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„Politischen Preis
für den Stadtwerke-Verkauf hochtreiben“
Die Auseinandersetzung um die Privatisierung des Energie-Bereichs
der Grazer Stadtwerke ist in ihre heiße Phase getreten.
Der Übermittlung des Berichtes der fünf hoch dotierten Gutachter
an die Stadtregierung, in welchem ein rascher Verkauf des profitablen Energie-Bereiches
der Grazer Stadtwerke-AG gefordert wird, folgte die Gegen-Offensive auf
den Fuß: Am 4. Juli übergaben VertreterInnen des Komitees „Für
unsere Stadtwerke – Privatisierung NEIN” über 11.000 Unterschriften
gegen den Verkauf an Bürgermeister Stingl. Gemäß §116
des Steiermärkischen Volksrechte-Gesetzes muss der Gemeinderat auf
diese Initiative reagieren und Stellung beziehen.
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Stadtwerke-MitarbeiterInnen manifestieren
ihren Unmut im Rathaus |
Beauftragung trotz Protesten
Anlässlich der Sondersitzung des Gemeinderates am 5. Juli kam
es zur nächsten öffentlichen Konfrontation der Standpunkte: An
die 500 Stadtwerke-MitarbeiterInnen machten im Anschluss an eine Betriebsversammlung
und an eine von den GrazerInnen mit Gelassenheit aufgenommene Arbeitsniederlegung
– Tram und Bus standen still – einen Spaziergang bis vor die Türen
des Gemeinderatssitzungssaales, wo sie kurz vom Bürgermeister empfangen
wurden. Wenig beeindruckt davon beschlossen ÖVP, FPÖ, der LIF-
und der Autofahrermandatar gegen die Stimmen von SPÖ, KPÖ und
Grünen, die Gutachter nun auch mit der Suche nach einem Käufer
zu beauftragen. Wird verkauft, lukrieren die fünf Weisen zusätzlich
zu den 15 Millionen, die sie als Honorar für den Bericht erhalten
haben, bei einem erhofften Verkaufspreis von 6 Mrd Schilling weitere 21
Millionen.
Schnelles Geld oder drohende Milliardenverluste?
Finanzstadtrat Siegfried Nagl hatte sich an diesem Tag bereits in Form
ganzseitiger Anzeigen in diversen Tages- und Gratiszeitungen geäußert
und darin die Suggestivfrage gestellt: „Millionenverluste oder Milliarden
für die Zukunft der Stadtwerke?” (Die ebenfalls darin ausgesprochene
Warnung vor einem drohenden Einnahmenverlust der Kommunal-AG wegen sinkender
Energiepreise hätte allerdings einer wichtigen Ergänzung bedurft:
Die Ausgaben der Stadtwerke für Strom werden aus dem gleichen Grund
in zumindest dem gleichen Ausmaß sinken.) SP-Stadtrat Walter Ferk
beanstandete die Hast der verkaufswilligen Fraktionen („Das Tempo ist nicht
angebracht und führt nicht zu einer verantwortlichen Entscheidung
für die Stadt”), KP-Stadtrat Ernest Kaltenegger sprach sich aus volkswirtschaftliche
Gründen gegen einen Verkauf aus („Das Prinzip der maximalen Wertschöpfung
kann für die Kommune keine Gültigkeit haben, hier müssen
andere Werte gelten als das schnelle Geld”), FP-Vizebürgermeister
Dr. Peter Weinmeister sah keine Möglichkeit, dass die Stadt die von
SP, KP und Grünen eingeforderte Versorgungssicherheit garantieren
könne („Wenn sich in Tschetschenien die Rebellen auf die Erdgasleitung
setzen, dann gibt’s auch keine Versorgungssicherheit”), und der grüne
Klubobmann Mag. Hermann Candussi kritisierte, dass die Möglichkeiten
einer „Stand-Alone-Lösung” (also der Verbleib der gesamten Stadtwerke
AG im Eigentum der Kommune) von den Gutachtern kaum untersucht worden sei.
Für Dr. Eveline Kirchner vom Komitee „Für unsere Stadtwerke
– Privatisierung NEIN!” ist klar: „Wir sammeln weiter Unterschriften –
und wir werden den politischen Preis für einen Verkauf so hoch treiben
wie möglich.”
cs
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