|
„Kein Alpha und
kein Omega?“
Nach Schätzungen der UNESCO gibt es in
Österreich 300.000 Analphabeten, ungefähr 50.000 davon in der
Steiermark.
Die tatsächlichen Zahlen dürften aber
noch höher liegen, weiß Mag. Otto Rath vom Verein ISOP (Innovative
Sozialprojekte). Die Gründe? „Häufig liegt es an der Erziehung,
weil im Elternhaus dem Schriftverkehr keine große Bedeutung beigemessen
wird; und obwohl sich unser Schulsystem sicherlich verbessert hat, orientiert
man sich zu sehr an den Leistungen der besseren Schüler, um den Lehrstoff
unterzubringen.“ Grundsätzlich müsste man aber, so Rath, die
Schuldzuweisung an die Gesellschaft richten: „Wenn die Verantwortung zwischen
Elternhaus und Schule hin- und hergeschoben wird, gilt es zu fragen, wie
denn Eltern sich bei dem Erwerbsdruck, unter dem sie in einem neoliberalen
Wirtschaftssystem stehen, mit diesen Problemen ihrer Kinder auseinander
setzen sollen.“ Der bei uns auftretende Analphabetismus sei in der Hauptsache
ein funktionaler: Die Anforderungen an die Schreib- und Lesekompetenz des
Individuums sind höher als die zur Verfügung stehenden Fertigkeiten.
„Den totalen Analphabetismus findet man hier zu Lande höchstens bei
MigrantInnen, und auch seine sekundäre Form – erlernte Fähigkeiten
werden wieder vergessen – tritt bei uns sehr selten auf.“
Verspätete Reaktion
Bedauerlich: Österreich nimmt sich dieser
Problematik – verglichen mit den anderen westeuropäischen Staaten
– mit einer Verspätung von einigen Jahren an. Während es in Deutschland
bereits einen Dachverband gibt, in dem alle Alphabetisierungsprojekte zusammengeschlossen
sind, werken in Österreich gerade drei Vereine bzw. Institutionen
an einer Verbesserung der Situation: Die Volkshochschule Wien Floridsdorf,
der Verein ABC in Salzburg und der Verein ISOP in Graz, der eng mit dem
AMS kooperiert.
Kursangebote
Analphabeten sind stark von Arbeitslosigkeit
betroffen und isolieren sich gesellschaftlich, da es ihnen an Selbstvertrauen
fehlt. Rath fordert daher ein Ende der Bagatellisierung des Problems: „Alle
relevanten Organisationen und alle politischen Parteien müssen bei
der Lösung des Problems mit eingebunden werden, da viele gesellschaftlichen
Ebenen und politischen Bereiche betroffen sind.“ Prophylaktisch müsste
man beim Schulsystem ansetzen und rechtzeitig die richtige Hilfe anbieten.
Für die bereits Betroffenen bietet ISOP Grundbildungskurse an, wobei
den Teilnehmern die Möglichkeit geboten wird, Schreiben, Lesen und
Rechnen zu erlernen; zudem werden auch PC-Einführungen mit verschiedenen
Lernprogrammen angeboten und „Self-Empowerment“ betrieben. Rath: „Durch
unsere enge Zusammenarbeit mit dem AMS verbessern sich auch die Chancen
der Betroffenen auf einen Arbeitsplatz.“
|
Informationen:
Mag. Otto Rath, Projektleiter der Alphabetisierungskurse,
Verein ISOP (Innovative Sozialprojekte)
Dreihackengasse 2, 8020 Graz, Tel. 0316/764646-16,
Fax:0316/764646-6,
e-mail: neustart@isop.at |
|