07 / 2001
  Steirische Solar-Qualität: Für den Weltmarkt gerüstet – am heimischen Markt in Förder-Turbulenzen  

Am internationalen Tag der Sonne, dem 21. Juni, zogen steirische Solarkollektor-Hersteller und die Arge Erneuerbare Energie Bilanz: Während auf der ganzen Welt die Nachfrage nach steirischen Solarkollektoren steigt, sinkt der Absatz am heimischen Markt wegen radikaler Förderungs-Einsparungen.

Österreich hat bei der Nutzung der Solarenergie einen hervorragenden Ruf. Die Alpenrepublik ist heute nicht nur das Land mit der höchsten Kollektor-Dichte pro Einwohner (21m2/1000EW), sondern auch Europas größter Exporteur von Sonnenkollektoren. Österreichisches Solar-Know-how kommt weltweit von Finnland bis Zimbabwe und von Mexiko bis Indien zur Anwendung. Mit der Solarwärme steht eine moderne Technik zur Verfügung, die einen wichtigen Beitrag zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zum Klimaschutz leistet.
Dominierende Anwendungsbereiche sind die Warmwasserbereitung und die teilsolare Raumheizung; neue Potenziale für Großanlagen, Gewerbebetriebe und solares Kühlen eröffnen künftig zusätzliche Perspektiven. Die Steiermark weist mit knapp 300.000 m2 installierter Sonnenkollektorenfläche eine der höchsten Dichten an thermischen Solaranlagen in Europa auf.

Steirisches Solar-Know-how: weltweit gefragt
Steirische Unternehmen sind erfolgreich in Produktion und Forschung tätig. Die Grazer Firma Ökotech besteht seit 1994 und hat sich im Lauf der Zeit auf größere maßgeschneiderte Sonnenkollektoren spezialisiert. Gemeinsam mit der Firma Solid, die in Forschung und Entwicklung international tätig ist, wurde der Sonnenkollektor „gluatmugl“ entwickelt, der als bisher einziger Sonnenkollektor das österreichische Umweltzeichen trägt. 
In Gleisdorf ist der Sitz der ARGE Erneuerbare Energie, die seit 1988 besteht und weit über die Steiermark hinaus bekannt ist. Arbeitsschwerpunkte sind effiziente Energie- und Ressourcennutzung sowie die Entwicklung von Technologien und Strategien, die zu einer möglichst raschen und breiten Nutzung von solaren Technologien als Grundlage für eine ökologisch verträgliche Energieversorgung der Zukunft führen. Die AEE ist wesentlich  daran beteiligt, dass Gleisdorf sich heute Solarhauptstadt Europas nennen kann.

Expansiver Exportmarkt
Der Solarmarkt ist mit Wachstumsraten von jährlich ca. 30% eine der zukunftsträchtigsten Branchen in der EU – weist DI Hannes Ortner, Geschäftsführer von Ökotech, auf den ständig steigenden Exportanteil seines Unternehmens hin.
Dies bestätigt auch Dr. Christian Holter, Geschäftsführer der Solid GesmbH: „An uns ergehen immer mehr Anfragen vor allem aus südlichen Ländern. Dort bieten sich besonders günstige Rahmenbedingungen – starke Sonneneinstrahlung und oftmals technisch unzureichende vorhandene Anlagen. Daher rentiert sich der Einsatz von Solartechnik besonders schnell."
Holter weist zusätzlich auf ein noch wenig beachtetes Zukunftspotenzial hin – Kühlen mit Solarenergie. Auch in diesem Bereich eröffnet sich vor allem in den südlichen Ländern ein großer Markt für heimische Firmen.

Sparen am falschen Platz 
Dennoch ist der heimische Markt als Absatzgebiet von hoher Bedeutung für die steirischen Solar-Schmieden. Und: Für eine relativ junge Technologie mit hohem FE-Bedarf ist eine Markteinführungs-Unterstützung durch entsprechende Förderungen nahezu unerlässlich – Förderungen, für die sich niemand genieren muss: Schließlich geht’s bei der Nutzung der Solarenergie darum, einen Beitrag gegen den Klimakollaps unseres Planeten zu leisten. Während im Einfamilienhaus-Bereich die Förderungen von Landesseite gleich geblieben sind (öS 500,-- pro Quadratmeter Kollektorfläche) und die Stadt Graz ihren Beitrag jüngst sogar von öS 500,— auf öS 1000,— verdoppelt hat, hat das Land Steiermark sein Engagement für die Solarenergie-Nutzung im Mehrgeschoß-Bau (bisher Direktzuschüsse in der Höhe von öS 2500,— pro Quadratmeter Kollektorfläche) drastisch reduziert – die Förderungen wurden auf Annuitätenzuschüsse umgestellt. Damit ist der Einbau von Solaranlagen in Geschoßwohnbauten nicht mehr besonders rentabel. Gerade die im Geschoßwohnbau nötigen Großanlagen würden aber die Produktivität der Hersteller fordern und zu längerfristigen Kostensenkungen beitragen.
Einziges Trostpflaster: Zumindest jene, die ihren Förderantrag vor dem Stichtag 28. Februar 2001 gestellt haben, können wieder aufatmen: „Alle vor diesem Zeitpunkt eingelangten Anträge werden nach den vorher gültigen Bestimmungen behandelt, niemand wird um die Förderung umfallen“, so der Landesenergiebeauftragte der Steiermark, DI Wolfgang Jilek.
 

Steirische Solar-Experten Dr. Christian Holter, DI Hannes Ortner und Ing. Ewald Selvicka: Solarenergie muss auch in der Steiermark weiterhin  ihrer ökologischen Bedeutung entsprechend gefördert werden

Anreizfinanzierungen bringen höhere Staatseinnahmen
Ing. Ewald Selvicka von der AAE: „Im Vergleich zu anderen Bundesländern und hier vor allem zu Oberösterreich hatte die Steiermark ohnehin schon bisher die geringste Förderung. Während etwa im Automobilbereich der Standortwettbewerb durch gewaltige Subventionen angeheizt wird, fährt man im viel beschäftigungsintensiveren Solarsektor die Förderungen zurück.“ Und Holter ergänzt: „Das zeitweise Aussetzen von Förderungen und die Streichung der Direktzuschüsse im Geschosßwohnbau haben massive Auftragsstornos und Umsatzrückgänge bewirkt.“
Nicht einmal das Nulldefizit wäre durch besser dotierte Solarförderungen gefährdet, weiß Holter: „Die Nutzung der Solartechnik wirkt sich ausgesprochen positiv auf den Staatshaushalt und die Einhaltung der Maastrichtkriterien aus. Rund 55% der Investition in eine Solaranlage kommen nämlich als zusätzliche Einnahmen über Mehrwertsteuer, Lohnnebenkosten und Betriebssteuern direkt dem Staatshaushalt zugute, sodass auch noch Anreizfinanzierungen von 30-50% für den Staat ökonomisch positiv sind.“
Und Ortner ergänzt: „Nicht zuletzt sind Arbeitsplätze (derzeit in Österreich 2700 in ca. 60 Betrieben) in einer Zukunftsbranche gefährdet. Die Förderungsdebatte in der Steiermark wird noch unverständlicher, wenn man bedenkt, dass die EU als Ziel vorgegeben hat, die installierte Sonnenkollektorfläche jährlich noch um 20% zu steigern.“ Ein funktionierender heimischer Markt ist aber, so Ortner, eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Chancen am Exportmarkt wahrgenommen werden können – „was Know-how und Qualität betrifft, sind die steirischen Solarbetriebe ohnehin bestens für die Anforderungen des Weltmarktes gerüstet.“ 

Ulrike Kraber


 
JULI/AUGUST-AUSGABE
ÖKOLAND STEIERMARK