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Aktuelles aus der
steirischen Verkehrspolitik
Bilanz 2000: Steirischer Verkehrsverbund ist
Nahverkehrsspezialist
Unter anderem die milde Witterung in den Wintermonaten
des Jahres 2000 brachte für den Steirischen Verkehrsverbund einen
Rückgang bei den zum Tarif beförderten Personen um drei Prozent
gegenüber 1999.
Trotz dieses Umstandes gibt es eine Vielzahl
von Indikatoren, die optimistische Prognosen über die Entwicklung
des Steirischen Verkehrsverbunds (und von derartigen Institutionen im Allgemeinen)
zulassen. 77,5% aller Verbundfahrten fanden im Geschäftszeitraum 2000
in städtischen Ballungsräumen statt, 83% erfolgten innerhalb
von nur zwei Tarifzonen. Verbund-Prokurist Dr. Alfred Hensle erkennt eine
gewisse Spezialisierung zum Nahverkehrs-Dienstleister und betont, dass
andererseits über neue Angebote z. T. verblüffende Beförderungszuwächse
erzielt worden sind, nämlich etwa dort, wo bedarfsgerechte Zusatzangebote
von und nach Graz rasch bereitgestellt werden konnten (Regionalbus Graz-Südost,
Steirertakt; z.B. Gössendorf-Graz 64,1%!).
Über das öffentliche Personennah- und
Regionalverkehrsgesetz besteht seit Jänner 2000 erstmals eine einheitliche
gesetzliche Grundlage für alle österreichischen Verkehrsverbünde.
Gemeinsam mit dem ebenfalls neuen Kraftfahrliniengesetz sollen die Verkehrsunternehmen
in eine „neue wirtschaftliche Verantwortung“ genommen und verbesserte Möglichkeiten
geschaffen werden, „gemeinwirtschaftliche Verkehrsdienste zu bestellen
und auszuschreiben“.
Verkehrspolitik kontra Wirtschaftspolitik
Massiv kritisieren etwa der Klubobmann der steirischen
SP, Siegfried Schrittwieser, und AK-Vizepräsident Fritz Ploner
die Entwicklung der Verkehrspolitik in der Steiermark. Während der
neue, ab 10. Juni gültige ÖBB-Fahrplan aufgrund der massiven
Angebotsrücknahmen in geradezu als „Kundenvertreibungsprogramm“ bezeichnet
werden muss, „straft“ man auf der anderen Seite mit massiven Reduktionen
bei der Pendlerbeihilfe.
Die Bahnhöfe St. Michael, Trieben, Rottenmann
und Gröbming werden zukünftig nicht mehr als IC-Halte geführt
(ÖBB-Jargon: „nicht bedient“), damit gehen wichtige Verbindungen auch
für Tages- und Wochenpendler verloren.
Durch die Streichungen vieler innerösterreichischer
aber auch internationaler Verbindungen wird die „Kulturstadt“ Graz nun
endgültig ins europäische Eck' gerückt.
Die Steirische AK macht sich gegen eine Zerschlagung
der ÖBB stark: Durch die Teilung von Infrastrukturbereich (Schiene)
und Betrieb in rechtlich voneinander unabhängige Gesellschaften drohe
vor allem eine „Rosinenpickerei“ privater Betreiber, die nur mehr dort
fahren, wo schnelles Geld zu holen sei. Beispiele im Ausland zeigen, dass
es durch diese Entwicklung zu massiven Qualitätsverlusten und deutlichen
Fahrpreiserhöhungen führt.
„Gegen die Seuche der Privatisierung“
Wiens Bürgermeister Michael Häupl hat im Einklang mit
den Bürgermeistern von Barcelona, Lissabon, London, Luxemburg, München,
Nürnberg und Paris eine Resolution initiiert, die die Bedeutung
des öffentlichen Personennahverkehrs definiert.
Die Bürgermeister der genannten Städte geben u.a. ihrer
Sorge Ausdruck, dass „eingedenk der hoch komplexen Mobilitätsmuster
und Mobilitätsanforderungen in polyzentrischen städtischen Entwicklungsräumen
durch die indifferenzierte Liberalisierungstendenz innerhalb der Europäischen
Kommission für den ÖPNV eine Reihe von Gefahren erwächst“.
Durch Trennung der Bereiche Infrastruktur und Betrieb drohe die Zerschlagung
funktionierender, hoch verdichteter Verkehrsanbieter und Verbundsysteme.
Die Bürgermeister befürchten weiter „die Bildung europaweit marktbeherrschender
Verkehrsoligopole“, die ihre Gewinne privatisieren, ihre Verluste dagegen
sozialisieren. Lokale private Monopole würden sich zusätzlich
öffentlicher Rechenschaftspflicht und demokratischer Kontrolle entziehen.
Die Bürgermeister der Europastädte fordern, dass bei der
geplanten Verordnung zum Personennahverkehr „weniger die Interessen potentieller
Investoren im Vordergrund stehen, sondern vielmehr die der unmittelbar
betroffenen Städte und Regionen und deren BewohnerInnen.“
Der Grazer SP-Vorsitzende und Stadtrat Walter Ferk hat diese
Resolution in einer Stellungnahme begrüßt und eine österreichische,
von der Bundesregierung getragene Initiative gegen die „Seuche der Privatisierung“
gefordert. Innerhalb der Liberalisierungsmaxime einer EU-Wirtschaftlobby
sei der „Mechanismus Wettbewerb“ ausschließlich der Gewinnmaximierung
von Großaktionären dienlich. Beispiele aus vielen Städten
Europas zeigten die Ergebnisse dieser verheerenden Politik für die
Menschen.
ko
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