korso Global Corner
Das Informationsmagazin 
der Steiermark
 
09/2005
.................................................................................................................................................
    Erdölförderung in Ecuador: Die OMV im Regen-Wald


In den Regenwaldprovinzen Ecuadors kam es in den vergangenen Monaten zu Aufständen, die sich gegen die ungerechte Verteilung der Gewinne aus der Erdölförderung und die Schäden an Mensch und Natur richteten. Auch ein österreichisches Unternehmen, die OMV, ist seit Anfang 2003 Teilhaberin an zwei Blöcken zur Erdölförderung in Orellana, jener Provinz, die am stärksten von den Unruhen betroffen war. Die OMV ist dort Partnerin des französischen Ölförderunternehmens Perenco und mit 17,5 und 25 Prozent an den Blöcken 21 und 7 beteiligt.

Von Ölkonzernen verursachte Umweltschäden in Ecuador

Armut und Krankheiten durch Ölgier
Ecuador zählt trotz Jahrzehnte langer Ölförderung zu den ärmsten Ländern Lateinamerikas. Der größte Teil des Geldes fließt ins Ausland, vor allem nach Europa und Nordamerika. Der relativ geringe Gewinn, der an den Staat geht, stellt dennoch 42% des Staatseinkommens dar; davon werden 50% für die Abzahlung der Staatsschulden verwendet.

Die Kosten, die Natur und Menschen des Landes zahlen, sind hingegen groß: Die Abholzung des Regenwaldes im Zuge der Erdölförderung zerstört die Lebensgrundlage der indigenen Bevölkerung und damit auch deren Kultur und den natürlichen Lebensraum von Mensch und Tier. Krankheiten wie Kehlkopf-, Leber-, Darmkrebs und Hautkrankheiten nehmen ebenfalls drastisch zu und die Kindersterblichkeits- und Fehlgeburtenraten steigen an. Nach einer Studie des Manuel-Amunarriz-Instituts für Epidemiologie- und Allgemeinmedizin in Coca, Ecuador, aus dem Jahr 2000 kommen Krebserkrankungen im Kehlkopfbereich 30-mal, im Verdauungstrakt 18-mal, an Leber- und Haut 15-mal und im Magenbereich fünfmal häufiger in den Erdölfördergebieten vor als in anderen Teilen des Landes.

Widerstand gegen die Ölkonzerne
In den 30 Jahren, seitdem Erdöl in Ecuador gefördert wird, versuchten immer wieder Teile der Bevölkerung sich gegen die Ausbeutung ihrer Region durch die Großkonzerne zu wehren. Im Frühjahr 2004 wurde der Fall eines kleinen Dorfes bekannt, welches sich als letztes gegen die endgültige Übernahme der Ölindustrie wehrte. Mit Gewalt, Drohungen und hinterhältigen Machenschaften versuchte man die Einwohner dieses kleinen Dorfes, Sarayaku, einzuschüchtern.

Inzwischen haben sich die Bevölkerung, verschiedene Menschenrechtsorganisationen, aber auch Kommunalpolitiker in den betroffenen Provinzen zusammengeschlossen, um die Weltöffentlichkeit auf die Missstände in ihrem Land aufmerksam zu machen.

Die Forderungen der Demonstranten waren die Auflösung der Verträge zwischen dem ecuadorianischen Staat und den Ölkonzernen Oxy (USA) und Encana. (Kanada) sowie die Revision aller Verträge mit Ölkonzernen, um bessere Konditionen für das Land auszuverhandeln und schließlich die Erfüllung aller schon rechtskräftigen Abkommen zwischen den zwei Provinzen und der Regierung. Als Protestmaßnahme sperrten Tausende von Menschen die gesamte Ölförderung sowie zahlreiche Transportwege ab. Es kam zu heftigen Auseinandersetzungen mit Armee und Polizei. Präsident Alfredo Palacio ließ für die beiden betroffenen Provinzen, Orellana und Sucumbios, den Notstand ausrufen; dadurch wurden die Rechte auf Meinungs- und Pressefreiheit ausgesetzt, Versammlungen verboten und die Befehlsgewalt dem Militär übertragen. Durch die brutale Vorgehensweise von Militär und Polizei wurden zahlreiche Personen teilweise schwer verletzt.

OMV unter ethischem Druck
Trotz dieser heftigen Auseinandersetzungen wurde in der Weltpresse nur wenig über die Vorkommnisse berichtet. Besonders die Tatsache, dass auch ein österreichischer Konzern an den Gewinnen der Erdölförderung in Ecuador beteiligt ist, sollte jedoch nicht totgeschwiegen werden. Bereits 2003, als die OMV ihre Beteiligung an den Böcken 7 und 21 bekannt gab, machte GLOBAL 2000 auf die misslichen Zustände in Ecuador aufmerksam. Bei einem Besuch im Mai/Juni 2003 musste das Team von GLOBAL 2000 grobe Verletzungen der Menschrechte der indigenen Bevölkerung und gravierende Umweltschäden feststellen.

Noch im selben Jahr reiste eine OMV-Delegation in die Provinz Orellana, um sich vor Ort mit Umweltschutzorganisationen auseinander zu setzen. In einem Telefonat letzten Freitag verlautbarte Thomas Huemer, Pressesprecher der OMV: „Eine unabhängige Umweltprüfung im Jahr 2003 hat ergeben, dass die Ölförderung des Betriebsführers Perenco nach modernen Umweltstandards abläuft.“

GLOBAL 2000 hingegen fordert den totalen Rückzug der OMV aus dem Amazonasgebiet. „Ölförderung und der Schutz des Regenwaldes sind miteinander unvereinbar. Naturzerstörung und Umweltverschmutzung gehen Hand in Hand mit der Ausbeutung der Ölvorkommen unter dem Regenwaldgebiet“, so Karl Schellmann, Klimaexperte von GLOBAL 2000. Ein weiteres Argument liefert Andreas Baur, Pressesprecher von GLOBAL 2000: „Jegliche Beteiligung an Ölförderaktivitäten im Regenwaldgebiet widerspricht dem Code der „Corporate Social Responsibility“, der die OMV zu Verantwortung gegenüber Mensch und Natur verpflichtet.“

Seit ihrer Beteiligung vor fünf Jahren werden diese Forderungen wiederholt und ebenso lange verspricht die OMV den Ausstieg aus dem Ölgeschäft in Ecuador. Genauere Informationen über einen möglichen Käufer der OMV-Anteile bzw. den Zeitpunkt eines Verkaufs liegen zurzeit jedoch noch nicht vor.

Barbara Korak

 

 

  WTO und Landwirtschaft: Der Aufreger


Im Dezember 2005 treffen sich in Hongkong die Handelsminister zur Konferenz der World Trade Organisation (WTO) um ein neues Handelsabkommen abzuschließen. Bauernorganisationen, aber auch Nichtregierungsorganisationen aus dem Umwelt- und dem Dritt-Welt-Bereich, laufen Sturm gegen eine weitere Liberalisierung des Agrarhandels.

Konsument subventioniert europäische Zuckerrübenbauern, den Profit kassiert die Agrarindustrie

Die WTO ist eine internationale Staatengemeinschaft und hat derzeit 148 Mitglieder. Sie wurde 1994 als Weiterentwicklung des GATT (General Agreement on Tarifs and Trade) aus der Taufe gehoben und ist der institutionelle Rahmen für eine Reihe von Freihandelsabkommen, die sich der weltweiten Marktliberalisierung verschrieben haben. So werden im Rahmen der WTO auch das GATS, das den Handel mit Dienstleistungen weltweit vereinheitlichen soll, und das TRIPS (Trade related Aspects of Intellectual Property Rights), das den Schutz von Patenten und Herkunftsbezeichnung auf eine einheitliche Basis stellen soll, verhandelt. Alle drei Abkommen haben sich zum Ziel gesetzt, wirtschaftliche Barrieren zwischen einzelnen Nationen abzubauen.


Das Agrarsystem der EU steht zur Diskussion
Die Zustimmung zu diesen Abkommen wird in der Regel zwischen Regierungsbeamten ausgehandelt und von Ministern auf internationalen Konferenzen abgesegnet. Gerade deshalb stehen diese Konferenzen immer wieder im Schussfeld globalisierungskritischer Bewegungen. Nicht zufällig wurde die vierte Ministerkonferenz der WTO im Jahr 2001 in Doha am persischen Golf abgehalten. Man wollte – geografisch weitab vom zivilgesellschaftlichen Protest – ungestört verhandeln können. Dort haben sich auch die WTO-Mitglieder verpflichtet eine neue Verhandlungsrunde zur Liberalisierung der Agrarmärkte zu führen.

Folgende Ziele wurden dafür formuliert:


• Reduktion der Exportsubventionen, mit dem Ziel, dass sie absehbar gänzlich auslaufen (Phasing out)
• eine Verringerung der handelsverzerrenden internen Stützungen
• besondere und differenzierte Behandlung der Entwicklungsländer
• Berücksichtigung der non-trade concerns, wie Naturschutz oder landeskultureller Schutzgüter

Dabei steht natürlich das ebenso kostspielige wie unübersichtliche Agrarsystem der Europäischen Union zur Diskussion. Die Landwirtschaft und der Handel mit Lebensmitteln haben seit dem Abschluss des GATT im Jahre 1948 eine Sonderstellung genossen. Bei der Gründung waren die Erinnerungen der Industrieländer an schwere Agrarkrisen, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit schweren sozialen Verwerfungen verbunden waren, noch wach. „Nahrungsmittel sind keine Ware wie alle anderen“, waren sich die Gründer des GATT einig, und somit blieben Importsperren, Zölle und Subventionen im Bereich der Landwirtschaft zwei Jahrzehnte lang im Rahmen des GATT unangetastet. In dieser Zeit expandierte die landwirtschaftliche Produktion in den Industriestaaten und ihre Binnenmärkte waren noch aufnahmefähig. Die so genannten Entwicklungsländer hatten in der Regel weder Geldmittel um ihre Bauern zu subventionieren noch die politische Macht, Importbeschränkungen durchzusetzen oder gar die Öffnung von Märkten für ihre Produkte von den reichen Mitbewerbern im Norden zu erzwingen.

Free Trade bringt nicht automatisch Wohlstand
So wurde über Jahrzehnte hinweg der Zuckermarkt in Europa durch eine Marktordnung penibel gegen die Konkurrenz aus Südamerika und Afrika abgeschirmt und so intern der Rohzuckerpreis hochgehalten. So haben die europäischen KonsumentInnen über den Zuckerpreis die europäischen Zuckerrübenbauern subventioniert. Da Zuckerrüben nur auf den besten Böden gedeihen, hat diese Maßnahme in Österreich einer Gruppe von Bauern geholfen, die als Allerletzte der Subvention bedurft hätten. Der Profit aus diesem Subventionssystem ist allerdings zum größeren Teil an die nachgelagerte Industrie „weitergegeben“ worden. Die Agrana AG, mittlerweile ein erfolgreicher „global player“ im Nahrungsmittelbereich, ist aus einer österreichischen Rübenbauerngenossenschaft hervorgegangen.

Die EU-Kommission macht nun bei der Zuckermarktordnung Zugeständnisse bei den WTO-Verhandlungen. Dies wird zur Marktöffnung für Rohrzucker aus Brasilien führen. Allein davon werden die Arbeiter in den Zuckerrohrplantagen wenig profitieren, denn der freie Zugang zu allen Märkten sichert noch keine faire Entlohnung für die Produzenten. „Free Trade“ bringt nicht automatisch gerechtere Verteilung des Wohlstandes zugunsten der Menschen in der Dritten Welt, wie es marktliberale Ideologen gerne propagieren.

Die Forderung nach Freihandel scheint auf WTO-Konferenzen ohnehin nur dann zu gelten, solange sie den wirtschaftlich starken Nationen unmittelbar nutzt: So wird in den USA nach wie vor die die Baumwollproduktion stark gefördert. Die WTO-Ministerkonferenz im mexikanischen Cancún im September 2003 musste ohne Ergebnis abgebrochen werden, so sagen inoffizielle Kreise, weil Präsident Bush die Baumwollfarmer in den Südstaaten nicht durch Konzessionen an die WTO verärgern wollte.

Europäische Landwirtschaftslobby vernachlässigt direkte Bezugnahme auf „Non-Trade-Bedingungen.“
Darauf hin kam es zu einer Neuorientierung in der EU und in der WTO. Die Agenda für die Runde wurde so verändert, dass sich alle VertreterInnen der Staaten auf Bedingungen für ein neues Abkommen einigen konnten – aber eben nicht auf den Vertrag selbst. Darum wird derzeit in mehreren Punkten gefeilscht.

Verhandelt werden neben der bisher üblichen Forderung nach Abbau der Zollschranken und der internen Stützungen auch die speziellen Bedingungen für Entwicklungsländer und so genannte Non-Trade-Concerns, um besondere Produktionsstandards zu sichern.

Der organisierte Aufschrei der Landwirtschaftslobby richtet sich in ganz Europa in erster Linie gegen den Abbau des Marktzutritts und die Infragestellung der internen Stützungen, aber vernachlässigt die direkte Bezugnahme auf die „Non-Trade“-Bedingungen wie Umweltschutz und Nahrungsmittelsicherheit.

Richard Hubmann

>> DI Richard Hubmann ist Biobauer in der Oststeiermark und Experte für Fragen der Agrarpolitik

 

 

  Landwirtschaftskammer gegen weitere Agrar-Liberalisierung


Einen scharfen Gegenkurs zu den Liberalisierungsbestrebungen der WTO fährt die Steirische Landwirtschaftskammer angesichts des herannahenden Abschlusses der Doha-Runde der Welt-Freihandels-Organisation: Durch den von der WTO angestrebte Zollabbau für landwirtschaftliche Produkte drohe die heimische Landwirtschaft unter die Räder zu kommen, sagt Kammeramtsdirektor Dr. Heinz Kopetz. „Die Liberalisierung führt zur agroindustriellen Produktion in den europäischen Gunstlagen. Die bäuerliche Landwirtschaft auf kleineren und mittleren Betrieben und in natürlich benachteiligten Gebieten, wie sie in Österreich und der Steiermark üblich ist – beispielsweise in den Berggebieten – ist in hohem Maße gefährdet.“

Landwirtschaftskammerpräsident Gerhard Wlodkowski und Kammeramtsdirektor Heinz Kopetz wollen Lebensmittelautonomie für Europa

Zur Zeit sind es allerdings weniger die Bergbauern als die selbst in Gunstlagen produzierenden 9500 österreichischen Zuckerrübenbauern, deren Existenz durch die überseeische Konkurrenz bedroht sei (siehe dazu auch den nebenstehenden Beitrag).

Kammerpräsident Gerhard Wlodkowski wendet sich mit dem Argument der ungleichen Bedingungen der Produktion gegen den Marktzutritt von „Billigstprodukten“ aus Übersee: „Vor allem die hierzulande unter benachteiligten Bedingungen erzeugten Produkte wie Butter, Rindfleisch, Getreide, Zucker, Schweinefleisch, Kernobst und Kürbiskerne müssen besonders geschützt werden“, fordert Wlodkowski. Zudem dürften die europäischen Agrarförderungen nicht gekürzt werden, weil durch den EU-Beitritt und die Reformen im Rahmen der Agenda 2000 und der Gemeinsamen Agrarpolitik die Agrarpreise für die heimischen Bauern drastisch reduziert worden seien. Einzig bei den Export-Stützungen – die den Ländern der Dritten Welt ein besonderer Dorn im Auge sind, weil ihre Märkte mit aus Steuergeldern subventionierten Agrarprodukten aus den Industriestaaten überschwemmt werden – geben sich die Kämmerer kompromissbereit: Auf Überschuss-Flächen könnten in Europa nachwachsende Rohstoffe für die Energieproduktion erzeugt werden, sagt Wlodkowski. Eine von der Vollversammlung der Landwirtschaftskammer formulierte Resolution verlangt „Lebensmittelautonomie in Europa statt Zollabbau und Arbeitslosigkeit“. Sprechen die europäischen Bauern in dieser Frage mit einer Stimme? Wlodkowski: „Prinzipiell sind wir uns einig, aber in eineigen Ländern stehen die Bauern-Vertretungen in der Tat unter starkem Druck von Industrie-Lobbys“ – die naturgemäß andere Interessen haben.

– cs –