<< Foto/Der Grazer Spanienkämpfer Karl
Rüstl in den späten Vierziger Jahren
Die kürzlich in Graz erfolgte Vorstellung des „Lexikons der österreichischen
Spanienkämpfer“ durch den ehemaligen Interbrigadisten Hans Landauer,
das dieser in Zusammenarbeit mit dem Schriftsteller Erich Hackl
herausgegeben hat, geriet für mich zu einer sehr persönlichen Rückschau:
Sie rief mir die Erzählungen meines Vaters in Erinnerung, der 1938
als 21-jähriger junger Kommunist nach Spanien gegangen war: Einen
Tag vor Hitlers Einmarsch in Österreich im März 1938 war er auf
dem Grazer Hauptbahnhof in den Zug gestiegen und in die Schweiz
gefahren. Dort traf er auf eine größere österreichische Exilantengruppe,
unter ihnen der Komponist Gottfried von Einem. Meinem Vater wurde
angeboten zu bleiben, er reiste aber weiter über Paris nach Südfrankreich
und überquerte zu Fuß die Grenze nach Spanien. Dort trat er in die
11. internationale Brigade der republikanischen Armee ein, verweigerte
eine Ausbildung zum Offizier und kämpfte in der österreichischen
Machinengewehrkompanie.
Interniert, deportiert
Dass es zu diesem Zeitpunkt um die republikanischee Armee nicht
mehr zum Besten stand, war bereits bekannt. Die Hoffnung, das Vordringen
des Faschismus in Europa noch aufhalten zu können, war gering. Von
den anderen Staaten im Stich gelassen und von der Sowjetunion nur
halbherzig unterstützt, verloren die Republikaner den Krieg. 1939
zogen sich die internationalen Brigaden mit anderen Teilen der republikanischen
Armee über die Pyrenäen nach Frankreich zurück und wurden dort sofort
in Lagern interniert. Mein Vater kam zuerst nach St.Cyprien, dann
nach Gurs, Argelés, Mont Louis. Im Mai 1941 wurde er mit einem der
Gefangenentransporte ins Konzentrationslager Dachau deportiert;
er arbeitete dort als Wirtschafter für die SS-Küche und konnte kranken
Häftlingen mit abgezweigten Lebensmitteln helfen. Im KZ Dachau waren
insgesamt 382 österreichische Spanienkämpfer inhaftiert. Der Bruder
meiner Mutter, Emil Kostrouch, kam ebenfalls nach Dachau.
Er war bereits im November 1937 nach Spanien gekommen, geriet im
April 38 bei Villalba de los Arcos in Franco-Gefangenschaft und
wurde im März 1942 an Deutschland ausgeliefert.
Die Grauen des Bürgerkrieges
Die Erzählungen über den spanischen Bürgerkrieg begleiteten mich
durch meine Kindheit und Jugend. Am deutlichsten in Erinnerung geblieben
sind mir die Schilderungen von den Grauen des Krieges: Leichen in
Trinkwasserbrunnen, ohne Ohren – (die „Moros“-„Mauren“ auf Seiten
Francos, rekrutiert unter den Stämmen des marrokanischen Rif-Gebirges,
schnitten ihren getöteten Feinden die Ohren ab und trugen sie aufgefädelt
als Trophäe mit sich.). Die rote Erde – so trocken, dass die Soldaten
mangels Wasser auf den Boden unter die Maschinengewehre urinierten,
um den Staub einzudämmen, der beim Abfeuern der Salven aufgewirbelt
wurde. Schlechte Ausrüstung, Uniformen, deren billiger Stoff, ursprünglich
olivgrün, sich innerhalb weniger Tage durch die Sonnenbestrahlung
violett färbte. Zum Essen hauptsächlich „Garbanzos“ (Kichererbsen).
Typhus und das damit verbundene hohe Fieber und der Brechdurchfall,
mein Vater war den Verboten des Arztes trotzend nach wenigen Tagen
aus dem Lazarett ausgerissen und mit dem nächstbesten Lastwagen
zurück an die Front gefahren. Und immer wieder die unerträglichen,
Menschenlauten ähnlichen Schreie verletzter Esel, Mulis und Maultiere
in der Nacht.
235 österreichische Interbrigadisten sind gefallen, 84 von insgesamt
459 in KZ Internierten kamen in Lagern ums Leben oder wurden als
Euthanasie-Opfer ermordet. Einige Interbrigadisten gingen in die
Sowjetunion ins Exil und kamen dort um: Im Krieg oder durch Stalins
Geheimdienst; andere wiederum dienten in der amerikanischen oder
britischen Armee.
Susanne Haydvogel
Hans Landauer in Zusammenarbeit mit Erich Hackl: Lexikon der
österreichischen Spanienkämpfer. 1936-1939. 258 Seiten, 150
Abb., 19x22 cm, EURO 24,- ISBN 3-901602-18-6
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Eine erste Bestandsaufnahme der juristischen Verfolgung von NS-Verbrechern
nahmen HistorikerInnen, JuristInnen und PolitikwissenschafterInnen
aus Graz, Wien, Linz, Innsbruck und Klagenfurt am 1. Dezember anlässlich
einer von CLIO - Verein für Geschichts- und Bildungsarbeit, dem
Institut für Österreichische Rechtsgeschichte und dem Steiermärkischen
Landesarchiv durchgeführten Tagung vor. Der Wiener Historiker Winfried
R. Garscha präsentierte dabei erstmals einen Vergleich zwischen
Österreich und Deutschland. Dabei zeigte sich, dass die österreichischen
Volksgerichte im Vergleich zu Deutschland zwischen 1945-1955 eine
weit höhere Verfolgungsrate aufwiesen; ein Faktum, dass sich in
den darauffolgenden Jahrzehnten völlig umkehren sollte. Während
in Österreich das letzte Urteil gegen einen NS-Täter 1975 mit einem
Freispruch endete, kam es in Deutschland noch nach 1979 zu 66 großen
NS-Prozessen. Bei der Tagung wurden neben diesem deutsch-österreichischen
Vergleich noch Detailstudien zu Prozessen im Zusammenhang mit Arisierung,
Denunziation, Auschwitz und Verbrechen an Roma sowie Kriegsverbrecherprozesse
in der Steiermark vorgestellt.
Zur Tagung ist eine Publikation erschienen: Kriegsverbrecherprozesse
in Österreich. Eine Bestandsaufnahme. Hg. v. Heimo Halbrainer
/ Martin F. Polaschek, Graz 2003 (=Historische und gesellschaftspolitische
Schriften des Vereins CLIO. Band 2) ISBN 3-9500971-5-5, 166 Seiten,
12 Euro.
Bestellungen: CLIO, Großgrabenweg 8, 8010 Graz | Fax 0316/82
28 83 12 | M verlag@clio-graz.net
Korso verlost in Kooperation mit CLIO drei Exemplare des Buches
beim KORSO-Kulturquiz!
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