06 / 2001
  Stapo, Stiefel, Schlagstock und die Eisenbahn

Helme, Overalls, glänzende Stiefel und Schlagstöcke – so empfingen Einsatztruppen der Polizei, begleitet von Kriminal- und Staatspolizei, eine Delegation von Bürgerinnen und Bürgern aus dem oststeirischen St. Margarethen an der Raab und Umgebung am 8. Mai auf dem Grazer Hauptbahnhof. 

Die Lösung eines Sammeltickets in Kroisbach-Zöbing hatte die Aufmerksamkeit der Österreichischen Bundesbahnen erregt und die Polizei wurde zur Hilfe gerufen: Denn an die hundert Menschen,  darunter viele Mütter mit Kindern und PensionistInnen, wollen aus Anlass einer Landtagssitzung auf ihre verzweifelte Situation aufmerksam machen: Die Österreichischen Bundesbahnen hatten Schließung der Bahnstation Kroisbach-Zöbing, beschlossen. Die betroffenen BewohnerInnen wollten sich an die politisch Verantwortlichen wenden, das Land zahlt immerhin 100 Millionen Schilling für den Nahverkehr an die ÖBB. Die Delegation aus St. Margarethen darf als „unangemeldete Demonstration“ nicht zu Fuß zum Landhaus gehen und wird wegen der „Bannmeile“ während der Landtagssitzung per Straßenbahn zum Jakominiplatz geschickt. Eine kleine Gruppe von zehn Personen übergibt schließlich dem Landtagspräsidenten Reinhold Purr eine Petition, der verkehrsverantwortliche Landesrat Leopold Schöggl ist für sie nicht zu sprechen.
 

Protestaktion in Graz gegen die Schließung der Haltestelle Kroisbach-Zöbing

„Die Begründung der ÖBB für die Schließung der Haltestelle Kroisbach-Zöbing war, dass hier nur zehn Personen täglich zusteigen würden“, so der Aktivist Karl Obendrauf, der die Reisenden gezählt und zur Beweisführung ihre Namen aufgeschrieben hat. „Es stellte sich heraus, dass es immerhin 41 Dauerkartenbenützer gibt, abgesehen von den anderen Zugbenutzern. Von 1200 Erwerbstätigen  pendeln ganze 1100 aus. Wir haben 390 Unterschriften gesammelt. Auch unser Vorschlag, die beiden benachbarten Haltestellen Takern und Kroisbach-Zöbing zusammenzulegen, stieß bei den ÖBB auf taube Ohren.“ 
Die Gemeinde St. Margarethen hat um viel Geld extra einen Steg über die Raab zum Bahnhof gebaut und während  heutzutage die Bahnhöfe oft abseits größerer Siedlungsgebiete liegen, haben sich gerade hier viele Menschen in Bahnhofnähe angesiedelt.
Knapp eine Woche nach Übergabe der Petition in Graz überbringen verantwortliche Herren der ÖBB den St. MargarethenerInnen die freudige Nachricht: Die geplante Schließung werde nun doch zurückgenommen. Zwar bleiben von bisher 27 Regionalzügen vorläufig bis Ende des neuen Fahrplans im Dezember 2002 nur mehr 11 Züge stehen, aber wenigstens zu den für die Pendler- und SchülerInnen nach Graz, Feldbach, Gleisdorf, Weiz und retour wichtigen Zeiten. Dazu AK-Verkehrsreferent Franz Xaver Fromm: „Warum nicht gleich! Hätte man von Seiten der ÖBB von Anfang an mit den Pendlern, den Gemeinden und den politisch Verantwortlichen gesprochen statt über die Köpfe der Betroffenen hinweg zu handeln, dann wäre man gleich auf eine für alle zufrieden stellende Lösung gestoßen.“ Karl Obendrauf hofft auf eine Korrektur des nächsten Fahrplans: „Wir sind zwar froh, dass der ärgste Schaden, nämlich die Aufhebung der Haltestelle Kroisbach-Zöbing, abgewendet worden ist, werden uns aber weiterhin für eine höhere Zugfrequenz einsetzen. Die Errichtung einer neuen Haltestelle unter Zusammenführung der Haltestellen Takern und  Kroisbach wäre auch ein denkbarer Kompromiss für uns.“ 

-shv-

 
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