|
Landesmuseum Joanneum:
Euphorie und Erwartungen
Am Landesmuseum Joanneum beginnt die Ära Pakesch / Muchitsch.
Die neue Leitung ist mit hohen Erwartungen konfrontiert.
|
LR Gerhard Hirschmann konfrontierte die
neu bestellte LMJ-Leitung (li: Wolfgang Muchitsch, re: Peter Pakesch) mit
hohen kulturpolitischen Erwartungen
|
Selten hat die Bestellung von Leitungsfunktionen im Wirkungsbereich
des Landes – zumindest nach außen hin – so reibungslos funktioniert
wie bei der Besetzung der LMJ-Leitung. Das liegt im gegenständlichen
Fall wohl auch daran, dass die beiden bestimmenden politischen Kräfte
die Posten mit jeweils einem ihnen nahe stehenden Kandidaten besetzen konnten
– aber doch vor allem daran, dass mit Peter Pakesch als künstlerischem
und Dr. Wolfgang Muchitsch als wissenschaftlichem Leiter zwei Persönlichkeiten
bestellt wurden, deren fachliche und persönliche Eignung außer
Zweifel steht.
Loyalität gegenüber der Sache
Die neue LMJ-Geschäftsführung sieht sich mit hohen Erwartungen
von Seiten der Politik konfrontiert. Landesrat Gerhard Hirschmann, der
seinen Wunschkandidaten Pakesch ("der richtige Mann am rechten Ort zur
rechten Zeit") ebenso lobte wie Muchitsch ("keine politische, sondern eine
exzellente fachliche Besetzung"): "Ich wünsche mir, dass ein Schatz
gehoben wird und ein Frühlingserwachen stattfindet, ich erwarte mir
offene Häuser – Orte der Kreativität, der Wissenschaft und der
Begegnung – und dass wir die Steiermark kulturpolitisch wieder vor anderen
Regionen platzieren können." Nicht politische Loyalität erhoffe
er sich von der neuen LMJ-Führung, "sondern Loyalität gegenüber
der Sache".
Ausgliederung als Chance
Die neue Leitung wird in unmittelbarer Zukunft ohnehin einige Bewährungsproben
zu bestehen haben, die gleichzeitig als Chancen für die steirische
Kulturpolitik zu begreifen sind: Die Ausgliederung des Joanneums aus der
Landesverwaltung und seine Umwandlung in eine gemeinnützige GesmbH
wird "größere Flexibilität ermöglichen, aber gleichzeitig
auch den Erfolgsdruck erhöhen: Wir werden Bilanz legen und uns einer
Evaluierung stellen müssen", betont Muchitsch im KORSO-Gespräch.
Von manchen Seiten geäußerte Ängste, dass die 'Privatisierung'
des Landesmuseums unter anderem auch einen schleichenden Ausverkauf der
Bestände – zum Beispiel des Bild- und Tonarchivs – nach sich ziehen
könnte, teilt Muchitsch nicht: "Allerdings würde ich mir wünschen,
dass das Bild- und Ton-Archiv beim Landesmuseum verbleibt, damit wir der
Verantwortung gegenüber der Sammlung gerecht werden können."
Der neue wissenschaftliche Leiter setzt auch auf mehr Dezentralisierung:
"Wenn etwa Leoben jetzt ein neues Stadtmuseum bekommt, dann ist es unsere
Aufgabe eine enge Zusammenarbeit anzustreben."
Herausforderung Kunsthaus
Wohl eines der stärksten Argumente für einen künstlerischen
Leiter Peter Pakesch war die Herausforderung, die mit dem Betrieb
des neuen Kunsthauses auf das LMJ zukommt. Als umtriebiger Avantgardist
seit seinen Forum-Stadtpark-Tagen, international tätiger Ausstellungs-Macher
und Leiter der Kunsthalle Basel seit 1996 bringt Pakesch alle Voraussetzungen
für die Führung einer Location mit, der er "eine klare Identität
als Ort zeitgenössischer Kunst“ verleihen will. Das Kunsthaus solle
weniger retrospektiv wirken, sondern vor allem aktuelle Strömungen
aufgreifen und präsentieren, es sei durchaus möglich, „dass erste
Projekte von außen kommen". Pakeschs Statement trug eine sehr persönliche
Note: Die Heimkehr nach Graz sei für ihn mit jener Ambivalenz ausgestattet,
die einer "Rückkehr zur eigenen Jugend" naturgemäß innewohne
…
Umfangreiche Investitionen
"Ein Kulturprojekt mit europäischer Dimension" will LR Hirschmann
im kommenden Jahrzehnt aus dem Landesmuseum machen; das soll sich auch
in den Investitionen niederschlagen. Insgesamt 36 Mio Euro sollen bis 2011
in die Infrastruktur fließen. Die größten Brocken: Schloss
Stainz (3,9 Mio), das Volkskundemuseum (2,9 Mio, Wiedereröffnung 2003)
und die Neue Galerie (1,45 Mio).
Christian Stenner
|