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Mit Ökosteuern
und Biomasse aus der Treibhausmisere
„Stellen Sie sich vor, Sie stehen in einem Treibhaus, die Temperatur
steigt unablässig; Sie finden keinen Ausweg, aber Sie wissen: Es gibt
einen, man muss ihn nur finden.“
Die Worte, die HR Manfred Rupprecht von der Umweltabteilung des
Landes zur Einleitung der Tagung „Klimaschutz und erneuerbare Energie“
Mitte April in Graz fand, ließen an Deutlichkeit nicht zu wünschen
übrig – und so versprach auch Landeshauptfrau Waltraud Klasnic in
ihren Begrüßungsworten: „Wir sind ein Team in der Landesregierung,
das sich um den Klimaschutz bemühen will.“
CO2-Emissionen aus Verkehr, Raumheizung und industriellen Verfahren,
aber auch der Ausstoß anderer Treibhausgase wie Methan oder
halogenierter Kohlenwasserstoffe stehen am Ursprung des von Menschen verursachten
Treibhauseffektes, der für die Erwärmung der Erdatmosphäre
veantwortlich ist – und in der Folge für eine Zunahme von Naturkatastrophen
wie Wirbelstürme und Überschwemmungen. Der warnende Hinweis auf
diese Zusammenhänge kommt in jüngster Zeit nicht nur von überzeugten
UmweltschützerInnen, sondern immer stärker auch von der Versicherungswirtschaft,
die für die an Zahl und Intensität steigenden Mega-Schadensfälle
immer höhere Summen aufwenden muss.
Verdoppelung der Naturkatastrophen durch die
vom Menschen verursachte Erderwärmung
Eindrucksvolle Zahlen lieferte auf der Tagung Dr. Gerhard Berz,
Leiter der Forschungsgruppe Geowissenschaften der Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft:
„Die durch große Naturkatstrophen verursachten volkswirtschaftlichen
Schäden haben sich seit den 60er Jahren mehr als verachtfacht. Ein
Faktor vier ist durch die Zunahme der Bevölkerungsdichte erklärbar;
die weitere Verdoppelung nur durch die vom Menschen verursachten Klimaänderungen.“
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Meteorologe und Versicherungs-Experte
Dr. Gerhard Berz: Versicherer sind
„voll und ganz für Ökosteuern“ |
Das Schadensvolumen der versicherten Schäden ist aufgrund vermehrten
Sicherheitsbewusstseins sogar um den Faktor 16 angestiegen: Bis 1987 hat
nur ein einziges Naturereignis die Versicherungen mehr als eine Milliarde
Dollar gekostet – seither waren es 29. Und die Auswirkungen der Erwärmung
der Erdatmosphäre manifestieren sich in oft unerwarteter Weise: Der
Hitzesommer 1995 in Mittelengland kostete die Versicherer Hunderte Millionen
Pfund an Gebäudeschäden durch Bodensenkungen, weil die Lehmböden
unter den traditionellen britischen Streifenfundamenten übermäßig
ausgetrocknet waren. Wenn die Erwärmung weiter voranschreitet, werden
überhöhte Sommertemperaturen wie 1995 nicht wie bisher alle 75
Jahre, sondern alle drei Jahre auftreten, rechnete Berz vor.
Skeptisch äußerte sich Berz, was die internationalen Abkommen
wie die Kyoto-Ziele und ihre Einhaltung betrifft: „Ich setze hier mehr
auf lokale Aktivitäten, wie sie etwa das Klimabündnis vorschlägt
und umsetzt.“
Biomasse-Verbandspräsident Grillitsch:
„10.000 Holzheizungen jährlich!“
Solche lokalen Aktivitäten setzen will auch der Vizepräsident
der steirischen Landwirtschaftskammer und Präsident des Biomasse-Verbandes,
Franz Grillitsch. „Die Steiermark müsste gemäß der
Kyoto-Vereinbarung die CO2-Emissionen um 1,2 Millionen Tonnen von 9,5 Millionen
Tonnen im Jahr 1990 auf auf 8,3 Millionen Tonnen im Jahr 2010 reduzieren,
sie werden aber auf 10,9 Millionen Tonnen ansteigen, wenn keine zielführenden
Maßnahmen gesetzt werden.“ Und Grillitsch lässt es auch nicht
an konkreten Vorschlägen fehlen: „Der Gesamtenergieverbrauch muss
durch bessere Energieeffizienz und Wärmedämmung stabilisiert
werden, steiermarkweit müssen jährlich statt bisher 2000 moderne
Holzheizungen 10.000 installiert werden – und bis 2010 muss die kalorische
Stromerzeugung um ein Viertel reduziert, aber 600 Millionen KWh Strom aus
Wasser, Wind und Biomasse erzeugt werden.
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LWK-Vize und Biomasse-Verbandspräsident Franz Grillitsch:
10.000 Holzheizungen jährlich für die Steiermark! |
Und die Biotreibstoffe müssen forciert werden.“ Die Wiederaufnahme
der Förderung für Biomasse-Heizungen durch das Land Steiermark
sei ein Signal in die richtige Richtung; weitere Impulse („Markteinführungsgelder,
Förderungen ist das falsche Wort, weil es ja primär darum geht,
Chancengleichheit zwischen den etablierten fossilen Energieträgern
und den ,Erneuerbaren‘ herzustellen“) könnten durch die Zweckbindung
von 100 Millionen Schilling aus der 1996 eingeführten Energiesteuer
gesetzt werden: „Damit sollten hauptsächlich Biomasse und Solarheizungen
gefördert werden.“ Für öffentliche Gebäude sei ein
engagiertes Programm umzusetzen: „Wenn eine Heizungsanlage erneuert werden
muss, dürfen nur mehr Fernwärme, Biomasse- oder Solarheizungen
installiert werden“, fordert Grillitsch.
Breite Basis für Ökosteuern
Dauerhafte Chancengleichheit für die erneuerbaren Energieträger
könne aber erst durch eine „Ökologisierung des Steuersystems
in Österreich, in Europa und auf der ganzen Welt“ erreicht werden:
„Denn derzeit werden jene, die etwas leisten, durch hohe Abgaben bestraft
und jene, die die Umwelt verschmutzen, in Wahrheit belohnt, weil sie fast
keine Steuern zahlen“, wettert der Kammer-Vize.
Auch die Versicherungswirtschaft greift die Forderung nach einer Änderung
des Steuersystems in Richtung ökologisch wirksamer Abgaben auf. Berz:
„Wir sind voll und ganz für Ökosteuern – und wir kooperieren
diesbezüglich auch mit Umweltorganisationen.“
Verkehr als Hauptsünder
In jedem Fall werden vermehrte Anstrengungen nötig sein, um auch
nur ein Einfrieren der Treibhausgas-Emissionen auf dem jetzigen Niveau
zu erreichen. Und auch dafür scheint international der Wille nur sehr
mäßig vorhanden zu sein: Die Bush-Administration in den USA
hat sich bereits vom Kyoto-Prozess verabschiedet, und als einziges Industrieland
hat bis jetzt Rumänien das Abkommen ratifiziert, das eine eher mäßige
weltweite Reduktion der treibhauswirksamen Gase vorsieht. Österreich
verpflichtet sich darin zum Abbau der Emissionen im Zeitraum von 1990 bis
2012 um 13%, das würde eine Reduktion von 77,2 Mio Tonnen CO2 auf
67,2 Mio Tonnen bedeuten. Wird der bisherige Verlauf fortgeschrieben, ist
allerdings ein Anstieg auf 82 Mio Tonnen zu erwarten. Den stärksten
Anstieg hat dabei der Verkehrssektor aufzuweisen. In diesem Bereich sind
die Emissionen allein von 1990 bis 1999 von 13,9 Millionen Tonnen CO2 auf
18,23 Millionen Tonnen emporgeschnellt, unterstrich Ministerialrat Dr.
Helmut Hojesky vom Umweltministerium, der allerdings – bei entsprechenden
Anstrengungen und Nutzung aller Möglichkeiten – ein Erreichen der
Kyoto-Ziele in unserem Land nach wie vor für möglich hält.
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