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 |  | korso 
            Global Corner | Das 
              Informationsmagazin der Steiermark
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          | 03/2005 |   
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          |  |  | „Die Sozialdemokratie 
            muss sich zu diesen Bewegungen bekennen“ Sozial-Landesrat 
            Kurt Flecker hat heuer zum zweiten Mal am World Social Forum teilgenommen. 
            Christian Stenner sprach mit ihm über seine Eindrücke und die Perspektiven 
            der Sozialforen-Bewegung. |   
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              Sie waren voriges Jahr in Mumbai beim World Social Forum, Sie 
                waren heuer in Porto Alegre. Was war heuer anders?
 Was ich an Fortschritt feststellen konnte, betrifft weniger die 
              Bewegung selbst, sondern die Entwicklungen, die sich in Südamerika 
              abspielen und die in Porto Alegre natürlich stark präsent waren. 
              In Kirchners Argentinien, im Venezuela Chavez’, im Brasilien Lulas 
              scheint sich eine neue Art linker Politik zu entwickeln, die sich 
              als eine Art Block gegen Globalisierung im Sinne kapitalistischer, 
              neoliberaler Politiken manifestiert. Wenn dieses Bewusstsein mit 
              dem Forum 2007 nach Afrika getragen wird, wäre dies in der Tat ein 
              eminenter Fortschritt.  Der 
              ehemalige dänische Premier Poul Rasmussen und  Landesrat Kurt Flecker am Sozialforum in Porto Alegre
 Gibt es Erfahrungen aus den Sozialforen, die von der europäischen 
              Sozialdemokratie berücksichtigt werden sollten? Ich meine vor allem, 
              dass die Sozialdemokratie sich zu solchen Bewegungen bekennen muss. 
              Wir Sozialdemokraten stehen noch immer an einem letztlich noch immer 
              nicht entschiedenen Kreuzungspunkt, wo es darum geht, ob wir eine 
              defensive Kraft im neoliberalen System oder eine systemüberwindende 
              Kraft sind. Ich glaube, dass es nur eine Antwort gibt, das ist die 
              der Überwindung des Neoliberalismus. Ich hoffe, dass Zeichen wie 
              die Teilnahme des ehemaligen dänischen Premiers Rasmussen oder die 
              Tatsache, dass sich dort Intellektualität linker Provenienz sammelt, 
              Einfluss auf die sozialdemokratischen Parteien ausüben und diese 
              sich ein wenig von ihrer pragmatischen Haltung verabschieden, niemanden 
              durch linke Ideologie verschrecken zu wollen. Das heißt zum Beispiel 
              auch, die globale Dimension der Armutsfrage zu begreifen, wie ich 
              es kürzlich versucht habe im Landtag anzusprechen. Der Neoliberalismus 
              hat sich globalisiert, die soziale Gegenbewegung muss dies ebenso 
              tun.  
               Sie haben im Rahmen des Sozialforums an einigen Workshops 
                teilgenommen …  Ich kann vielleicht zwei Veranstaltungen, eine kleinere und eine 
              größere als Beispiel nennen. Die kleinere war die, wo in Anwesenheit 
              von UNESCO-Direktor Federico Mayor Zaragoza und von Poul Nyrup Rasmussen 
              über die Institutionenreform bei der UNO diskutiert wurde. Ich halte 
              es für sensationell, dass Rasmussen, der bei diesen Projekten ein 
              entscheidendes Wort mitzureden hat, sich zu einem Sozialforum begibt 
              und dort dazu Stellung nimmt. In der Debatte wurde einhellig festgestellt, 
              dass die UNO in den letzten Jahren stark an Glaubwürdigkeit verloren 
              hat und dass vor allem der Sicherheitsrat völlig neu zu konstruieren 
              sei. Es kann nicht sein, dass die ständigen Mitglieder weiterhin 
              die gleichen bleiben wie in der Zeit des Kalten Krieges; besser 
              wäre es, wenn jeder Kontinent mit ständigen Mitgliedern vertreten 
              wäre. Zum Zweiten kann es nicht angehen, dass der Verstoß gegen 
              UNO-Resolutionen wie im Fall der USA in der Irak-Frage ohne Sanktionen 
              bleibt. Zum dritten sollte die UNO – auch wenn dies nur ein Symbol 
              ist – ihren Sitz nicht weiterhin in New York haben, wo ohnehin das 
              Zentrum der globalen Macht liegt.   
              Sie waren auch bei der Diskussionsveranstaltung, die dann 
                zum international beachteten „Manifest von Porto Alegre“ geführt 
                hat …  Ja, an dieser prominent besetzten Veranstaltung haben unter anderen 
              Literaturnobelpreisträger José Saramago und Friedensnobelpreisträger 
              Adolfo Pérez Esquivel teilgenommen; dort wurden verschiedene Strategien 
              gegen den Neoliberalismus diskutiert. Diese Diskussion hat letztlich 
              zu einer Erklärung von 19 Personen – vorwiegend Intellektuellen 
              – geführt, Esquivel und Saramago haben mit unterzeichnet. Die Erklärung 
              ist ein 12-Punkte-Thesenkatalog darüber, wie man aus der ständigen 
              Verarmung der Dritten und Vierten Welt herausfinden und global zu 
              besserer demokratischer Mitbestimmung und zu tragfähigen ökonomischen 
              Beziehungen finden kann. Diese Thesen der 19 sind ein grundsätzlicher 
              Anleitungsfaden für linke Regierungen und darüber hinaus für alle 
              human eingestellten vernünftigen Regierungen, die einsehen, dass 
              das derzeitige System früher oder später zerbrechen muss und ins 
              Chaos führt, weil der Kochtopf der Demokratie die Widersprüche nicht 
              mehr zudeckeln kann.  
              Welche Perspektiven sehen Sie in der Sozialforum-Bewegung? 
                 Die Bewegung muss einen grundlegenden Widerspruch überwinden. Auf 
              der einen Seite will man sich verständlicherweise nicht in politische 
              Korsette schnüren lassen, was nahezu unweigerlich zu internen Auseinandersetzungen 
              führen würde; auf der anderen Seite empfinden viele die Tatsache 
              als Manko, dass es sich nur um eine Bewegung zur Bewusstseinsbildung 
              handelt. Ich neige eher dazu, dass man für die Zeit eines notwendigen 
              Widerstandes interne Eitelkeiten vergessen und Politik machen muss. 
              Die Sozialforen-Bewegung stellt ein mächtiges politisches Potenzial 
              dar. Wenn sie zu einer politisch ernsthaften Bewegung wird, könnte 
              sie auch die sozialdemokratischen Chefs der europäischen Länder 
              zwingen, mit ihr zu kooperieren. Ein Schröder oder Gusenbauer müssten 
              ihr gegenüber bestehen können. Bedingung dafür wäre, dass diese 
              Sozialbewegung systemkritisch ist, feste Grundsätze hat, aber nach 
              innen hin Toleranz beweist – dass darin Linke ebenso Platz haben 
              wie glaubwürdige Christlich-Soziale, die sich gegen das neoliberale 
              System auflehnen.  Das „Manifest von Porto Alegre“ findet sich unter http://weltsozialforum.org/news.2005.23/     |   
          |  |  | EU-Verfassung, 
            Neutralität und die Frage der Volksabstimmung < Univ.-Prof. Dr. Michael Geistlinger: „EU-Staaten 
            verpflichten sich mit der Annahme des Verfassungsvertrages zur Aufrüstung“
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          | Anfang Mai dieses Jahres soll der im vorigen Jahr im EU-Konvent 
              beschlossene EU-Verfassungsvertrag vom österreichischen Nationalrat 
              ratifiziert werden. In Spanien, wo am 20. Februar immerhin eine 
              Volksabstimmung über die Annahme des Vertragswerks abgehalten wurde, 
              sprachen sich mehr als drei Viertel derjenigen, die zu den Urnen 
              geschritten waren, für die EU-Verfassung aus – allerdings lag die 
              Wahlbeteiligung mit 42,3% denkbar niedrig. Der Grund für das geringe 
              Interesse: Kaum jemand wusste, worüber er/sie da nun eigentlich 
              abstimmte. In Österreich ist die Situation wohl kaum anders: Bundesregierung 
              und Parlamentsparteien haben offenbar wenig Interesse an einer öffentlichen 
              Debatte über den Verfassungsvertrag; nicht zuletzt wohl deswegen, 
              weil er einige unangenehme Details enthält. Um ein wenig Licht ins 
              Dunkel zu bringen lud KORSO in Kooperation mit der Grünen Akademie 
              am 24. Februar zu einem Vortrag von Univ.-Prof. Dr. Michael Geistlinger 
              vom Fachbereich öffentliches Recht/Völkerrecht der Universität 
              Salzburg; trotz Ferien und Grippewelle war der Hörsaal 23.03 der 
              Uni Graz voll besetzt.
 „Der Vertrag birgt Positives und Negatives. Auf der einen Seite 
              werden viele Rechtsunsicherheiten beseitigt. Gleichzeitig enthält 
              die EU-Verfassung auch viele sehr problematische Aspekte: Die Neutralität 
              wird damit vollends unmöglich. Die EU-Staaten verpflichten sich 
              mit der Ratifizierung de facto zur Aufrüstung und die Souveränität 
              der Staaten wird stark beschnitten“, leitete Geistlinger seinen 
              Vortrag ein.  Volksabstimmung: rechtlich nicht unumgänglich, aber politisch 
              notwendig.Die Frage, ob laut österreichischem Recht eine Volksabstimmung über 
              die Verfassung notwendig sei – wie sie in insgesamt 11 anderen Staaten 
              der Union abgehalten wird – sei nicht so einfach zu beantworten. 
              „Eine Volksabstimmung ist nur dann rechtlich unbedingt erforderlich, 
              wenn eine Gesamtänderung der österreichischen Verfassung vorgenommen 
              wird.“ Als Gesamtänderung gelte, wenn eines der fünf Bauprinzipien 
              der Bundesverfassung geändert werde. In diesen Bauprinzipien (das 
              liberale, das republikanische, das demokratische, das bundesstaatliche 
              und das rechtsstaatliche Prinzip) ist die Neutralität nicht enthalten, 
              das Gesetz über die immerwährende Neutralität gehört zu den einfachen 
              Bundesverfassungsgesetzen. Insofern stelle sich die Frage nach einer 
              Volksabstimmung nicht, aber, so Geistlinger: „Die Neutralität ist 
              aber für einen großen Teil der österreichischen Bevölkerung von 
              enormer Bedeutung. Deshalb ist eine Volksabstimmung politisch gesehen 
              eben doch notwendig.“ Dafür ist der Zug aber wohl abgefahren; als 
              einzige relevante Kraft hat sich ja bis jetzt nur der ÖGB kritisch 
              zur Verfassung geäußert.
 Abgesang auf die NeutralitätIn Österreich existiere die Neutralität zwar de facto schon lange 
              nicht mehr – schon im ersten Krieg gegen den Irak 1991 sei sie durch 
              die widerrechtlichen Überflugsgenehmigungen verletzt worden, spätestens 
              mit der Unterzeichung der Verträge von Nizza habe sich der Staat 
              auch schriftlich von der Neutralität verabschiedet. Doch der jetzige 
              Vertrag bringe noch weitere Verschärfungen mit sich. So verpflichten 
              sich die Staaten in Artikel I-43 der so genannten Solidaritätsklausel 
              folgendermaßen: „Die Union und die Mitgliedsstaaten handeln gemeinsam 
              im Geiste der Solidarität, wenn ein Mitgliedsstaat von Terroranschlägen, 
              Naturkatastrophen oder durch von Menschen verursachten Katastrophen 
              betroffen ist, mit allen Mitteln einschließlich der von Mitgliedsstaaten 
              bereitgestellten militärischen Mittel.“ Das bedeute eine Beistandspflicht 
              sowohl im Falle, dass ein EU-Staat angegriffen werde, als auch im 
              Fall des Angriffs eines EU-Staates auf einen Drittstaat, sofern 
              dieser Angriff zu einer Katastrophe – etwa einem Gegenangriff – 
              führe.
 Geopolitisch bedenkliche AufrüstungDoch die Beistandspflicht sei nicht der einzige kritikwürdige Passus 
              in der EU-Verfassung. Gerade im Hinblick auf die Friedenssicherung 
              sei es sehr bedenklich, einen Vertrag zu unterschreiben, in dessen 
              Artikel I-40 festgelegt ist, dass sich alle Mitgliedsländer zur 
              Aufrüstung verpflichten. Geistlinger dazu: „Diese Verpflichtung 
              zur Aufrüstung muss auch im Kontext der immer stärkeren wirtschaftlichen 
              Konkurrenz zwischen der EU und den USA gesehen werden. Es besteht 
              die Gefahr, dass der Wirtschaftskrieg zwischen den zwei ökonomischen 
              Großräumen in eine militärische Auseinandersetzung mündet.“ Ein 
              weiterer wichtiger Aspekt des Vertrages mit weitreichenden Folgen 
              für Österreich betrifft die Einschränkung der Souveränität des Staates. 
              Dies erfolge über eine Vielzahl von Bestimmungen. Beispielsweise 
              steht in Artikel I-5 zu den Beziehungen zwischen der Union und den 
              Mitgliedsstaaten: „Die Union achtet die Wahrung der territorialen 
              Unversehrtheit, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und 
              den Schutz der nationalen Sicherheit“ – alle anderen Bereiche fallen 
              entweder in die ausschließliche Zuständigkeit der EU oder in geteilte 
              Zuständigkeit. Auch bei geteilter Zuständigkeit stehe allerdings 
              EU-Recht über österreichischem Recht.
 Friedenssichernde Alternativen verspieltIn der auf den Vortrag folgenden Diskussion wurde unter anderem 
              die Frage aufgeworfen, ob der Frieden ohne EU denn besser gesichert 
              werden könnte. Für Geistlinger spricht einiges für diese These: 
              Eine Alternative zur EU hätte in der Zusammenarbeit der europäischen 
              Klein- und Mittelstaaten über die ehemaligen Blockgrenzen hinweg 
              liegen können; damit wäre eine Schwächung der großen militärischen 
              Blöcke und gleichzeitig eine Stärkung der UNO einher gegangen.
  Johanna Muckenhuber  
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            Libanon erfolgreich |   
          | Projekte mit 12 Molkereien und Konservenfabriken, 265.000 Dollar 
              Einsparungen bei teilnehmenden Firmen im ersten Projektjahr durch 
              Reduktion des Wasser- und Energieverbrauches, 220.000 Dollar investiert: 
              Das ist die Bilanz der einjährigen Arbeit der Grazer Unternehmensberatung 
              STENUM GmbH im Libanon als Partner des libanesischen Cleaner Production 
              Centers, dessen MitarbeiterInnen es ausbildet und dessen Arbeit 
              es während der ersten drei Jahre durch fachlichen Input unterstützt. 
              Als wichtige Zielbranchen wurden Molkereien, Konservenhersteller 
              und Verpackungsmittelhersteller ausgewählt. Die Bewusstseinsbildung 
              zum aktiven Umweltschutz und um die Möglichkeiten zur Kostensenkung 
              durch Vermeidungsmaßnahmen bilden die Arbeitsschwerpunkte. In den 
              Betrieben konnten bisher 265.000 Dollar eingespart werden. Die umgesetzten 
              Maßnahmen beschäftigten sich mit der Neugestaltung von Produkten 
              und Verpackungen, mit der Optimierung der Reinigung der Betriebe 
              zur Reduktion des Einsatzes von Chemikalien und Wasser. Einen besonderen 
              Schwerpunkt bilden Maßnahmen zur Reduktion des Energieeinsatzes.
  Dr. Johannes Fresner | office@stenum.at 
              | www.stenum.at     |   
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