03 / 2002
 
SÖBs: "Kernaufgabe bleibt die Integration"

Die Ankündigung des Arbeitsmarktservice, heuer Einsparungen bei den sozialökonomischen Betrieben (SÖBs) vornehmen zu müssen – wir berichteten –, hat zu teilweise heftigen Reaktionen der SÖB-Verantwortlichen geführt.
KORSO bat den neu bestellten AMS-Steiermark-Chef Dr. Helfried Faschingbauer und den Geschäftsführer der Gleisdorfer "Chance B", Franz Wolfmayr, zu einem kontroversiellen Gespräch.
 

AMS-Chef Helfried Faschingbauer (li): "Wir müssen genauer auf die Zielerreichung sehen"; "Chance B"-Geschäftsführer Franz Wolfmayr (re): "Mainstreaming-Prinzip soll auch für sozialökonomische Betriebe gelten"

KORSO: Die Sorge um die Reintegration der Langzeitarbeitslosen eint das AMS und die SÖBs als Träger von Wiedereingliederungsmaßnahmen. Dennoch gibt es jetzt Unstimmigkeiten wegen der finanziellen Kürzungen …
Faschingbauer: Zunächst: Wir haben einfach weniger Mittel zu vergeben, weil wir selbst weniger bekommen. Auf der anderen Seite müssen wir feststellen: Viele Langzeitarbeitslose wurden integriert, die Maßnahmen waren ja wirksam, und gleichzeitig hat sich der Bedarf der Wirtschaft geändert: Vor allem im automotiven Sektor werden Fachkräfte mit entsprechenden Qualifikationen benötigt. Vor diesem Hintergrund haben wir zum Beispiel ein neues Beschäftigungs-Qualifizierungsprojekt in der Oststeiermark geschaffen, wo auch Langzeitarbeitslose speziell für diesen Bereich qualifiziert werden. 
Wolfmayr: Was das Budget betrifft, so versuchen wir gemeinsam mit dem AMS die Mittel für unsere Zielgruppen zu sichern; wir sitzen da im gleichen Boot. Was den angeblichen Rückgang der Klienten-Zahlen betrifft, kann ich nur sagen. Das stimmt so nicht.

KORSO: Herr Wolfmayr, im Statement von Dr. Faschingbauer ist implizit der Vorwurf enthalten, dass die SÖBs sich nicht an den neuen Bedarf angepasst hätten …
Wolfmayr: Wir entwickeln Veränderungsvorschläge; aber uns sind dabei auch Grenzen gesetzt: Wir werden zwar als privatwirtschaftlich agierende Betriebe wahrgenommen, aber dort, wo wir im Auftrag des AMS arbeiten, sind wir durch sehr viele Richtlinien gebunden, die uns unflexibel machen.
Faschingbauer: Ich möchte noch einmal auf die Erfolgskriterien zu sprechen kommen. Es stimmt, dass wir in den letzten Jahren genauer auf die Erreichung der Ziele sehen – einfach deswegen, weil die Mittelverteilung an den Zielerreichungsgrad gekoppelt wurde. Und wir haben in der Steiermark das Ziel, Langzeitarbeitslose in Beschäftigung zu bringen, meilenweit verfehlt, obwohl wir österreichweit am meisten Geld dafür ausgegeben haben. Das heißt ganz klar, dass die Personen, die in den SÖBs aufgenommen wurden, zu einem zu großen Teil nicht langzeitarbeitslos waren, sondern in andere Problemgruppen fielen.

KORSO: Was passiert mit diesen Personen – fallen die jetzt aus den Maßnahmen heraus?
Faschingbauer: Nein, für diese Gruppen müssen andere Möglichkeiten geschaffen werden. Wir haben ja aus diesem Grund etwa zusammen mit der Stadt Graz die Jugendarbeitsstiftung ins Leben gerufen.
Wolfmayr: Mir ist sehr wichtig, dass diese Zielgruppen nicht hinausfallen. In der EU gilt das Mainstreaming-Prinzip, das heißt, dass z.B. behinderte Menschen über die gleichen Strukturen in Arbeit kommen und die gleichen Chancen haben sollen wie andere auch. Wenn wir für alle Zielgruppen, die nicht in die Kernaufgabenstellung des AMS fallen, andere Zuständigkeiten aufbauen, entspricht das nicht diesem Prinzip.
Faschingbauer: So streng trennen wir ohnehin nicht, wir lassen bis zu 25% an Personen zu den SÖB-Maßnahmen zu, die nicht der Zielgruppe der Langzeitarbeitslosen angehören. Aber: Jetzt sind Strukturänderungen und mehr Phantasie nötig. Gemessen an den anderen Bundesländern ist die Integration eines Langzeitarbeitslosen in der Steiermark sehr teuer.
Wolfmayr: Den Vorwurf der Phantasielosigkeit kann ich so nicht stehen lassen. Es gibt SÖBs, die direkt Kooperationen mit Unternehmen in Form von Arbeitsüberlassungsverträgen eingehen. Und: Darüber hinaus gab es zum Beispiel eine enorme Steigerung der Eigenerlöse bei den SÖBs, wobei sich immer ein Grundwiderspruch dieses Modells auftut: Wenn ich entsprechend meiner Aufgabe die Leistungsträger des Unternehmens schnell vermittle, dann sinken die Umsatzerlöse rasch.
Faschingbauer: Richtig, wir haben Spitzenwerte bei der Eigenerwirtschaftung. Die Kernaufgabe muss aber die Integration bleiben.

Das Gespräch mit Helfried Faschingbauer und Franz Wolfmayr führte Christian Stenner.


 
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