12 / 2000
  „Schwulenehe“: Keine Budgetbelastung

In Deutschland wurde mit dem „Lebenspartnerschaftsgesetz“ soeben ein Rechtsinstitut für gleichgeschlechtliche PartnerInnen eingeführt. In zahlreichen europäischen Ländern bestehen bereits Rechtsinstitute für Lesben und Schwule, die praktisch dieselben Rechte und Pflichten wie eine Ehe mit sich bringen. Im Auftrag des Ludwig Boltzmann Instituts zur Analyse wirtschaftspolitischer Aktivitäten wurde nun eine Studie veröffentlicht, welche finanziellen Auswirkungen auf die öffentlichen Hände diese Gleichstellung in Österreich hätte. Korso befragte einen der Koautoren.

Korso: Was war der Hintergrund für diese Untersuchung?
Weingand: Die Lesben- und Schwulenbewegung in Österreich wird bei der Forderung nach rechtlicher Absicherung gleichgeschlechtlicher Beziehungen immer mit dem Argument konfrontiert, dass diese Maßnahme das Budget belastet. Um auf dieses Argument eingehen zu können, haben wir aufgrund der Erfahrungen in den skandinavischen Ländern und der Niederlande die Kosten auf 50 Jahre durchgerechnet.

Korso: Und würde die Gleichbehandlung von Lesben und Schwulen zu einem Budgetkollaps führen?
Weingand: Keineswegs. Homosexuelle Paare in einem der Ehe gleichgestellten Rechtsinstitut übernehmen ja nicht nur Rechte – z.B. Familienzuschlag bei Arbeitslosigkeit –, sondern auch Pflichten, so etwa bei der Einbeziehung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe. In der wahrscheinlichsten Variante profitiert der Bund die ersten 20 Jahre. Kumuliert hat bis 2050 jede gleichgeschlechtliche Paarschließung nur ca. 28.000 öS gekostet. Und die Bundesländer ersparen sich von Anfang an Ausgaben.
 

Weingand: Gleichbehandlung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften ist nur eine politische und keine ökonomische Frage

Korso: Und bei der Hinterbliebenenversorgung?
Weingand: Da zahlen Lesben und Schwule derzeit anteilsgemäß für die Hinterbliebenenversorgung, die sie aber nicht in Anspruch nehmen können, in einem Jahr so viel ein, dass das System damit über 40 Jahre lang für gleichgeschlechtliche PartnerInnen finanzierbar ist.

Korso: Welche Schlüsse kann man daraus ziehen?
Weingand: Die Gleichbehandlung gleichgeschlechtlicher PartnerInnenschaften ist frei von ökonomischen Sachzwängen. Es reduziert sich auf die politische Frage, ob der Gesetzgeber in Österreich gegen alle internationale Trends den Lebenspartner auch weiterhin vor dem Gesetz als „Fremden" betrachten will oder nicht.

Karin Pirolt, Hans-Peter Weingand, Kurt Zernig: „Was wäre wenn? Eingetragene Partnerschaften von Lesben und Schwulen in Österreich“. 146 Seiten, 
ATS 195,-- ; ISBN 3-902080-00-0
Bestellbar bei den Rosalila PantherInnen, Tel. 32 80 80, oder unter rlp@homo.at
 

 

 
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