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korso
Global Corner |
Das
Informationsmagazin
der Steiermark
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05/2004
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Zukunftschancen
im neuen Europa gemeinsam nutzen! |
Im Vorfeld der EU-Erweiterung fand am 23. April 2004 in Sentilj
ein „Brückengespräch“ zwischen österreichischen und slowenischen
Vertretern der Politik unter dem Motto „Im Osten viel Neues ...“
statt. SP-Parteivorsitzender Franz Voves, EU-Abg. Caspar
Einem, Edvard Cagran (Bgm. von Sentilje), NAbg. Heidrun
Walther (Bgmin von Spielfeld) und Wolfgang Messner, Vorsitzender
des steirischen. BSA, diskutierten über Chancen und Herausforderungen
im neuen Europa. Übereinstimmend wurde von allen Teilnehmern betont,
dass „die Grenzregionen nun zu Brücken zwischen den Ländern werden
und wir gemeinsam an einem Strang ziehen müssen.“
Von links:
Jörg Leichtfried (SPÖ-Kandidat zur EU-Wahl), Caspar Einem (SPÖ-EU-Bereichssprecher),
Heidrun Walther (Bgmin Spielfeld), LH-Stv. Franz Voves, Wolfgang
Messner (steirischer BSA-Vorsitzender) und Edvard Cagran (Bürgermeister
in Sentilje).
Den Rahmen für das Gespräch bildete der 42. Landestag des BSA Steiermark
unter dem Leitbild „Neue europäische Beziehungsmuster – Chancen
für alte Nachbarn“, der in diesem Jahr erstmals außerhalb der Steiermark
– und zwar nur wenige Kilometer südlich der Staatsgrenze, in slowenischen
Sentilj – abgehalten wurde. LH-Stv. Franz Voves betonte in seinem
Statement, dass der Beitritt Sloweniens zur EU „nicht nur die große
Chance bietet, historische Grenzen endgültig zu überwinden“, sondern
nun endlich auch die „geistigen Grenzbalken“ fallen müssen, damit
nicht Konkurrenzdenken, sondern gemeinsames Wirken für Wachstum
die Zukunft bestimmt. Er sprach dabei insbesondere die vielfältigen
wirtschaftlichen Kooperationsmöglichkeiten der Regionen im gemeinsamen
Marketing an, z.B. in den Bereichen Tourismus, Thermen und Weinkultur.
Heidi Walther, die Bürgermeisterin von Spielfeld, verwies auf die
zahlreichen konkreten Projekte in den Grenzregionen selbst, die
seit vielen Jahren in grenzübergreifenden kulturellen Aktivitäten
ihren Ausdruck finden. So findet heuer bereits zum neunten Mal das
„Fest an der Grenze“ unter der regen Teilnahme von Schulen und Kulturvereinen
aus beiden Ländern statt. BSA-Vorsitzender Caspar Einem wies auf
die Wichtigkeit der Fortführung des „erfolgreichsten Friedensprojektes
auf diesem Kontinent“ hin. „Als freiwilliger Zusammenschluss von
Staaten kann die EU in jenen Feldern wirksame Politik im Interesse
der Menschen betreiben, wo dies durch Nationalstaaten allein heute
nicht mehr möglich ist“, verdeutlichte Einem. Die Erweiterung der
EU am 1. Mai 2004 sei aber auch Anlass, „den Versuch zu machen,
selbst und im Kleinen, Beziehungen über die Grenzen einzugehen,
die Chance zur Erweiterung des eigenen Gesichtskreises zu nutzen“,
mahnte Caspar Einem, „So wird nicht nur die EU erweitert, so wachsen
auch wir selbst.“
js
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EU: Auf dem Weg zur Supermacht
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Als Anfang der 1990er Jahre der französische General Michel Fennebresque
forderte, die EU müsse ein „Waffenpotenzial vergleichbar den USA“
aufbauen, ging das noch in den Friedenshoffnungen der ersten Wendejahre
unter.
Nun mehren sich die Anzeichen dafür, dass die Union sich nicht
zur Friedens-, sondern zu einer militärischen Supermacht entwickelt:
Ein vom langjährigen Mitarbeiter der Linzer Friedenswerkstatt Gerald
Oberansmayr verfasstes Buch beschäftigt sich ausführlich mit
dem Prozess der Militarisierung Europas, von dem EU-„Außenminister“
Javier Solana Anfang des Jahrtausends schwärmte, dass er sich „in
Lichtgeschwindigkeit“ vollziehe. Eine 60.000 Mann starke EU-Interventionsarmee
soll „europäische Werte“ rund um den Globus tragen. Große Operationen
– vergleichbar den US-Kriegen am Golf und am Hindukusch – sollen
nach den Vorstellungen führender EU-Militärs in einigen Jahren auf
die EU-Agenda rücken. Der vom Konvent hervorgebrachte EU-Verfassungsentwurf
erweise sich, so Oberansmayr, als regelrechte Militärverfassung.
„Die Mitgliedsstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten
schrittweise zu verbessern. Es wird ein Europäisches Amt für Rüstung,
Forschung und militärische Fähigkeiten eingerichtet, dessen Aufgabe
es ist, den operativen Bedarf zu ermitteln und Maßnahmen zur Bedarfsdeckung
zu fördern, zur Ermittlung von Maßnahmen zur Stärkung der industriellen
und technologischen Grundlage des Verteidigungssektors beizutragen“,
heißt es z.B. darin. Die derzeit laufenden Rüstungsprogramme erfassen
alle Waffengattungen und reichen von der Militarisierung des Weltraums
bis zur Modernisierung des Arsenals atomarer Massenvernichtungswaffen.
Das Buch analysiert faktenreich verschiedene Aspekte der EU-Militarisierung:
die historisch-politische Entwicklung, die Debatte um die EU-Verfassung,
den Aufbau der Interventionstruppen, die Rüstungsprojekte für Angriffskrieg
und Massenvernichtung und die EU-Rüstungsindustrie.
Der Autor präsentiert sein Buch im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung
am 12. Mai ab 20.00 in Graz in der Dezentrale, Prokopigasse 2/I.
Gerald Oberansmayr: Auf dem Weg zur Supermacht. Die Militarisierung
der Europäischen Union.
Wien: Promedia 2004, ISBN 3-85371-216-9, br., ca. 144 Seiten, ca.
9,90 d, 18,10 sFr
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Mattl/Müller-Richter/Schwarz
(Hg.) FELIX SALTEN: WURSTELPRATER
ISBN 3-85371-219-3, br., 256 Seiten, 19,90 Euro
Der Klassiker des „Wiener Wurstelpraters“, erstmals 1911 erschienen,
ist von Promedia in einer historisch-kritischen Ausgabe neu aufgelegt
worden. Der Schlüsseltext zur Wiener Moderne enthält die Originalphotos
von Emil Mayer.
Katalog
bestellen: Promedia, 1080 Wien, Wickenburggasse 5/12 | promedia@mediashop.at
| www. mediashop.at
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Kritik der Gewalt |
Am 9.11. 2001 lenkten Terroristen amerikanische Passagiermaschinen
gegen das World Trade Center. Am 9. des darauffolgenden Monats starteten
die USA ihren Antiterrorkrieg: Die stärkste Militärmacht der Welt
befindet sich seitdem mit einer unbestimmbaren Anzahl von Ländern,
Regionen und Menschengruppen im Kriegszustand.
In einem Buch des Promedia-Verlages antworten bekannte Friedensforscher
und Militärexperten, Völkerrechtler, Politologen und Philosophen
auf die Frage nach den friedenspolitischen Implikationen islamisch
motivierter Terrorattacken sowie der US-amerikanischen Kriegserklärungen.
Der Pariser Politologe Gilbert Achcard beginnt mit einer Durchsicht
der medialen Darstellung der Ereignisse vom 11. September. Nicht
außer Acht gelassen werden die geopolitischen und ökonomischen Hintergründe
für den so genannten Antiterrorkrieg.
A.
Bilek/ W. J. Graf/ A. Neumann: Kritik der Gewalt. Friedenspolitik
im Zeichen von Krieg und Terror.
Wien: Promedia, ISBN 3-85371-192-8, br., 192 Seiten, 15,90.
Mit Beiträgen von Samir Amin, Gilbert Achcar, Ulrike Borchardt,
Johan Galtung, Peter Lock, Edgar Morin, Oskar Negt u.a.
KORSO verlost in Kooperation mit dem Promedia-Verlag 5 Exemplare
des Buches beim KORSO-Kulturquiz!
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„Europa muss
sich militärisch zurückziehen“ Die
Intervention der USA im Nahen Osten, mit dem Ziel, diesen nach ihren
Interessen neu zu „ordnen“, ist in eine Sackgasse geraten. Im Iran
wurden bei den Wahlen im Feber dieses Jahres alle Chancen vertan,
demokratische Formen der Mitbestimmung mit aus dem Islam abgeleiteten
Institutionen zu versöhnen. Damit ist nicht nur die Kluft zwischen
Regierenden und Regierten größer geworden; vielmehr erhält auch ein
Pessimismus neue Nahrung, der Islam und Demokratie für unvereinbar
hält. Ist damit auch die europäische Politik eines „kritischen Dialogs“
gescheitert? |
Der Islamwissenschafter Prof. Dr. Udo Steinbach, Direktor
des deutschen Orient-Institutes, referierte am 20. April auf Einladung
des Afro-Asiatischen Instituts, des Grazer Büros für Frieden und
Entwicklung und der österreichischen Orient-Gesellschaft Hammer-Purgstall
über die Möglichkeiten und Perspektiven einer Demokratisierung der
islamischen Staaten vor dem Hintergrund der aktuellen Situation
im Nahen Osten.
Udo Steinbach >
fordert von
Europa eine Gegenstrategie zur amerikanischen Politik gegenüber
dem Nahen Osten.
Steinbach lud mit seinem
Referat ein, abseits aufgeregter Diskussionen über die Gefahr einer
Islamisierung der westlichen Welt, die so oft in die Kopftuchdebatte
münden, das islamische Verständnis über die Aufgaben des Staates
und seiner Bürger und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten einer
demokratischen Entwicklung und eines Dialoges mit den westlichen
Demokratien zu analysieren.
„Als die ersten Panzer
in Bagdad vor dem Erdölministerium auffuhren und gleichzeitig die
ersten Plünderungen im Nationalmuseum stattfanden, haben die USA
den Nahen Osten verloren“, unterstreicht Steinbach die Fixierung
der Vereinigten Staaten auf ihre wirtschaftlichen Interessen bei
gleichzeitiger Respektlosigkeit vor der Kultur der Menschen, für
deren Wohl man vorgab gekommen zu sein. Denn die Dokumente der Vergangenheit
seien unverzichtbar für die Zukunft eines Volkes, umso mehr wenn
es sich um eine Kultur handele, die sich stark auf Tradition und
Religion stützt und in der das Ideal einer gerechten Regierung in
einer weisen, um Gerechtigkeit bemühten Herrschaft bestehe und nicht
in der größtmöglichen Freiheit des individuellen Bürgers. Daran
lasse sich erkennen, dass sich das westliche Demokratieverständnis
mit dem zentralen Wert des Bürgers als eigentlichem Souverän nicht
bruchlos verankern lasse. Dieses Dilemma reflektiere auch die Verfassung
des Iran, sie unterscheidet sich fundamental von einer liberalen
Verfassung. Die größte Macht liegt in den Händen der Geistlichkeit,
Wahlen finden zwar statt, die Gesetze werden allerdings vom Wächterrat
auf der Basis der Sharia kontrolliert. Bei der heurigen Wahl wurden
bekanntlich vom Wächterrat ein Viertel der 8000 Kandidaten von den
Wahllisten wegen ungenügender religiöser Einstellung gestrichen,
darunter sogar bisherige Abgeordnete.
Eine Neuordnung im Nahen
Osten sei zwar unabdingbar, aber sie könne nur eine Synthese sein
aus Respekt vor Kultur und Tradition, aus Demokratisierung und Entwicklung
der Menschenrechte. Nach Habermas kann sich „eine Säkularisierung,
die nicht vernichtet, […] nur im Rahmen der Übersetzung des Erbes
vollziehen.“
Diesbezügliche Forderungen
von außen, besonders aus dem Mund des US-Präsidenten, beinhalten
angesichts aller Interventionen der vergangenen Jahrzehnte und der
Gegenwart ein hohes Defizit an Glaubwürdig und wirken daher nur
kontraproduktiv. Die europäische Politik gegenüber der islamischen
Welt könnte demgegenüber von einem Bemühen um Kooperation, Unterstützung
der inneren Kräfte und einem massiven Beitrag zur ökonomischen Erholung
getragen sein. Dazu müssten laut Steinbach die maßgeblichen Kräfte
in der EU begreifen, dass eine Aufnahme der Türkei als islamisches
Land in die EU eine enorme Ausstrahlungskraft und eine Stärkung
der demokratisierungswilligen inneren Kräfte der islamischen Länder
hätte. Auf die Frage nach dem aktuellen Handlungsbedarf derjenigen
europäischen Länder, die mit den USA zusammen als Besatzer im Irak
auftreten, forderte Steinbach sehr dezidiert: „Europa muss sich
militärisch zurückziehen, auch wenn es so aussieht, als geschähe
dies aufgrund terroristischer Erpressungen. Politische Lösungen
sind absolut zwingend, denn die „Schlacht“ um den Irak ist nicht
zu gewinnen!“
Gertrud Muckenhuber
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