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SÖBs: "Kernaufgabe bleibt
die Integration"
Die Ankündigung des Arbeitsmarktservice, heuer Einsparungen
bei den sozialökonomischen Betrieben (SÖBs) vornehmen zu müssen
– wir berichteten –, hat zu teilweise heftigen Reaktionen der SÖB-Verantwortlichen
geführt.
KORSO bat den neu bestellten AMS-Steiermark-Chef Dr. Helfried
Faschingbauer und den Geschäftsführer der Gleisdorfer "Chance
B", Franz Wolfmayr, zu einem kontroversiellen Gespräch.
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AMS-Chef Helfried Faschingbauer (li): "Wir
müssen genauer auf die Zielerreichung sehen"; "Chance B"-Geschäftsführer
Franz Wolfmayr (re): "Mainstreaming-Prinzip soll auch für sozialökonomische
Betriebe gelten" |
KORSO: Die Sorge um die Reintegration der Langzeitarbeitslosen
eint das AMS und die SÖBs als Träger von Wiedereingliederungsmaßnahmen.
Dennoch gibt es jetzt Unstimmigkeiten wegen der finanziellen Kürzungen
…
Faschingbauer: Zunächst: Wir haben einfach weniger Mittel
zu vergeben, weil wir selbst weniger bekommen. Auf der anderen Seite müssen
wir feststellen: Viele Langzeitarbeitslose wurden integriert, die Maßnahmen
waren ja wirksam, und gleichzeitig hat sich der Bedarf der Wirtschaft geändert:
Vor allem im automotiven Sektor werden Fachkräfte mit entsprechenden
Qualifikationen benötigt. Vor diesem Hintergrund haben wir zum Beispiel
ein neues Beschäftigungs-Qualifizierungsprojekt in der Oststeiermark
geschaffen, wo auch Langzeitarbeitslose speziell für diesen Bereich
qualifiziert werden.
Wolfmayr: Was das Budget betrifft, so versuchen wir gemeinsam
mit dem AMS die Mittel für unsere Zielgruppen zu sichern; wir sitzen
da im gleichen Boot. Was den angeblichen Rückgang der Klienten-Zahlen
betrifft, kann ich nur sagen. Das stimmt so nicht.
KORSO: Herr Wolfmayr, im Statement von Dr. Faschingbauer ist
implizit der Vorwurf enthalten, dass die SÖBs sich nicht an den neuen
Bedarf angepasst hätten …
Wolfmayr: Wir entwickeln Veränderungsvorschläge; aber
uns sind dabei auch Grenzen gesetzt: Wir werden zwar als privatwirtschaftlich
agierende Betriebe wahrgenommen, aber dort, wo wir im Auftrag des AMS arbeiten,
sind wir durch sehr viele Richtlinien gebunden, die uns unflexibel machen.
Faschingbauer: Ich möchte noch einmal auf die Erfolgskriterien
zu sprechen kommen. Es stimmt, dass wir in den letzten Jahren genauer auf
die Erreichung der Ziele sehen – einfach deswegen, weil die Mittelverteilung
an den Zielerreichungsgrad gekoppelt wurde. Und wir haben in der Steiermark
das Ziel, Langzeitarbeitslose in Beschäftigung zu bringen, meilenweit
verfehlt, obwohl wir österreichweit am meisten Geld dafür ausgegeben
haben. Das heißt ganz klar, dass die Personen, die in den SÖBs
aufgenommen wurden, zu einem zu großen Teil nicht langzeitarbeitslos
waren, sondern in andere Problemgruppen fielen.
KORSO: Was passiert mit diesen Personen – fallen die jetzt aus
den Maßnahmen heraus?
Faschingbauer: Nein, für diese Gruppen müssen andere Möglichkeiten
geschaffen werden. Wir haben ja aus diesem Grund etwa zusammen mit der
Stadt Graz die Jugendarbeitsstiftung ins Leben gerufen.
Wolfmayr: Mir ist sehr wichtig, dass diese Zielgruppen nicht
hinausfallen. In der EU gilt das Mainstreaming-Prinzip, das heißt,
dass z.B. behinderte Menschen über die gleichen Strukturen in Arbeit
kommen und die gleichen Chancen haben sollen wie andere auch. Wenn wir
für alle Zielgruppen, die nicht in die Kernaufgabenstellung des AMS
fallen, andere Zuständigkeiten aufbauen, entspricht das nicht diesem
Prinzip.
Faschingbauer: So streng trennen wir ohnehin nicht, wir lassen
bis zu 25% an Personen zu den SÖB-Maßnahmen zu, die nicht der
Zielgruppe der Langzeitarbeitslosen angehören. Aber: Jetzt sind Strukturänderungen
und mehr Phantasie nötig. Gemessen an den anderen Bundesländern
ist die Integration eines Langzeitarbeitslosen in der Steiermark sehr teuer.
Wolfmayr: Den Vorwurf der Phantasielosigkeit kann ich so nicht
stehen lassen. Es gibt SÖBs, die direkt Kooperationen mit Unternehmen
in Form von Arbeitsüberlassungsverträgen eingehen. Und: Darüber
hinaus gab es zum Beispiel eine enorme Steigerung der Eigenerlöse
bei den SÖBs, wobei sich immer ein Grundwiderspruch dieses Modells
auftut: Wenn ich entsprechend meiner Aufgabe die Leistungsträger des
Unternehmens schnell vermittle, dann sinken die Umsatzerlöse rasch.
Faschingbauer: Richtig, wir haben Spitzenwerte bei der Eigenerwirtschaftung.
Die Kernaufgabe muss aber die Integration bleiben.
Das Gespräch mit Helfried Faschingbauer und Franz Wolfmayr führte
Christian Stenner. |