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Zürich: 52%
gegen Privatisierung der Stadtwerke
Die Debatte über den Verkauf des Energiebereiches
der Grazer Stadtwerke hat Mitte Oktober einen neuen Input bekommen. Bei
einer Podiumsdiskussion – veranstaltet vom „Komitee für unsere Stadtwerke
– Privatisierung nein!“ und der Gewerkschaft Handel, Transport und Verkehr
informierten und debattierten Dr. Wilhelm Techt (Gewerkschaft der
Gemeindebediensteten), Horst Schachner (Gewerkschaft HTV), der Zürcher
Gewerkschafter und Elektrizitätswerke-Mitarbeiter Christian Besmer
zur Frage „Verkauf der Stadtwerke – Wer profitiert? Wer verliert?“ Im Vorfeld
der Diskussion sprach KORSO-Herausgeber Christian Stenner mit Christian
Besmer.
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Christian Besmer, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft
des öffentlichen Dienstes, Zürich: „Liberalisierung bedeutet
längerfristig die Ersetzung staatlicher Monopole durch private“ |
In Graz wurden die Stadtwerke schon 1961 aus
der Gemeindeverwaltung ausgegliedert und in eine AG überführt;
jetzt soll der gesamte Energiesektor überhaupt verkauft werden. In
Zürich wurde kürzlich sogar die bloße Ausgliederung der
Elektrizitätsversorgung aus der unmittelbaren Gemeindeverwaltung bei
einem Referendum mit 52% der Stimmen abgelehnt. Wie ist es dazu gekommen?
Das hat eine längere Geschichte und hängt
unter anderem damit zusammen, dass die Gasversorgung bereits 1997 ausgegliedert
wurde; wir sind bei der damaligen Volksabstimmung unterlegen, aber inzwischen
werden Stimmen laut, die eine Rückführung in die Gemeinde fordern,
weil ein undurchsichtiges, teures Rechnungswesen eingeführt wurde
und natürlich wie überall im Privatsierungsfall Personal abgebaut
wurde und die Managergehälter gewaltig gestiegen sind. Aber natürlich
spielt auch die Ablehnung der Ideologie eine wichtige Rolle, die hinter
den Privatisierungen steckt.
In Österreich wird vor allem damit Stimmung
für die Privatisierung gemacht, dass die Strommarkt-Liberalisierung
Preissenkungen mit sich bringt – und ohne Privatisierung gebe es keine
Liberalisierung …
Das ist bei uns weniger der Fall, weil die Preise
ohnehin recht niedrig sind. Das ist wiederum darauf zurückzuführen,
dass die Zürcher Elektrizitätswerke – die Stadt Zürich deckt
ja ihren Strombedarf aus eigener Erzeugung – als Kommunalbetriebe unter
starker demokratischer Kontrolle standen und kaum irgendwelche unsinnigen,
nicht amortisierten Kraftwerksbauten am Halse haben, deren Kosten sie auf
die Konsumenten überwälzen müssen.
In der Schweiz haben die Privatsierungsbefürworter
eher damit argumentiert, dass die öffentlich rechtlichen Versorger
zu klein seien, um am Markt bestehen zu können. Jedes Beratungsunternehmen
empfiehlt dann, dass man sich „mit einem starken Partner verbinden“ müsse
– Behauptungen, die ich ebenso wenig nachvollziehen kann wie jene, dass
der freie Energiemarkt kommen muss wie ein Naturereignis.
Das Ergebnis der Zürcher Volksabstimmung
hat übrigens wichtige Auswirkungen auf die Gesamtschweizer Energiepolitik:
Das Referendum über das Energiemarkt-Gesetz – mit dem die Einführung
des freien Marktes im Energiebereich abgesegnet hätte werden sollen
– wurde nun auf 2002 verschoben, und viele meinen, es werde gar nicht kommen.
Mit welcher Argumentation waren die Gegner
der Ausgliederung und Privatisierung bei der Zürcher Volksabstimmung
erfolgreich?
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass für
die meisten Menschen die Begriffe Energiemarktöffnung, Markt und Liberalisierung
sehr abstrakt sind. Wenn man dann aber zeigt, welche Ideologie und welche
Interessen da zum Ausdruck kommen, dass die Kapitalmärkte danach gieren,
sich die profitablen Bereiches des Service public [des öffentlichen
Dienstes] einzuverleiben, dass die Interessen großer Konzerne dahinter
stecken, dann wird das alles ein bisschen entmystifiziert und leichter
verständlich. Zudem gibt es ja schon genügend Beispiele in Europa,
dass Liberalisierung längerfristig nichts anderes als die Ersetzung
staatlicher durch private Monopole bedeutet – mit der Konsequenz, dass
die Tarife für die kleinen Energie-Bezieher, die zunächst gesenkt
wurden, später wieder im Gleichklang mit den Manager-Honoraren steigen.
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