„Viel zu hohe Preiserwartung
...“
KORSO sprach mit dem Österreich-Chef der
KPMG, Dr. Gerd-Dieter Mirtl, die im Auftrag der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten
das Gutachten der „Fünf Weisen“ geprüft hat. Die KPMG gehört
zu den „Big-Six“, den mit mit Abstand größten weltweit tätigen
Wirtschafts-Prüfer-Gesellschaften, mit tausenden von Mitarbeitern.
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KPMG-Österreich-Repräsentant
Dr. Gerd-Dieter Mirtl |
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Gibt es große Auffassungsunterschiede
in der Begutachtung der UCG und der Begutachtung der KPMG?
Es bestehen keine Auffassungsunterschiede im
eigentlichen Sinn, doch decken
die Ausführungen der UCG den durch die Stadt
Graz erteilten Auftrag nicht
ab. Auftrag war die Beratung über die optimale
Vorgangsweise bei der künftigen Disposition über die GSTW AG
„unter Beachtung der aktuellen und zukünftigen Rahmenbedingungen sowie
der kommunalpolitischen Bedürfnisse bzw Beschlussfassungen und der
damit verbundenen ökologischen, verkehrs-, energie- und sozialpolitischen
Fragestellungen“. Die Ausarbeitungen der UCG wurden jedoch im Wesentlichen
nur unter dem Aspekt der Kaufpreismaximierung erstellt.
Welches sind die Hauptkritikpunkte am „Weisenbericht“?
Vor allem sind es die geweckten Erwartungen hinsichtlich
der Höhe des Verkaufspreises für den Energiebereich und die
Einschätzung der Überlebensfähigkeit der Kommunal AG. Die
Liberalisierungseffekte für die Bereiche Strom und Gas wurden in nur
einem sehr geringen Ausmaß berücksichtigt, ebenso wenig wie
der Zentralverwaltungsbereich. Hinsichtlich so genannter „Optimierungsmaßnahmen“
wurde von sehr optimistischen Prämissen ausgegangen. Die Folge: Zu
hohe Preiserwartungen.
Der prognostizierte Verkaufspreis über
sechs Milliarden für den Energiebereich ist also nicht realistisch?
Aus unserer Sicht erscheint der Erlös in
der angegebenen Größenordnung beieinem rational agierenden Käufer
unter der gegebenen Ausgangslage nicht
erzielbar.
Wäre eine Kommunal AG, bestehend aus den
nicht verkaufbarenTeilen der Stadtwerke, überhaupt überlebensfähig?
Laut UCG ist die Überlebensfähigkeit
der Kommunal AG erst dann gegeben, wenn sie über liquide Mittel in
Höhe von vier Milliarden und die Zinsenerträge aus dem Verkaufserlös
verfügt. Dann würde aber wiederum ein Großteil des Verkaufserlöses
der Stadt Graz nicht zur Verfügung stehen. Weiters müsste der
in die Kommunal AG eingegliederte Abwasserbereich einen jährlichen
Cashflow von 60 Mio S erwirtschaften und müssten bedeutende Einsparungen
im Personalbereich realisiert werden – rund 190 Personen! Inwieweit ein
solcher Cashflow realisiert werden kann, entzieht sich unserer Kenntnis.
Die Einsparungen im Personalbereich erscheinen unter Berücksichtigung
der Kollektivverträge und Definitivstellungen kaum realisierbar zu
sein. Aus unserer Sicht sind die Annahmen zu optimistisch – die Überlebensfähigkeit
der Kommunal AG ist daher massiv in Frage zu stellen.
Wie beurteilen Sie eine Stand-alone-Variante?
Es war nicht unser Auftrag, Untersuchungen hinsichtlich
einer Stand-alone-Variante anzustellen, dies hätte einer anderen Informationsbasis
bedurft. Generell kann darauf hingewiesen werden, dass Stand-alone-Lösungen
ohne strategische Partnerschaften durch die Liberalisierung der Strom-
und Gasmärkte einen Rückgang der Erträge bedingen. Im konkreten
Fall wären die Möglichkeiten zur Realisierung von Einsparungsmaßnahmen
zu prüfen.
Sind strategische Partnerschaften, z.B. zwecks
gemeinsamen billigeren Einkaufs von Strom, nicht auch ohne Beteiligung
möglich?
Strategische Partner, das heißt hier Energielieferanten,
streben zumeist Beteiligungen an ihren Abnehmern an.
Kennen Sie Beispiele erfolgreicher Verkäufe
von Stadtwerken?
Wir waren in zahlreiche Transaktionen mit Stadtwerken
auf nationaler und internationaler Ebene eingebunden. Unsere Berufsregeln
über die Verschwiegenheitspflicht verbieten uns, darüber zu sprechen. |