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Mag.
Hans Windisch, Direktor der Brucker Stadtwerke und Geschäftsführer
der Energy Services
Korso:
Nach längeren Verhandlungen mit der Steweag um einen zukünftigen
Liefervertrag hat Energy Services nun angeblich einen neuen Stromlieferanten
gefunden?
Windisch:
Ja da stimmt, Genaueres kann jedoch erst Mitte März 2001 bekannt gegeben
werden.
Korso:
Warum sind Verhandlungen mit Steweag gescheitert?
Windisch:
Wir hätten die Select-Strommarke ohne Wenn und Abers abnehmen müssen.
Dafür hätte ich dann eben den Vastic bekommen mit seiner Tätowierung.
Aber trotzdem wir fast ein Jahr lang konkret mit der Steweag verhandelt
haben, war es nicht möglich, von diesen den Strompreis zu erfahren.
Aber ich meine doch, dass den Kunden und auch uns eben mehr der Strompreis
als etwa das Werbesujet Vastic interessiert.
Die
Steweag hat hier taktische Spielchen gespielt und sich nicht an ein marktübliches
Verhalten gehalten. So nach der Devise: Wir werden schon alle aufkaufen,
warum sollen wir sie mit Strom beliefern bzw. ihnen den Preis dafür
nennen (so haben etwa die Kapfenberger Stadtwerke auch überraschend
mit der Steweag eine Partnerschaft geschlossen). Steweag wollte uns den
Strom alleine nicht verkaufen, sondern nur im Ganzen. Zur Argumentation
der Steweag gehört auch, dass unsere Absage – ihrer Ansicht nach –
letztendlich die steirische Stromwirtschaft und damit letztendlich Arbeitsplätze
gefährden würde. Abgesehen, dass das so nicht stimmt, finde ich
einen solchen recht emotionellen Verhandlungsstil nicht unbedingt professionell.
Korso:
Welche Vorteile hätten sie von der Select-Strommarke?
Windisch:
Das haben wir uns auch ein Jahr lang gefragt. Im Endeffekt keinen. Im Gegenteil:
Wir hätten für die Benützung der Marke sogar noch die teuren
Werbekampagnen (wie etwa die wiederholten Inserate in den steirischen Printmedien)
mit zahlen müssen.
Und
ich bin skeptisch, ob den Steirern eine Strommarke wichtig ist. Spezialisten
meinen auch, dass hier eher viel Geld investiert wird für eher wenig
Output.
Korso:
Die Select-Stromabnehmer werden ja als Partner bezeichnet.
Windisch:
Aber im Endeffekt heißt das nur, dass die Preiskompetenz weg ist.
Denn es gibt dann nur mehr einen Strompreis. Und ob das die gewünschte
Liberalisierung ist, wenn es dann nur einen Stromanbieter in der Steiermark
gäbe, das ist die Frage. Insofern ist es gut, wenn der Mief von 1000
Jahren im steirischen Stromgeschäft durch die Liberalisierung beseitigt
wird. Das Problem ist nur, dass man hier sehr emotional und damit unprofessionell
vorgeht. Und das ist gerade unter Leuten, die seit langer Zeit zusammen
arbeiten nicht so angenehm. Dabei fragt man nur um den Preis für die
Ware an. Aber im Stromgeschäft ist sehr viel virtuell und auch die
Markenbildung ist eine sehr virtuelle Diskussion.
Korso:
Was ändert sich denn durch die Liberalisierung?
Windisch:
Die Stromrechnung wird dann laut dem gerate in Verhandlung befindlichen
Steirischen ELWOG zwei Komponenten aufweisen, zum einen den Preis
für das Stromnetz (das den EVU gehört und der derzeit etwa noch
1,3 Schilling ausmacht, also sehr teuer ist) , durch den die Stromenergie
fließt und zum anderen der Preis für die gelieferte Ware, den
Strom. Und hier muss dann laut geplanten § 39 dieses Ausführungsgesetzes
zum Bundes-ELWOG ab 1. Oktober in der Jahresstromendrechnung ausgewiesen
werden, woher und aus welcher Primärenenergiequelle der Strom kommt.
Und hier ist es so, dass wir von den Energy Services eben keinen Atomstrom
aus Temelin, der Ukraine oder Frankreich haben wollen. Darum haben wir
uns einen Partner gesucht haben, der Wasserkraft aus dem Alpenbereich nutzt.
Die Steweag jedoch gehört zu einem Viertel dem französischen
Konzern EdF und dieser wiederum produziert zu 80% Atomstrom. Es ist daher
unwahrscheinlich, dass die Steweag von dort keinen Strom bezieht. Wobei
Strom ja nicht lagerfähig ist und auch aufgrund der physikalischen
Gesetze maximal 500 km fließt. Das heißt, der französische
Atomstrom wird dort ins Netz gespeist und kommt dann eben nur bis Deutschland.
Wir bekommen dafür dann eben deutschen Atomstrom. Es ist ja auch der
Ökostrom, der bei uns verkauft wird und in Sizilien von einem Windkraftwerk
eingespeist wird, nicht mehr der „originale“ Strom. Es ist vergleichbar
einem See. Wenn etwas irgendwo entnommen wird, dann muss das wieder aufgefüllt
werden. Und gibt es mehr Nachfrage nach Unternehmen, die Atomstrom produzieren,
werden diese auch wieder mehr produzieren.
Aber
auch trotz des neuen Partners wollen wir auch weiterhin 50% unseres Stroms
bei der Steweag kaufen – nur diese will ihn uns nicht verkaufen und dazu
können wir sie nicht zwingen.
Korso:
Select wirbt mit einem größeren Kundenservice-Angebot.
Windisch:
Es gibt in der Steiermark 65 Energierversorgungsunternehmen. Viele haben
dieses Problem nicht. Denn wenn ich nur 5000-10.000 Kunden habe, dann gibt
es hier noch eine viel persönlichere Kundenbindung. Wenn einer ein
Problem hat, dann kennt er jemanden beim Stadtwerk oder er kennt wiederum
einen Bekannten, ruft dort mal an und schimpft sich aus und damit hat es
sich erledigt. Da muss ich nicht eine anonyme Nummer anrufen, wo ich zuerst
einmal bei einem Call-Center in Irland oder sonst wo hinkomme. Große
hingegen, die brauchen dazu eben eigene Hilfsorganisationen.
Und
für die Steweag macht die ganze enorme Werbestrategie erst dann Sinn,
wenn sie etwa 500.000 Abnehmer haben. Derzeit hat die Steweag aber erst
an die 200.000 und durch die Stadtwerke Graz bekämen sie etwa 100.000
dazu. Der gigantische Aufwand muss ja auf viele Kunden verteilt werden
und im Endeffekt zahlt diesen Aufwand erst wieder der Kunde.
Korso:
Aber bei der Steweag betont man, dass man ja auch ein 24-stündiges
Telefonservice anbieten kann.
Windisch:
Es gibt ja aber auch bereits jetzt schon bei jedem kleinen Verteilsnetzbetreiber,
so auch bei uns, aber auch bei der Steweag, Personal, das 24 Stunden telefonisch
erreichbar ist und auch zu mir in der Nacht nach Hause kommt, wenn ich
z.B keinen Strom habe. Heute heißt das eben Kundenservice, früher
hieß es Versorgungssicherheit.
Korso:
Kann man überhaupt neben der Steweag oder Select-Strommarke existieren?
Windisch:
Selbstverständlich. Wir haben die gleichen Chancen und Risken. Wenn
unsere KundInnen zufrieden sind, werden sie bleiben, ansonsten eben nicht.
KORSO:
Wir danken für das Gespräch!
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