02 / 2001
  Mag. Wolfgang Schinagl, Leiter des Referats für Informations- und Kommunikationstechnologie der Wirtschaftskammer Steiermark 

KORSO: Wieviele steirische Unternehmen gibt es im IT-Bereich? 
Schinagl: Es gibt 2078 aktive Mitglieder im Bereich der Fachgruppe Unternehmensberatung und Informationstechnologie, davon üben 335 Mitglieder ihre Berechtigung aktiv nicht aus und sind ruhend gemeldet (Quelle: Fachgruppenstatistik, WK STMK). Die Unternehmen haben folgende Struktur hinsichtlich der Anzahl ihrer MitarbeiterInnen (Quelle: Umfrageergebnisse der Fachgruppe März 2000 (400 Interviews bei den Mitgliedern, Brandstätter-Matuschkowitz-Marketing, BMM)

  • 54% haben keinen Mitarbeiter 
  • 30% unter 5 Mitarbeiter 
  • 8 % unter 10 Mitarbeiter 
  • 4,3% unter 20 Mitarbeiter 
  • 1,3% unter 50 Mitarbeiter 
  • 3,5% haben mehr als 50 Mitarbeiter 
KORSO: Wie ist da Ausbildungsniveau in steirischen IT-Unternehmen?
Schinagl: Ein steirische Leitbetrieb dieser Branche mit 36 Mitarbeitern hat vergleichsweise: 7 TU-Akademiker, 3 HTLer, 15 mit Matura, 10 Fachkräfte mit IT-Ausbildung und einen Lehrling. Ein Durchschnittsbetrieb mit 14 Beschäftigten hat: 1 TU-Akademiker, 3 HTLer, 6 Maturanten (es sind dabei aber auch Marketing und Sekretariat dazugerechnet) sowie 4 Sonstige (z.B. Fachkräfte, Umgeschulte).

KORSO: Wie schätzen Sie den IT-Fachkräftebedarf in der Steiermark ein?
Schinagl: Es gibt bei der Nachfrage nach IT-Fachkräften hohe Spitzen, aber auch Einbrüche, als Zeichen dieses äußerst dynamischen Wirtschaftsbereiches der IT-Branche. So haben etwa durch den Börseneinbruch Anfang Jänner 2001 der New Economy viele Start Up-Unternehmen z.B. in den USA wieder Beschäftigte entlassen. Alles in allem ist jedoch davon auszugehen, dass es bei der Nachfrage nach Beschäftigten in den kommenden Jahren weiterhin steigende Tendenz geben wird.

KORSO: Wie sollten IT-Fachkräfte der Zukunft für einen sicheren Job ausgebildet sein?
Schinagl: Damit IT-Fachkräfte auch bei Einbrüchen im Wachstum der Betriebe weiterhin gefragt sind, wird der IT-Fachmann der Zukunft in mehr als nur in einem Fachbereich gut bewandert sein müssen. Wichtig wird daher die Verbindung von fachlichen Fähigkeiten mit anderen nachgefragten Fertigkeiten sein, wie etwa Marketing, Logistik, BWL oder Mathematik. Denn gerade auch aufgrund der Betriebsgrößenstruktur können sich viele der kleineren Unternehmen einen "bloßen" IT-Spezialisten gar nicht leisten und eher auf vielseitig und breit Ausgebildete zurückgreifen. 

KORSO: Es gibt einen zumindest öffentlich bekiundeten Bedarf an ausländischen IT-Fachkräften
Schinagl: Sich  IT-Fachkräfte aus dem Ausland zu besorgen wird langfristig aufgrund der neuen Methoden von "collaborative computing" (Telekooperation) kein Thema sein. Daher ist auch die Frage um eine eventuelle Anhebung der Quote eher irrelevant. Denn es ist durch die bereits fortgeschrittene Globalisierung und das Internet gar nicht notwendig, dass alle Mitarbeiter nach Österreich geholt werden müssen. 50% bis 80% der benötigten Programmierer etwa können  Tausende Kilometer entfernt vom Sitz des Unternehmen sitzen und dort ihre Tätigkeiten erledigen. Für den Aufbau von solchen sogenannten virtuellen Teams benötigt es lediglich einen guten Projektmanager und mehr technologischer Infrastruktur bei den Unternehmen. Diese besitzen zum einen noch zu wenige technische Möglichkeiten dafür, zum anderen haben sie ein zu großes Misstrauen in die tatsächliche Arbeitsleistung ihres Mitarbeiters bzw. die Sorge, dass dieser auch für die Konkurrenz arbeiten könnte und dadurch Firmen-know-how verlustig geht 

KORSO: Wie bewerten Sie die Möglichkeit der neuen Lehrberufe im IT-Bereich?
Schinagl: Sie sind eine gute Sache. Aber das Problem ist, dass es sich dabei eher um einen singulären Lehrberuf handelt.  Tatsächlich sehr attraktive Kenntnisse am IT-Arbeitsmarkt sind jene im Bereich der Industriezertifizierung (z.B. Oracle, Microsoft, System Engineer, SAP-Diplom, ...). Kenntnisse in diesen Bereichen sind fast Garantieerklärungen für gute Arbeitsplätze. Um zu diesen Ausbildungen zu kommen, gibt es jedoch nur zwei Möglichkeiten, entweder über einen WIFI-Kurs oder über eine Fachhochschulausbildung. In der Ausbildung Industriemanagement etwa werden diese bereits in den Curiculumsplan eingebunden. Der Vorteil besteht darin, das hier nicht nur Grundlagen, sondern gleich anwenderorientierte Kenntnisse vermittelt werden, die von der Industrie auch in Zukunft sicher sehr stark nachgefragt werden.

KORSO: Gibt es im IT-Bereich in der Steiermark bereits genügend Ausbildungsmöglichkeiten?
Schinagl: Trotz des bereits bestehenden vielfältigen Aus- und Weiterbildungangebotes in der Steiermark läßt sich sagen: Es gibt generell immer noch viel zu wenige Ausbildungsmöglichkeiten in der Steiermark, und zwar in allen Bereichen, vom Einsteiger oder Umgeschulten über den einfachen Anwendungsprogrammierer oder Netzwerkspezialisten, bis hin zum Experten im Bereich von Spezialapplikationen oder für die ganz innovativen Unternehmen der Upper-Class. 

KORSO: Was sind die Auswirkungen des Neuen IT-Kollektivvertrags?
Er bringt eine Anhebung bei den Mindestgehältern im Einstiegsbereich. Aber er ist erst Ende 2000 beschlosse worden, weshalb einige Details noch nachjustiert werden müssen. Der Kollektivvertrag ist für die meisten steirischen Unternehmen im IT-Bereich kein Thema, da sowieso mehr als die im KV vereinbarten Mindestgehälter bezahlt werden, da ja die Experten nicht so zahlreich am Markt sind. 

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WIRSCHAFT UND ARBEIT