Die indische Handelsorganisation TARA ist ein Partner von
EZA (österreichische Entwicklungszusammenarbeit) und exportiert
seit den siebziger Jahren kunsthandwerkliche Produkte nach Westeuropa
und die USA, die dort in den Weltläden zu fairen Handelspreisen
verkauft werden. TARA bedeutet „Trade Alternative Reform Action“
und wurde vor rund 25 Jahren von Lehrern und Studenten der Jamia
Milla Universität (New Delhi) gegründet.
Faire Bedingungen für unterprivilegierte ArbeiterInnen
Die Ursprünge des Projekts – eine Organisation, die sich
um einen fairen Handel zwischen asiatischen Produzenten und westlichen
Konsumenten bemüht – liegen in den damals wie heute schlechten
Arbeitsbedingungen der Menschen in Indien. Die ArbeiterInnen von
TARA kommen aus der ärmsten Bevölkerungsschicht, von den
„Unberührbaren“ (Pariah). Das Kastensystem wurde
zwar offiziell in Indien vor langer Zeit abgeschafft; am Land ist
es jedoch noch stark verankert und bestimmt die Lebensbedingungen
der Bevölkerung von Geburt an.
Fairer Handel sorgt für gute Arbeitsbedingungen der indischen
Kunsthandwerkerinnen
TARA versucht, die Arbeits- und Lebensbedingungen seiner rund
400 Mitarbeiter langfristig zu verbessern. Die indische Handelsorganisation
exportiert heute Kunsthandwerk – Schmuck, Specksteinartikel,
Perlenstickereien und verschiedene andere Ziergegenstände –
aus den vier Provinzen Ultan Pradesh, Delhi, Maryama und Rafasthan,
wo nach den Richtlinien des fairen Handels produziert und verkauft
wird.
Fairer Preis für hochwertige Produkte
Moon Sharma, Präsidentin von TARA, die in Begeleitung von Shaista
Begum, einer Perlenstickerin aus Delhi, als Vertreterin für
TARA im September Österreich besuchte, betonte die „hohe
Qualität der indischen Kunsthandwerkprodukte, die den ProduzentInnen
am Herzen liegt. Sie wollen kein Mitleid, sondern ihre Produkte
wegen der hohen Qualität zu einem gerechten Preis verkaufen.“
Nur faire Handelsprodukte schaffen faire Arbeitbedingungen –
gerechte Löhne, keine Kinderarbeit, ein Gesundheitssystem,
Bildungsmöglichkeiten, einen gefahrenfreien und gesunden Arbeitsplatz
– und sorgen für Selbstbewusstsein der ArbeiterInnen.
Gerade in der noch sehr traditionellen indischen Gesellschaft sind
die ökonomischen, aber auch sozialen Aktivitäten von TARA
von großer Bedeutung.
Benachteiligung der Frauen bekämpfen
„Die meisten der 400 MitarbeiterInnen sind Frauen. Viele von
ihnen sind strenge Muslime oder Hindus, die nach strengen Traditionen
leben, die den Frauen die Arbeit außerhalb der eigenen vier
Wände untersagt. TARA gibt ihnen die Möglichkeit, in einer
Gruppe in einer der Heimwerkstätten zu arbeiten und an den
Schulungen teilzunehmen. Außerdem werden Räumlichkeiten
und Lehrerinnen organisiert, damit diese Frauen – viele von
ihnen Analphabeten – schreiben und lesen lernen“, so
Moon Sharma. Für uns kaum vorstellbar lebt vor allem die arme
Bevölkerung noch stark in der Tradition nach der die Geburt
jedes Sohnes gefeiert, jedoch die einer Tochter als finanzieller
Schaden beklagt wird.
Selbstbewusstsein durch Bildung und gute Arbeitsbedingungen
Die junge Shaista Begum ist Perlenstickerin in einer der 13 Heimwerkstätten.
„Bevor ich für TARA zu arbeiten begann, ging es mir und
meiner Familie sehr schlecht. Wir verdienten nicht genug Geld und
manchmal wurde uns unser Lohn unter einem Vorwand einfach nicht
ausbezahlt“, klagt Shaista Begum. „Als ich TARA entdeckte,
fand ich einen guten Arbeitsplatz, wo mir auch zusätzlich Weiterbildungsmöglichkeiten,
u.a. über Farbe und Design geboten wurden. Anfangs war es sehr
schwierig, da ich kritisiert wurde, als ich die Workshops besuchen
wollte“, meint die junge Frau, „doch nun arbeite ich
in einer Gruppe von 25 Personen, gemeinsam mit meiner Familie und
Freunden.“ „Einige der Frauen, die für TARA arbeiten,
verdienen dort die Mitgift für ihre Heirat“, erzählt
Shaista Begum und zeigt stolz das Foto einer verheirateten Freundin.
Indische Politik verspricht Unterstützung
Die Organisation finanziert sich – ihre zahlreichen Projekte
wie den Aufbau von 14 Schulen, verschiedene Kampagnien, u.a. gegen
Kinderarbeit, und Informationsarbeit in den Export- und Importländern
– ohne Hilfe staatlicher Subventionen oder Spendengelder und
schafft gute Arbeitsbedingungen mit fairen Löhnen für
ihre MitarbeiterInnen. „Auch von der Politik bekommt der faire
Handel zumindest wortreiche Unterstützung“, erklärt
Moon Sharma. So sprach der indische Wirtschaftsminister Shri Kamal
Nath über die Wichtigkeit der Expansion von „Fair Trade“-Produkten,
die in Indien auch Nahrungsmittel, Musikinstrumente und ökologisch
hergestellte Baumwollprodukte umfassen. Moon Sharma meint dazu,
dass die indische Regierung den fairen Handel durch die Möglichkeit
der Teilnahme an internationalen Messen und an Fortbildungen zu
fördern versucht. „Eine wichtige Aufgabe, die auch von
der indischen Politik wahrgenommen werden muss, ist ein gutes Lobbying
für den fairen Handel – TARA versucht dies durch eine
Vorbildwirkung zu fördern.“
Wirtschaftlicher Aufschwung geht an den Armen vorüber
„Der Aufschwung der indischen Wirtschaft zum neuen „High-Tech“
Land verändert zwar das Leben der Mittelschicht, wie mancher
indischer Universitätsabgänger, und eröffnet diesen
die Möglichkeit, in einer westlichen Firma ihr Geld zu verdienen,
tangiert die arme Bevölkerung jedoch kaum. Viele arbeiten noch
immer unter unmenschlichen Bedingungen. Phänomene wie Kinderarbeit,
die illegal ist, stehen an der Tagesordnung und können nur
schwer bekämpft werden“, erzählt Moon Sharma über
die Situation in ihrer Heimat. „Die Regierung unterstützt
zwar alle Maßnahmen gegen Kinderarbeit, kann aber, da die
Familien ökonomisch dazu gezwungen sind, kaum dagegen vorgehen“,
ergänzt Moon Sharma „Allein in Neu Delhi arbeiten etwa
eine halbe bis eine Million Kinder für zwei warme Mahlzeiten
am Tag.“ Im System des fairen Handels gibt es keine Kinderarbeit,
jedoch müsste es zu umfassenden Änderungen des Wirtschaftssystems,
aber auch im Konsumentenverhalten kommen, um eine Verbesserung der
Lage für die benachteiligten Schichten in diesen Regionen herbeizuführen.
Barbara Korak
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Die persönliche Begegnung mit Gästen aus Asien, Afrika
und Lateinamerika schafft eine Möglichkeit, den Lebensalltag
in diesen Ländern differenziert wahrzunehmen.
So gelingt ein „Blick über den österreichischen
Tellerrand“. Die Weltcafés finden monatlich im Welthaus
Graz oder in den Regionalstellen der Steirischen Entwicklungspolitischen
Mediathek - Liezen, Gleisdorf, Mürzzuschlag, Fürstenfeld
und Leoben statt.
Ort: Welthaus Graz, Steirische Entwicklungspolitische
Mediathek, Grabenstraße 39
Zeit: 13.10. 2005, 19.00 Uhr mit Nubia Rocha Espinosa,
Pädagogin, die in EZA-Projekten in Nicaragua arbeitet.
Infos: Weitere Termine und Veranstaltungen unter
http://graz.welthaus.at
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