In den Regenwaldprovinzen Ecuadors kam es in den vergangenen Monaten
zu Aufständen, die sich gegen die ungerechte Verteilung der
Gewinne aus der Erdölförderung und die Schäden an
Mensch und Natur richteten. Auch ein österreichisches Unternehmen,
die OMV, ist seit Anfang 2003 Teilhaberin an zwei Blöcken zur
Erdölförderung in Orellana, jener Provinz, die am stärksten
von den Unruhen betroffen war. Die OMV ist dort Partnerin des französischen
Ölförderunternehmens Perenco und mit 17,5 und 25 Prozent
an den Blöcken 21 und 7 beteiligt.
Von Ölkonzernen verursachte Umweltschäden in Ecuador
Armut und Krankheiten durch Ölgier
Ecuador zählt trotz Jahrzehnte langer Ölförderung
zu den ärmsten Ländern Lateinamerikas. Der größte
Teil des Geldes fließt ins Ausland, vor allem nach Europa
und Nordamerika. Der relativ geringe Gewinn, der an den Staat geht,
stellt dennoch 42% des Staatseinkommens dar; davon werden 50% für
die Abzahlung der Staatsschulden verwendet.
Die Kosten, die Natur und Menschen des Landes zahlen, sind hingegen
groß: Die Abholzung des Regenwaldes im Zuge der Erdölförderung
zerstört die Lebensgrundlage der indigenen Bevölkerung
und damit auch deren Kultur und den natürlichen Lebensraum
von Mensch und Tier. Krankheiten wie Kehlkopf-, Leber-, Darmkrebs
und Hautkrankheiten nehmen ebenfalls drastisch zu und die Kindersterblichkeits-
und Fehlgeburtenraten steigen an. Nach einer Studie des Manuel-Amunarriz-Instituts
für Epidemiologie- und Allgemeinmedizin in Coca, Ecuador, aus
dem Jahr 2000 kommen Krebserkrankungen im Kehlkopfbereich 30-mal,
im Verdauungstrakt 18-mal, an Leber- und Haut 15-mal und im Magenbereich
fünfmal häufiger in den Erdölfördergebieten
vor als in anderen Teilen des Landes.
Widerstand gegen die Ölkonzerne
In den 30 Jahren, seitdem Erdöl in Ecuador gefördert wird,
versuchten immer wieder Teile der Bevölkerung sich gegen die
Ausbeutung ihrer Region durch die Großkonzerne zu wehren.
Im Frühjahr 2004 wurde der Fall eines kleinen Dorfes bekannt,
welches sich als letztes gegen die endgültige Übernahme
der Ölindustrie wehrte. Mit Gewalt, Drohungen und hinterhältigen
Machenschaften versuchte man die Einwohner dieses kleinen Dorfes,
Sarayaku, einzuschüchtern.
Inzwischen haben sich die Bevölkerung, verschiedene Menschenrechtsorganisationen,
aber auch Kommunalpolitiker in den betroffenen Provinzen zusammengeschlossen,
um die Weltöffentlichkeit auf die Missstände in ihrem
Land aufmerksam zu machen.
Die Forderungen der Demonstranten waren die Auflösung der
Verträge zwischen dem ecuadorianischen Staat und den Ölkonzernen
Oxy (USA) und Encana. (Kanada) sowie die Revision aller Verträge
mit Ölkonzernen, um bessere Konditionen für das Land auszuverhandeln
und schließlich die Erfüllung aller schon rechtskräftigen
Abkommen zwischen den zwei Provinzen und der Regierung. Als Protestmaßnahme
sperrten Tausende von Menschen die gesamte Ölförderung
sowie zahlreiche Transportwege ab. Es kam zu heftigen Auseinandersetzungen
mit Armee und Polizei. Präsident Alfredo Palacio
ließ für die beiden betroffenen Provinzen, Orellana und
Sucumbios, den Notstand ausrufen; dadurch wurden die Rechte auf
Meinungs- und Pressefreiheit ausgesetzt, Versammlungen verboten
und die Befehlsgewalt dem Militär übertragen. Durch die
brutale Vorgehensweise von Militär und Polizei wurden zahlreiche
Personen teilweise schwer verletzt.
OMV unter ethischem Druck
Trotz dieser heftigen Auseinandersetzungen wurde in der Weltpresse
nur wenig über die Vorkommnisse berichtet. Besonders die Tatsache,
dass auch ein österreichischer Konzern an den Gewinnen der
Erdölförderung in Ecuador beteiligt ist, sollte jedoch
nicht totgeschwiegen werden. Bereits 2003, als die OMV ihre Beteiligung
an den Böcken 7 und 21 bekannt gab, machte GLOBAL 2000 auf
die misslichen Zustände in Ecuador aufmerksam. Bei einem Besuch
im Mai/Juni 2003 musste das Team von GLOBAL 2000 grobe Verletzungen
der Menschrechte der indigenen Bevölkerung und gravierende
Umweltschäden feststellen.
Noch im selben Jahr reiste eine OMV-Delegation in die Provinz
Orellana, um sich vor Ort mit Umweltschutzorganisationen auseinander
zu setzen. In einem Telefonat letzten Freitag verlautbarte Thomas
Huemer, Pressesprecher der OMV: „Eine unabhängige
Umweltprüfung im Jahr 2003 hat ergeben, dass die Ölförderung
des Betriebsführers Perenco nach modernen Umweltstandards abläuft.“
GLOBAL 2000 hingegen fordert den totalen Rückzug
der OMV aus dem Amazonasgebiet. „Ölförderung und
der Schutz des Regenwaldes sind miteinander unvereinbar. Naturzerstörung
und Umweltverschmutzung gehen Hand in Hand mit der Ausbeutung der
Ölvorkommen unter dem Regenwaldgebiet“, so Karl
Schellmann, Klimaexperte von GLOBAL 2000. Ein weiteres
Argument liefert Andreas Baur, Pressesprecher von
GLOBAL 2000: „Jegliche Beteiligung an Ölförderaktivitäten
im Regenwaldgebiet widerspricht dem Code der „Corporate Social
Responsibility“, der die OMV zu Verantwortung gegenüber
Mensch und Natur verpflichtet.“
Seit ihrer Beteiligung vor fünf Jahren werden
diese Forderungen wiederholt und ebenso lange verspricht die OMV
den Ausstieg aus dem Ölgeschäft in Ecuador. Genauere Informationen
über einen möglichen Käufer der OMV-Anteile bzw.
den Zeitpunkt eines Verkaufs liegen zurzeit jedoch noch nicht vor.
Barbara Korak
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