von Holocaust-Überlebenden zusammengebracht hat. Auf der Grundlage des Prinzips des „storytelling“ schlägt er einen Ausweg aus dem israelisch-palästinensischen Konflikt vor.

Gemeinsam mit Adolf Martin Bormann, dem Sohn von Martin Bormann, werden am Donnerstag, 4.11. und Freitag, 5.11., jeweils 19.00 Uhr in den Vorträgen „Wider alle Erwartungen: Der Dialog zwischen Juden und Palästinensern im heutigen Israel“ bzw. „Die Täter-Opfer Beziehung und ihre Auswirkungen in Israel heute“ an der Universität Graz, Hörsaal A und am Freitag und Samstag in Workshops im Jüdischen Kulturzentrum Graz, David Herzog Platz 1, interkulturelle Konfliktbewältigungen diskutiert.

Anmeldung für die Workshops ist erforderlich!
M office@ikg.at | F 0316 / 723 448

 

 

  Berge, Abenteuer & fremde Kulturen im Congress Das Internationale Berg- und Abenteuerfilmfestival Graz geht heuer in sein 16. Jahr – und wendet sich mit seinem breiten Angebot nicht nur an Berg- und Kletterfreaks.


Ethnologisch Interessierte werden bei der heurigen Auflage des Events ebenso auf ihre Rechnung kommen wie all jene, die an der Ästhetik naturbelassener Landschaften und an der Fauna entlegener Regionen Gefallen finden; Dokumentationen über abenteuerliche Expeditionen stehen ebenso am Programm wie Filme, die sich der Umweltproblematik annehmen. „Faszination Todeszone – Forschung in 8000m Höhe“ – „Frozen Oasis“ – „Der Artenjäger vom Amazonas“ … die Titel der über 80 Filme, die Robert Schauer vom 10. bis 13. November im Grazer Congress und im Schubertkino zeigt, verraten, was das Publikum heuer wieder erwartet: Eine gelungene Mischung aus Nervenkitzel und Information, aus opulenten Bilder-Welten und asketischer Versenkung in das Faszinosum Gebirge.

Im Hängegleiter über den Everest
Schauer legt Wert auf die Feststellung, dass sich das Festival keineswegs nur an Hardcore-AlpinistInnen richtet: „Naturliebhaber werden ebenso auf ihre Kosten kommen wie j ene, die Interesse für andere Kulturen haben. Ob in den Alpen, im Himalaya oder in den Anden – in allen abgelegenen Gebieten trifft man auf kleine, abgeschlossene Sozietäten, die sich abseits vom Mainstream der sie umgebenden Gesellschaften entwickeln und Eigenschaften und Fähigkeiten bewahrt haben, mit denen wir uns auseinandersetzen sollten.“ Welche Filme empfiehlt der Festival-Initiator den BesucherInnen? Schauer ist sich sicher: „Sehenswert sind ohne Ausnahme alle, auch aus Aktualitätsgründen; die meisten Streifen sind maximal ein Jahr alt. Eine herausragende Produktion ist zweifellos „Flying over Everest“, eine Dokumentation der Hängegleiter-Flüge von Angelo D’Arrigo, dem es als ersten Abenteurer gelungen ist, mit dem Hängegleiter über den Mount Everest zu fliegen und der dabei von zwei Steppenadlern begleitet wird.“

Vorstandsdirektor Mag. Franz Kerber > Steiermärkische fördert das Festival

Steiermärkische sponsert Gipfelstürmer
Neben Stadt, Land und Bund fördert heuer auch die Steiermärkische Bank- und Sparkassen-AG das Festival. Vorstandsdirektor Mag. Franz Kerber betont, dass „stimmige Partnerschaften mit der heimischen Kunst- und Kultur-szene für die Steiermärkische eine lange Tradition haben“. Als Partner der größten Grazer Kulturfestivals sei es für die Steiermärkische eine logische Konsequenz, das Berg- und Abenteuerfilmfestival, „diese Plattform hochkarätiger Filmarbeiten aus den Bereichen Filmkunst, Alpinismus, Journalismus und Filmgeschichte“, zu unterstützen. „Denn wer die höchsten Gipfel erobern will, sei es im Alpinsport oder im Berufsleben, braucht neben Ausdauer und Können vor allem auch einen starken und verlässlichen Partner an seiner Seite.“

Infos/Kartenbestellungen: www.mountainfilm.com
Zentralkartenbüro Graz, Herrengasse 7 | T ++43(0)316/ 830255

 

 

  Bleiben oder gehen


Konzepte und Utopien von Zugehörigkeit, Erfahrungen von Entwurzelung oder Gefährdung und deren politisch oder ökonomisch motivierte Bedingungen sind zentrale Themen, die in acht künstlerischen Projekten im Rahmen von „Bleiben oder gehen“ in der Camera Austria fokussiert werden. Die Kuratorinnen Christine Frisinghelli und Sandra Krii Roban versammeln für die Dauer dieser Ausstellung fotografische Positionen, die für eine transitorische Utopie stehen, für einen Nicht-Ort vor dem Übergang in einen anderen Zustand, eine neue Befindlichkeit oder topografische Veränderung vor dem Hintergrund einer sich ständig neu ordnenden Gesellschaft und dem polyvalenten Begriff der Migration. Schwerpunkt ist nicht der dokumentarische Blick im Festhalten des historischen Moments, vielmehr ist die persönliche Verbundenheit der Bildautoren mit den Sujets gemeinsames Element in den präsentierten Arbeiten der KünstlerInnen aus Kroatien, Mazedonien, Rumänien, Griechenland, Ägypten, Palästina und Israel.

Efrat Shvily: Mitzpeh Yericho, 1993 > < Dan Panaitescu: If You Buy This

So beschreibt Anna Hucman in ausschnitthaften Bildern und Texten „Das Haus“ ihrer Eltern, seine permanente Veränderung und Adaption etwa im Einbau eines neuen Badezimmers oder dem Umbau der Küche. Infolge Familienzuzugs wird ein weiteres Stockwerk errichtet, das Haus wird zum architektonischen Organismus, in dessen Metamorphosen sich Familiengeschichte spiegelt.

Eine vierteilige Posterarbeit unter dem Titel „If You Buy This“ stammt von Dan Panaitescu aus Rumänien. Angelehnt an Werbeästhetik stehen Markennamen von Bekleidungsfirmen für ein Desiderat von westlicher Freiheit. Wer, so der Slogan, einen handgestrickten Pullover mit Adidas-Schriftzug kauft, verhilft dem Autor zum Kauf der echten Markenware. Efrat Shvily fotografierte Häuser in den von Israel besetzten Gebieten wie Mitzpeh Jericho, die schnell gebaut und unfertig wirken. Diese Bilder stehen für die Vergänglichkeit und Künstlichkeit der Siedlungen und für den Zeitraum zwischen der Errichtung bis zu ihrer Zerstörung.

– Wenzel Mracek –

 

 

Anna-Lülja Praun (1906 - 2004) Am 28. September ist Anna-Lülja Praun im Alter von 98 Jahren in Wien gestorben. Noch im Frühjahr 2002 hat sie an der TU Graz die Ehrendoktorwürde verliehen bekommen und CLIO – Verein für Geschichts- und Bildungsarbeit hat ihr Lebenswerk in einer Ausstellung in Graz gewürdigt. (korso berichtete März 2002)


In Graz hat die 1906 in Petersburg/Russland geborene Anna-Lülja Simidoff als erste Frau Architektur studiert, wo sie u.a. Herbert Eichholzer kennen lernte, in dessen Grazer Atelier sie in den 1930er-Jahren mitarbeitete. Die durch Persönlichkeiten wie Eileen Gray, Josef Frank, Herbert Eichholzer, Richard Praun oder Clemens Holzmeister beeinflusste Anna-Lülja Praun kreierte nach dem Krieg in Wien in ihrem eigenen Atelier einen Möbel- und Wohnstil, der über die österreichischen Grenzen hinaus als „wienerisch“ bekannt werden sollte; zeitlose Möbel ganz nach ihrer Maxime „Die Gültigkeit der Form muss so lange währen, wie das Material hält.“ Ihre Auftraggeber aus Kunst, Wissenschaft und Wirtschaft wie György Ligeti, Gudrun Baudisch oder Wolfgang Denzel schätzten die unverkennbare Ästhetik des Praun-Stils, den der Architekturkritiker Otto Kapfinger einmal so charakterisierte: „Das Geheimnis von Anna-Lülja Prauns Raumgestaltungen und Gegenständen liegt in einer aus Lebenserfahrung und Handwerkskunst destillierten Modernität, die der Zeit und dem Geist, aber keinem Zeitgeist verpflichtet ist; liegt in einer Schlichtheit, die sich nie zum Purismus verselbständigte; liegt in einem ausgeklügelten Funktionieren, das sich von der plakativen Formelhaftigkeit des Funktionalismus unterscheidet; und in einem künstlerischen Esprit, der Eleganz und Behaglichkeit ins Gleichgewicht bringt.“

– hgh –

 

 

  Marathon-Medaille mit Inhalt – Eine goldene CD-ROM


Die Werkstadt Graz entwickelte vor inzwischen fünf Jahren nach Idee und Konzept von Joachim Baur eine „weltsensationelle“ (Baur) Erinnerungsmedaille zum Grazer Stadtmarathon für jeden Teilnehmer in Form einer goldenen CD-ROM.

Das digitale Innenleben der Medaille visualisiert aktuelle Darstellungen des Sportereignisses, politische, wirtschaftliche, touristische, kulturprogrammatische sowie wissenschaftliche und künstlerische Beiträge in Form von Videos, Text und Animationen, ergänzt durch Grußworte von LH Waltraud Klasnic, des Bürgermeisters, des Sport- und Kulturstadtrates und des Kultur- und Sportlandesrates der Steiermark. Die Gesamtauflage der Medaille beträgt in ihrem fünften Jahr 6.500 Exemplare, womit die bisherige Gesamtauflage 32.500 Stück beträgt. Für Redaktion und Grafik zeichnen Joachim Baur, Josef Klammer, Manfred Nisslmüller, Gerhard Peinhaupt, Barbara Edlinger, Helene Baur, Adel Awad, Eva Hoffmann, Albert Pall und Kristian Paternusch verantwortlich. Das Navigationsdesign stammt von Heribert Hirschmann, der Sound von Josef Klammer und die Programmierung von Hermann Reimoser. Bis Ende Oktober sind die fünf bisher erschienen Marathonmedaillen bei Franz Xaver im MedienKunstLabor des Kunsthauses Graz ausgestellt.

 

 

  Geplanter Abbruch in der Schützenhofgasse


Wenn der Grazer Bebauungsplan aus dem Jahr 2003, betreffend den Bereich der Schützenhofgasse – Schillerstraße - Nibelungengasse – Naglergasse, zur Umsetzung gelangt, ist es um den durch Vorgärten und durchwegs dreigeschossige Wohnhäuser geprägten Vorstadtcharakter in der Schützenhofgasse geschehen. Erster Anstoß zu einer vorgesehenen geschlossenen Verbauung könnte das Objekt Schützenhofgasse 25/27 werden, für das am 16. August d. J. Abbruchverhandlungen angesetzt wurden. Die Bewohner des durchaus intakten Hauses mit offenem Innenhof sind inzwischen wohl oder über ausgezogen, an seiner Stelle soll ein sechsgeschossiges Wohnhaus mit zweistöckiger Tiefgarage hofseitig errichtet werden. Landeskonservator HR Friedrich Bouvier hatte in einem Interview mit KORSO (Sept./Okt. 03) an diesem Beispiel davor gewarnt, dass es Investoren zusehends leichter gemacht werde, ökonomisch opportune Objekte anstelle historischer zu platzieren und damit sukzessive am Stadtbild und der Lebensqualität ihrer Bewohner zu nagen. Inzwischen hat sich eine Interessengemeinschaft Herz-Jesu gebildet, die Abbruch und Bauvorhaben entgegenwirken will und möglichst auch den Bebauungsplan revidiert sehen möchte, dem jetzt noch existierende Vorgärten zum Opfer fallen würden. Detail am Rande: In einem 17 Kulturbezirke betitelten Projekt der Kulturhauptstadt war eben die Betonung und Erhaltung dieser Vorgärten ein von der Stadt noch unterstütztes Thema.

Könnte bald einem Terminvestor zum Opfer fallen: Haus Schützenhofgasse 25/27

Vorerst erhofft sich die Interessengemeinschaft zumindest eine Verzögerung des Abrisses aufgrund einer falschen Datierung des Objekts im ersten Abrissgutachten. Tatsächlich wurde nach Grundbuchrecherchen das Baujahr mit 1867 datiert und nicht wie zuvor um die folgende Jahrhundertwende. Als Bauherr konnte Lorenz Maierhöffer eruiert werden, der Entwurf stammt von Jakob Bullmann. Über 1000 Unterschriften für den Erhalt des Hauses Schützenhofgasse 25/27 und für eine Revidierung des Bebauungsplanes wurden am 22. September Bürgermeister Siegfried Nagl übergeben. Zur Erinnerung: Vor dem Fall des Kommod-Hauses waren es sogar über 4000 Unterschriften.

– wm –

 

 

  Kein Tag ohne Linie – Constantin Luser im Forum Stadtpark


Die Reihe der Künstlergespräche im Forum Stadtpark wurden mit dem jungen Grazer
Constantin Luser fortgesetzt. Zunächst ein Filmausschnitt: Ein Kameraflug über eine Landschaft, die sich bald als die Oberfläche von Ledermaterial entpuppt, darauf mit Kreide gezeichnete Geländestrukturen, Bälle, Federn als Bewuchs. Film stopp! Wir sahen eine Arbeit, die Luser im Sommer am Produktionsort der Möbelfirma Wittmann in Etsdorf am Kamp gestaltet hat. Eine Lusersche Landschaft, die man als plastische Zeichnung interpretieren könnte. Die präzis gesetzte Linie und die daraus sich entwickelnde Zeichnung ist seinureigenstes Metier. Immer wieder trat er in den vergangenen Jahren mit großflächigen Wandzeichnungen, ausgeführt mit Bleistift oder schwarzem Filzstift, auf. Darin entwickeln sich utopische und technoide Konstellationen aus Figuren, Maschinen und Landschaften, die in meist reinem Kontur an technische Werkzeichnungen erinnern. Solipsistisch anmutende, faszinierende Parallelwelten werden ausgebreitet und in rhizomartig sich erweiternden Details aufgefächert. In diese Kopflandschaften werden aktuelle Ereignisse auch gleich eingebaut wie beispielsweise während einer Forumausstellung im Vorjahr, als gerade Lusers Moped entwendet worden war. Der Künstler integrierte umgehend eine Suchmeldung in Form einer genauen Beschreibung des Mopeds inklusive Wiedergabe diverser Aufkleber und Angabe der Telefonnummer in die Schau.

< Bildmitte: Constantin Luser

Constantin Luser, 1976 geboren, besuchte die FH für Industrial Design und belegte die Studien Visuelle Medien bei Brigitte Kowanz an der Universität für Angewandte Kunst und Konzeptionelle Kunst bei Renee Green an der Akademie der Bildenden Künste. Neben zahlreichen Ausstellungen und Projekten errichtete er 2002 im Studio der Neuen Galerie die Installation eines scheinbar von einem Steuerpult aus zu dirigierenden vielbeinigen Wesens, basierend auf ebenfalls ausgestellten Konstruktionsplänen. Im Kulturhauptstadtjahr installierte er an der Nordfassade des Telekom-Hochhauses in Graz eine Lichtschreibmaschine. Das Gebäude wurde zum überdimensionalen Display aus hunderten von Handlampen, die der Fassade vorgehängt waren und über ein Schaltpult auf Straßenniveau von Passanten angesteuert werden konnten. Weithin sichtbare Kurzbotschaften wurden so deponiert. Aktuell gestaltete er Sujets und Plakatwände zum steirisc[:her:]bst – Programm Third Places. Der geplante Vortrag kippt in eine Art Happening: Luser legt Zeichnungen, Notizbücher und Kataloge auf und das interessierte Publikum wird Teil einer spontan sich entwickelnden plastischen Zeichnung in der Manier des Lineators Constantin Luser.

– Wenzel Mracek –

 

 

  „Nach den eigenen Vorstellungen läuft es nie ganz“ Der ehemalige Kunsterzieher Max Aufischer hat sich schon lange selbst der Kunst verschrieben. Seine letzte Ausstellung S.P.Q.R. präsentiert einen Fotozyklus über das nächtliche Rom. Korso-Redakteurin Claudia Windisch sprach mit dem Fotokünstler und Kulturvermittler.


Max Aufischer: „In der Kultur gelten nicht die Gesetze des Bogenschießens, wo das Ziel statisch ist“

Sie waren 1975 der erste Zivildiener Österreichs. Welche Erinnerungen verbinden Sie mit dieser Zeit?

Begonnen hat alles mit einer Haltung, welche vom Vietnamkrieg, der Generationsablöse und von jugendlichem Idealismus geprägt war: Man wollte den militärischen Strukturen etwas entgegenhalten. Mir wurde damals gedroht, dass ich als Wehrdienstverweigerer eingesperrt würde. Aber schließlich fand im selben Jahr der erste Zivildienstturnus beim Roten Kreuz in der Steiermark statt.

Über zehn Jahre lang haben Sie am Gymnasium Lichtenfelsgasse in Graz als Kunsterzieher unterrichtet – wieso haben Sie Ihren Lehrerjob dann an den Nagel gehängt?

„An den Nagel gehängt“ habe ich den Lehrerjob nicht, das war eher ein Prozess. 1979/80 habe ich nämlich eine Schulgalerie, die Galerie Lichtenfels, ins Leben gerufen und sehr viele verschiedene kreative Aktivitäten unternommen, welche damals ganz neu waren: Informationsausstellungen im Rahmen fächerübergreifenden Unterrichts, Workshops mit Künstlern u. v. m. Schließlich bekam ich 1986 den Bundesförderpreis für Fotografie. Der nächste Schritt war dann die Gründung der Kulturvermittlung Steiermark, welche als Trägerverein für all die Aktivitäten fungierte. Ich kam der Schule abhanden, ohne dass ich dies je bewusst vorhatte.

Kulturvermittlung Steiermark damals und heute: mit welchen Zielen haben Sie 1988 die Leitung übernommen und haben Sie erreicht, was Sie sich vorgestellt haben?

Nach den eigenen Vorstellungen läuft es doch nie ganz. Mit jedem Schritt in Richtung Ziel verändert sich auch das Ziel. Im Kulturbereich ist es nicht so wie beim Bogenschießen, wo das Ziel statisch ist. Zudem hat sich sowohl das Bildungs-, das Künstler- als auch das Betrachterverhalten stark verändert. Die Kulturvermittlung Steiermark hat mit ihrer allerersten Subvention in der Höhe von 12.000 Schilling 1987 eine elektrische Schreibmaschine gekauft – das war damals ein Quantensprung! Und jetzt? Wir verzeichnen 10 Jahre Hochblüte der Eventkultur und bei der Finanzierung gilt die Qualifikation der Zahl: alles ist gut, was viele Besucher bringt.

Wie kam es gerade jetzt zur Idee der Ausstellung S.P.Q.R. – Vorstadt der Cinecittà?

Die fotografische Bildfolge „S.P.Q.R.“ entstand während meines Studienaufenthalts 1994 in Rom und widerspiegelt die Stadtatmosphäre bei Nacht, da ich vorzugsweise in der Nacht arbeite. Der Grund, die Bilder in Form einer Ausstellung zu präsentieren, ist das Thema „die Römer“ der heurigen Landesausstellung.

Wo sehen Sie sich als (Foto-)-Künstler positioniert und welche Projekte schweben Ihnen als nächstes vor?

Die Positionierung hängt meist mit der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Dinge zusammen. Seit vielen Jahren untersuche ich das Zeitphänomen mit den Schwerpunkten „größtmöglich langer“ und „größtmöglich kurzer“ Zeit. Die künstlerische Beschäftigung in der Nacht bedingt stets meine Gedanken am Tag.

Die Ausstellung S.P.Q.R. – Vorstadt der Cinecittà ist noch bis 17.10. in Leibnitz in der Galerie Marenzi, Bahnhofsstraße 14, zu sehen, samstags 9 – 12 Uhr und nach Voranmeldung (0 34 52/82 9 57 oder 0676/513 42 33)

KORSO verlost beim KORSO-Kulturquiz 7 Fotobände von Max Aufischers 12-teiligem Fotozyklus!

 

 

  erben : erobern im Innovationspark Graz „Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es um es zu besitzen“ – dieser faustische Satz könnte als Leitmotiv für das aktuelle interdisziplinäre Kunstprojekt von next – Verein für bildende Kunst stehen: Die Aneignung des Hinterlassenen und seine Transformation für eine – ungewisse – Zukunft sind Gegenstand von Workshops und einer Ausstellung im Innovationspark Graz im Rahmen des steirischen herbstes 2004.


KünstlerInnen aus Europa und Lateinamerika beteiligen sich am heurigen von Luise Kloos kuratierten Artists-in-Residence-Projekt „erben : erobern“; Kloos ist selbst mit einem Kunstwerk beteiligt, das in Form einer Seideninstallation ältestes Kulturerbe der Menschheit – den vedischen Text „Sri lalita Sahasranamam“ („Die 1000 Namen der göttlichen Mutter“) in Beziehung zu modernen Werten und Kommunikationsstilen der westlichen Gesellschaft setzt; ein zeitliches und kulturelles Cross-over.

Zwei brasilianische KünstlerInnen (Carla Guaglardi, Joao Modé) präsentieren Installationen - der Österreicher René Stessl – bekannt durch seine Grazer „Just for punks“-Installation – eine im Grazer Süden gelandete Kaaba unter dem Titel „Free Palästina“, Josip Zanki (CRO) das interaktive Ambiente „Dijak“, inspiriert vom Heilungsritual der letzte bosnischen Druiden im Kamska-Tal.

Luise Kloos kuratierte „erben : erobern“ – und ist selbst mit einer Installation vertreten, die Jahrtausende menschlicher Kommunikation in Beziehung zueinander setzt

Robert Hammerstiel (Österreich) evoziert die (zumindest in den Metropolen) überwundene fordistische Produktionsweise am Beispiel seriell hergestellter Yucca-Palmen, Lore Heuermann (Grafik) und Gerhard Nierhaus (Klang-Installation) beziehen sich in synästhetischer Weise auf das Haus als Erbe; ebenso interdisziplinär interagieren Axel Kirchmayr, Hannes Waltl und Gerhard Nierhaus (alle Ö) zwischen bildender Kunst, Literatur und Musik. Mit dabei auch der junge Grazer Künstler ILA, der seine „Gesellschaft zur Beschleunigung von Erbangelegenheiten“ vorstellt.

Yuccas in Massenproduktion als Reminiszenz an das fordistische Zeitalter

Die Location Innovationspark wurde von Kloos mit Bedacht gewählt: „Der Ort selbst steht durch seine Bedeutung als historischer Platz der Automobilindustrie und durch seine Umwidmung zu einem zukunftsorientierten Innovationspark im Spannungsfeld zwischen Erben und Erobern.“

Die Ausstellung ist noch bis 6. November zu sehen. An diesem Tag findet um 18.00 Uhr unter dem Title no.tour.not eine Finissage mit einer Live-Performance statt, an der Lore Heuermann (Grafik), Gerhard Nierhaus (Musik), Claudia Fürnholzer (Tanz) und Monika Wogrolly (Lesung) teilnehmen.

Innovationspark Graz, Puchstraße 85, 8020 Graz
Ausstellungsdauer: 10.10.2004 bis 6.11.2004, Di – So 12.00 bis 18.00, Do 12.00 bis 20.00
Tel. 0699 114 60941 | www.kunstboerse-steiermark.at/next

 

 

  Wirtschaft fördert Kunst: Jour Fixe mit Karlheinz Essl im Kunsthaus Der Name Karheinz Essl steht für eine der bedeutendsten österreichischen Kunst-Unternehmer-Karrieren. Im Gespräch mit Peter Pakesch und Gerfried Sperl gab Essl Einblicke in seinen Werdegang, legte seine Philosophie des Sammelns moderner und zeitgenössischer Kunst dar und ging möglichen Synergien zwischen Kunst und Wirtschaft nach.


Der Sohn einer Kaufmannsfamilie aus Hermagor in Kärnten ist gläubiger Protestant und nennt Religion und Kunst als seine zwei Wege, sich dem Wesen des Menschen zu nähern. 1975 übernahm Essl die Firma seines Schwiegervaters; schon zuvor hatte das Ehepaar begonnen, eine Sammlung österreichischer Druckgrafik anzulegen. Entscheidend wurde die Bekanntschaft mit Kurt Moldovan, Maler und Mentor junger Künstler wie der Gruppe Wirklichkeiten. Moldovan vermittelte ein erstes Treffen mit Arnulf Rainer, der gab sich mürrisch und schickte Essl gleich wieder weg. Er möge sich doch erst einmal in die Literatur zu Rainers Schaffen einlesen, dann könne man immer noch ein Gespräch führen. Inzwischen ist das Rainersche Gesamtwerk in Exponaten der Sammlung Essl wahrscheinlich am ausführlichsten dokumentiert. Zu dieser Zeit wurde der erste Baumax-Markt in Kindberg eröffnet, ab 1980 expandierte das Unternehmen in bis heute sechs Länder mit 6000 Mitarbeitern und macht gegenwärtig einen Jahresumsatz von 1 Milliarde Euro. In den Jahren 1985 bis 87 wurde die Firmenzentrale Schömer-Haus in Klosterneuburg errichtet und damit die Sammlung öffentlich zugänglich gemacht. 1999 eröffnete das Museum der Sammlung Essl mit 8000 Quadratmetern Gesamt- und 4000 Quadratmetern Ausstellungsfläche. Beschäftigt sind 50 MitarbeiterInnen, darunter zehn KunsthistorikerInnen.

Peter Pakesch, Karlheinz Essl, Gerfried Sperl (v.l.)

Einbindung der Mitarbeiter ins Kunst-Engagement
Kunst, beschreibt Karlheinz Essl seine Sammlungsphilosophie, kann man nicht besitzen, man muss sie für die Gesellschaft rezipierbar machen. Pro Jahr werden drei bis vier Wechselausstellungen gestaltet, zuletzt etwa eine Balkanausstellung, kuratiert von Harald Szeemann. Mit dem neuen Haus wird die Sammlung auch um Plastik und Arbeiten aus dem Bereich der Neuen Medien erweitert. Besonderes Augenmerk gilt der Neuen Musik, um die sich der Komponist Karheinz Essl Junior verdient macht. Den Umfang der Sammlung schätzt Essl auf ca. 6000 Exponate, damit ist sie eine der bedeutendsten Sammlungen österreichischer Kunst ab 1945. Als Motivation für die Wirtschaft, Kunst zu fördern, steht für Karlheinz Essl die Einbindung der Mitarbeiter ins Kunstengagement und eine daraus resultierende Identifikation mit dem Betrieb im Vordergrund.

Kunst fördert Wirtschaft?
In einem parallel veranstalteten Symposion der Wirtschaftskammer im Dom im Berg diskutierte man eben diese Frage respektive deren Umkehrschluss und kam auch zu der Ansicht, ein Leistungsaustausch zwischen Künstlern und Wirtschaft manifestiere sich in der positiv zu bewertenden unvoreingenommenen Sicht der Künstler auf Betriebsstrategien. Weiteren Aufschluss und Einsichten mag ein preziöser Katalog gewähren, den Organisator HR Richard Kriesche – auch Pressevertretern – um 18 Euro anbietet.

– Wenzel Mracek –

 

 

  Christian Ludwig Attersee,als er nicht Jim Morrison war


Hemd, Haltung, Frisur vor allem und der Blick fördern bei schnellem Hinsehen die Gewissheit, das Rhesusäffchen und die Banane irritieren ein bisschen: Nicht Jim Morrison ist in dieser fotografischen Serie von Christian Skrein porträtiert, sondern der Maler Christian Ludwig Attersee, immer schon Narziss und keineswegs der einzige in dieser Sammlung von Celebrities des Kunstbetriebes aus dem kritischen Jahr 1968. Wenn in der Biografie des Fotografen Christian Skrein angeführt ist, er verkehrte im „innersten Kreis der 68er“, so ist dies wohl dahingehend zu korrigieren, dass es sich hier eher um eine Gesellschaft von bildenden Künstlern, Literaten, Verlegern und Galeristen handelte, die sich in ihren Intentionen und ihrem Äußeren – dreiteilige Anzüge und Krawatte sind Muss – von der Bewegung der 68er abheben wollte.

Christian Skrein > Oswald Wiener, Wien 1968 >

In der von Elisabeth Fiedler kuratierten und geschickt den Zeitgeist – angesichts der großen Ausstellung um das Frühwerk von Peter Weibel – konterkarierenden Ausstellung in der Neuen Galeie setzt Christian Skrein seine Protagonisten ironisch in Szene und sie selbst nehmen vielfach Posen mit Werkbezug ein. So Oswald Wiener, dessen Die Verbesserung von Mitteleuropa, Roman im folgenden Jahr veröffentlicht wurde. Skreins Coverfotografie zeigt Wiener, selbstredend im Anzug und einen schweren Hammer in der Hand, vor der Ruine eines Abbruchhauses: Sprachkritik als kiloschweres Argument. Arnulf Rainer als bemalter Irrwisch, Heller als er noch Franz hieß, Hans Hollein vor Architektur und Friedensreich Hundertwasser durchwegs im Bademantel. Walter Pichler tritt mit seinen Kopfplastiken als kleinen Räumen im Vorzimmer des Cyberspace auf. Dazu gesellen sich Oswald Oberhuber, Bruno Gironcoli, Roland Goeschl, Kurt Kalb, Christian Brandstätter und andere mehr. Wenn damals auch schon vier Jahre vergangen waren und Konrad Bayer diesem Kreis nur mehr als Erinnerter angehörte, wirkt diese Versammlung doch wie ein Bilderbogen um das Personal aus Bayers Schlüsselroman der sechste sinn. Nach eigener Aussage fotografiert Christian Skrein – Bildreporter einer Reihe renommierter Tageszeitungen, österreichischer und deutscher Magazine und vormals jüngster Fotograf für Vogue - nun schon „über dreißig Jahr nicht mehr“. Allerdings ist er Besitzer der wohl weltweit größten Sammlung anonymer Fotografien, die er auf Flohmärkten und bei Altwarenhändlern findet. Unter dem Titel Snapshots und nach Kategorien geordnet, waren Teile dieser Sammlung vor kurzem im Wiener MAK zu sehen.

68 – künstler legenden fotografien von Christian Skrein läuft bis zum 31. Oktober, im Verlag Christian Brandstätter ist ein gleichnamiger Bildband erschienen. Informationen unter www.neuegalerie.at

– Wenzel Mracek –

 

 

Wilfried-Skreiner-Preis 2004 an Florian Pumhösl


Der Wilfried Skreiner-Preis wird von der Gesellschaft der Freunde der Neuen Galerie in Erinnerung der Verdienste von Univ.-Prof. DDr. Wilfried Skreiner, des ehemaligen Leiters der Neuen Galerie, vergeben, um dessen Engagement für die Entwicklung der österreichischen Kunst fortzusetzen. Den Wilfried-Skreiner-Preis 2004, dotiert mit 7500,-- Euro, empfing nun Florian Pumhösl aus der Hand des Präsidenten der Gesellschaft, Dr. Michael Mayer-Rieckh.

Florian Pumhösl wurde 1971 in Wien geboren und kann seit Beginn der 1990er Jahre auf ein sich kontinuierlich entwickelndes Werk verweisen, das sowohl national als auch international zunehmend wahrgenommen und ausgestellt wird. In seinen Installationen reflektiert er nicht nur soziologische und architektonische Aspekte der österreichischen Kunst- und Kulturgeschichte, sondern auch internationale Vernetzungen. Daraus entwickelt er eine eigenständige Formensprache und formuliert als kontextueller Künstler neue geschichtliche und sozialpolitische Zusammenhänge, wie die Laudatorin Dr. Monika Faber von der Wiener Albertina festhielt. Seine intellektuelle Auseinandersetzung verschränkt sich mit hohem ästhetischem Anspruch. Mit dieser stringenten Arbeitsweise hat Florian Pumhösl trotz seines jugendlichen Alters den internationalen Durchbruch bereits erreicht.

 

 

  FM4 Tour – Part II vom 29. 10 – 31.10.


Nach der erfolgreichen ersten Tour im Mai 2004 gibt´s jetzt die Fortsetzung. Diesmal schickt FM4 ein ausgesuchtes lineup mit FM4-Musik von Pop bis Elektronik nach St. Pölten, Graz und Feldkirch! Headliner sind Radio 4 aus New York, die sich im Sommer sechs Wochen lang in den FM4 Charts tummelten. Außerdem dabei: Die FM4-Lieblinge Virginia Jetzt!, Kinderzimmer Productions und der diesjährige FM4-Amadeus-Preisträger I-Wolf sowie – exklusiv in Graz – die deutschen Pop-Poeten Kante.

Genaue Infos auf http://fm4.orf.at

 

 

  Frühling, Sommer, Herbst, Winter ... und Frühling – alles im KIZ


Niemand ist immun gegen die Mächte der wechselnden Jahreszeiten und des jährlich wiederkehrenden Zyklus von Geburt, Wachstum und Verfall. Auch nicht der alte Mönch und sein Schüler, die sich eine Einsiedelei teilen, die inmitten eines von Bergen umgebenen Sees liegt. Mit dem Auftauchen einer jungen Frau kehren Eifersucht und Besessenheit ein, aber auch die Erfahrung der Liebe und die schließliche Erleuchtung.Kim Ki-Duk, von der Kritik hoch gelobter Regisseur von Filmen wie „The Isle“ (Venedig 1999) und „Bad Guy“ (Berlinale 2002), stellt sein außerordentliches Talent unter Beweis, emotional komplexe Geschichten durch Bilder in einer Schönheit zu erzählen, die nicht von dieser Welt zu sein scheint.

„Meine Absicht war es“, sagt Kim Ki-Duk, „Fröhlichkeit, Wut, Leid und Freude in unserem Leben im Laufe der vier Jahreszeiten und des Lebens eines Mönchs darzustellen, der in einem Tempel im Jusan See lebt, nur von der Natur umgeben. Die fünf Geschichten vom kindlichen Mönch, vom heranwachsenden Mönch, dem erwachsenen Mönch, dem älteren Mönch und dem alten Mönch spiegeln sich in den Bildern der einzelnen Jahreszeiten. Es geht um die Bedeutung der Reife in unserem Leben, wie wir uns entwickeln, um die Grausamkeit von Unschuld, das Besessensein von Begierden und den Schmerz mörderischer Intentionen.“

In der Süddeutschen Zeitung war nach der diesjährigen Präsentation des Films am Festival in Locarno zu lesen: „Mit einem wahrhaft coolen Film überraschte Kim Ki-Duk das Publikum, einem Meisterstück der Kontemplation, in dem man das Kino aufs Wesentliche, aufs Elementare reduziert sah. „Frühling, Sommer, Herbst, Winter ... und Frühling“ war wie eine Insel im Wettbewerb, ein Film, der Distanz wahrte und die Unnahbarkeit zur filmischen Tugend erklärte.“

KR/DE 2003. 35 mm. Farbe. 103 Minuten. Dolby Digital SRD. 1:1,85. DF + OmU. Ab 12

Ab 15. Oktober im KIZ – Kino im Augarten, Friedrichgasse 24, T 82 11 86

KORSO verlost in Kooperation mit dem Kino im Augarten 5 x 2 KIZ-Eintrittskarten!

 

 

  ZULM (II)
Fortsetzung von Willi Hengstlers Indien-Krimi „Zulm“


Was bisher geschah: Dr. Shankar Nath sieht aus wie ein arroganter Delhiwallah („Typ aus Delhi“), spricht aber Wienerisch so gut wie Hindi, was seine Vor- und Nachteile hat. Nachdem er im reifen Alter von 40 das Studium der Religionsphilosophie und Kunstgeschichte abgeschlossen und für den österreichischen Diplomaten und Kunstsammler Max Neuhold Recherchen über den verstorbenen Maler Hans Ogrisegg angestellt hat, kehrt er nach Dharamsala, Indien zurück. Er will dort das Erbe seiner kürzlich verstorbenen Mutter antreten. Es besteht aus einem Haus, in dem auch die Praxis der Ärztin, die mit einem lange verstorbenen Wandermönch verheiratet war, untergebracht ist. Der zuständige Beamte verweigert Shankar jedoch die Eintragung ins Grundbuch. Nachdem er einen Wagen zu seinen Freunden, der Familie Flunger, zurückgebracht hat, wird Shankar von einem Mitglied des Geheimdienstes mit sanftem Zwang engagiert. Er soll bloß zurück nach Delhi, um eine Hochzeit zu besuchen.

ZULM (II) Sundar Nagar ist das Nobelviertel gegenüber dem Golfplatz auf der anderen Seite der Dr. Zakir Hussain Road, in dem Max Neuhold von der Botschaft, mein ständiger Gastgeber in Delhi, wohnt. Die Wächter sahen mir wohlwollend zu, wie ich mich, die Tasche in der einen, meine ruinierte Flip-Flop in der anderen Hand, über die Außentreppe hinauf in den zweiten Stock arbeitete.

Als Max öffnete, wedelte er mit einem Hochzeitsbillet, wie ich es in Dharamsala bekommen hatte. Zumindest meinetwegen hätte sich Dr. Ram Charan Bhagat den Weg sparen können. Mein Gastgeber fragte nicht gleich nach dem Ergebnis der Recherchen, die ich für ihn in Österreich betrieben hatte. Er stellte mir erst seinen Besuch vor, einen Dachdecker namens Mayer. - Sie sind der größte Inder, den ich bisher gesehen habe, sagte Mayer. Er war ebenso selbstbewusst und klein wie Max. Seine Oberlippe verlief völlig waagrecht, während seine Unterlippe beim Lächeln einen regelmäßigen Halbkreis bildete. - Ich bin Österreicher. Aber warten Sie, bis ihnen ein wirklich großer Sikh begegnet. - Er sitzt in der EU-Kommission für Industrienormen, sagte Max. Er wedelte noch einmal mit dem Billet. - Da müssen wir hin. Sie haben eine Tanzgruppe, Tribals aus Orissa. - Tribals?, fragte der Dachdecker. - Das sind die, die vor allen anderen da waren. Die Ureinwohner. Das ist von ihnen. Er zeigte auf zwei aneinander geschmiedete, winzige Figürchen inmitten seiner berühmten Sammlung von eleganten, an Giacometti erinnernden Skulpturen. - Die sind aber winzig, sagte ich und achtete sehr da-rauf, keinen der beiden kleinen Männer anzusehen. Endlich vermochte ich das Lächeln des Dachdeckermeisters unterzubringen. Es stammte von dem aufgemalten, unveränderlichen Lachen eines Clowns. - Aber besorg dir ordentliche Schuhe für die Hochzeit, sagte Max, Krawatte kannst du von mir haben.

Der Khan Market ist als labyrinthdurchzogenes Rechteck angelegt, in dem Diplomaten westliche Waren oder zumindest gediegene Fälschungen bekommen. Ich fand Schuhe, aber niemanden, der die Sandale reparierte. Im ersten Stock des Round Circle durchstöberte ich dann frustriert die CDs und fand „Shaen-Sha“ von Nusrath Fateh. Ein junger Muslim nickte mir anerkennend zu. – Die ist gut … – So gut wie „Mast Qalandar“? Die mit Abida Paveen? – Besser. Weniger kommerziell. Aber was verstehst du von Qwwalis? – Es gibt auch Hindu-Sufis, die Qwwalis singen. – Aber du bist kein Hindu, mein Lieber. Er kräuselte die Nase. Ich rieche, rieche.– – Menschenfleisch?, fragte ich. Oder zu wenig Scheiße? O.k., meine Mutter kommt aus Wien. – Austria? Wenigstens verwechselte er mich nicht mit einem Australier. Wir sammelten unsere Plastiktüten vor den strengen Augen des Wächters ein und stellten uns auf die Straße. - Ich heiße Shankar. Und du? – Zulfi. Zulfikar, flammendes Schwert. Und warum hörst du Qwwalis? Die sind Religion, keine Unterhaltung. – We do not sing, we are made to sing, zitierte ich. Zulfi lächelte und nahm mir die lädierte Flip-Flop aus der Hand. - Warst du schon mal in Nizamuddin? - Schon lange nicht mehr. - Morgen ist Donnerstag, sagte mein neuer Freund. Wie wär’s um 18 Uhr? Dort findest du auch jemand, der deine Flip-Flop richtet.

… inmitten seiner eleganten, an Giacometti erinnernden Tribal-Figuren …

Ich holte Max im Büro ab und der Fahrer steuerte den Wagen bedachtsam in die ca. 50 Kilometer östlich von Delhi liegende Gegend von Fardinagar, das zu einem künftigen Freizeitparadies ausgebaut werden sollte. Max drückte mir eine Krawatte in die Hand und musterte meine Schuhe. - Schick. Khan Market? - Danke. Ich hab mir auch Qwwalis geleistet. - Mit denen du mich dann daheim nervst. Max kam jetzt zur Sache. Hast Du Dich über diesen Ogrisegg erkundigt? - Ja, aber es gibt da nicht viel: Hans Ogrisegg, Maler, geboren 1918 in Graz, Studium der bildenden Kunst in Wien. Aber bevor aus seiner Künstlerkarriere viel werden konnte, floh er vor den Nazis nach Indien. - Kommunist? - Vielleicht. Aber um das ging’s nicht. Seine Frau war Halbjüdin.

Die Hochzeit fand in einem der Tourismuskomplexe statt, in die der Brautvater investiert hatte. Unsere Einladung diente vermutlich nicht nur gesellschaftlicher Repräsentation, sondern schon der Werbung für das Projekt. Ich war nicht überrascht auf Dr. Ram Charan Bhagat zu stoßen, der mich freilich nicht erkennen wollte. Eine Französin empfing uns in tadellosem Englisch und präsentierte uns unser Zimmer. - Wenn du als Inder einen Europäer beschäftigst, hast du es geschafft, sagte Max. - Ich bin billig zu haben. Du bist aber auch nur Religionswissenschafter. Trotzdem, ich hab einen Job für dich. Sind die Bilder von Ogrisegg wirklich so schlecht? - Ogriseggs größte Bedeutung scheint darin zu liegen, dass er irgendwie mit Kokoschka befreundet war. - Du bist ein versnobter Delhiwallah. Aber wenn du einen Job brauchst … einer seiner alten Freunde sucht anscheinend noch Bilder von Ogrisegg. Du müsstest aber bald fliegen. - Ich kann aber erst Freitag fliegen. Irgendetwas hielt mich davon ab, meine Donnerstagsverabredung zu erwähnen - Und die Bezahlung? - Musst du vor Ort aushandeln. Ich habe nur Unterlagen und Ticket.

Im halbrunden, verglasten Empfangsraum inmitten der Baumkronen fiel mir eine Gruppe von Männern auf, die sich um einen Säugling auf einem Tisch kümmerten. So was war an sich Frauensache. Leicht indigniert wollte ich die Szene fotografieren, aber als ich den Kopf des vermeintlichen Säuglings erblickte, zögerte ich. Es handelte sich um ein Männerhaupt mit ausdrucksvollen Gesichtszügen und großen Augen: Ein Krüppel, der auf Grund welcher Krankheit auch immer nie größer als seine Windeln geworden war. Meine Indigniertheit wich einem Gefühl der Scham und des Ekels. Glücklicherweise schien den Zwischenfall niemand bemerkt zu haben.

Während der Hochzeitszeremonie stellte ich mich neben die Französin und ihre Freundin, die zwischen den Stuhlreihen im Zelt standen. Der Krüppel, den ich zuvor fotografiert hatte, lag auf einer Sesselfläche und blickte zu den zwei Göttinnen hoch, die ihn unerreichbar auf ihren Plateausohlen überragten. - Sie sind Dr. Shankar Nath, sagte der Krüppel mit einer Stimme, so tief wie ich sie diesem Körper niemals zugetraut hätte. Ich war noch ein bisschen weniger brillant als üblich. - Ja, woher kennen Sie mich? - Ich bin Kurshed, sagte er, als ob das irgendwas erklärte. Der Blatternarbige kam und richtete Kurshed auf, damit er mehr von der Zeremonie mitbekäme. Seine Augen wirkten so feucht, dass ich es mit der Angst bekam, sie würden auslaufen. Gleichzeitig brannten sie in einer Art ungesunder Intensität. - Anfangs begriffen wir unser Schicksal nicht, sagte der Verrückte, aber Kurshed ist wie unser König. Er hält uns auf Trab. Verlegen lächelte ich ihm zu und ging ins Freie zu Max, der ungeduldig auf den Tanz der Naga-Leute wartete. Die Truppe war dann ziemlich enttäuschend. Ihre Trachten waren aus Stoff statt Fellen und die Federn ihres Kopfschmuckes aus Papier, was den Eindruck der Kostümierung verstärkte. Ihre Gesänge, für die sie eine Verstärkeranlage verwendeten, handelten, wie mir Max zuflüsterte, nicht von der Jagd oder dem Tod ihrer Feinde, sondern dem ewigen Leben Christi. Die Mädchen wurden ihrer legendären Schönheit zwar noch gerecht, wirkten aber bei ihren Stampftänzen lächerlich wegen ihrer Stöckelschuhe. Max schüttelte den Kopf. - Seit zweitausend Jahren Fremde in ihrem eigenen Land und jetzt verlieren sie ihr Gedächtnis an die Missionare.

Donnerstag Abend sah ich auf der anderen Seite der Mathura Road Zulfikar in Begleitung eines Unbekannten aus der Richtung von Humayuns Tomb näher kommen. Die beiden ließen sich mit selbstmörderischer Geläufigkeit vom Verkehr herübertreiben. - Das ist John, sagte Zulfi, als der kleine, dunkle Mann mir respektvoll die Hand gab. - Es ist wirklich wahr?, fragte John, du bist aus Österreich. - Und woher kommst du? - Er stammt aus Karnataka, sagte Zulfi, Ich hoffe, du bist einverstanden, wenn er mitkommt. Als ich ihm von dir erzählte, konnte ich ihn nicht mehr loswerden. Wir näherten uns dem Eingang der Dharga. Von uns wurde kaum Notiz genommen, aber die wenigen Weißen, die hierher kamen, wurden von den Bettlern aggressiver bedrängt als woanders. - Und was machst du in Delhi, fragte ich noch einmal. - Ich arbeite mit Affen, sagte John, ich vertreibe sie. - Arbeiten oder vertreiben? - Die Affen breiten sich in den Regierungsgebäuden aus, tausende, sogar im Präsidentenpalast. Sie zerstören das Mobiliar in den Büros, attackieren gelegentlich sogar Beamte und ... - Großes Problem, sagte Zulfi ironisch, als Hindu könnte man ja als Affe wiedergeboren werden. John tat, als ob er nichts gehört hätte. - Ich setze meinen Hanuman-Affen aus, der wiederum die Rhesusaffen verjagt. Die beiden vertragen sich nicht. - Respekt, sagte ich, wenn ich vor etwas Angst in Indien habe, sind es Kinder und Affen. - Warst du oft in Österreich? Kennst du dich dort aus? - Einigermaßen. Was interessiert dich an Österreich. Jetzt würde er mich sicher fragen, ob ich ihn nicht mit nach Europa nehmen könnte, aber es kam anders. - Ich habe den Affen Unterlagen, Papiere abgejagt, in denen immer wieder dein Land erwähnt wird. Kannst du sie dir anschauen? - Hast du sie hier? John lächelte über meine Naivität. - Was denkst du dir? Hinter der Nizamuddin Railway Station, wo ich wohne.

Die Qwwals saßen mit gekreuzten Beinen vor Nizamuddins Grabmal. Einer spielte auf einem Harmonium, das einem kleinen Blasbalg glich, ein zweiter spielte Tabla und der Bärtige, der sang, wurde von anderen Männern in seinem Rücken begleitet. Zulfi zog eine Kappe aus der Tasche und gesellte sich zu meiner Überraschung zu den Sängern. Der Text bestand aus immer der gleichen Anrufung Gottes, die anschwoll, schwächer wurde und von neuem an Intensität gewann. Irgendwann begannen die Musiker und einige Zuhörer ihre Augen zu schließen und die Oberkörper im Takt vor und zurück zu neigen. Es waren nur wenige Ausländer da und sie streckten ihre Rücken oder wetzten hin und her, da sie das Sitzen mit gekreuzten Beinen nicht gewöhnt waren. Auch dass fotografiert wurde, schien kein Problem zu sein. Die Musiker hörten dann so formlos und unvermittelt auf wie sie begonnen hatten und Zulfi stieß wieder zu uns.

Der Schuster hockte in einem grell erleuchteten Winkel, umgeben von Hammer, Ahlen und Zangen und reparierte genau solche Flip-Flops wie meine. Als ich bezahlte, drückte plötzlich ein Gewicht gegen meine Seite. Einen Dieb vermutend, langte ich zurück und fühlte Feuchtigkeit. John umfasste, während er an mir hinabrutschte, schlaff meine Hüfte. In seinem Rücken steckte eine der großen, handgeschmiedeten Ahlen. Auf den ersten Blick waren seine Augen noch lebendig und ihre Botschaft an mich besagte, dass seine Bitte sich nicht erledigt hatte. Auf meinen zweiten Blick brachen seine Augen und der Mann war tot. Ehe ich ihn richtig fassen konnte, packte mich Zulfi am Arm. - Willst du als Zeuge bei der Polizei auftreten? Oder gar beschuldigt werden? Etwas von der Gewalt, die in Indien immer unter der Oberfläche droht, drang jäh ans Licht; ein Summen der aufgebrachten Menge, das in ein Brausen überging gleich darauf ein Splittern von Holz, das Kreischen reißender Stoffbahnen, Schreie und Schüsse. - Warte!, keuchte ich, was ist eigentlich passiert? - Ich bin im gleichen Film wie du. Warum sollte ich mehr wissen?

Fortsetzung in der KORSO-Novemberausgabe


 

  AKTUELLE AUSSTELLUNGEN


Ausstellung: Das 2. Gesicht
Am 30. September 2004 eröffnete Stadträtin Tatjana Kaltenbeck-Michl die Ausstellung „Das 2. Gesicht“- die Maskenausstellung zur Sozialkunstaktion „an-rüchig“, initiiert von Sonja Redl und Armin N. Ruckerbauer, unterstützt von 17 Sozialvereinen und getragen von 150 Menschen, die ihre kreativen Talente zum Ausdruck brachten. Culture unlimited präsentiert die Ausstellung in der Galerie Zwischenbilder im Sozialamt bis 12. November 2004. Danach ist eine Wanderausstellung durch die Filialen der HYPO-Banken geplant.

Galerie Zwischenbilder im Sozialamt, 8010 Graz, Schmiedgasse 26, 1. Stock. 30.9. – 12.11.2004


Ab 11. 10.: Drei neue Installationen aus dem Zyklus „Made for Admont“ sind im Stift Admont zu sehen. Werner Reiterer: All sorrow, All happiness / Alles Leid, Alles Glück. Maria Hahnenkamp: Music for Admont, 2004, 12:30 Minuten, der Text stammt von Rainer Fuchs, die musikalische Bearbeitung und Komposition von Petko Ouzounov. Anna Jermolaewa: Wie im Mutterbauch, 2004.

Weitere Informationen unter www.stiftadmont.at


Ab Dienstag, 12. 10.: K.U.L.M. Akademie_Lustwandeln, „Kunststück“ in fünf Akten, Performances und Requisiten in Kooperation mit steirischer herbst 04: Projektkuratoren: Richard Frankenberger, Klaus Schafler. Akt III: Di 12.10.2004, 20 Uhr, „Lustwandel“ im MAK, Säulenhalle, Stubenring 5, Wien 1 – eine Aufführung in 17 Sequenzen im Rahmen der MAK NITE©. Akt IV: Fr 5.11.2004, 19 Uhr, „Begegnung mit UNIKUM in der Aula der Universität Klagenfurt/Celovec – Performance, Objekte, runder Tisch mit UNIKUM, K.U.L.M. und Gästen. Akt V: Sa 6.11.2004,16 -20 Uhr, „Finissage / Provinzwandel“, Begrüßung durch Kulturreferent Hans Meister, Eröffnung durch Gerfried Sperl und Hartmut Skerbisch im K3, Pischelsdorf.

Detaillierte Information unter T 03113-2739, 0699-11329247 bzw. 0699-11199917 und www.kulm.net


Ab 14.10.: Die ART FORUM Galerie, Neufeldweg 66 in Graz, zeigt Werke von Helmut Hinterseer unter dem Titel Skulptur und Zeichnung. Der Tiroler Bildhauer Helmut Hinterseer ist am Fuße der Loferer Steinberge aufgewachsen, lebt und arbeitet heute in München. Je weiter er sich vom Gebirge entfernt hat, desto stärker bewegte ihn das Thema Fels. Skizzen, Zeichnungen und Gemälde zeugen von stetiger Annäherung.

Weitere Informationen unter www.art-forum-graz.org


Freitag, 15.10.: Unter dem Titel Herz und Nerven trifft Kunst auf Theater: Der Semriacher Künstler Christian Eisenberger reagiert auf das Theaterstück „Die Macht der Gewohnheit“ von Thomas Bernhard unter der Regie von Marc von Henning. Das künstlerische Werk entsteht parallel zur Produktionsphase des Theaterstücks. Christian Eisenberger ist der erste von vier Künstlern und Künstlerinnen, die in der Spielzeit 2004/05 mit bildender Kunst im Schauspielhaus präsent sein werden. Vernissage am Freitag, 15. Oktober 2004 um 18.00 Uhr im Schauspielhaus Graz. http://rotor.mur.at


Mittwoch, 20. 10.: Vernissage der Ausstellung Somewhere Else von Robert Muntean um 19.30 Uhr in den Minoriten-Galerien, Mariahilferplatz 3 in Graz. Der junge Schmalix-Schüler Robert Muntean (geb. 1982 in Leoben) zeigt in seinem Solodebüt Fingerübungen figurativer purer Malerei. Farbkontraste, Bildstrukturen, formale Setzungen sind die Themenstellungen seiner Bilder. Bis zum 7. November, http://kulturzentrum.minoriten.austro.net


Ab 21. 10.: Das Kunstmagazin Hell, Bruck/Mur, eröffnet um 19.00 Uhr die Ausstellung Queens - nachzeigen und stimmen zeichnen von Emil Siemeister. 1954 in Deutsch-Kaltenbrunn im Burgenland geboren, verfasste er ab den frühen 70er Jahren zahlreiche Manifeste und wendet sich neben seiner grafischen Tätigkeit verstärkt dem Medium Film zu. Bisher entstanden 40 Videos und Super-8-Filme. Zur Eröffnung spricht Johann Konrad Eberlein vom Institut für Kunstgeschichte der Uni Graz. Zu sehen bis zum 20. November, T 0676 701 33 00 oder www.kunstmagazin.at


Bis Mittwoch, 13. 10.: Unter dem Titel Grazer Architektur Diplom-AWARD GAD prämiert die Architekturfakultät der Technischen Universität Graz zum zweiten Mal die besten Diplomarbeiten des abgelaufenen Studienjahres und stellt sie öffentlich vor. Diese in die engere Auswahl gelangten Diplomarbeiten, unter ihnen die 5 Siegerprojekte, werden von 08. Oktober 2004 bis zum 13. Oktober 2004, jeweils von 10:00 bis 17:00 Uhr (sonntags geschlossen) im Rahmen einer Ausstellung im HS 2, Rechbauerstraße 12, öffentlich zugänglich sein. www.gat.st


Bis 24. 10.: Im forumKloster Gleisdorf sind noch bis Ende Oktober Arbeiten der in Gleisdorf geborenen und in Deutschland lebenden Künstlerin Gertraud Bühr-Hohenfellner zu sehen. Ihre Ausbildung erhielt Gertraud Bühr-Hohenfellner in Wien und Frankfurt, ihr künstlerisches Schaffen erstreckt sich von Malerei über Skulpturen bis zur Installation. T 03112 2601-420 oder www.gleisdorf.at


Bis 24. November: „Cameron Jamie – Personale“ im Grazer Künstlerhaus. Cameron Jamie, ein im kalifornischen San Fernando Valley aufgewachsener, heute in Paris lebender Künstler, forscht seit seinen künstlerischen Anfängen zu Beginn der 1990er Jahre intensiv in den subkulturellen Schattenreichen. Das San Fernando Valley ist eine sprichwörtliche überdimensionale Vorstadt, beherrscht von der Pornoindustrie, der Angst vor Erdbeben, voller Mythen an der Grenze zu Hollywood. In seinen Arbeiten dokumentiert Jamie die Ausformungen von Phantasien und Ideen der lokalen Bevölkerung. Kuratiert wurde die Ausstellung von Günther Holler-Schuster. Neue Galerie im Künstlerhaus Graz, Burgring 4.

Weitere Informationen unter www.neuegalerie.at


Bis zum 26. November: Peter Weibel Rechtssubjekt statt Mensch in der Galerie & Edition Artelier, Großmarktstr. 8b / Medienturm, Graz. Dazu schreibt Peter Weibel: „Der zeitgenössischen Kunst wird von vielen Theoretikern ihre bloße Zeitgemäßheit vorgeworfen. Nachdem in der Moderne die Differenz zwischen Repräsentation und Realität, zwischen Bild und Wirklichkeit, zwischen Kunstwerk und Gebrauchsobjekt gefallen ist, werden die Kompetenzfelder von innen wie von außen, vom Kunstsystem wie von der Politik zerstört, wird die Kunst zum zynischen oder naiven Komplizen beim Abbau des Sozial- und Rechtsstaates, erobern die Strukturen der Massenmedien den Kunstraum.“

Informationen unter www.galerie-edition-artelier.at


Bis 28. November: Im Forum Stadtpark: There must be an alternative. Eine Ausstellung kuratiert von Oliver Ressler mit den Künstler(-gruppen): Bernadette Corporation (USA/F), bureau d‘études (F), Etcétera (Argentinien), Aernout Mik (NL), Oliver Ressler (A), The Yes Men (USA). There is no alternative”, behauptete die frühere britische Premierministerin Margaret Thatcher in Hinblick auf die ökonomischen Ungerechtigkeiten in den 80er Jahren, während die politisch gewollten Umstrukturierungsprozesse zum Vorteil von transnationalen Konzernen und dem Großkapital fortgesetzt wurden. In den letzten Jahren gelang es der internationalen so genannten Anti-Globalisierungsbewegung und den Sozialforen, die kapitalistischen Herrschaftsprozesse öffentlich in Frage zu stellen. http://forum.mur.at


Bis 5. November: In der Grazer Mediathek, Vorbeckgasse 12, zeigt in ihrer Ausstellung Friederike Schwab unter dem Titel das schöne die überallhin sich rettende Spur Bilder und Texte aus einem Peloponnes-Zyklus, entstanden zwischen 2002 und 2004. Bilder von Luft und Hitze und Vegetation, von Kartenspielern im Kafenion und von leeren heißen Dorfplätzen. Informationen unter T 0316/76 30 51-11


Bis 6. November: Die Galerie Kunst & Handel in der Grazer Einspinnergasse zeigt Arbeiten von Oswald Oberhuber unter dem Titel „Ein repräsentativer Querschnitt durch sein Schaffen“. Informationen unter T 0699 10 48 47 76


Bis 6. November: Die Galerie Schafschetzy, Färbergasse 2 in Graz, zeigt Arbeiten des 1970 in Leoben geborenen und inzwischen zu großem Ruhm unter anderem mit den Poncho Brothers gelangten Ronald Kodritsch unter dem fälschungssicheren wie authentischen Titel „Leck“. „Aus einem selbst entwickelten, standardisierten piktorialen Repertoire werden Elemente ausgewählt und im Sinne einer offenen Bildgrammatik verknüpft. Auf diese Weise gelingt Kodritsch eine ironische Bedeutungsverschiebung, die dem Betrachter nicht nur eine differenzierte Bildlektüre ermöglicht, sondern ihn zu einem assoziierenden, das sichtbare fortsetzende Sehen animiert. Seiner mitunter frivolen Angriffe erinnern dabei oft an die Unverschämtheiten der Dadaisten, allen voran Francis Picabia“, schreibt dazu Manisha Jothady aus Wien. http://www.galerie-schafschetzy.com


Bis 7. November: Die Grazer Minoritengalerien zeigen im Priesterseminar, Bürgergasse 2, ANTECHAMBER_vor der Scheidung mit Arbeiten der KünstlerInnen Sery C., Ruth Schnell, Andrés Ramírez Gaviria und Markus Wilfling, letzterer ist zeitgleich mit einer Installation im Studentenhaus der Katholischen Hochschülerschaft in der Leechgasse vertreten. Vier künstlerische Positionen werden vorgestellt, die Krise als Raum der Imagination verorten, veranschaulicht in „Antechambers“, in Durchgangs- und Lagerräumen, an Orten vor und hinter den Räumen der Repräsentation. http://kulturzentrum.minoriten.austro.net


Bis 7. November: G.S.I.L.series im Medienturm Zentral, Josefigasse 1, Graz. Neben der Installation „CUBE” eröffnen die Videoarbeiten „G.S.I.L.-series” der Grafikprogrammiererin Lia (A) die neuen ergänzenden Ausstellungsräumlichkeiten Medienturm Zentral am Lendplatz//Mariahilf. Weiters bespielt Lia im Rahmen der Ausstellung „Bewegliche Teile - Formen des Kinetischen“ in Form einer medieninstallativen Anordnung die BIX-Fassade des Kunsthaus Graz. Als visuelles Ausgangsmaterial für die Bespielung der BIX-Fassade wird das neu erstellte Video „int.5_27/G.S.I.L.XXX” (visuals: Lia, sound:@c) der kommissionierten EDITION Medienturm auf die Besonderheiten der „site“ hin adaptiert.
Anfragen an T 0316-261381 oder www.medienturm.at


150.000 Besucher im Steirischen Feuerwehrmuseum Groß-St. Florian. Im 10. Jahr seines Bestehens konnte das Steirische Feuerwehrmuseum in Groß-St. Florian am kommenden Mittwoch den 150.000. Besucher begrüßen. Das Steirische Feuerwehrmuseum, im Mai 1995 eröffnet, zeigt die Entwicklung der heimischen Feuerwehr, von der Römerfeuerwehr bis hin zu modernsten High-tech Geräten der Gegenwart. Das Museum wurde einer breiten Öffentlichkeit durch seine internationalen Kunstausstellungen bekannt, insbesondere durch eine Russland-Trilogie in Zusammenarbeit mit dem Staatlich Russischen Museum St. Petersburg, die 1999 mit der Ausstellung „ROT in der russischen Kunst“ begann. Eben zu Ende ging die erfolgreiche Schau Liebe, Tod und Leidenschaft im Russland der Zaren, bei der Werke russischer Malergrößen des 19. Jahrhunderts, darunter auch Bilder von Ilja Repin, der als Rembrandt Russland bezeichnet wird, gezeigt wurden. Informationen unter www.feuerwehrmuseum.at


Alfred Resch, Preisträger des Kendrion Kunstpreises 2004 Der Kendrion Kunstpreis 2004, vergeben von www.kunstboerse-steiermark.at, geht an den 1962 in Graz geborenen Alfred Resch. Eine unabhängige, ehrenamtlich tätige Jury (Dr. Margit Fritz-Schafschetzy, DI Gerhard Lojen) hat Alfred Resch den mit 3.500 Euro dotierten und von der Eibiswalder Firma Kendrion Binder Magnete gestifteten Preis zugesprochen. Die Werke des Preisträgers sind derzeit und bis zum 31. Oktober im Lerchhaus Eibiswald zu sehen. In der Begründung der Jury heißt es: „Alfred Resch präsentiert ein weitgespanntes Werk, das sowohl den Bereich der Malerei mit dem Tafelbild als auch die Neuen Medien miteinbezieht. In seinen Interventionen in der Natur verwendet Alfred Resch etwas, das man aus der Kunstgeschichte wiedererkennt. Im Spiel mit der Ähnlichkeit findet er eine eigenständige Sprache und überzeugt durch vielschichtige Interpretationsmöglichkeiten.“


Papier La Papp im Grazer Kindermuseum. Eine Ausstellung des Kinder- und Jugendmuseums München in Zusammenarbeit mit FRida & freD für Kinder von 6 bis 12 Jahren. FRida & freD schickt seine BesucherInnen auf eine Reise durch spannende Zeiten und exotische Welten, in denen Papier Geschichte geschrieben hat. Die Inhalte der Ausstellung werden in sechs Stationen vermittelt, die sich jeweils aus einem kulturgeschichtlichen Erlebnisraum sowie einer Werkstattinsel zusammensetzen. Neugierde und Wissensdurst ist alles was man braucht, um sich in der Ausstellung „PAPIER LA PAPP“ wohlzufühlen. Als Andenken an den Ausstellungsbesuch können bei allen Stationen Arbeitsblätter gesammelt werden. Nachdem sie in den Werkstätten gestaltet wurden, haben die Kinder die Möglichkeit in der letzten Werkstatt PAPIER BUCHBINDEN ihr kleines Museum zu binden oder zu digitalisieren. www.fridaundfred.at


Breaking the Visual im Pavelhaus < Nikolaus Gansterer: Gewächshaus
Die Ausstellung Breaking the Visual setzt sich mit reproduktionstechnisch generierten Wahrnehmungsmodellen auseinander, die unterschiedliche Zugänge zu realen und virtuellen Situationen von Raum untersuchen und gleichzeitig die Bedingungen vordefinierter Ausstellungsmodalitäten in Frage stellen. Welche Referenzsysteme entstehen durch künstlerisch und künstlich geschaffene Bildwelten, denen die Aufgabe von Repräsentationsebenen der Wirklichkeit zugeschrieben wird? Kuratiert wurde die Ausstellung von Walter Seidl. Präsentiert werden Arbeiten von Tomo Brejc (SI), Richard Crow (GB), Dustin Dis (USA), dy’na:mo (A) Nikolaus Gansterer (A), Katharina Heinrich (A), Ursula Mayer (A), und Boris Missirkov/Georgi Bogdanov (BG), N.I.C.J.O.B. (F/A). Pavelhaus, 8490 Laafeld/Bad Radkersburg | www.pavelhaus.at


Das Landesmuseum Joanneum in der Grazer Neutorgasse 45 zeigt im Oktober eine Ausstellung mit Schmuckkunstwerken von Manfred Nisselmüller unter dem Titel adrem SCHMUCK vehikel. Seit 1985 ist Schmuck das vorrangige Thema Manfred Nisslmüllers. Für ihn ist Schmuck Gegenstand von Untersuchungen und Anlass zu Überlegungen, nicht bloß ein zu formendes Objekt. www.museum-joanneum.at


Glück und Unglück 2, eine RHIZOM Ausstellung von ekw14,90 und Gästen. Ein praktisches Nachdenken über die Transformierbarkeit von gewachsenen Strukturen. Das „Rhizom“ wird einer Zellteilung unterworfen, die sich auf allen operativen und inhaltlichen Ebenen vollzieht (von der Infrastruktur bis zu eigener Programm- und Budgethoheit). ekw14,90 übernimmt in einem temporären Feldversuch das Herbstprogramm 2004. In Radiosendungen, die die Ausstellung begleiten, werden Gäste aus verschiedenen Bereichen der Wissenschaft eingeladen, Überlegungen zum Thema anzustellen. Jeden Dienstag von 12:15 - 13:00 auf Radio Helsinki 92,6 MHz (Graz) jeden Mittwoch von 19:15 - 20.00 auf Orange 94,0 (Wien).

http://ekw1490.mur.at/glueck | RHIZOM, Jakoministrasse 10, 8010 Graz. Bis 07. November 2004. Öffnungszeiten: Fr - So: 14:00-18:00


Die Galerie tazl, Neutorgasse 47 in Graz, würdigt Arnulf Rainer anlässlich seines 75. Geburtstages mit einer Ausstellung unter dem Titel seventyfive. tazl präsentiert eine Grafikserie 2000-2004 mit zyklischen Überarbeitungen eines Motivs. T 0316 82 00 46


Seit 9. 10.: Die Galerie Remixx im Palais Trauttmansdorff, Bürgergasse 5 in Graz, zeigt Collagen von Hausmann, Höch, Lissitzky, Roh, Hoffmann, Weibel, Senkinc, Stern, Rogler, Pointner, Verlon, Kosel, Frieberger, Motschnig, Müller, Pölzl, Buchner, Schlick, Amtmann, Nestler, Dampfhofer, Grünling, Gyurko, Urban u.a. | T 0664 31 12 169

 

 

  Literatur, Theater, Kabarett

 

Bis Mittwoch, 13. Oktober: Kinder- & Jugend-FILMwerkstatt 04-06 der filmakademie steiermark. Unter fachkundiger Anleitung und mit professionellem Equipment lernen Kinder und Jugendliche technische Grundlagen und Berufsbilder der Filmproduktion kennen; Anmeldeschluss ist am Mittwoch, 13. Oktober 04.

Information: f.a.st. filmakademie steiermark 8010 Graz, Brockmanngasse 89/I T 0316/31 99 66<
tag.theateragentur@utanet.at und www.tag-theateragentur.com


Donnerstag, 14.10.: Stefan Haider gibt sich Frei & Wild im Lorenzhof in Weinitzen bei Graz, Niederschöckelstr. 35. Am 21. 10. führt Irene S. ihre Gschlamperten Verhältnisse dem p.t. Publikum vor Augen. Am 28.10. äußert Fredi Jirkal seinen Kinderwunsch. Und am 4.11. sucht Michael Schuller nach Weisheit in Der Stein der Greisen. Beginn ist jeweils um 19.00 Uhr. Informationen unter 03132/2033 oder 0664/3924425


Donnerstag, 14. 10.: Welthaus-Fest im Welthaus Graz, Grabenstraße 39, mit Beginn 18:30 Uhr. Der Star des heurigen Welthaus-Festes ist Senegal. Information unter Tel 0316/32 45 56 und www.welthaus.at


Freitag, 15. 10.: Um 20 Uhr im mo.xx, Moserhofgasse 34 in Graz, findet das Varieté Freier Fall statt: Das Varieté Freier Fall geht in sein drittes Jahr. Es wird wie gewohnt ein gemischt bunter Abend mit Darbietungen aus den unterschiedlichen Genres der Klein- und Varietékunst werden. Durch das Programm wird diesmal Edwin Prohaska alias Markus Hoffmann in schräger Comedymanier führen. Karten können wie immer unter 0316 83476 oder varietefreierfall@gmx.at reserviert werden bzw. sind an der Abendkasse erhältlich. Weitere Informationen unter http://freierfall.mur.at


Uraufführung. Freitag, 15. 10.: Pemiere von Alle Macht der Logik, Baby, einem Stück mit Don Quichotevon Tobit Schweighofer im Theater im Kürbis, Wies. Dem edlen Ritter bleibt gar nichts anderes übrig, als für die Freiheit, das Recht und die Liebe zu kämpfen) Weitere Aufführungen am 16., 20., 22., 23., 27., 29., und 30. 10. Informationen unter T 03465/7038 oder kuerbis@kuerbis.at


Samstag, 16.10.: Im Veranstaltungszentrum Judenburg findet die einzige Aufführung von Das Getanzte Gedicht des Carousel Theaters im Rahmen des steirischer herbst 2004 statt. Beginn ist um 20.00 Uhr. www.kulturag.com


Ab Mittwoch, 20. 10.: „Erlauben bitte: Ich“ Die österreichische Seele als Heurigenabend. Eine szenische Hommage an H. C. Artmann und Hans Moser. Das Wiener Rabenhof Theater wird zum Heurigenlokal. Mit: Rudi Widerhofer & dem Eheepaar Reblaus, Lukas Goldschmidt an der Hammond-Orgel und Grace Latigo, Gesang. Die Ausstattung stammt von Carlos Schiffmann, inszeniert hat Ernst M. Binder.

Weitere Vorstellungen: 22., 23., 29., 30. Oktober 2004 und 9., 10., 11., 17., 18. Dezember 2004, Beginn jeweils um 20.00 Uhr.
Weitere Informationen und Karten unter T 01/712 82 82 und www.rabenhof.at


Mittwoch, 20. 10.: In der Reihe 4handschreiben - Literatur in der Mediathek treffen diesmal die Schriftsteller Willi Hengstler & Hans Trummer aufeinander, um Dandalo darzubieten, ein Sprechstück von zwei Personen als Textmetamorphose. Es moderiert Walter Titz. In der Mediathek in Graz, Vorbeckgasse 12. Beginn ist um 20.00 Uhr, der Eintritt frei. Es folgt am 27.10. Lesung und Buchpräsentation Die Archäologin von Eva Kuntschner & Thomas Wollinger, die der Frage nachgehen: Können Männer schreiben, was Frauen fühlen? T 0316/76 30 51-11


Donnerstag 21. 10.: THEATERmëRZ eröffnet die kommende Saison mit dem mëRZFRAKTAT „Drei Schwestern“ von W. O. Bernhart nach A. P. Tschechow. Weitere Aufführungen folgen am 22. und 23. 10., jeweils ab 20.00 Uhr. Informationen unter T 0316 / 72 01 72 oder www.theatermerz.com


Samstag, 23. 10.: Arlecchino & Co von Franz Blauensteiner in einer Inszenierung des WERKRAUMtheater mit Rezka Kanzian und Blauensteiner Franz um 19.00 Uhr auf Schloß Wildon, Kultursaal. Informationen unter T 0676 94 00 383 o. 0316 / 31 90 70 und www.werkraumtheater.at


Samstag, 6. November: Premieren am Grazer Schauspielhaus: Frühere Verhältnisse von Johann Nepomuk Nestroy in einer Inszenierung von Gottfried Breitfuß mit Katharina Knap, Julia Kreusch, Ernst Prassel, Dominik Warta. Um 19.30 Uhr. Am 7. November: Der Kontrabass von Patrick Süskind, inszeniert von Andreas Bauer und Johannes Lang in der Rolle des Bassisten. »Ein grauenvolles Instrument!« - Für‘s Orchester unverzichtbar, doch als Soloinstrument unerträglich und im Privatleben eine einzige Katastrophe, so ergeht sich ein einsamer Bassist in rührend-komischer Hassliebe zu seinem Instrument, kurz vor der Festspielpremiere, wo er der jungen Sängerin vor aller Welt seine Liebe gestehen will. Um 20.30 Uhr, Ebene 3. Weitere Informationen und das gesamte Programm finden sie unter www.theater-graz.com


Ab 21.10.: Der Froschkönig vom Theater Mundwerk hat um 16.00 Uhr im Kleinen Minoritensaal des Kulturzentrums bei den Minoriten in Graz Premiere. Ein Theaterstück für junges Publikum ab 5 von Susanne Czepl und Jürg Schlachter frei nach dem gleichnamigen Märchen der Gebrüder Grimm. Weitere Termine am 22., 28., 29. und 30. Oktober und 04., 05. und 06. November. Informationen unter http://kulturzentrum.minoriten.austro.net


Ab Freitag, 22. 10.: Literatur im Forum Stadtpark: Schwarzer Freitag ab 20.00 Uhr mit den LiteratInnen Hanno Millesi (Wien), Christoph Huemer (Graz), Xaver Bayer (Wien), Peter Glaser (Berlin), Wilhelm Hengstler (Graz), Kathrin Resetarits (Wien), Stephan Alfare (Wien), Christoph W. Bauer (Innsbruck), Martin G. Wanko (Graz). Am Montag, 25.10., richtet Martin G. Wanko seine Frage Bewegt Literatur (noch) die Menschen? an Heimo Sver, Wilhelm Hengstler und Helwig Brunner. Es folgt der Mann, der seine Lesungen als „Schausaufen mit Text“ bezeichnet: Am Freitag, 29.10. ab 20.00 Uhr, kommt Harry Rowohlt erstmals nach Graz. Zu einem gepflegten Gespräch mit Günter Eichberger, netten Videos und gekühlten Getränken. Im Gedenken an Flann O’Brien, dessen Geist auch erscheinen wird. „Wenn mich jemand bucht, muss er damit rechnen, dass ich möglicherweise verkatert, aber stocknüchtern zur Lesung erscheine, denn erscheint man bereits besoffen, ist das Beschiss am Publikum. Das Publikum muss miterleben können, wie man sich zugrunde richtet. Und sich nach Möglichkeit auch selbst zugrunde richten.“ (Harry Rowohlt).

Alle Informationen unter http://forum.mur.at


Donnerstag, 28. 10: Frauen schreiben. Positionen aus Südosteuropa. Ab 20.00 Uhr lesen Andrea Zlatar/HK und Drinka Gojkovic/YU im Kleinen Monoritensaal. Am 4. November, ebenfalls um 20. Uhr lesen Tzeta Sofronieva/BG und Magda Carnei/RO. http://kulturzentrum.minoriten.austro.net


Wettbewerb Short Cuts im Theater am Ortweinplatz
Mit short cuts schreiben das TaO! und der LAUT einen Förderpreis für junge Theatermacher zwischen 18 und 28 Jahren, die in Österreich leben, aus. Ziel des Wettbewerbs ist die Förderung junger Theatermacher und Theatergruppen aus Österreich, die am Beginn ihrer Laufbahn stehen. Gesucht werden Theaterskizzen, die auf ein Thema, Bühnenbild, Text oder Ähnliches reagieren. 2004 ist das Thema „fam.fatal! Ist die Familie noch zu retten?“ vorgegeben. Beurteilt werden keine schriftlichen Konzepte, keine fertigen Produktionen, sondern maximal 12 Minuten dauernde szenische Skizzen, die Einblick in die inhaltliche und ästhetische Idee zum Thema sowie in die Arbeitsweise der Wettbewerbsteilnehmer geben und als Fragment oder performanceähnlich vorgestellt werden. Die Wettbewerbsveranstaltung findet im Rahmen von „Jungwild. Das Festival für junges Theater“ am 1. Dezember 2004 im Kristallwerk in Graz statt. Anmeldeschluss ist der 31. Oktober.

Weitere Informationen bei Manfred Weissensteiner, Theater am Ortweinplatz, Ortweinplatz 1, 8010 Graz, T 316 / 84 60 94 und http://theateramortweinplatz.mur.at


Diagonale 2005: Einreichen von Filmen und Videos. Ab sofort ist es möglich, Filme und Videos für die DIAGONALE 2005 einzureichen. Unter www.diagonale.at finden sich alle Informationen und Unterlagen, die Einreichfrist endet am 1. Dezember 2004. Die DIAGONALE 2005 wird vom 14. – 20. März in Graz abgehalten und erstmals unter der gemeinsamen Leitung von Birgit Flos/Programm, Robert Buchschwenter/Produktion und Georg Tillner/Finanzen produziert.


HOHRCH! Hörspielfestival Radio Helsinki – Aufruf zur Teilnahme!
Alle Hörspielinteressierten sind eingeladen, am diesjährigen HOHRCH! Hörspielwettbewerb vom 22.-26. November 2004 teilzunehmen. Selbst produzierte Hörspiele sollen einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden. Einsendeschluss ist der 31. Oktober. Teilnahmebedingungen und nähere Informationen bei Waltraud Tragbauer, Tel. 0316 / 830 880 DW 82, oder Maga Andrea Schlemmer, Tel. 0316 / 830 880 DW 86, E-Mail: office@helsinki.at, Betreff: Hörspiel, und http://helsinki.mur.at


Jeden Dienstag: Im Grazer Orpheum gibt sich in seiner 22. Spielsaison, jeweils um 15.00 und um 16.30 Uhr, der Kasperl vom Grazer Kasperltheater ein Stelldichein. Gespielt wird Kasperl und die Zauberbombe, in dem sich der Zauberer Metternich von den KasperllandbewohnerInnen nicht ernst genommen fühlt. Ein Feiertagsspezial um 14:30, 15:45 und 17:00 Uhr mit Kasperl am Bauernhof gibt es am 26.10.2004. Kasperl und die Hexen, jeweils um 15:00 und 16:30 Uhr, wird am 02., 09., 16. und 23. November gegeben.

Informationen und Kartenvorverkauf unter anderen bei Orpheum-Tickets 0316 / 71 34 73-9014


22. - 24.10.: Theaterseminare Aus den Bereichen Volkstheater, Schminken, chorisches Theater und Jugendtheater.
Referenten: Dr. Ekkehard Schönwiese, Barbara Carli, Gudrun Maier, Raimund Wallisch, Kurt Malik. Seminarort: JGH Eisenerz.
Informationen unter www.jugendreferat.steiermark.at.

Auch das Werkraumtheater bietet Schauspielkurse an: Kursbeginn: Freitag 15. Oktober, 19:15 (1x wöchentlich am Freitag)
Info & Anmeldung: 0316 / 31 90 70 o. 0676 94 00 383 office@werkraumtheater.at | www.werkraumtheater.at


Freitag, 29.10.: Lesung der Literaturzeitschrift Tinctur mit Ruud van Weerdenburg und Marcel Fotter, Musik: Vera Montana. Ab 19.30 Uhr in der Landesbibliothek, Kalchberggasse 2 in Graz. Informationen unter www.the2wingsofthe1swan.com

 

 

  GELESENES & ERLESENES


Ein Schlüsseltext zur Wiener Moderne
„Wurstelprater“ von Felix Salten (1868 – 1945) und Emil Mayer (1871 – 1938) gehört zu den Schlüsseltexten der Wiener Moderne. Der Autor und der Fotograf, ein literarischer Verwandlungskünstler der eine, ein Wegbereiter der modernen Fotografie der andere, führen in ihrer anschaulichen Text-Bildreise in den Wiener „Wurstelprater” von 1911 und in die Widersprüchlichkeit der Zeitenwende.

Der nach mehreren Jahrzehnten erstmals wieder aufgelegte „Wurstelprater” wird von einem ausführlichen Kommentarteil begleitet. Ein Team internationaler KulturwissenschaftlerInnen (btwh – Berkeley, Tübingen, Wien, Harvard) zeigt den „Wurstelprater” im Netz zeitgenössischer Diskurse.

Mattl/ Müller-Richter/ Schwarz (Hg.) Felix Salten: Wurstelprater. Ein Schlüsseltext zur Wiener Moderne. Mit Originalaufnahmen von Emil Mayer. Wien: Promedia 2004. ISBN 3-85371-219-3; br.; Format 12,5x18,5; 256 Seiten, 19,90 E.

KORSO verlost in Kooperation mit dem Promedia-Verlag 3 Exemplare des Buches beim KORSO-Kulturquiz!

 

 

Das Handy
ein Gespräch zwischen Jörg Nauer & Martin Will, aufgezeichnet von Jörg-Martin Willnauer

 

Jörg Nauer: Ich fass es nicht! Jahrelang hast du über die Handy-Manie der Wichtigtuer gelästert und fleißig Umberto Eco zitiert und jetzt marschierst du mit dem Handy am Ohr durch die Stadt! Dir glaub ich nix mehr!

Martin Will: Das ist die normative Kraft des Faktischen, mein Lieber. Die Handymasten stehen eh überall und Ecos Satire ist längst überholt. Außerdem zahl’ ich keine Grundgebühr.

J.Nauer: Noch schlimmer! Um ein paar Silberlinge verrätst du deine Prinzipien.

M.Will: Naja, nicht ganz. Neulich war ein Handyvertreter bei mir und wollte mir einen Masten im Garten aufschwatzen. Ich hätte viel Geld lukrieren können; aber ich hab’ abgelehnt.

J.Nauer: Und was hat der Handyfritze dir geboten?

M.Will: Bei einer Mindestlaufzeit von 10 Jahren 300 Euro monatlich. Summa summarum 36.000 Euro, also etwa 500.000 Schilling. Für nix!

J.Nauer: Nicht ganz. Das Karzinom wird frei Haus mitgeliefert.

M.Will: Woher willst du das wissen? Wir sind beide keine Wissenschafter und müssen nolens volens das glauben, was die Wissenschaft herausgefunden hat.

J.Nauer: Die hat eine ganze Menge herausgefunden! Schau dir mal die homepage www.buergerwelle.de an und dir wird Hören und Sehen vergehen! Wir sind Versuchskaninchen in einem riesigen Feldversuch und treiben ein ziemlich gefährliches Spiel mit unserer Gesundheit. Selbst im idyllischen Murau dürfen laut Gemeinderatsbeschluss in öffentlichen Gebäuden keine Handymasten mehr errichtet werden.

M.Will: Das wird den braven Murauern nix nutzen; die Betreiber finden sicher willige Grundeigentümer.

J.Nauer: Den möchte’ ich sehen, der sich das traut.

M.Will: Die Kirche. Laut „Wirtschaftsblatt“ waren schon im Jahre 2001 in Österreich gut 400 Handysendeanlagen in Kirchen installiert. Das hat der Kirche schon damals pro Jahr ein paar Millionen Euro eingebracht. Inzwischen gibt es noch viel mehr Anlagen und entsprechend mehr Geld.

J.Nauer: Non olet. Der Handymarkt ist ein millionenschweres Geschäft, da darf Ecclesia nicht abseits stehen. Und wer zahlt’s? Wir. Mit unserem Geld und unserer Gesundheit.

M.Will: Naja, so gefährlich wird das Handy schon nicht sein. Das Gesundheitsministerium überwacht die Grenzwerte ...

J.Nauer: ... Du bist ja grenznaiv! Laut „Süddeutscher Zeitung“ sitzen zahlreiche Politiker in Aufsichtsräten von Mobilfunkkonzernen. Die öffentliche Hand ist ziemlich pleite und nutzt jede Möglichkeit um zu Geld zu kommen.

M.Will: Kann sein. Aber einen Nutzen hat das Handy für viele Menschen doch.

J.Nauer: Es ist verdammt bequem.

M.Will: Und es fördert die Kommunikation.

J.Nauer: Hast du dein Gehirn im Mikrowellenherd getoastet? Das Gegenteil ist der Fall!

M.Will: Hör zu: Ich war neulich in einem In-Lokal beim Bermuda-Dreieck. Neben mir schmusen zwei junge Leute. Er fragt: „Gehen wir zu dir oder zu mir?“ Sie sagt:“ Zu mir. Hast du Kondome dabei?“ Er antwortet: „Brauch ich nicht. Ich hab das Handy seit Wochen in der Hosentasche und bin praktisch zeugungsunfähig."

 

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