09 / 2001
 
Wenn das Fass endgültig überläuft ...

Der Jahresbericht des Frauenhauses dokumentiert mit unschöner Regelmäßigkeit eine ständig steigende Auslastung, eine Zunahme der telefonischen und ambulanten Beratungen und einen gesteigerten Bedarf an Nachbetreuung.
Geschäftsführerin Angelika Ratswohl präsentiert im Jahresbericht beeindruckende Zahlen: Im Jahr 2000 wurden 147 Frauen und 152 Kinder betreut. Das ist ein Anstieg von 72% im Vergleich zu 1999. Die Auslastung betrug durchschnittlich 89,4%, im ersten Halbjahr 2001 bereits 94%. 
Im vorigen Jahr mussten elf Frauen abgewiesen werden, wobei dies nur bedingt zu verstehen ist: In akuten Notsituationen wird keine Frau abgewiesen, in allen anderen Fällen wird eine Alternative gesucht. Dies gestaltet sich allerdings in Zeiten allgegenwärtiger Sparmaßnahmen immer schwieriger. 
 

Auch für die Aufnahme von Kindern und Jugendlichen ist das Frauenhaus gerüstet.

Österreich ist von der Europaratsrichtlinie (pro 7500 EinwohnerInnen ein Frauenhausplatz) sehr weit entfernt. Im Herbst sollen wieder – wie schon seit vielen Jahren – Gespräche über ein weiteres Frauenhaus in der Obersteiermark geführt werden. 
Erschwerend für die Mitarbeiterinnen im Frauenhaus sind Sparmaßnahmen im Umfeld. So musste aus finanziellen Gründen eine gut funktionierende und auch dringend benötigte betreute Wohngemeinschaft aufgegeben werden. Sehr problematisch für Frauen, die sich eine neue Existenz aufbauen wollen, ist die Kürzung der Wohnbeihilfe.
Mit der Zahl der betreuten Frauen steigt verständlicherweise auch der Bedarf an Kinderbetreuung. Im Jahr 2000 wurden 152 Kinder aufgenommen (im Jahr 1999 waren es 83). „Der Schwerpunkt liegt im Kindergarten- und Volksschulalter“, so Ilse Tanzer, die für den Kinderbereich zuständig ist. „Aber auch für Jugendliche ist das Frauenhaus gerüstet.“
Martha Stadler, für die Betreuung der Frauen und für die Nachbetreuung zuständig, nennt verschiedene Gründe für den ständig zunehmenden Bedarf: das neue große Gebäude, vermehrte Öffentlichkeitsarbeit, allgemeines Ansteigen der Gewalt und mehr Courage von Seiten der Frauen. „Wenn das Fass endgültig überläuft, dann trauen sich die Frauen, etwas zu tun.“

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SEPTEMBER-AUSGABE
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