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„In nicht allzu langer
Zeit wird die Arbeit realisiert“, glaubt Jochen Gerz, wenn er über
sein für das Bundesheer konzipiertes Mahnmal „Die Gänse vom Feliferhof“
spricht. So auch am Rande des „steirischen herbstes 1999“. Voll Optimismus
berichtet er, dass die Gänse im Internet (unter: http://www.farm.de/gerz/gerzDE/vita*DE.html)
schnattern und das Mahnmal bald schon realisiert werden könnte. Dann
nämlich, wenn eine neue Generation im Heer die Täter nicht mehr
fürchten muss und daher selbst dieses Denkmal will.
Jochen Gerz hat mit seiner Frau Esther den 1995
ausgeschriebenen internationalen Wettbewerb für die Gestaltung einer
Gedenkanlage auf dem Gelände der Bundesheerschießstätte
Feliferhof (Graz / Wetzelsdorf) gewonnen. Hier war es während der
NS-Zeit zu Hinrichtungen von Gegnern des Nationalsozialismus gekommen.
Jochen Gerz
Die „Gänse vom Feliferhof“ sind kein „herkömmliches“
Denkmal. Gerz greift das Ritual der Fahnenhissung auf und wendet es auf
das Mahnmal an. Bei jeder Benutzung der Schießstätte am Feliferhof
sollen den Rekruten vier Fahnen mit Texten ausgegeben werden, die an vier
7 Meter hohen Fahnenstangen gehisst und beim Verlassen des Schießplatzes
wieder eingeholt werden. Durch das Fahnen-Ritual wird Präsenz-Abwesenheit,
Erinnerung-Vergessen symbolisiert. Mittels einer Informationstafel, die
die historischen Ereignisse am Feliferhof kurz skizziert, und den Fahnentexten
wird eine Erinnerungs-, Nachdenk- und Erziehungsarbeit im Sinne der Menschenrechte
angeregt und eingefordert. Die ständige Auseinandersetzung soll wie
ein „Frühwarnsystem“ ähnlich den Gänsen des Kapitols im
antiken Rom funktionieren – daher der Name des Denkmals.
Die Auseinandersetzung der Rekruten mit der Geschichte
und den Menschenrechten wird durch die Vorgabe der jährlichen Neugestaltung
der Fahnen-Texte durch einen vom Heeresgeschichtlichen Museum ausgeschriebenen
Wettbewerb unter den Soldaten zusätzlich gefördert. Jochen und
Esther Gerz geben nur die Sprüche des ersten Fahnenentwurfes vor.
Die Textierung dieses ersten Fahnensatzes ist der Grund, warum das Mahnmal
noch nicht errichtet worden ist. Die von Gerz in roter Schrift gehaltenen
vier Sprüche auf weißem Fahnenstoff lauten: „Auf Mut steht der
Tod“, „Verrat am Land wird dekoriert“, „Barbarei ist die Soldatenbraut“
und „Soldaten so heißen wir auch“.
Diese Sätze seien, so Militärkommandant
Divisionär Arno Manner 1996, nicht dazu geeignet, die Soldaten zum
„Nachdenken über die Greuel der Scharfrichter und Henker eines menschenverachtenden
Regimes anzuregen“. Durch Bemühungen vor allem seitens der Grünen
schnatterten die Gänse in Ausstellungen, im Parlament, in Schulen
und anderen Orten. Und der Versuch des Bundesheeres, sich aus der Geschichte
zu stehlen und die Gänse zu Verschwinden zu bringen, scheiterte. Denn,
so Gerz: „Etwas was nicht da ist, kann nicht verschwinden.“
Heimo Halbrainer
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