10 / 2001
  Sterbebegleitung statt Sterbehilfe

In der aktuellen Euthanasie-Diskussion bezieht die steirische Landespolitik eine klare Position: Sterbebegleitung statt Sterbehilfe ist die Leitlinie, nach der gehandelt werden soll. Zudem soll die Palliativbetreuung ausgebaut und regionalisiert werden.

Für den zuständigen Gesundheitslandesrat Günter Dörflinger „kommt es nicht in Frage, ein großes Palliativzentrum für die ganze Steiermark in Graz zu errichten – auch am Land sollen die Menschen die Möglichkeit haben, in der Nähe ihrer Familien bleiben zu können.“ Bis 2004 werden 64,8 Mio Schilling aus dem steirischen Krankenanstaltenfonds für den Ausbau bestehender und die Schaffung neuer Einrichtungen bereitgestellt: In Graz wird die Zahl der Palliativbetten im LKH von derzeit vier auf zehn aufgestockt, im Spital der Elisabethinen von derzeit fünf auf acht. Dazu kommen neue Einrichtungen am LKH Leoben, mobile Palliativteams für Graz, Leoben und Hartberg sowie die Förderung eines Regionalprojektes in Bad Aussee. Im geriatrischen Krankenhaus der Stadt Graz und in Hartberg werden stationäre Hospize errichtet. Bis 2007 soll die für die Steiermark notwendige Anzahl von 50 Betten erreicht sein.
 
LR Günter Dörflinger: Für Ausbau und 
Regionalisierung der Palliativeinrichtungen

Stärkung der extramuralen Betreuung
„In Österreich steckt Palliativmedizin noch in den Kinderschuhen“, weiß Dr. Johann Baumgartner, Koordinator der  steirischen Palliativeinrichtungen, eine Initiative, die 1998 von Dörflinger und dem ehemaligen medizinischen Direktor der KAGes, Univ.Prof Dr. Karl Harnoncourt, gestartet wurde. „Die Steiermark hat nun eindeutig die Vorreiterrolle übernommen.“ Palliativmedizin, so Baumgartner, erschöpft sich nicht in der Bereitstellung von spezialisierten Betten, sondern hat das gesamte Umfeld des Patienten – unter Einschluss der Angehörigen, der Hausärzte und der Hauskrankenpflege – im Auge: „Auch die letzte Lebensphase wird ja zu 90% außerhalb der Spitalsmauern verbracht.“ Mobile Palliativteams bestehend aus ÄrztInnen, Schwestern und SozialarbeiterInnen bilden künftig einen neuen Knotenpunkt im Netzwerk der Begleitung und Betreuung zuhause und in Heimen.
Dem Mangel an SpezialistInnen wird zurzeit durch entsprechende Palliativ-Lehrgänge für das Fachpersonal begegnet – „in den nächsten 10 Jahren wird aber eine Fachrichtung Palliativmedizin an den Universitäten eingerichtet werden müssen“, ist Baumgartner überzeugt.

Es gibt immer noch viel zu tun
„Die Palliativmedizin stellt sich den aktuellen ethischen Fragen – und sie stellt der Euthanasiedebatte einen durchargumentierten ethischen Standpunkt gegenüber. Denn: Auch wenn die Heilbehandlung keine Wirkung mehr zeigt, wenn etwa bei einem Krebsfall der Tumor nicht mehr operativ entfernt werden kann, gibt es dennoch viel zu tun – von der Therapie der vielfältigen Symptome  bis zur psychosozialen und spirituellen Unterstützung des Patienten  und seiner Angehörigen“, unterstreicht Baumgartner. Und sogar jenen, die nur die nackte ökonomische Dimension des Gesundheitswesens im Auge haben, lässt sich entgegnen: „Letztendlich entlastet wirksame Palliativmedizin auch den Akutbereich und bindet verstärkt ehrenamtliche Hilfe in die medizinische Versorgung ein.“ cs


 
OKTOBER-AUSGABE
WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG