07 / 2001
  „Politischen Preis für den Stadtwerke-Verkauf hochtreiben“

Die Auseinandersetzung um die Privatisierung des Energie-Bereichs der Grazer Stadtwerke ist in ihre heiße Phase getreten.

Der Übermittlung des Berichtes der fünf hoch dotierten Gutachter an die Stadtregierung, in welchem ein rascher Verkauf des profitablen Energie-Bereiches der Grazer Stadtwerke-AG gefordert wird, folgte die Gegen-Offensive auf den Fuß: Am 4. Juli übergaben VertreterInnen des Komitees „Für unsere Stadtwerke – Privatisierung NEIN” über 11.000 Unterschriften gegen den Verkauf an Bürgermeister Stingl. Gemäß §116 des Steiermärkischen Volksrechte-Gesetzes muss der Gemeinderat auf diese Initiative reagieren und Stellung beziehen.
 

Stadtwerke-MitarbeiterInnen manifestieren  ihren Unmut im Rathaus

Beauftragung trotz Protesten
Anlässlich der Sondersitzung des Gemeinderates am 5. Juli kam es zur nächsten öffentlichen Konfrontation der Standpunkte: An die 500 Stadtwerke-MitarbeiterInnen machten im Anschluss an eine Betriebsversammlung und an eine von den GrazerInnen mit Gelassenheit aufgenommene Arbeitsniederlegung – Tram und Bus standen still – einen Spaziergang bis vor die Türen des Gemeinderatssitzungssaales, wo sie kurz vom Bürgermeister empfangen wurden. Wenig beeindruckt davon beschlossen ÖVP, FPÖ, der LIF- und der Autofahrermandatar gegen die Stimmen von SPÖ, KPÖ und Grünen, die Gutachter nun auch mit der Suche nach einem Käufer zu beauftragen. Wird verkauft, lukrieren die fünf Weisen zusätzlich zu den 15 Millionen, die sie als Honorar für den Bericht erhalten haben, bei einem erhofften Verkaufspreis von 6 Mrd Schilling weitere 21 Millionen.

Schnelles Geld oder drohende Milliardenverluste?
Finanzstadtrat Siegfried Nagl hatte sich an diesem Tag bereits in Form ganzseitiger Anzeigen in diversen Tages- und Gratiszeitungen geäußert und darin die Suggestivfrage gestellt: „Millionenverluste oder Milliarden für die Zukunft der Stadtwerke?” (Die ebenfalls darin ausgesprochene Warnung vor einem drohenden Einnahmenverlust der Kommunal-AG wegen sinkender Energiepreise hätte allerdings einer wichtigen Ergänzung bedurft: Die Ausgaben der Stadtwerke für Strom werden aus dem gleichen Grund in zumindest dem gleichen Ausmaß sinken.) SP-Stadtrat Walter Ferk beanstandete die Hast der verkaufswilligen Fraktionen („Das Tempo ist nicht angebracht und führt nicht zu einer verantwortlichen Entscheidung für die Stadt”), KP-Stadtrat Ernest Kaltenegger sprach sich aus volkswirtschaftliche Gründen gegen einen Verkauf aus („Das Prinzip der maximalen Wertschöpfung kann für die Kommune keine Gültigkeit haben, hier müssen andere Werte gelten als das schnelle Geld”), FP-Vizebürgermeister Dr. Peter Weinmeister sah keine Möglichkeit, dass die Stadt die von SP, KP und Grünen eingeforderte Versorgungssicherheit garantieren könne („Wenn sich in Tschetschenien die Rebellen auf die Erdgasleitung setzen, dann gibt’s auch keine Versorgungssicherheit”), und der grüne Klubobmann Mag. Hermann Candussi kritisierte, dass die Möglichkeiten einer „Stand-Alone-Lösung” (also der Verbleib der gesamten Stadtwerke AG im Eigentum der Kommune) von den Gutachtern kaum untersucht worden sei.
Für Dr. Eveline Kirchner vom Komitee „Für unsere Stadtwerke – Privatisierung NEIN!” ist klar: „Wir sammeln weiter Unterschriften – und wir werden den politischen Preis für einen Verkauf so hoch treiben wie möglich.” 

 cs

 
JULI/AUGUST-AUSGABE
WIRTSCHAFT UND ARBEIT