03 / 2001
 
Ing. Rupert Portugaller, Direktor der Feistritzwerke Gleisdorf

KORSO: Welche Auswirkungen erwarten Sie konkret für die Feistritzwerke durch die kommende Strommarktliberalisierung für Ihr Unternehmen bzw. für die KundInnen? 
Portugaller: In der liberalisierten Welt des Strommarktes muss man zwischen Stromerzeugung, Stromhandel und Netzbetrieb unterscheiden. Während letzteres weiter ein Monopol bleiben wird, gelten für Stromerzeugung und Stromhandel die Gesetze des freien Marktes. Das heißt, Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Da es zur Zeit zu viel Strom gibt, werden die Preise für Strom erst einmal sinken. Man darf sich allerdings nicht zu viel erwarten, da Gas und Öl zur Stromerzeugung gebraucht werden und die Preise dafür angezogen haben. Als Gegenreaktion werden bereits teure Kraftwerke stillgelegt und es wird niemand in neue Kraftwerke investieren. Da andererseits der Strombedarf weiter steigt, wird diese Verknappung zu höheren Preisen führen. Es herrscht das freie Spiel des Marktes, wo der Stärkere gewinnt und der Schwache verliert. Kalifornische Verhältnisse sind durchaus nicht auszuschließen, auch wenn die Politik dies vehement bestreitet. Ob Strom, den jedermann braucht und der in der Wertigkeit etwa mit Wasser vergleichbar ist, sich besonders für ein freies Spiel der Kräfte eignet, sei dahingestellt. Ich bin überzeugt, dass früher oder später wieder regulierend eingegriffen werden muss. Im Netzbetrieb wird ein Regulator die Durchleitungspreise verordnen. Es wird von dessen Vernunft und Weitblick abhängen, ob die Netze so in Schuss gehalten werden können, dass die notwendige Versorgungssicherheit gewahrt bleibt. Kein Netzbetreiber wird Geld in neue Leitungen stecken, wenn die Tarife vom Staat auf Niedrigstnivesau gehalten werden. Ein gutes Beispiel dafür ist das privatisierte englische Eisenbahnnetz. Für unser Unternehmen, das sich bereits seit Jahren auf den Wettbewerb vorbereitet, heißt dies Stärkung der Kundenbeziehung, eingehen auf deren Bedürfnisse, maßgeschneiderte Angebote und strengstes Kostenmanagement. Dies bedeutet kritisches Vorgehen bei Investitionsentscheidungen und Instandhaltungsstrategien. Preisvorteile beim Strom werden sich in erster Linie bei den Groß- und Gewerbekunden einstellen. Bei ersteren gibt es bereits jetzt Verhandlungen und beim Gewerbe wird die SELECT-Familie, zu der wir gehören, ab 1. April neue, einfache SELECT-Modelle mit reduzierten Preisen anbieten. Der Haushalt darf sich von der Öffnung des Marktes nicht all zu viel erwarten, da diese Preise bereits jetzt relativ niedrig sind. 

KORSO: Mit der Steweag gibt es im Strombereich inzwischen eine Partnerschaft. Welche Vorteile ergeben sich dadurch für Ihr Unternehmen bzw. welches Szenario wäre ohne eine solche Partnerschaft zu erwarten gewesen? 
Portugaller: Unser Unternehmen hat in den letzten Jahren nahezu alle Kostensenkungspotentiale im eigenen Haus erschlossen. Weitere Senkungen sind nur in einer Partnerschaft möglich. Unsere Aufgabe war es eine Kooperation zu suchen, wo wir die Stärken der Kleinheit, nämlich Flexibilität, Kundennähe etc. erhalten und andererseits die Schwächen der Kleinheit, nämlich Ressourcenschwäche, überwinden können. Dies ist uns mit der Beteiligung der STEWEAG in der Höhe von 27 % an unserem Unternehmen gelungen. Wir können nun in allen wettbewerbsrelevanten Bereichen wie Marketing, Produktentwicklung, Ausbildung, Beschaffung, Optimierung der Instandhaltungsstrategie, Vertrags- und Finanzierungsfragen, etc. mit den Fachleuten der STEWEAG rechnen. Ohne Partner wäre ein Unternehmen unserer Größe in einigen Jahren ein Übernahmekandidat. 

KORSO: Die Feistritzwerke vertreiben auch die Strommarke Select. Gibt es bereits Erkenntnisse, ob dadurch beim Konsumenten ein Umdenken in Richtung Markenbewußtsein stattgefunden hat? 
Portugaller: Marken im Zusammenhang mit Strom sind natürlich seitens der Kunden Neuland und gewöhnungsbedürftig. Hinter SELECT steht die Wahlmöglichkeit, dass der Kunde das Strom- und Leistungspaket wählt, das auf ihn zugeschnitten ist. Ab 1. April werden dem Gewerbe neue SELECT-Pakete angeboten. Hinter der Marke SELECT steht auch Dynamik, Freundlichkeit, Leistungsfähigkeit und ein hoher Qualitätsanspruch, wie etwa Sicherheit in der Stromversorgung. Wir glauben, dass gerade mit Vastic als Werbeträger auch diese Ansprüche gut transportiert werden kann. Ganz wichtig ist aber auch, dass mit der Marke auch das Unternehmen verbunden wird, das dahinter steht, sonst gibt es Vertrauensprobleme. 

KORSO: Werden die Kosten der damit doch recht umfangreichen Werbekampagne nur vom Markenführer getragen bzw. leisten auch Sie dazu einen finanziellen Anteil? 
Portugaller: Als SELECT-Partner sind wir selbstverständlich in das Marketing miteingebunden und tragen dies auch finanziell mit. 

Korso: Als Vorteil der Strommarke Select werden auch zusätzliche Dienstleistungen angeboten. Werden diese genutzt? 
Portugaller: Es ist sicher ein Lernprozess beider Seiten, wenn mit Strom und zusätzlichen Leistungen Pakete geschnürt angeboten werden. Die bisher von uns im Rahmen von SELECT angebotenen zusätzlichen Leistungen wurden eher zaghaft in Anspruch genommen. Einerseits sind wir dabei, neue treffsichere Angebote zu entwickeln, und andererseits erwarten wir mit der Öffnung des Marktes ab 1. Oktober eine höhere Sensibilisierung der Kunden in diese Richtung. Die erste Marke, und SELECT ist in Österreich die erste, leistet hier zweifellos Pionierarbeit. 

KORSO: Im Gesetzentwurf für das steirische ELWOG ist enthalten, dass in Zukunft auf Stromrechnungen auch die Herkunft des Stromes (z.B. Wasser- oder Atomkraft) per Gesetz anzuführen sei. Wie setzt sich Ihr gelieferter Strom derzeit zusammen? Bzw. gibt es Aussagen, dass es hier auch Anteile von Atomstrom gäbe. Wenn ja, würde das nicht eher zu einem negativen Image der Select Strommarke führen können? 
Portugaller: Wir haben grundsätzlich kein Problem, wenn die Herkunft unseres Stromes bekannt gegeben werden muss. Wir produzieren etwa 4 % selbst in eigenen, ökologisch wertvollen Kraftwerken (Kleinwasserkraftwerke, Biogasanlagen, Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen und Solaranlagen) und mischen diesen mit STEWEAG-Strom. Bekanntlich erzeugt die STEWEAG etwa 60 % ihres Stromes selbst in Wasserkraftwerksanlagen und kalorischen Krafterken mit hohem Umweltstandard. Die restlichen 40 % sind nicht Atomstrom aus Frankreich, sondern Lieferungen der Verbundgesellschaft, die sich in ihrer Erzeugung vorwiegend auf Wasserkraft und auf kalorische Anlagen stützt. Grundsätzlich ist zu sagen, dass österreichischer Strom wegen seines hohen Anteiles an Wasserkrafterzeugung, in Europa, mit Ausnahme von Norwegen, die höchste ökologische Wertigkeit besitzt. Das bezieht sich natürlich auch in vollem Umfang auf die Marke SELECT. 

KORSO: Inwiefern werden Sie in Zukunft auch auf Ökostrom setzen?
Portugaller: Wenngleich die Liberalisierung und die damit verbundenen Preissenkungen die Sparneigung der Kunden eher nicht stärken werden und damit auch der Problematik Energieverbrauch/Umweltverbrauch in keinster Weise Rechnung trägt, wird durch die gesetzliche Vorgabe, dass Strom bis 2007 mit einem Anteil von 4 % aus Wind, Biomasse, Biogas und Solaranlagen erzeugt werden muss, die Errichtung solcher Anlagen fördern. Weiters werden auch Kleinwasserkraftwerke (bis 10 MW) vom Gesetzgeber protegiert. Wesentlich effizienter wäre es wohl gewesen, insgesamt der Wasserkrafterschließung, also auch größeren Anlagen, den ihr ökologisch nicht abzusprechenden gleichen Stellenwert einzuräumen. Man hätte mit gleichem Mitteleinsatz wesentlich höhere Treibhausgasvermeidungen erzielt. Gerade jetzt wird von uns ein neues, innovatives Solarprojekt, die „Straße der Solarenergie“, für die Landesausstellung 2001, fertiggestellt.

KORSO: Wir danken für das Gespräch!

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WIRSCHAFT UND ARBEIT