Gespräch mit
dem steirischen Landessekretär des Österreichischen Gewerkschaftsbundes
Werner Albler
Korso info-server: Was ist der Standpunkt
des steirischen ÖGB zur geplanten Pensionsreform?
Albler: Die Gewerkschaften sind gegen eine
Erhöhung des Eintrittsalters in die Frühpension, das haben sie
schon bei den Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP kundgetan.
Wichtig ist, dass Regelungen getroffen werden müssen, damit ältere
ArbeitnehmerInnen auch noch eine Beschäftigung finden. Derzeit ist
es so: zu jung für die Pension, zu alt fürs Arbeiten. Der ÖGB
ist daher der Auffassung, dass die Wirtschaft danach trachten muss, dass
ältere ArbeitnehmerInnen bis 60 arbeiten können. Es gibt AMS-Statistiken
welche die Steigerung bei der Altersarbeitslosigkeit zwischen 55 und 60
Jahren belegen. Grundsätzlich läßt sich sagen, auch wenn
es inzwischen zu einem Schlagwort geworden ist, dass es sich bei der geplanten
Pensionsreform um eine Umverteilung handelt, mit einer gehörigen Schieflage.
Die Belastungen betreffen nur ArbeitnehmerInnen.
Zudem führen die geplanten Vorhaben lediglich
zu einer Verlagerung der Probleme. Die Pensionsstatistik wird verschönt,
dafür steigen die Kosten der Arbeitslosenversicherung durch vermehrte
Arbeitslosigkeit oder die Kosten der Krankenkassen, da viele möglichst
lange im Krankenstand verbleiben werden.
Korso info-server: Bundeskanzler Schüssel
hat diesbezüglich den Vorschlag eines Kündigungsschutzes für
ältere ArbeitnehmerInnen eingebracht. Ihre Meinung dazu?
Albler: Der Kündigungsschutz hilft
dem Einzelnen, aber wo bekommen dann die jungen ArbeitnehmerInnen die Arbeitsplätze
her? Außerdem liegt bisher dazu noch kein konkreter Vorschlag vor.
Korso info-server: Ist eine Pensionsreform
überhaupt notwendig?
Albler: Der ÖGB hat sich immer zur
Diskussion um eine Pensionsreform bekannt. Es gibt etwa bei den öffentlichen
Pensionszuschüssen große Unterschiede zwischen Bauern
und Selbständigen auf der einen und ArbeitnehmerInnen auf der anderen
Seite. Hier sollte es Reformen geben. Im Prinzip sind wir für eine
Pensionsreform, aber eben nur dann, wenn die Voraussetzungen für eine
Arbeit bis 60 Jahre gegeben sind und auch die Jungen Arbeit bekommen.
Korso info-server: Befürworter
des Kapitaldeckungsverfahren halten das derzeitige Umlagesystem in Zukunft
aufgrund der demographischen Entwicklung für unfinanzierbar. Sehen
Sie dies auch so?
Albler: Dem österreichischen Pensionssystem
wird bescheinigt, eines der besten der Welt zu sein. Wichtig ist, dass
wir uns als eine Solidargesellschaft begreifen. Es muss daher genug Beschäftigte
geben, um das Umlagesystem zu finanzieren.
Korso info-server: Das heißt,
für Sie gehört die Diskussion um die Pensionen und jene um die
Beschäftigungspolitik zusammen?
Albler: Ja. Ältere Arbeitnehmer haben
länger gearbeitet und sind daher auch teurere MitarbeiterInnen. Aber
die Wirtschaft wünscht sich - überspitzt ausgedrückt - 19-jährige
ArbeitnehmerInnen mit 30-jähriger Berufserfahrung und Gehaltsstufe
eins.
Korso info-server: Wie ist Ihre Meinung
zum geplanten Bonus-Malus-System mit Abschlägen für früheren
Pensionsantritt?
Albler: Das geplante Bonus-Malus-System
gibt es derzeit nur in sehr unklaren Zügen. Täglich wird dazu
etwas anderes gesagt. In jedem Fall handelt es sich dabei um einen massiven
Eingriff in Pensionsleistungen, die von minus 800.- bis über 1000.-
Schilling monatlich reichen. Bei einem Pensionsbezug von 10-15 Jahren können
Sie sich vorstellen, welches finanzielle Ausmaß das annimmt. Es ist
ja nicht so, dass ArbeitnehmerInnen ab 55 plötzlich faul werden. Es
gibt auch in Graz, angefangen von Großunternehmen und quer durch
alle Branchen Firmen, die ihre ArbeitnehmerInnen mit 56 verabschieden.
Zum ÖGB und zur AK kommen viele solcher gekündigter Arbeitnehmer.
Korso info-server: Was kann man für
diese tun?
Albler: Schlussendlich kann man nichts
tun. Aber es gibt immer wieder Angebote von Firmen an Arbeitnehmer, dass
sie etwa mehr Abfertigung bekommen und dafür früher in Pension
geschickt werden.
Korso info-server: Ein weiterer Aspekt
der Pläne ist die Heraufsetzung des vorzeitigen Antrittsalters aufgrund
verminderter Arbeitsfähigkeit. Sozialwissenschafter Marin meint etwa,
dass die Anzahl krankheitsbedingter Frühpensionierungen angesichts
unseres Gesundheitssystems nicht erklärbar wären.
Albler: Aber eine Heraufsetzung des Pensionsalters
bei verminderter Erwerbsfähigkeit hilft nichts, denn wenn jemand krank
ist, dann kann er nicht mehr arbeiten. Schauen Sie sich einmal im Bereich
der Bau- und Holzarbeiter um oder bei den Arbeitern im Eisenbahnverschub,
die dem Wetter täglich ausgesetzt sind. Hier gibt es logischerweise
vermehrte Frühpensionierungen. Es gibt genug Statistiken, die beweisen,
dass es sehr schwer für ArbeitnehmerInnen ist, mit Pensionsansuchen
beim Schiedsgericht der Sozialversicherungen durchzukommen. Die Sozialgerichte
verweisen die Antragsteller auf sitzende Jobs, etwa als Portiere oder
Mautnerinnen bei den Mautstellen. Nur dass es dort keine freien Arbeitsplätze
gibt. Das Vorurteil, dass es locker ist, in Pension zu gehen, das hat es
mal bei der Umstrukturierung der Verstaatlichung gegeben, aber heute geht
das nicht mehr.
Korso info-server: Die Bundesregierung
hat Mitte Februar eine Expertenkommission zur Pensionsreform eingesetzt.
Wird die Arbeiterkammer und der ÖGB daran auch mitarbeiten?
Albler: Derzeit gibt es von der Regierung
lediglich Absichtserklärungen zur Pensionsreform und selbst die sind
unterschiedlich. Wenn wir eingeladen werden, dann arbeiten wir mit, aber
es muss klar sein, was verhandelt wird. Bis jetzt ist noch nichts Konkretes
am Tisch.
Korso info-server: Wir danken für
das Gespräch. |