12 / 2000
  Frauenförderung als Hürdenlauf

Seit acht Jahren gibt es Frauenförderpläne – theoretisch. Um der praktischen Durchsetzung auf die Beine zu helfen veranstalteten AK und GPA eine Informationsveranstaltung, die noch immer vorhandene Hürden betrieblicher Frauenförderung aufzeigte, aber auch Tipps zum Überspringen der Hindernisse gab.

„Kein 110-Meter-Hürdensprint, sondern eher ein 3000-Meter-Hindernislauf“ sei der Weg zur Gleichstellung von Männern und Frauen in der Arbeitswelt. Mit dieser wenig optimistischen Einschätzung eröffnete AK-Präsident Walter Rotschädl die Veranstaltung „Hürdenlauf zur Frauenförderung“. Das Ziel ist also noch weit entfernt. Eine der großen Hürden auf dem Weg dorthin ist das Nichtwissen um bereits vorhandene Möglichkeiten zur betrieblichen Frauenförderung – das ergab eine Umfrage des Landesfrauenausschusses der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) in Zusammenarbeit mit dem Frauenreferat der steirischen Arbeiterkammer. Im Vorjahr wurden die weiblichen Betriebsräte befragt, heuer die fast durchwegs männlichen Betriebsratsvorsitzenden. „Während knapp zwei Drittel der Betriebsrätinnen den Begriff Frauenförderplan zumindest kennen, sind weniger als die Hälfte der Männer mit dem Begriff vertraut“, resümierte die Frauenreferentin der AK, Mag. Bettina Schrittwieser. Um die Ergebnisse der Befragung zu präsentieren und die vorhandenen Wissenslücken zu füllen veranstalteten AK und GPA gemeinsam einen Informationstag für Betriebsräte.

Rechtlich besser verankern
Noch unbekannter als der Begriff Frauenförderplan ist dessen Zweck: Nur 43% der männlichen Betriebsratsvorsitzenden konnten diesen angeben, an eine gesetzliche Verankerung glaubt gar nur ein Fünftel. Diese Uninformiertheit ist umso prekärer als es Aufgabe des Betriebsrates ist, mit dem Arbeitgeber derartige Fördermaßnahmen zu verhandeln.
Vergleichsweise am besten informiert sind laut Umfrage die Arbeitnehmervertreter in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten – eine Tatsache, die Mag. Verena Kokoschinegg, Frauensekretärin der GPA, nicht wundert: „In Großbetrieben gibt es freigestellte Betriebsräte, die mehr Zeit für Weiterbildung haben.“
Auch wenn die Möglichkeit noch kaum genutzt wird: Der Frauenförderplan ist als fakultative Betriebsvereinbarung im Arbeitsverfassungsgesetz verankert – seit acht Jahren schon. Und seit 1998 kann der Betriebsrat den Arbeitgeber sogar dazu zwingen, gemeinsam Maßnahmen betrieblicher Frauenförderung zumindest zu diskutieren. Zustande kommt eine Betriebsvereinbarung allerdings nach derzeitiger Rechtslage nur im Einvernehmen. Ein Punkt, an dem AK-Präsident Rotschädl heftig Kritik übte. Er fordert, die Betriebsleitung müsse zur Frauenförderung verpflichtet werden können.

Weg vom Einzelkampf
Aber nicht die Hürden auf dem Weg zur beruflichen Gleichbehandlung sollten im Vordergrund der Veranstaltung stehen, sondern Ansätze, die Hindernisse zu überwinden. An Infoständen konnten sich die Teilnehmer der Veranstaltung daher persönlich von Expertinnen beraten lassen.
Die Gleichbehandlungsanwältin Dr. Ingrid Nikolay-Leitner betonte einmal mehr die Vorteile, wenn Frauen sich in so genannte Männerdomänen wagen: bessere Bezahlung und gerade im technischen Bereich bessere Berufschancen. Allerdings sollte frau nicht glauben, aufgrund guter Qualifikation diskriminierungsfrei durchs Berufsleben zu kommen. Spätestens nach 15 Jahren, wenn es um beruflichen Aufstieg gehe, spürten die meisten Frauen Benachteiligung. Besonders dort, wo sie noch als Einzelkämpferinnen auftreten, so die Erfahrung der Gleichbehandlungsanwältin. Frauen müssten mindestens ein Drittel einer Arbeitsgruppe stellen, dann erst höre geschlechterspezifisches Mobbing auf.
Der gerade von gut ausgebildeten Frauen praktizierte Gebärstreik nutze jedenfalls nichts: Am Ende des Berufslebens seien die Einkommensunterschiede zwischen Frauen mit und ohne Berufsunterbrechung marginal – die große Differenz bestehe zwischen den Geschlechtern, zitierte Nikolay-Leitner eine aktuelle Studie des Wirtschaftsministeriums. Die Gleichbehandlungsanwältin bekennt sich daher zur positiven Diskriminierung: „Gleichstellung wird ohne spezielle Frauenförderung nicht erreicht werden können.“
 
Mag. Bettina Schrittwieser (AK): Weniger als die Hälfte der Männer kennen den Begriff Frauenförderung; AK-Präsident Walter Rotschädl: Betriebsleitungen zur Frauenförderung verpflichten;   GPA-Frauensekretärin Mag. Verena Kokoschinegg: Am besten informiert sind Arbeitnehmervertreter in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten;  (v. l.)

Noch kein Endspurt
Optimistischer zeigte sich Mag. Regina Senarclens de Grancy vom Büro für Ausbildungs- und Beschäftigungsentwicklung (BAB). Langsam entdeckten auch die Arbeitgeber die Vorteile der Frauenförderung, schließt sie aus ihrer Berufserfahrung. Zwar sei der finanzielle Nutzen der Frauenförderung erst mittelfristig sichtbar, aber „ein gut gemischtes Team vereint verschiedene Qualifikationen und bringt dadurch Wettbewerbsvorteile“, so de Grancy. Auch würden Kundinnen gerne durch weibliches Verkaufspersonal betreut – ein Grund beispielsweise für Baumärkte, sich in letzter Zeit verstärkt um Mitarbeiterinnen zu bemühen. Daneben sind es vor allem Betriebe aus der Informationstechnologie-Branche, die sich beim BAB nach Frauenqualifizierungsprogrammen erkundigen.
 
Gleichbehandlungsanwältin Dr. Ingrid Nikolay-Leitner: Frauen sollen Männerdomänen erobern! Mag. Regina Senarclens de Grancy, BAB: Langsam entdeckten auch die Arbeitgeber die Vorteile der Frauenförderung, Mag. Ursula Strohmayer, Betriebsratsvorsitzende in der AK: Männlich dominierte Führungsebenen stehen fortbildungswilligen Frauen  noch skeptisch gegenüber (v. l.)

Ein Anrecht auf Qualifizierung sollte auch Kernpunkt eines Frauenförderplanes sein. Gerade daran würden die Betriebsvereinbarungen allerdings häufig scheitern, meint Mag. Ursula Strohmayer, Betriebsratsvorsitzende der AK: „Arbeitgeber fürchten erhöhte Ausgaben durch schriftlich fixierte Rechte – die notfalls auch einklagbar sind.“ Auch stehe die zumeist männlich dominierte Führungsebene aufstiegshungrigen Frauen (und warum sonst sollten sie sich fortbilden?) noch skeptisch gegenüber. Doch langfristig könne nur die Gleichstellung im Berufsleben die Arbeitszufriedenheit gewährleisten, ist Strohmayer überzeugt. Dass sich Frauen bereits im Endspurt zur beruflichen Gleichstellung befinden, glaubt sie allerdings ebenso wenig wie der AK-Präsident.falls nichts: Am Ende des Berufslebens seien die Einkommensunterschiede zwischen Frauen mit und ohne Berufsunterbrechung marginal – die große Differenz bestehe zwischen den Geschlechtern, zitierte Nikolay-Leitner eine aktuelle Studie des Wirtschaftsministeriums. Die Gleichbehandlungsanwältin bekennt sich daher zur positiven Diskriminierung: „Gleichstellung wird ohne spezielle Frauenförderung nicht erreicht werden können.“

Ujs
 

 
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