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Ing.
Rupert Portugaller, Direktor der Feistritzwerke Gleisdorf
KORSO:
Welche Auswirkungen erwarten Sie konkret für die Feistritzwerke durch
die kommende Strommarktliberalisierung für Ihr Unternehmen bzw. für
die KundInnen?
Portugaller:
In der liberalisierten Welt des Strommarktes muss man zwischen Stromerzeugung,
Stromhandel und Netzbetrieb unterscheiden. Während letzteres weiter
ein Monopol bleiben wird, gelten für Stromerzeugung und Stromhandel
die Gesetze des freien Marktes. Das heißt, Angebot und Nachfrage
bestimmen den Preis. Da es zur Zeit zu viel Strom gibt, werden die Preise
für Strom erst einmal sinken. Man darf sich allerdings nicht zu viel
erwarten, da Gas und Öl zur Stromerzeugung gebraucht werden und die
Preise dafür angezogen haben. Als Gegenreaktion werden bereits teure
Kraftwerke stillgelegt und es wird niemand in neue Kraftwerke investieren.
Da andererseits der Strombedarf weiter steigt, wird diese Verknappung zu
höheren Preisen führen. Es herrscht das freie Spiel des Marktes,
wo der Stärkere gewinnt und der Schwache verliert. Kalifornische Verhältnisse
sind durchaus nicht auszuschließen, auch wenn die Politik dies vehement
bestreitet. Ob Strom, den jedermann braucht und der in der Wertigkeit etwa
mit Wasser vergleichbar ist, sich besonders für ein freies Spiel der
Kräfte eignet, sei dahingestellt. Ich bin überzeugt, dass früher
oder später wieder regulierend eingegriffen werden muss. Im Netzbetrieb
wird ein Regulator die Durchleitungspreise verordnen. Es wird von dessen
Vernunft und Weitblick abhängen, ob die Netze so in Schuss gehalten
werden können, dass die notwendige Versorgungssicherheit gewahrt bleibt.
Kein Netzbetreiber wird Geld in neue Leitungen stecken, wenn die Tarife
vom Staat auf Niedrigstnivesau gehalten werden. Ein gutes Beispiel dafür
ist das privatisierte englische Eisenbahnnetz. Für unser Unternehmen,
das sich bereits seit Jahren auf den Wettbewerb vorbereitet, heißt
dies Stärkung der Kundenbeziehung, eingehen auf deren Bedürfnisse,
maßgeschneiderte Angebote und strengstes Kostenmanagement. Dies bedeutet
kritisches Vorgehen bei Investitionsentscheidungen und Instandhaltungsstrategien.
Preisvorteile beim Strom werden sich in erster Linie bei den Groß-
und Gewerbekunden einstellen. Bei ersteren gibt es bereits jetzt Verhandlungen
und beim Gewerbe wird die SELECT-Familie, zu der wir gehören, ab 1.
April neue, einfache SELECT-Modelle mit reduzierten Preisen anbieten. Der
Haushalt darf sich von der Öffnung des Marktes nicht all zu viel erwarten,
da diese Preise bereits jetzt relativ niedrig sind.
KORSO:
Mit der Steweag gibt es im Strombereich inzwischen eine Partnerschaft.
Welche Vorteile ergeben sich dadurch für Ihr Unternehmen bzw. welches
Szenario wäre ohne eine solche Partnerschaft zu erwarten gewesen?
Portugaller:
Unser Unternehmen hat in den letzten Jahren nahezu alle Kostensenkungspotentiale
im eigenen Haus erschlossen. Weitere Senkungen sind nur in einer Partnerschaft
möglich. Unsere Aufgabe war es eine Kooperation zu suchen, wo wir
die Stärken der Kleinheit, nämlich Flexibilität, Kundennähe
etc. erhalten und andererseits die Schwächen der Kleinheit, nämlich
Ressourcenschwäche, überwinden können. Dies ist uns mit
der Beteiligung der STEWEAG in der Höhe von 27 % an unserem Unternehmen
gelungen. Wir können nun in allen wettbewerbsrelevanten Bereichen
wie Marketing, Produktentwicklung, Ausbildung, Beschaffung, Optimierung
der Instandhaltungsstrategie, Vertrags- und Finanzierungsfragen, etc. mit
den Fachleuten der STEWEAG rechnen. Ohne Partner wäre ein Unternehmen
unserer Größe in einigen Jahren ein Übernahmekandidat.
KORSO:
Die Feistritzwerke vertreiben auch die Strommarke Select. Gibt es bereits
Erkenntnisse, ob dadurch beim Konsumenten ein Umdenken in Richtung Markenbewußtsein
stattgefunden hat?
Portugaller:
Marken im Zusammenhang mit Strom sind natürlich seitens der Kunden
Neuland und gewöhnungsbedürftig. Hinter SELECT steht die Wahlmöglichkeit,
dass der Kunde das Strom- und Leistungspaket wählt, das auf ihn zugeschnitten
ist. Ab 1. April werden dem Gewerbe neue SELECT-Pakete angeboten. Hinter
der Marke SELECT steht auch Dynamik, Freundlichkeit, Leistungsfähigkeit
und ein hoher Qualitätsanspruch, wie etwa Sicherheit in der Stromversorgung.
Wir glauben, dass gerade mit Vastic als Werbeträger auch diese Ansprüche
gut transportiert werden kann. Ganz wichtig ist aber auch, dass mit der
Marke auch das Unternehmen verbunden wird, das dahinter steht, sonst gibt
es Vertrauensprobleme.
KORSO:
Werden die Kosten der damit doch recht umfangreichen Werbekampagne nur
vom Markenführer getragen bzw. leisten auch Sie dazu einen finanziellen
Anteil?
Portugaller:
Als SELECT-Partner sind wir selbstverständlich in das Marketing miteingebunden
und tragen dies auch finanziell mit.
Korso:
Als Vorteil der Strommarke Select werden auch zusätzliche Dienstleistungen
angeboten. Werden diese genutzt?
Portugaller:
Es ist sicher ein Lernprozess beider Seiten, wenn mit Strom und zusätzlichen
Leistungen Pakete geschnürt angeboten werden. Die bisher von uns im
Rahmen von SELECT angebotenen zusätzlichen Leistungen wurden eher
zaghaft in Anspruch genommen. Einerseits sind wir dabei, neue treffsichere
Angebote zu entwickeln, und andererseits erwarten wir mit der Öffnung
des Marktes ab 1. Oktober eine höhere Sensibilisierung der Kunden
in diese Richtung. Die erste Marke, und SELECT ist in Österreich die
erste, leistet hier zweifellos Pionierarbeit.
KORSO:
Im Gesetzentwurf für das steirische ELWOG ist enthalten, dass in Zukunft
auf Stromrechnungen auch die Herkunft des Stromes (z.B. Wasser- oder Atomkraft)
per Gesetz anzuführen sei. Wie setzt sich Ihr gelieferter Strom derzeit
zusammen? Bzw. gibt es Aussagen, dass es hier auch Anteile von Atomstrom
gäbe. Wenn ja, würde das nicht eher zu einem negativen Image
der Select Strommarke führen können?
Portugaller:
Wir haben grundsätzlich kein Problem, wenn die Herkunft unseres Stromes
bekannt gegeben werden muss. Wir produzieren etwa 4 % selbst in eigenen,
ökologisch wertvollen Kraftwerken (Kleinwasserkraftwerke, Biogasanlagen,
Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen und Solaranlagen) und mischen diesen
mit STEWEAG-Strom. Bekanntlich erzeugt die STEWEAG etwa 60 % ihres Stromes
selbst in Wasserkraftwerksanlagen und kalorischen Krafterken mit hohem
Umweltstandard. Die restlichen 40 % sind nicht Atomstrom aus Frankreich,
sondern Lieferungen der Verbundgesellschaft, die sich in ihrer Erzeugung
vorwiegend auf Wasserkraft und auf kalorische Anlagen stützt. Grundsätzlich
ist zu sagen, dass österreichischer Strom wegen seines hohen Anteiles
an Wasserkrafterzeugung, in Europa, mit Ausnahme von Norwegen, die höchste
ökologische Wertigkeit besitzt. Das bezieht sich natürlich auch
in vollem Umfang auf die Marke SELECT.
KORSO:
Inwiefern werden Sie in Zukunft auch auf Ökostrom setzen?
Portugaller:
Wenngleich die Liberalisierung und die damit verbundenen Preissenkungen
die Sparneigung der Kunden eher nicht stärken werden und damit auch
der Problematik Energieverbrauch/Umweltverbrauch in keinster Weise Rechnung
trägt, wird durch die gesetzliche Vorgabe, dass Strom bis 2007 mit
einem Anteil von 4 % aus Wind, Biomasse, Biogas und Solaranlagen erzeugt
werden muss, die Errichtung solcher Anlagen fördern. Weiters werden
auch Kleinwasserkraftwerke (bis 10 MW) vom Gesetzgeber protegiert. Wesentlich
effizienter wäre es wohl gewesen, insgesamt der Wasserkrafterschließung,
also auch größeren Anlagen, den ihr ökologisch nicht abzusprechenden
gleichen Stellenwert einzuräumen. Man hätte mit gleichem Mitteleinsatz
wesentlich höhere Treibhausgasvermeidungen erzielt. Gerade jetzt wird
von uns ein neues, innovatives Solarprojekt, die „Straße der Solarenergie“,
für die Landesausstellung 2001, fertiggestellt.
KORSO:
Wir danken für das Gespräch!
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