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Alternativenergie
in der Steiermark: The new deal
Mit dem Inkrafttreten des Elektrizitätswirtschafts- und organisationsgesetzes
(ELWOG) haben sich auch die Chancen für die Alternativenergie erhöht,
aus ihrem Aschenputteldasein herauszutreten und am freien Mark für
Energieprodukte zu reüssieren.
Der Argumentationsaufwand für das Erreichen dieses Zieles war
erheblich, der Widerstand des traditionellen Energieversorgungs-Archipels
beträchtlich. Quintessenz der neuen Lösung: Ab sofort können
Kunden mit Anbietern von elektrischer Energie aus sogenannten Ökoanlagen
Lieferverträge abschließen, die Netzbetreiber müssen dafür
ihre Versorgungsinfrastruktur zur Verfügung stellen (siehe entsprechender
Beitrag in diesem Heft).
KORSO sprach aus diesem Anlass mit zwei Vertretern der Energiebranche
unterschiedlichster Herkunft über globale und regionale Perspektiven
und Tendenzen in der Energieversorgung.
Mag. Hans Winkelmeier ist Referent der Energiewerkstatt GmbH
in Friedburg. Das im Jahr 1988 gegründete Unternehmen zeichnet
für die Projektabwicklung von 60 % der in Österreich ausgebauten
Windenergie verantwortlich.
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Hans Winkelmeier, Energiewerkstatt:
2007 600 MW aus Windenergie? |
In all den Ländern mit vernünftigen Rahmenbedingungen für
erneuerbare Energie sind enorme Zuwachsraten und Margen in der Windenergie
zu verzeichnen: Dänemark 10 %, Deutschland 2 %. Auch der Ausbau der
Windenergie bewirkt erhebliche positive Auswirkungen auf die jeweilige
heimische Industrie, schafft Arbeitsplätze, konsolidiert eine Zulieferindustrie.
Jahre der Unsicherheit
Das Argument aus den 80er-Jahren in Österreich: „Wir haben zu
wenig Wind“ ist seit Beginn der 90er widerlegt: Auch in alpinen Bereichen
sind in Österreich an vielen Orten durchaus ertragreiche Plätze
für Windenergie anzutreffen, wie Messungen ergaben, die während
der letzten Jahre mit Unterstützung des Landesenergievereines Steiermark
durchgeführt wurden. Die Umsetzung scheiterte während all
der vergangenen Jahre immer an der Wirtschaftlichkeit, bedingt durch die
Rechtslage und höchst unsicheren Einspeistariflösungen (freiwillige
Vereinbarungen wie z.B. der doppelte Kleinwasserkrafttarif 1,26 öS
während drei Jahren, 30 % Investitionsförderung u.dgl.). Zumindest
ab dem Jahr 1996 gab es in Österreich keine halbwegs akzeptable Regelung
für gerechten Absatz von Windenergie. Trotzdem konnten jährlich
5 bis 10 MW Windenergie österreichweit dazuinstalliert werden, sodass
im Jahr 1999 42 MW installierte Windkraftleistung in Österreich erreicht
worden sind. Dies vor allem deswegen, weil einzelne Bundesländer,
hier allen voran Oberösterreich, den Windstrom-Anbietern vorübergehend
bessere Konditionen boten. Diese Zeit war für die Windstromanbieter
natürlich äußerst risikoreich.
Die aktuelle Novelle zum ELWOG sieht vier Prozent Abnahmeverpflichtung
an elektrischer Energie aus so genannten neuen erneuerbaren Ressourcen
(„Ökoenergieanlagen“) vor. Wasserkraft gehört definitionsgemäß
nicht zu den neuen erneuerbaren Energiequellen (Solar, Wind, Biomasse)
und ist im ELWOG gesondert berücksichtigt. Die Mehrkosten aus den
technisch-administrativen Aufwänden für die Einspeisungen dürfen
nunmehr – laut ELWOG – von den Netzbetreibern an die Kunden weiterverrechnet
werden. Der getrennten Aufstellung der Posten von (1) elektrischer Arbeit
und (2) Transportkosten (inklusive „Systemnutzungszuschlag“) auf der künftigen
Kundenrechnung entspricht die Verpflichtung zur bilanzmäßigen
Trennung der Geschäftsbereiche Erzeugung und Verteilung von elektrischer
Energie auf Seiten der EVUs. Im Unterschied zu früheren Varianten
des ELWOG sind nun ganz klar Etappenziele für die Erreichung der Abnahmemengen
für Alternativstrom vorgeschrieben, bei deren Nichteinhaltung Ausgleichszahlungen
zu leisten sind, die wiederum fondsverzinst in die Förderung des Ausbaus
von Ökoenergieanlagen fließen müssen.
Die steirische Variante des ELWOG zeichnet sich in Bezug auf den Markt
für Ökostrom vor allem durch zwei äußerst positive
Merkmale aus: Mit einem Tarif von öS 1,17 pro Kilowattstunde
für Strom aus Ökoenergieanlagen ist der steirische Wert im Durchschnitt
höher als in anderen Bundesländern, außerdem ist die Regelung
nicht durch Zusatzbestimmungen „verunreinigt“: Im Burgenland und in Niederösterreich
etwa erfolgte aus Angst vor zu viel Windenergie eine starre Beschränkung
des Preises für Ökostrom auf ein Prozent der Energiemenge.
Windkraftszenario der kommenden Jahre
In den letzten Jahren wurden in Österreich 10 bis 12 MW Windenergie/Jahr
neu errichtet, für heuer erwartet Winkelmeier bereits einen Zuwachs
zwischen 35 und 40 MW. Ende 2000 werden sich in Österreich etwa 110
Windkraftanlagen mit einer installierten Leistung von 80 MW drehen.
Bei 50 Mrd Kilowattstunden jährlichem Bedarf an elektrischer Energie
in Österreich würden im ELWOG-konformen Endausbaustadium (4 %
Ökostrom) zwei Milliarden kWh aus Ökoanlagen kommen. Wenn die
Hälfte davon in Windkraftanlagen erzeugt wird, entspricht das
einer installierten Leistung von 600 MW. Noch im Jahr 2000 sollen, wie
erwähnt, 80 MW erreicht werden, 520 MW an Windkraft wären danach
also bis zum Jahr 2007 noch zu installieren.
Ein Drittel der Wertschöpfung bei der Errichtung von Windkraftanlagen
kommt nach Kenntnis von Winkelmeier bereits aus Österreich. Dazu kommt
ein Export-Überhang von in Österreich hergestellten spezifischen
Bauteilen in der Größenordnung von etwa 350 Mio Schilling.
Winkelmeier – und mit ihm eine Reihe von Vertretern aus der Branche
– sind übrigens der Ansicht, dass das „Bedürfnis“ nach Ökostrom
ein öffentliches Anliegen sei, das alle betrifft, die Mehrkosten seien
daher im Prinzip auf alle Verbraucher aufzuteilen.
Die Perspektive des Global Player
Dr. Peter A. Pechtl ist ,Director of European Operations'
von GE Enter Software, einem Unternehmen, das seit kurzem dem Technologiekonzern
General Electric angehört. GE Enter stellt Computerprogramme für
Simulation und Optimierung von kalorischen Kraftwerken her. Der geborene
Steirer bedient von seinem Entwicklungsbüro in Graz aus Mammutanlagen
der Energiegewinnung von Großbritannien bis Thailand mit innovativem
Know-how.
Pechtl, Vertreter eines „Global Player“ in der Energiebranche, propagiert
vehement die als „grünes Kraftwerk“ bezeichneten weltweiten Energieeinsparpotentiale.
Niedrigenergiekonzepte könnten praktisch in allen „Lebensbereichen“
eingeführt werden. Die Begeisterung für Alternativenergie dürfe
jedoch nicht in verfahrens- und energietechnisch fragwürdige Lösungen
münden.
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Peter A. Pechtl, Enter Software:
CO2-neutrale Konzepte nur bei niedrigem Primärenergieeinsatz
sinnvoll |
Reales Wachstum des Energiebedarfes
Der Energiebedarf steigt gegenwärtig in Österreich jährlich
um etwa zwei Prozent, was der Erschließung von Einsparungspotentialen
entgegenwirkt und reales Energiebedarfs-Wachstum bewirkt. Neu geweckte
Bedürfnisse beziehen sich auch auf immer neue, mit elektrischer Energie
betriebene Geräte.
Bei der Konzeption von CO2-neutralen Energieanlagen dürfen keinesfalls,
so Pechtl, die Gesetze der Thermodynamik gebrochen werden. 35 Grad
Celsius warmes Wasser für die Körperpflege ist daher sinnvollerweise
durch erneuerbare Energiequellen herzustellen und nicht in Form wirkungsgradverlustreicher
Prozessketten, angefangen bei einer Kesselbrennraumtemperatur von 2400°C
und 540°C-Dampf im Großkraftwerk über die Umwandlung zu
hochwertiger elektrischer Energie bis hin zum Niedertemperaturbereich beim
Endverbraucher.
Umgekehrt betrachtet ist Biomasse eine „zerstreute, verdünnte“
Energieform, bei der es verfehlt wäre, sie in Hochtemperaturbereiche
zu transformieren. Die Prozess-Temperaturniveaus müssen mit den Nutzungs-Temperaturniveaus
übereinstimmen, ansonsten ist der Primärenergieeinsatz zu hoch,
die Energiebilanz bei der Biomasseverwertung würde negativ ausfallen.
Amüsiert zeigt sich der Verfahrenstechniker über Konzepte
wie etwa die Nutzung von Altspeiseölen zur Treibstofferzeugung. Erst
wenn alle Fahrzeuge, die den Antransport von den Sammelstellen zur zentralen
Raffinerie erledigen, mit dem hergestellten Treibstoff betrieben werden,
könne mit dem Verkauf des überschüssigen Sprits ein positiver
Effekt auf die CO2-Emission erreicht werden.
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