|
Kärnten: "Es fehlt eine
selbstbewusste antinationalistische Allianz"
Zwei prominente Kärntner SlowenInnen lieferten bei einer KORSO-Veranstaltung
Hintergrundinformationen zum aktuellen Ortstafelkonflikt.
|
Vida Obid, Diskussionsleiter Christian Stenner und Mirko
Messner
|
Das Interesse war groß, der Hörsaal der Abteilung für
Südosteuropäische Geschichte bis zum letzten Platz gefüllt:
Bei der Veranstaltung "Der neue Kärntner 'Ortstafelkonflikt' – slowenische
Gegenstimmen", zu der KORSO gemeinsam mit der Abteilung, dem Klub Slowenischer
StudentInnen, dem Artikel-VII-Kulturverein und Promedia geladen hatte,
korrigierten Mirko Messner, Geschäftsführer des Interkulturellen
Zentrums in Klagenfurt / Celovec, und Vida Obid, Mitarbeiterin des
Slowenischen Wissenschaftlichen Institutes, einige verbreitete Meinungen
über den Kärntner Nationalitätenkonflikt.
Dreiparteienpakt gegen die Minderheit
Diesen Konflikt gebe es nicht etwa deswegen, weil Kärnten eben
ein "Naziland" sei, betonte Messner, die Wurzeln lägen tiefer: "Der
wesentlich ältere Deutschnationalismus hat die Strukturen für
ein gesellschaftliches Germanisierungsprojekt geschaffen, über das
sich alle drei Landtagsparteien einig sind." Der Aufstieg Haiders und der
Niedergang der Kärntner SP sei das Ergebnis des Dreiparteienpaktes,
in der Minderheitenfrage nur gemeinsam vorzugehen, der unter dem Eindruck
des ersten Ortstafelstreits in den siebziger Jahren geschlossen wurde.
Bevölkerung weiter als Parteien
Inzwischen habe sich die Einstellung der Kärntner Bevölkerung
allerdings weiter entwickelt als die Positionen der drei Parteien, ergänzte
Obid: "Die zweisprachigen Kindergärten sind zurzeit übervoll,
weil auch immer mehr deutschsprachige Eltern wollen, dass ihre Kinder Slowenisch
lernen." Um die Finanzierung der Kindergärten stehe es aber – entgegen
anders lautenden Behauptungen der Kärntner Landesregierung – nicht
rosig: "Wir haben bis heute kein Geld bekommen." Auch an diesem Beispiel
sei erkennbar: Die Volksgruppe sei "privatisiert", weil ihre Erhaltung
nie öffentliches, sondern immer "Privatanliegen" gewesen sei. Die
Tatsache, dass die den Kindergärten zustehenden Mittel noch immer
nicht ausbezahlt wurden, sei auch ein Beweis dafür, dass die positive
Reaktion der beiden historischen Organisationen der Kärntner SlowenInnen
– des "Zentralverbands" und des "Rates" – auf die Charmeoffensive des Landeshauptmannes
voreilig gewesen sei. "Man hat sich seit den 80er Jahren während der
Vranitzky- und der Klima-Ära nicht mehr um sie gekümmert – da
fühlten sie sich durch Haider endlich wieder ernst genommen." Die
Organisationsformen der slowenischen Verbände, die "nach dem Gefolgschaftsprinzip"
funktionierten, seien "absolut antiquiert", in der aktuellen schwierigen
Situation sei es aber wenig opportun, die bestehenden Strukturen zu gefährden.
Hoffnung: Zivilgesellschaft und EU
Die Frage nach den Perspektiven der Volksgruppe unter den aktuellen
Rahmenbedingungen wurde von beiden ReferentInnen optimistisch beantwortet:
Zum einen sei mit der Initiative "Pro Kärnten / Za Koroska" eine neue
zivilgesellschaftliche Struktur im Entstehen, die sich um ein positives
Bild der multikulturellen Situation Kärntens bemüht, zum anderen
werde der EU-Beitritt Sloweniens einen positiven Effekt haben. Aber, so
Messner: "Was noch immer fehlt, ist eine selbstbewusste antinationalistische
Allianz." |