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Stadtwerke AG –
Stadtwerke ade?
Wenn Sie diesen Artikel am Bildschirm sehen, wird die Auseinandersetzung
um die (Teil)Veräußerung der Grazer Stadtwerke in eine neue
Phase getreten sein. Aller Voraussicht nach wird dem Stadtsenat am 7. Mai
der Zwischenbericht der hoch dotierten „fünf Weisen“ vorliegen, welche
„die zukünftige Beteiligungsdisposition“ der Gemeinde an der AG (im
Klartext: verkaufen ja oder nein - und wenn ja: was und wie viel) ausloten
sollen. Gleichzeitig hat das Bürgerkomitee „Für unsere Stadtwerke
– Privatisierung Nein“ seine Unterschriften-Initiative gemäß
dem Steiermärkischen Volksrechtegesetz gegen einen Stadtwerke-Verkauf
begonnen.
Welche Argumente für und welche gegen einen Verkauf ins Treffen
geführt werden – und welche Konsequenzen sich für die GrazerInnen
daraus ergeben könnten, lesen Sie hier.
Die Grazer Stadtwerke: Ursprünglich ein Teil der kommunalen Verwaltung
wurden sie 1960 augegliedert und in eine AG umgewandelt, an der die Stadt
Graz allerdings weiterhin nahezu 100% der Anteile hält. Sie sind ein
klassischer Multi-Utility-Konzern – ihre Geschäftsfelder decken die
Bereiche der Versorgung mit Strom, Erdgas, Fernwärme und Wasser ebenso
ab wie den öffentlichen Verkehr und die Bestattung. Zudem hält
die Grazer Stadtwerke AG noch Anteile an einer Reihe weiterer Betriebe
– 100% an den Freizeitbetrieben der Grazer Stadtwerke, am Werbeunternehmen
Ankünder, am Wärmedirektservice der Grazer Stadtwerke und weiteren
Betrieben, 49% am Entsorgungsbetrieb AEVG bis hin zu 27,7% an der Grazer
Stadtradio-Gesellschaft und Minderheitsbeteiligungen an einer Reihe anderer
Unternehmen. Die Verluste, die vor allem der Verkehrsbereich und in geringerem
Ausmaß auch die städtischen Bäder verursachen, werden durch
den Energiesektor mehr als wettgemacht: 1999 konnte das Unternehmen ein
Betriebsergebnis von nahezu 230 Millionen Schilling einfahren und mehr
als 70 Millionen Schilling Gewinnrücklagen bilden.
Stromversorger: KundInnen sind treuer als erwartet
Warum eine politische Mehrheit im Grazer Gemeinderat dennoch einen
Verkauf überlegt, formulierte Stadtrat Mag. Siegfried Nagl
im Oktober des Vorjahres anlässlich des Beschlusses über die
Auftragsvergabe an die fünf Weisen folgendermaßen: „Den kleinen
Versorgungsunternehmen – egal ob es der Gasbereich, der Strombereich oder
die Fernwärme ist – wird es kaum gelingen, uns wirklich Verbesserungen
beim Preis anzubieten.“ Die Befürchtung, die der Finanzstadtrat damals
äußerte, hing offenbar mit der Einschätzung zusammen, dass
mit der vollständigen Strommarkt-Liberalisierung der Preis für
elektrische Energie in den Keller rutschen und die GrazerInnen rasch zu
einem anderen Anbieter wechseln könnten; dieser Kunden-Abwanderung
könne man nur durch „starke Partner“, sprich: durch den (Teil)Verkauf
des Energiesektors an ein großes Versorgungsunternehmen begegnen.
Diese Ängste scheinen unbegründet zu sein. Der Wiener Energieexperte
der Arbeiterkammer, Mag. Dietmar Wenty, berichtet von den Erfahrungen,
die bereits in Deutschland gemacht wurden: „In ganz Baden-Württemberg
sind gerade 30.000 Kunden zum billigeren Anbieter „jello“gewechselt – und
relativ rasch stellte sich heraus, dass ein Drittel davon notorische NichtzahlerInnen
waren, denen ihr bisheriger Versorger schon den Strom abgedreht hatte.“
Legt man die Hamburger Zahlen, wo nach der Freigabe des Strommarktes 3000
KundInnen ihrem bisherigen Versorger den Rücken drehten, auf Graz
um, so dürften hier gerade ein paar hundert Personen auf Strom-Schnäppchenjagd
aus sein. Wenty: „Wer wechselt schon wegen des Angebots von drei Gratis-Strom-Tagen
im Jahr den Energieversorger?“
Stadtwerke: Gute Ausgangsposition am liberalisierten
Strommarkt
Allerdings müssten sich die Stadtwerke ohnehin wenig Sorgen machen,
im beinharten Konkurrenzkampf der Stromproduzenten zu unterliegen: Sie
erzeugen nämlich selbst keinen Strom. Wentys Grazer Kollege DI
Hans Pressl, seines Zeichens Energiefachmann der steirischen Arbeiterkammer:
„Die Grazer Stadtwerke sind jetzt in der glücklichen Situation, auf
der einen Seite Netzdurchleitungsgebühren kassieren und auf der anderen
Seite den Strom am liberalisierten Markt beim billigsten Anbieter einkaufen
zu können.“
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VP-Stadtrat Siegfried Nagl:
„Wünsche mir tolle Vorschläge“
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AK-Experte DI Hans Pressl: „Chance für Stadtwerke
liegt in Multi-Utility- Strategie“
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Anders stellt sich die Situation freilich für die STEWEAG dar,
die auf der Liste der Interessenten für die Stadtwerke an erster Stelle
steht: Als Stromproduzentin benötigt sie, wie KORSO bereits vor zwei
Monaten ausführlich berichtete, dringend mehr Endkunden, um bei der
Liberalisierung nicht unter die Räder zu kommen. Mit den 130.000 Grazer
StromabnehmerInnen würde sie gerade jene kritische Größe
erreichen, die notwendig ist, um am Markt bestehen zu können – wenn
die Stadtwerke geschickt verhandeln, könnten sie also einen günstigen
Strompreis erzielen und diesen auch an ihre KundInnen weitergeben.
„Filetierung ist die unklügste Vorgangsweise“
Und sie könnten, so Pressl, „als Multi-Utility-Konzern zusätzlich
eine ganze Reihe fantasievoller Maßnahmen zur Kundenbindung treffen,
die unterm Strich kaum etwas kosten würden – von Gratis-Bädereintritten
bis hin zu Vergünstigungen bei der Benützung des öffentlichen
Verkehrs“. Diese Vorgangsweise wäre bei einem Verkauf der Energie-Division
der Stadtwerke-AG, wie er Gerüchten zufolge ja im „Weisenbericht“
vorgeschlagen werden soll, natürlich nicht mehr möglich.
Diese Option eines Teilverkaufs war von mehreren Seiten unter anderem
mit der Begründung ins Spiel gebracht worden, dass mit dem Erlös
aus den profitablen Unternehmensteilen die Verkehrsbetriebe saniert werden
könnten.
Mit dieser Vision geht Pressl hart ins Gericht: „Die Filetierungs-Strategie
ist meines Erachtens noch unklüger als einen Anteil am Gesamtunternehmen
aus der Hand zu geben, weil man damit die Möglichkeit aufgibt, den
öffentlichen Personennahverkehr, der naturgemäß überall
auf der Welt defizitär ist, mit Hilfe jener Sektoren zu stützen,
die Gewinne schreiben. Wenn man heute kein Konzept für die Finanzierung
des öffentlichen Verkehrs hat, wird man es auch nach einem Verkauf
nicht haben – nur ist dann nach zwei, drei Jahren der Kuchen aufgezehrt
und gar kein Geld mehr da.“
Eine eher seltsame Optik entsteht in diesem Zusammenhang durch die
Vorgangsweise des Gemeinderates bei der Beauftragung der fünf „Weisen“:
Ihr ohnehin recht ansehnliches Honorar von drei Millionen Schilling pro
Kopf und Nase können die Berater nämlich noch durch eine Provision
von 3,5 Promille der Einnahmen im Falle eines Verkaufs von Stadtwerke-Anteilen
auffetten. Dass da manch böse Zunge meint, mit dieser Art der Honorierung
des Beratungsauftrages habe man auch die Wahrscheinlichkeit für bestimmte
Resultate erhöht, ist wenig verwunderlich.
Multi-Utility als Winner-Strategie
Die in der Privatisierungs-Debatte immer wieder gehörte Behauptung,
aufgrund von EU-Vorschriften seien Quersubventionierungen – also zum Beispiel
die Stützung des öffentlichen Verkehrs durch den Energie-Sektor
der Stadtwerke – gar nicht mehr erlaubt, verweisen die Experten der Arbeiterkammer
ins Reich der Fabel. Wenty: „Die EU verlangt nur das Unbundeling im Energiebereich
– das heißt, die Kosten müssen transparent gemacht werden, damit
nicht etwa einem Stromerzeuger für die Netzdurchleitung zum Endkunden
zu viel verrechnet wird. Um es an einem Extremfall zu illustrieren: Auch
wenn die Stadtwerke beschließen, sieben Schilling fürdie Kilowattstunde
zu verrechnen und dafür den öffentlichen Verkehr gratis anzubieten,
ist das der Behörde egal.“
Erst der Unternehmensverbund, unterstreicht Pressl einmal mehr, eröffne
die Möglichkeit zu Multi-Utility-Strategien, „wie sie private Versorgungskonzerne
ja auch anwenden. In einigen großen deutschen Städten hat man
das auch erkannt und nutzt dieses Potenzial.“
Alles unter einem Dach
In unserem nördlichen Nachbarstaat nimmt die Debatte über
die Privatisierung kommunaler Versorgungsunternehmen in der Tat eine überraschende
Wendung: Auch konservativ regierte Städte erkennen die Möglichkeiten,
die in den Multi-Utility-Stadtwerken stecken – und die Gefahren, die Privatisierungen
mit sich bringen. In einer Diskussion des bayrischen Rundfunks unter dem
Titel „Alpha-Forum-City“ über die Zukunft kommunaler Betriebe erklärte
etwa der CSU-Bürgermeister von Landshut, Josef Deimer: „Unsere
Stärke ist nun einmal die Paketlösung: Wir haben Strom, Gas,
Wasser, Bäder, Parkhäuser, Abwasser und Abfallwirtschaft unter
einem Dach.“ Um die damit verbundenen Möglichkeiten zu erhalten, haben
sich 33 Stadtwerke in Niederbayern und der Oberpfalz zusammengeschlossen.
Deimer: „Wir kaufen den Strom nur mehr gemeinsam ein und haben jetzt auch
ganz andere Konditionen, als das früher der Fall gewesen ist. Wir
haben zumindest mal die ersten beiden Jahre relativ gut überlebt,
wir haben bisher in der Regel erst ungefähr 0,5 Prozent unserer Kundschaft
abgeben müssen: Das ist im Prinzip marginal.“
Billiger Strom kann teuer kommen
Während bei uns Politiker aller Couleurs noch immer weitere Senkungen
des Strompreises fordern, ist man in Bayern ebenso parteiübergreifend
immer weniger glücklich über die Preisspirale nach unten, die
in gnadenlosen Verdrängungswettbewerb mündet.
Peter Schnell, Oberbürgermeister von Ingolstadt (CSU) befürchtet
die absehbaren Auswirkungen der Liberalisierung: „Vorläufig freuen
sich unsere Bürger als Verbraucher natürlich darüber, dass
sie niedrige Strompreise haben. Wir sagen dazu, dass sie diese niedrigen
Strompreise schon früher hätten haben können: Wenn die großen
Stromkonzerne schon früher bereit gewesen wären, sich den Bedürfnissen
der Kommunen und der kleinen Leute anzunähern. Heute besteht unsere
Problem allerdings darin, dass auf Grund dieser Liberalisierung vielleicht
doch noch ein dickes Ende nachkommt. Denn die Liberalisierung hat ja auch
zur Folge, dass sich auf dem Markt immer mehr Konzerne zusammenschließen.“
Der Bayerische Städtetag befürchtet die fusionsbedingte Bildung
privater Oligopole, die das öffentliche Monopol ablösen würden.
Und Heinz Klingler, Präsident der Vereinigten Deutschen Elektrizitätswerke,
spricht es offen aus: „Es dauert jetzt noch ein oder zwei Jahre und dann
werden die Strompreise wieder stark ansteigen.“
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„Wer sich über purzelnde Strompreise
freut, muss gleichzeitig auch wissen,
dass dieses Finanzproblem auf dem Umweg über
den Nahverkehr erneut auf ihn zukommen wird.“ (Münchens OB Christian
Ude) |
Der – wahrscheinlich ohnehin nur kurze Zeit – billige Strom könnte
die BürgerInnen allerdings auf dem Umweg einer Tariferhöhung
für den öffentlichen Verkehr teuer zu stehen kommen. Christian
Ude, Oberbürgermeister von München (SPD): „Sicherlich haben
die kommunalen Betriebe im Stromgeschäft auch Gewinne gemacht, aber
diese Gewinne wurden ja nicht als Dividende an irgendwelche Shareholders
ausgeschüttet. Stattdessen wurden sie etwa verwendet, um den öffentlichen
Nahverkehr zu unterstützen. Da geht es in München z. B. um die
Summe von 300 Millionen Mark. Das heißt, alle Bürger, die sich
über purzelnde Strompreise freuen, müssen gleichzeitig auch wissen,
dass dieses Finanzproblem auf dem Umweg über den Nahverkehr erneut
auf sie zukommen wird.“ Der Landshuter Bürgermeister Josef Deimer
hat ähnliche Bedenken: „Wenn die Erträge beim Strom nicht mehr
hereinkommen, dann werden wir gar nicht mehr darüber nachdenken müssen,
ob wir den ÖPNV, also den öffentlichen Personennahverkehr im
Querverbund finanzieren können. Aus den allgemeinen Steuermitteln
ist das nämlich auf keinen Fall zu bezahlen.“
Und Dr. Peter Menacher, CSU-Oberbürgermeister von Augsburg, stellt
klar: „Wir haben die Daseinsvorsorge bisher sichergestellt: Wenn man nun
alles dem Markt überlässt, stellt sich schon die Frage, wer dabei
dann den Ausfallbürgen macht. Werden die Kommunen nur noch Ausfallbürgen
sein und was müssen sie dann für den Fall vorbehalten, wenn die
private Versorgung zusammenbricht oder sonst irgendwelche Notfälle
eintreten? Ich glaube, die Städte sollten schon auch in Zukunft mehr
sein als lediglich Ausfallbürgen. Sie sind nämlich für den
Bürger selbst da.“
Grazer Stadtparteien: Breites Meinungsspektrum
Im Laufe der Debatte um die Stadtwerke haben sich auch die Positionen
der Grazer StadtpolitikerInnen zu dieser entscheidenden Frage konkretisiert
– KORSO hat wichtige Vertreter der im Gemeinderat vertretenen Fraktionen
um ihre Stellungnahme gebeten.
Stadtrat Mag. Siegfried Nagl (VP) ließ uns über sein
Büro ausrichten, dass er vor dem Vorliegen des „Weisenberichtes“ zu
keiner Stellungnahme bereit sei. Schon in der Gemeinderatsdiskussion vom
19. Oktober des Vorjahres – anlässlich jener Sitzung, bei der die
Vergabe des Beratungsauftrages mit denStimmen von SP, VP und FP beschlossen
wurde – hatte Nagl seine Absicht kundgetan, sich genau an die Vorschläge
der Gutachter zu halten: „Ich würde mir wünschen, dass die fünf
Herren möglichst schnell zu tollen Vorschlägen kommen, nach denen
wir dann agieren und handeln können.“
Auch FP-Vizebürgermeister Dr. Peter Weinmeister nennt sich
„einen Politiker, der sich gerne beraten lässt“, allerdings nicht
ohne eine Erwartung an den „Weisen bericht“ zu formulieren: „Ich erhoffe
mir eine starke Argumentationshilfe für meine Überzeugung, dass
jetzt ein strategischer Aufpreis für den Energie-Bereich erzielt werden
kann. Ein erfreuliches Ergebnis wäre natürlich, wenn der Partner
auch aus der Region käme.“ Er ist davon überzeugt, „dass wir
in Zukunft die Defizite des öffentlichen Verkehrs und der Bäder
nicht mehr mit den Gewinnen aus Strom und Fernwärme abdecken können
– daher sind jetzt Investitionen nötig, die wir aus dem Verkaufserlös
bezahlen können. Natürlich müssen wir besonders darauf achten,
dass die Rechte der Stadtwerkebeschäftigten gewahrt bleiben.“
„Maximal 25% plus eine Aktie“ will der neue SP-Vorsitzende Stadtrat
Walter
Ferk an einen Bieter veräußern. Auch für ihn sind „die
Interessen der Bürger und der Dienstnehmer vorrangig für die
Entscheidung.“ Leise Zweifel äußert Ferk an der Vorgangsweise
bei der Beauftragung der Gutachter: „Ich bedaure heute, dass mit den die
fünf Weisen nur Männer bestellt wurden, die aus der Wirtschaft
kommen.“ Und: „Ich bin bekannt dafür, dass ich kein Privatsisierer
bin – wenn wir aber eine Verbindung mit einem strategischen Partner vorzugsweise
im Landesbereich eingehen, dann muss der defizitäre öffentliche
Verkehr in diesem Paket mit berücksichtigt werden.“
Strikt gegen einen Verkauf wendet sich KP-Stadtrat Ernest Kaltenegger
– auch gegen eine Veräußerung an die derzeit noch im Mehrheitseigentum
des Landesbefindliche STEWEAG: „Eigentumsverhältnisse sind heutzutage
nur Momentaufnahmen – die Landesanteile können über kurz oder
lang verkauft werden, dann gehören die Stadtwerke vielleicht der EDF
oder einem anderen internationalen Konzern.“ Dem Defizit des öffentlichen
Verkehrs will Kaltenegger mit einer landesweiten Nahverkehrsabgabe „ähnlich
der Wiener U-Bahn-Steuer“ beikommen, die von den Unternehmen getragen werden
soll.
Der Klubobmann der Grazer Grünen, Mag. Hermann Candussi,
fürchtet, dass aus einem Verkauf der früheren kommunalen Monopolbetriebe
„letztendlich nichts anderes resultieren wird als die Herausbildung privater
Monopole, wie ja auch internationale Beispiele zeigen.“ Aber: „Ich bin
zuversichtlich, dass die Politik langsam wieder beginnt, sich ihrer Aufgaben
zu besinnen, statt alles der blinden Hand des Marktes zu überlassen.“
Wichtig sei, dass eine „Repolitisierung der öffentlichen Betriebe
mit ihrer Demokratisierung verbunden wird.“
Aus der Sicht der 1500 Beschäftigten bezieht die stellvertretende
Betriebsratsvorsitzende der Stadtwerke, Christine Warmuth, Stellung:
„Wir sind gerade im Energiebereich, bei Strom, Fernwärme und Gas,
ein Vorzeigebetrieb, das Netz ist gut gewartet, wir verfügen über
bestens aus gebildetes Personal… ich frage mich, was aus den anderen Bereichen
werden soll, wenn der Gewinn bringende Energie-Sektor veräußert
wird. Ich glaube auch nicht, dass das im Interesse der Grazerinnen und
Grazer ist – schon bei der Select-Kampagne hat man ja gemerkt, dass sie
Stadtwerke-Kunden bleiben wollen.“ Fraglich sei auch, was mit den Beschäftigten
der zu privatisierenden Betriebe geschehen werde: „Die Preissenkungen werden
letztendlich doch nur über Entlassungen und Rationalisierungen hereingespielt.“
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FP-Vizebgm. Peter Weinmeister: „Jetzt kann ein
strategischer Aufpreis erzielt werden“
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SP-Stadtrat Walter Ferk: „Maximal 25% plus eine
Aktie darf verkauft werden“
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KP-Stadtrat Ernest Kaltenegger: „Defizit des öffentlichen
Verkehrs durch eine Nahverkehrsabgabe ausgleichen“
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„Öffentlicher Dienst hat ein besseres
Image, als Privatisierungs-Ideologen uns glauben machen wollen“
Szenenwechsel – vor dem Landhaus. Am Info-Tisch des Komitees „Für
unsere Stadtwerke – Privatisierung Nein“ drängen sich die Unterschriftswilligen.
10.000 Unterschriften müssen gesammelt werden, damit sich der Gemeinderat
mit der Initiative auseinander setzen muss, die feststellt: „Die Stadtwerke
gehören allen Grazerinnen und Grazern. Das in jahrzehntelanger Arbeit
geschaffene Gemeingut darf nicht verkauft werden“ und vom Gemeinderat verlangt,
„sich klar gegen den Verkauf von Anteilen der Grazer Stadtwerke auszusprechen.“
An vorderster Front der Privatisierungs-Gegner steht der ehemalige ÖVP-Betriebsratsobmann
der Verkehrsbetriebe, Walter Rose: „Wir haben die Stadtwerke nach
dem Krieg aufgebaut und in unseren eigenen Zusatz-Pensionsfonds eingezahlt.
Als sie in eine AG umgewandelt wurden, haben wir vom damaligen Bürgermeister
Scherbaum die Zusicherung erhalten, dass diese Gelder nicht angetastet
würden; das war eine der Bedingungen für die Zustimmung der Gewerkschaft
zur Ausgliederung. Wenn die Stadtwerke in private Hände geraten –
wer haftet dann dafür ?“
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Grünen-Klubobmann Mag. Hermann Candussi:
„Repolitisierung und Demokratisierung der öffentlichen Betriebe“
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Stv. Betriebsratsvorsitzende Christine Warmuth:
„Wir sind ein Vorzeigebetrieb“
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ehem. ÖVP-Betriebsratsobmann der Verkehrsbetriebe
Walter Rose: „Wenn die Stradtwerke in andere Hände geraten, wer haftet
dann für unsere Pensionsfonds?“
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Und für Komitee-Mitglied Susanne Haydvogel „gilt letztendlich:
Privatisierungen betreffen immer nur jene Bereiche, die profitabel sind
– damit wird aber auch die soziale Ausgleichsfunktion öffentlicher
Betriebe untergraben.“ Die Arbeiterkammerrätin der grünen und
alternativen GewerkschafterInnen ist optimistisch: „In den Diskussionen
auf der Straße zeigt sich, dass die Grazerinnen und Grazer eine starke
Beziehung zu ihren kommunalen Betrieben haben und nicht wollen, dass dieses
von vielen Generationen geschaffene Gemeingut verschleudert wird. Der öffentliche
Dienst hat – nicht zu Unrecht – ein viel besseres Image, als uns die Privatisierungsideologen
glauben machen wollen.“
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Starker Andrang bei Unterschriftensammlungen des Komitees
gegen die Privatisierung der Stadtwerke. Unterschriftenlisten können
unter 0664 / 47 47 374 bestellt werden. |
In Deutschland gehen Volksentscheidungen über die Zukunft kommunaler
Betriebe inzwischen jedenfalls mit schöner Regelmäßigkeit
gegen die Privatisierungsbestrebungen aus. Bei einem solchen Referendum
in Erlangen, wo der dortige Oberbürgermeister vor drei Jahren selbst
für eine 40-prozentige private Beteiligung eingetreten war, sprachen
sich trotz hervorragender Angebote über 70 Prozent der BürgerInnen
dafür aus, die Stadtwerke weiterhin zu 100% im Eigentum der Stadt
zu behalten …
Stadtwerke-Strom: Neue Qualität unter
neuer Leitung
Die Grazer Stadtwerke AG hat den großen Bereich des Kundendientes
im Geschäftsbereich Strom nach ISO 9000 zertifiziert.
Kalifornische Schlagzeilen haben die Frage nach der Sicherheit der Stromversorgung
auch bei uns wieder aufleben lassen. Soweit es in ihrer Verantwortung liegt,
setzen deshalb die Grazer Stadtwerke auf Qualitätssicherung.
So wurde im Bereich Strom der Kundendienst zertifiziert – nicht nur
ein Leistungsbeweis, sondern auch von Vorteil für die Kunden, die
sich über folgende garantierte Leistungen freuen dürfen:
-
Organisation und Arbeitsweise des Unternehmens sind genau definiert und
festgelegt.
-
Materialien und Montagen entsprechen höchster Qualität und sind
jederzeit nachvollziehbar.
-
Störungsbehebung, 24 Stunden täglich, 365 Tage im Jahr.
-
Inbetriebnahme von Kundenanlagen innerhalb von 24 Stunden.
-
Erstellung verbindlicher Angebote innerhalb von 10 Tagen.
Dies vor folgendem Hintergrund: Die Kunden der Grazer Stadtwerke AG benötigen
nicht nur Jahr für Jahr mehr Strom, sondern auch Neuansschlüsse
und Erweiterungen (2000: 2.340 Anschlussanträge). Dem wachsenden Geschäfts-
und Anlagevolumen steht ein abnehmender Personalstand gegenüber (1980:
380 Mitarbeiter, 2000: 263 Mitarbeiter). Die Produktivität ist somit
in den letzten Jahrzehnten kräftig gestiegen und durchaus mit jener
privater Gesellschaften zu vergleichen. In der Stadt umfasst das Versorgungsgebiet
der Grazer Stadtwerke AG zwar nur 30% der Fläche, aber 64% der Grazer
leben in diesem Bereich. 45% des Umsatzes der Grazer Stadtwerke AG stammen
aus dem Stromgeschäft; es gibt 162.683 Abnehmeranlagen.
Dipl.-HTL-Ing. Max-Peter Fellner ist seit April neuer Leiter
des Geschäftsbereichs Strom. Er sieht die aktuellen Schwerpunkte seiner
neuen Aufgabe in der Steigerung der Kundenzufriedenheit durch Qualitätssicherung,
einer Ausweitung der Produktpalette und der Anpassung der Betriebsstrukturen
an die Erfordernisse des liberalisierten Marktes. (pr) |