06 / 2000
  Bewegende Abschiedsbriefe aus Todeszelle und KZ

„Nun werdet Ihr ja mein Urteil schon erfahren haben (…) Die eine Gewißheit mag für Euch maßgebend sein, ich habe Euch nie Schande bereitet und kann auch heute noch jedem offen und ehrlich ins Auge sehen und bin mir keiner gemeinen Schuld bewußt (…) Daß ich immer offen und ehrlich für die Arbeiter und für den Sozialismus eingetreten bin, ist meine einzige Schuld, die ich mir selber beimesse (...)”, schrieb im Februar 1941 der 28-jährige Arbeiter Anton Buchalka, nachdem er vierzehn Tage zuvor zum Tode verurteilt worden war, da er um Kapfenberg eine über 250 Personen umfassende Widerstandsgruppe aufgebaut hatte. Im Juli 1941 wurde Buchalka in Berlin hingerichtet.
Der Grazer Historiker und KORSO-Mitherausgeber Heimo Halbrainer hat für das am 23. Mai von CLIO und der ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus im Landesgericht Graz vorgestellte Buch „In der Gewißheit, daß Ihr den Kampf weiterführen werdet” über 50 Abschiedsbriefe aus Todeszelle und KZ zusammengetragen. Damit sollen jene, die nach 1945 außenpolitisch benutzt und innenpolitisch ausgegrenzt wurden, wie der Ordinarius für Zeitgeschichte Helmut Konrad anmerkte, aus der Anonymität geholt werden. Geschrieben wurden diese Briefe von „Frauen und Männern, die schon damals die andere Steiermark repräsentierten” wie Bürgermeister Alfred Stingl bei der Präsentation bemerkte. So finden sich in diesem Buch katholische Priester ebenso wie Zeugen Jehovas, Arbeiter und Hausfrauen ebenso wie Akademiker und Angestellte, Sozialisten und Kommunisten ebenso wie Menschen, die keiner Partei angehörten. „Sie alle hatten aber die Gewissheit”, so Halbrainer, „dass das NS-Regime untergehen und die Gerechtigkeit siegen wird. Dafür haben sie gekämpft und deshalb sind sie ermordet worden.” Christian Ehetreiber von der ARGE Jugend erinnerte bei der Präsentation auch an den noch immer nur zum geringen Teil umgesetzten Beschluss der Stadt Graz, Straßen nach Grazer Widerstandskämpfern zu benennen.

Bürgermeister Alfred Stingl im Gespräch mit Autor Heimo Halbrainer

Heimo Halbrainer: „In der Gewißheit, daß Ihr den Kampf weiterführen werdet”. Briefe steirischer WiderstandskämpferInnen aus Todeszelle und KZ.
CLIO Graz 2000 (ISBN 3-9500971-1-2), 244 Seiten, öS 210,- zuzügl. Versandspesen
CLIO, Großgrabenweg 8, 8010 Graz, Fax: 0316 / 82 28 83 12

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