03/2001
  Verehrt – verfolgt – vergessen ...
Grazer Schauspieler als Naziopfer
 
  Im Grazer Schauspielhaus wird derzeit im Zusammenhang mit der Produktion „Noch ist Polen nicht verloren“ eine Ausstellung über 50 Schauspieler gezeigt, die sich mit dem Dritten Reich nicht arrangieren konnten und wollten. Ihr Titel: „Verehrt – verfolgt – vergessen“. Als Ergänzung dazu und als Erinnerung daran, dass vor 13 Jahren ein aus VertreterInnen aller Grazer Gemeinderatsfraktionen zusammengesetztes Komitee vorgeschlagen hat, eine Straße nach ihm zu benennen, bringt KORSO eine Erinnerung an den Grazer Schauspieler, Regisseur und Widerstandskämpfer Karl Drews.

Die Liebe zur Kunst dürfte Karl Drews schon in die Wiege gelegt worden sein: Sein Onkel war der bekannte steirische Komponist und Volksliedforscher Viktor Zack. So war es selbstverständlich, dass der am 29. Oktober 1901 in Triest Geborene, als er noch vor dem Krieg nach Graz kam, am nachmaligen Konservatorium Violine lernte und Schauspielunterricht nahm.

Schauspieler und Regisseur …
Im Alter von neunzehn Jahren versuchte er, eine in Graz völlig unbekannte Form des aus Paris bzw. Berlin kommenden Varietétheaters populär zu machen – er gründete das Grazer „Überbrettl“. Dieses wurde allerdings trotz positiver öffentlicher Reaktionen bald wieder eingestellt. Danach arbeitete Karl Drews bei der Vorläuferorganisation der Grazer Sezession – dem „Werkbund Freiland“ – mit und feierte mit seinem Marionettentheater Anfang der 20er-Jahre erste Erfolge. In den Folgejahren war er als Regisseur und Schauspieler an verschiedenen deutschsprachigen Bühnen in der Tschechoslowakei, in Graz, Salzburg, Linz und Leoben tätig, ehe er bedingt durch die Wirtschaftskrise und die damit einhergehende Schließungen vieler Theater wie viele andere auf der Straße stand.

… und politischer Aktivist
Nach Graz zurückgekehrt gründete er den „Verein arbeitsloser Schauspieler“. Dieser versuchte mit den Behörden und dem Bühnenverein, der nicht die Interessen der arbeitslosen Schauspieler vertrat, zu verhandeln, interne Weiterbildung zu betreiben und auch an verschiedenen Bühnen Aufführungen von arbeitslosen Berufsschauspielern zu veranstalten. Zudem gehörte Drews zu den Mitbegründern des „Steiermärkischen Schriftstellerverbandes“, wo er für das Theater- und Kabarettprogramm sowie für die Bildungsarbeit zuständig wurde. 
Ab Mitte der 20er-Jahre engagierte sich Drews auch politisch und leitete Kulturveranstaltungen der Sozialdemokraten und Kommunisten. 
1932 ging Karl Drews nach Zagreb, wo er Direktor der Opern- und Schauspielschule wurde. Daneben führte er am Zagreber Nationaltheater Regie. Im Zuge des verschärften Vorgehens gegen nicht jugoslawische Staatsbürger wurde er als unerwünschter Ausländer aus dem SHS-Staat abgeschoben. 1935 kehrte er daher in das von Arbeitslosigkeit und Diktatur gebeutelte Graz zurück, wo er Leiter des Orpheums wurde, das sich damals als Kleinkunstbühne mit Revuen präsentierte.
Daneben gründete er eine eigene Film- und Schauspielschule; einer seiner Schüler, Carl Möhner, gelangte später zu großer Berühmtheit.
 

Karl Drews: Der Grazer Schauspieler und Regisseur 
wurde 1942 als Widerstandskämpfer 
von den Nazis hingerichtet.

Als Kämpfer für die Eigenständigkeit Österreichs wurde er Mitglied der Regierungspartei Vaterländische Front und beteiligte sich an Aktionen der Sozialen Arbeitsgemeinschaft, die in den letzten Wochen vor der Annexion durch Deutschland als Plattform der verbotenen Arbeiterparteien gemeinsam mit der Regierung Schuschnigg gegen den drohenden „Anschluss“ auftrat.

Von der Bühne ins Gefängnis …
Am 13. März 1938 war Drews bereits auf dem Weg nach Frankreich, wo er hoffte als Regisseur arbeiten zu können. Er musste jedoch zurückkehren, da die Gestapo seine Frau verhaftet hatte. Diese reiste später allein nach Großbritannien aus, während Drews im Land blieb und am Schauspielhaus Graz in der Spielsaison 1938/39 noch einmal in kleineren Rollen als Schauspieler und Inspizient engagiert wurde.
Unmittelbar nach seinem ersten Auftritt in Kleists „Prinz Friedrich von Homburg“ wurde er im Zuge einer großen Verhaftungswelle gegen bekannte Kommunisten verhaftet, wenige Tage später aber wieder freigelassen.

… und in den Widerstand
Bald schon im kommunistischen Widerstand aktiv, kam ihm seine ab 1940 ausgeübte Tätigkeit als Versicherungsvertreter zugute. Er bereiste – nach der Rückkehr Herbert Eichholzers aus der Türkei und dem damit zusammenhängenden Neuaufbau des Widerstandnetzes der KPÖ – die Steiermark und verknüpfte so, gemeinsam mit Josef Neuhold, der ebenfalls als Versicherungsagent arbeitet, die lokalen Widerstandsgruppen zu einem großen Netz.
Die Gruppe um Drews verfasste eine Reihe von Flugblättern, darunter eines über die Euthanasie an Insassen psychiatrischer Anstalten. In den Akten der Oberreichsanwaltschaft am Volksgerichtshof heißt es dazu: „Von der von den Angeschuldigten gebildeten Gruppe wurden illegale Schriften hergestellt und verbreitet. In der Schrift ,Nazikultur‘ wird die Behauptung aufgestellt, dass die Insassen von Heil- und Pflegeanstalten in der Ostmark ins Altreich geschafft werden und dort plötzlich verstorben seien, und dass deshalb die Angehörigen der Ansicht seien, an diesen Insassen seien neue Giftgase erprobt worden. Sie schließt mit der Drohung: Ihr Nazi! Die anständigen Leute werden sich die Schandtaten merken. Vielleicht wird auch euer Hitler, den ihr vor März 1938 in Vorausahnung schon auf die Außenseite der Feldhofmauer gemalt habe, in Steinhof, aber innerhalb der Mauern landen.“
Anfang Februar 1941 wurde Karl Drews verhaftet und am 28. Juli 1942 in Graz gemeinsam mit Dr. Franz Weiß und Josef Neuhold zum Tode verurteilt. Am 7. Oktober 1942 wurde er in Wien im LG I hingerichtet.

 
Heimo Halbrainer

 
  Der Autor dieses Beitrages bereitet zur Zeit eine Karl-Drews-Biographie in Buchform vor, die noch heuer im Verlag des Vereins CLIO erscheinen wird.
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