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Symposion in Graz befasste sich
mit den Problemen der „verwirrten alten Menschen“
Der Patient ist nicht für's
Heim da
Jeder Vierte über 80 gilt als dement. Das heißt: Er hat
Ausfallserscheinungen, die von Alzheimer bis zur totalen Verwirrtheit reichen.
Da die Gesellschaft rapid altert – in der Steiermark steigt bis 2030 der
Anteil der Über-60-Jährigen auf ein Bevölkerungsdrittel!
– kommen noch massive Probleme auf uns zu, deren wir uns nur unzureichend
bewusst sind. „Der verwirrte Mensch“, ein Symposion im Grazer Meerscheinschlössl,
zeigte die Pobleme auf und stellte erfolgreiche Modelle aus dem Ausland
vor.
In den vergangenen Jahren änderte sich das Bild der „Neueintritte“
in die Alten- und Pflegeheime: Sie kommen in einem immer späteren
Stadium der Demenz, die Hälfte stirbt bereits im ersten Jahr. Das
stellt an das Personal der Heime Anforderungen, mit denen es bislang weniger
konfrontiert war: Dass es neben der Pflege auch Sterbebegleitung leisten
muss.
Oft sind es Kleinigkeiten, welche die Befindlichkeit in den Heimen
drastisch verbessern. So berichtete Heimleiter Michael Schmieder aus dem
Schweizerischen Wetzikon, dass die Medikation der Bewohner zur Gänze
abgesetzt werden konnte, seit die Patienten in strombetriebenen „Wiegebetten“
schlafen. Sonst herrscht ja die Praxis, sie mit schwerer und teurer Chemie
„ruhig zu stellen“. Es gilt auch, den Bedürfnissen der Patienten entgegenzukommen
und mit baulichen Maßnahmen darauf zu reagieren: Der bei Dementen
üblichen „Gehflüchtigkei“ begegnete man in Wetzikon nicht damit,
sie in Gitterbetten zu stecken oder zu fesseln. Man baute einen stufenlosen
„Rundgang“– bei dem die wanderlustigen Alten sich nicht verirren können
und immer zum Ausgangspunkt zurückkehren. Diese Maßnahme führte
laut Schmieder dazu, dass die sonst häufigen Konflikte zwischen Bewohnern
und Personal um 80 Prozent sanken.
Das Heim ist für den Patienten da – und
nicht umgekehrt!
Auch versucht man, einen besonders „sinnes- und erlebnisorientierten“
Alltag zu ermöglichen und dem altersüblichen Verlust der sozialen
Funktionen entgegenzuwirken: Zum gemeinsamen Wohnen kommen auch gemeinsames
Kochen und Essen. Dabei ist es übrigens nicht verpönt, mit den
Fingern zu essen. Das sieht vielleicht ungewohnt aus, aber dafür spricht
es die Sinne an und fördert das Wohlbefinden.
Geradezu anarchisch mutet für gelernte Österreicher an: Der
Patient ist nicht für das Heim da, sondern umgekehrt. Der Dienstplan
des Personals richtet sich nach den Bedürfnissen der Bewohner! Die
Erfahrung aus diesem Usus: alle Beteiligten profitieren davon, denn Stimmung
und Kommunikation zwischen Personal, Bewohnern und Angehörigen verbesserten
sich deutlich.
Wohlbefinden und Lebensqualität steigen
Die wichtigste Frage beim Symposion für Angehörige, Pflege-,
medizinisches und Verwaltungspersonal: Was kostet das? Der soziale Kahlschlag
ermöglicht bei uns keine aufwändigen Investitionen und wird noch
viele gute Initiativen im Keim ersticken. In summa, so der Schweizer Experte,
sei sein Modell nicht teurer als andere Einrichtungen. Das Wichtigste jedoch:
Wohlbefinden und Lebensqualität steigen enorm. Gefragt seien derzeit
Kreativität und Courage, denn manchmal müsse man sich auch über
praxisferne Vorschriften hinwegsetzen, die das Gute verhindern.
Was beim Symposion (vom Sozialen Zentrum Graz-Nord mit der Lehranstalt
für Sozialberufe der Caritas, Arge Steirischer Heimleiter und der
Uni Graz ausgerichtet) besonders auffiel: Wir alle, seien wir Angehörige,
Pfleger, Verwalter, Mediziner oder nur Steuerzahler, brauchen viel mehr
Information. Von Tipps im alltäglichen Umgang mit Alten bis hin zu
rechtlichen Fragen. Dieser Artikel sei ein Beitrag dazu.
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