Dr.
Karl Zimmermann. Leiter der betriebswirtschaftlichen Abteilung der Grazer
Stadtwerke
KORSO:
In den Medien gab es „kryptische“ Meldungen bezüglich Auflösung
des Liefervertrages mir der Steweag.
Zimmermann:
Daran ist gar nichts Kryptisches. Es geht ganz konkret darum, dass es mit
1. Oktober 2001 sicherlich ganz neue Umstände aufgrund der Strommarktliberalisierung
geben wird. Und daher können und wollen wir nicht mehr auf der Basis
des alten Vertrages unseren Strom weiterhin von der STEWEAG beziehen. Die
Vertragskündigung ist daher eine reine formaljuristische Angelegenheit.
KORSO:
Was erhofft man sich von einem neuen Vertrag?
Zimmermann:
Ganz einfach, dass der an uns gelieferte Strom billiger sein soll. Es kann
doch nicht sein, dass es eine 100% Marktöffnung gibt und diese an
den Grazer Stadtwerken gänzlich vorbeigeht.
KORSO:
Was ist die Ansicht der Steweag dazu?
Zimmermann:
Sie ist selbstverständlich anderer Meinung und beruft sich darauf,
dass wir noch bis 2011 an sie vertraglich gebunden wären. Doch es
ist so, dass es vor fast 40 Jahren – 1963 - einen Vertragsabschluss gegeben
hat Das ist daher Schnee von gestern.
KORSO:
Gäbe es für die Stadtwerke denn auch die Möglichkeit, sich
andere Stromlieferanten zu suchen?
Zimmermann:
Ich gehe davon aus, das es mit der Steweag keinen Streit geben wird. Es
ist ganz einfach: Wir werden mit dem derzeitigen Vertrag sicher nicht weiter
verhandeln, sondern fordern, dass der neue Vertrag marktkonform sein muss.
Eine Fortsetzung eines monopolistischen Denkens durch die Steweag ist jedoch
nicht möglich.
KORSO:
Es gibt andere steirische Energieversorger, wie die Energy Services, die
einen neuen Partner gefunden haben. Ist das auch für die Stadtwerke
möglich?
Zimmermann:
Natürlich ist mit der Kündigung des Vertrages verbunden, dass
man bei der Lieferantenwahl frei sein kann. Und sicher ist es für
die Steweag bequemer, wenn sie weiß, dass sie mit den Grazer Stadtwerken
einen Sicherheitsanker haben. Aber man könnte der Steweag auch sagen,
dass es eine EU-Rechtssprechung gibt, die besagt, dass Verträge mit
längerer Vertragsdauer, also bereits ab 3 Jahren, bedenklich bzw.
sittenwidrig ist. Denn es ist eine Philosophie der EU, dass jeder längere
Vertrag den Wettbewerb behindert.
KORSO:
Würde ein Ausstieg aus der Marke Select nicht auch große Nachteile
bringen?
Zimmermann:
Es wäre für uns sicher ein Unterschied. Aber es muss alles stimmen,
auch der Strompreis.
KORSO:
Was heißt eigentlich „Partner“ wenn man von der Steweag die Strommarke
Select geliefert bekommt?
Zimmermann:
Wir haben als Select-Vertriebspartner mit dem Marktführer bzw. -verkäufer
eine gleichlautende Interessenslage und agieren daher bei der Vermarktung
partnerschaftlich.
KORSO:
Bringt eine eigene Strommarke überhaupt mehr KundInnen? Bzw. muss
es in Zukunft zum Strom noch weitere zusätzliche Dienstleistungen
für die KundInnen geben?
Zimmermann:
Diese Zusatzleistungen sind sicher für den Kunden etwas Greifbares
und Realistisches. Es bringt eine Bewusstseinsbildung und einen Bekanntheitsgrad.
Aber eine Strommarke alleine bringt sicher keinen Nutzen, wenn etwa der
No-Name-Strom billiger ist.
KORSO:
Kann man zu den Verhandlungen mit der Steweag schon Genaueres sagen?
Zimmermann:
Nein, derzeit sind wir in Verhandlungen.
KORSO:
Wir danken für das Gespräch!
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