09 / 2001
 
 

Blitz und Donner

Bei zuckenden Blitzen, heftigen Regenschauern oder Schneegestöber fühlen sich die Forscher der JOANNEUM RESEARCH auf der Hilmwarte richtig wohl.

Nur wenige Spaziergänger im Grazer Lechwald wissen, dass sich auf dem 1888 errichteten Aussichtsturm ein speziell ausgestattetes Wetterradar befindet. Hier wird die Art, Intensität und Feinstruktur von Niederschlägen in der Troposphäre, also der untersten Atmosphärenschicht bis etwa 15 km Meereshöhe, gemessen...
 

Tropfen zählen
Die Forscher des Instituts für Angewandte Systemtechnik senden dabei speziell geformte Hochfrequenzimpulse mit einer Parabolantenne aus. Die an den Niederschlagspartikeln entstehenden Echos werden dann wieder aufgefangen und verarbeitet. Die Schwierigkeiten liegen eher in der technischen Umsetzung des Prinzips, sind doch z.B. die Echostärken um den Faktor 1018 kleiner als die ausgesandten Signale. Ohne Unterbrechung müssen jede Sekunde zwei Millionen Bytes an Meßssdaten erfasst, verarbeitet, gespeichert und präsentiert werden. Das Besondere an dem von JOANNEUM RESEARCH entwickelten Verfahren: die Feinstruktur der Niederschlagspartikel im Raum kann durch Signale verschiedener Polarisationen gemessen werden. Und durch die kontrollierte Frequenzänderung von einem zum anderen gesendeten Impuls arbeitet die Hilmwarte ohne Genauigkeitsverlust rund neunmal so schnell wie herkömmliche Wetterradars.

Bildstörungen und Hochwasser
Jeder Besitzer eines TV-Gerätes weiß, dass Gewitter und starke Schneefälle den Empfang stark beeinträchtigen können. Deshalb erforscht JOANNEUM RESEARCH die Einflüsse des Wetters auf die Funkwellenausbreitung, z.B. für die Satellitenkommunikation oder –navigation. Die dabei gewonnenen Erfahrungen dienen in erster Linie zum Bau leistungsfähigerer Sendestationen.
 

Mit dem Wetterradar kann in einem Umkreis von 50 km regional 
genau die Menge der Niederschläge bestimmt werden.

Die mit diesem Radar gewonnenen Erkenntnisse haben zunehmend auch Bedeutung für das aktuelle Feld der Naturgefahrenforschung. Werden doch mehr als 95 % der Gefahrenereignisse (z.B. Hochwasser, Sturzfluten, Muren, Hangrutschungen, Felsstürze, Hagel, Lawinen) von Niederschlägen ausgelöst. Der große Vorteil der Niederschlagsmessung mittels Wetterradar ist die Flächendeckung von einem zentralen Punkt aus. Ein übliches Wetterradar misst innerhalb von fünf Minuten den gesamten Umkreis bis zu 150 km Entfernung, mit einer räumlichen Detaillierung von einigen hundert Metern. Die Grazer Forscher arbeiten daran, diese Erfassungszeit auf eine Minute zu senken. Damit kann sehr schnell festgestellt werden, in welcher Region welche Menge von Niederschlägen fällt. Damit können gefährliche Hochwässer viel früher ausgemacht werden.


 
SEPTEMBER-AUSGABE
WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG