03 / 2002
 
"Solidarisches Handeln ist die einzige Antwort auf einen entfesselten Markt"

Vom 3. – 10. April liegt das Volksbegehren für den Sozialstaat in den Gemeinde- und Bezirksämtern zur Unterschrift auf. Prominente steirische Unterstützer erläuterten vor MedienvertreterInnen, warum sie dem Volksbegehren ihre Stimme geben.

Robert Reithofer vom Verein ISOP, einer der Trägerorganisationen des Volksbegehrens, ist es ein Anliegen, dass der Wert „Sozialstaat“ entgegen neoliberaler Nulldefizit-Ideologie wieder positiv besetzt wird. 
Einig sind sich die Unterstützer auch darin, dass soziale Sicherheit eine Grundvoraussetzung für die Demokratie darstellt. 
"15 Mitgliedstaaten der EU haben soziale Grundrechte in ihrer Verfassung. Nur Österreich und Großbritannien nicht. Neben der Freiheit gehört auch die soziale Sicherheit als zentraler Wert unserer Gesellschaft endlich in den Grundrechtskatalog der Bundesverfassung", so LAbg. Kurt Gennaro, Vorsitzender der Gewerkschaft Metall-Textil.

Immer mehr sind auf das soziale Netz angewiesen
Gennaro kritisiert, dass nicht Arbeitslosigkeit, sondern die arbeitslosen Menschen bekämpft werden und damit die soziale Spaltung vorangetrieben wird. Mehrmaliger Arbeitsplatzwechsel, arbeitslose Zeiten, Zeiten mit Teilzeitbeschäftigung bis zum Herausfallen aus dem Arbeitsmarkt als so genannte "Minderleister" zeichnen die zunehmend unsicherer werdende Situation auf dem Arbeitsmarkt aus. Es gibt also immer häufiger Situationen im Leben eines jeden Menschen, in denen er/sie auf das soziale Netz angewiesen ist. "Solidarisches Handeln ist die einzige Antwort auf einen entfesselten Markt. Weil freiwillige Solidarität nur bedingt funktioniert, muss der Staat auch die Solidarität mit den Schwachen einfordern um die Gesellschaft nicht auseinander brechen zu lassen", argumentiert Josef Riedl, Betriebsseelsorger aus Kapfenberg.

Eine Aufgabe des Staates
Pfarrer Wolfgang Pucher warnt: "Wenn begonnen wird, wirtschaftliche Interessen über die soziale Absicherung zu stellen, ist unsere ganze Aufmerksamkeit gefordert. So wie es unser aller Auftrag ist, sich nicht aus der Verantwortung dem Nächsten gegenüber davonzuschleichen, ist es erst recht die Aufgabe eines demokratischen Staates, das soziale Netz so zu knüpfen, dass ein Abgleiten in die Armut und damit die Ausgrenzung verhindert wird." 
 

Pucher: „Staat muss Armut und Ausgrenzung verhindern“, Gennaro: „Soziale Spaltung darf nicht weiter vorangetrieben werden“

"Österreich ist ein Sozialstaat"
Ziel des Volksbegehrens ist es, dass dem Artikel 1 der österreichischen Bundesverfassung ("Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.") ein zweiter Absatz hinzugefügt wird:
"Österreich ist ein Sozialstaat. Gesetzgebung und Vollziehung berücksichtigen die soziale Sicherheit und Chancengleichheit der in Österreich lebenden Menschen als eigenständige Ziele. Vor Beschluss eines Gesetzes wird geprüft, wie sich dieses auf die soziale Lage der Betroffenen, die Gleichstellung von Frauen und Männern und den gesellschaftlichen Zusammenhalt auswirkt (Sozialverträglichkeitsprüfung). Die Absicherung im Fall von Krankheit, Unfall, Behinderung, Alter, Arbeitslosigkeit und Armut erfolgt solidarisch durch öffentlich-rechtliche soziale Sicherungssysteme. Die Finanzierung der Staatsausgaben orientiert sich am Grundsatz, dass die in Österreich lebenden Menschen einen ihrer wirtschaftlichen und sozialen Lage angemessenen Beitrag leisten."

Unterstützt wird das Volksbegehren in der Steiermark von Sozial-, Bildungs- und Jugendeinrichtungen ebenso wie vom ÖGB, der Arbeiterkammer, dem Steirischen PensionistInnenverband, der ÖH und der Katholischen ArbeitnehmerInnenbewegung.

Der Verein ISOP veranstaltet am 5.4. im Kulturzentrum bei den Minoriten eine ISOP-Weltnacht für das Volksbegehren, u.a. mit Josef Hader.

Info unter:
www.sozialstaat.at


 
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