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Vorreiter im Netzwerk-Denken
Steirische Ferngas wird erster
„Gesamtenergiedienstleister“
Schon in den 80er Jahren begannen verantwortungsbewusste EVU als
Zusatzdienstleistung eine auf ihr ureigenstes Produkt bezogene Sparberatung
für ihre Kunden anzubieten. Die Beratung hatte sich am jeweils aktuellen
Stand der Anwendungstechnik zu orientieren, erforderte also spezifische
und intensive Recherchen im Bereich Technologieentwicklung bei der verbraucherseitigen
Energieumsetzung. Die dadurch angeregten Netzwerkbildungen zeitigten positive
Effekte für alle Marktpartner: Ausschöpfung der Sparpotentiale
auf Verbraucherseite, Image- und Vertrauensgewinn auf Seiten der Energieversorger
und Innovationsanreize für die Endgerätebranche.
KORSO sprach mit dem Sprecher des Vorstandes der Steirischen Ferngas,
DI
Peter Köberl, und Gerhard Turneretscher, Mitarbeiter im
Bereich Contracting des steirischen Gasversorgers, über die Wandlung
der Ferngas zum globalen Energiemanagementdienstleister.
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DI Peter Köberl, Sprecher des Vorstandes
der STEIRISCHEN FERNGAS |
Korso: Die einzig wirksame Antwort auf die Herausforderungen der
Globalisierung ist Flexibilität. Dieser Dynamik ist der Bereich Energie
in besonders hohem Maße ausgesetzt. Wie hat die Steirische Ferngas
auf diese Erfordernisse reagiert und was sind ihre heutigen Dienstleistungen
und Produkte?
Köberl: Die Steirische Ferngas wurde 1956 gegründet,
die Dienstleistung war bis Mitte der 80er Jahre die Lieferung von Erdgas
an Industrie, Gewerbe und Privatkunden. Ab 1985 hat sich die Ferngas zum
umfassenden Energiedienstleister gewandelt. Es wurde Kundenberatung im
Hinblick auf Energieeffizienzsteigerung und Umweltentlastung angeboten.
Ab 1987 haben wir die so genannte Brennwerttechnik forciert, ein Verfahren,
in dem die Abgase unter den Taupunkt abgekühlt werden und die dadurch
gewonnene Kondensationswärme den Gesamtwirkungsgrad der Anlage erheblich
verbessert.
Der Ausbau der Beratung erfolgte stufenweise und branchenspezifisch:
Privatkunden, Gewerbe, Industrie, wobei zu bemerken ist, dass heute 89
% unserer Liefermenge industriell abgerechnet werden.
1990 wurde von BP das Flüssiggastankgeschäft in der Steiermark
zugekauft.
Der nächste Schritt in Richtung globaler Dienstleister war 1992
der Start im Bereich der „Nahwärme“, heute „Contracting“, in
Zukunft „Facility- Management“. Das bedeutet Komplettdienstleistung für
das Gebäude, für die Anlage - egal, ob in Industrie, Gewerbe
oder für kommunale Einrichtungen.
Parallel dazu wurde aus dem Wissen um die Gasrohrnetz-Überwachung
der Bereich Umweltdiagnostik entwickelt. Beispielsweise können heute
fünf Ferngas-Gasspürtrupps im In- und Ausland als Dienstleister
für Dritte eingesetzt werden. Das Know how rund ums Aufspüren
von Leckagen konnte auf sämtliche Rohrleitungssysteme ausgeweitet
werden und wird seither
ebenfalls als unsere Dienstleistung angeboten und verkauft. Es folgten
die Domänen Boden- und Boden-luft-Analyse zur Wertbestimmung von Grundstücken
sowie die Bereiche Deponiegastechnik und Tankstellensanierung.
Korso: Die Idee, dass Energieverkäufer auch Sparberater sein
müssen, hat sich durchgesetzt. Wie war das anfänglich zu argumentieren?
Köberl: Die Ferngas hat mit der Forcierung bzw. mit einem
Abschlag vom Mengenpreis bei Nachweis der Anwendung der Brennwerttechnik
(Kesseltausch) positiven Druck auf die Hersteller und Kunden gleichermaßen
ausgeübt und schließlich erreicht, dass dieses Verfahren heute
anerkannte Technik ist. Als „Ersatz“ für das Minus an verkaufter Energiemenge
stieg und steigt die Kundenzufriedenheit, was dazu führt, dass wir
entlang bestehender Leitungen besser „verdichten“, d.h. mehr Kunden für
einen Gasbezug gewinnen können.
Korso: Einsparungsfinanzierte Anlagenoptimierung wird derzeit als
das Zukunftsprodukt angeboten ...
Köberl: Der Bereich Contracting wird – neben den bereits
beschriebenen, neuen Geschäftsfeldern Flüssiggas und Umweltdiagnostik
– auch bei uns in Zukunft eine zentrale Rolle spielen: In dem Ausmaß,
in dem die Margen beim Energieverkauf im Zuge der Liberalisierung am Energiemarkt
zurückgehen, wird der neue Bereich als unsere zukünftige Cash
Cow fungieren.
Das Geschäftsfeld Nahwärme beginnt bei der Beratung, Planung,
führt über Finanzierung zur Errichtung, Betrieb, Wartung und
Instandsetzung von Heizungsanlagen. Die globale Sicht aus der Energieperspektive
beginnt bei der Errichtung bzw. (Grund-)Sanierung eines Gebäudes und
führt zur energietechnischen Gesamtbetreuung des Kunden.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Anlagen-, Einspar- und
Performancecontracting.
Beim Anlagencontracting errichtet und finanziert der Contracter die
Anlage, der Kunde bezahlt die Wärme. Beim Einsparcontracting wird
mit der Energie-Ersparnis die Rückzahlung finanziert. Und beim Performancecontracting
wird die gesamte Gebäudehülle in den Vertrag einbezogen. Hier
liegt derzeit das Problem bei der relativ langen Amortisationszeit: Erneuere
ich eine Heizungsanlage im Contracting, rechne ich mit Amortisationszeiten
von sieben bis acht Jahren. Bei Einbezug der Gebäudehülle muss
ich 20 Jahre veranschlagen, was uns alle bezüglich diverser
globaler CO2-Einsparungsziele (Kyoto u.a.) in Zugzwang bringt. Hinter Contracting
steht aber nicht zuletzt die Überlegung: Je breiter das Angebot der
Dienstleistung, desto länger die Kundenbindung.
Turneretscher: Im Bereich Wohnbau dringen wir in das umfassende
Dienstleistungsgeschäft vor, das sich auf die allgemeine und die thermische
Gebäudesanierung sowie die Optimierung der kompletten Anlage bzw.
der Haustechnik bezieht (Facility-Management). Die Investitionskosten für
die Sanierung der haustechnischen Anlagen finanzieren sich - in Abhängigkeit
von der Anlagengröße – zur Gänze aus der Energieeinsparung.
Bei einer gleichzeitig durchgeführten thermischen Gebäudesanierung
können durch die Energieeinsparung rund 30 Prozent der Investitionskosten
refinanziert werden. Das jeweils optimale Kosten-/Nutzenverhältnis
für den Kunden resultiert dann aus der individuellen Vertragsdauer
für die Wärmelieferung und die Bewirtschaftung der haustechnischen
Anlagen.
Köberl: Das von Österreich in der Kyoto-Nachfolge
angepeilte Einsparvolumen an treibhausrelevanten Abgasen beträgt auf
Basis 1990 (77 Mio t) 13% im Zeitraum 2008 - 2012. Allein auf den Bereich
Raumwärme entfallen 5 Mio t Einsparung an CO2, wobei dieser Wert nur
über die Einbeziehung der Gebäudehülle erreicht werden kann.
Korso: Der Wohnbauträger Neue Heimat ist der erste Klimabündnispartnerbetrieb
in der Steiermark. Als Grundlage für eine geplante bzw. schon in Umsetzung
befindliche energietechnische Gesamtsanierung wurde der gesamte Objektbestand
anaylsiert. Wird es hier Kooperationen bezüglich der Energieversorgung
geben?
Turneretscher: Es geht hier um die Ausschreibung der „Energiepartnerschaft
2000“. Inhalt dieses Projektes ist die drastische Energieeinsparung
sowie die thermische und hydraulische Sanierung der Objekte. Die Neue Heimat
ist der erste Wohnbauträger, der von der reinen Verwaltung seiner
Objekte zu deren Bewirtschaftung übergeht. Wir stehen diesbezüglich
in intensiven Verhandlungen mit der Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft
Neue Heimat.
Korso: Ihre Hauptkunden kommen aber aus der Industrie ...
Köberl: Wir stellen neben der Energie auch eine umfassende
Dienstleistung bereit. Ziel ist auch hier die Kundenbindung. So haben wir
etwa für die Austria Mikrosysteme (AMS) in Unterpremstätten verschiedene
Energieanlagen geplant und errichtet. Seit Jahresbeginn führen wir
den gesamten Energieversorgungsbetrieb, greifen damit natürlich sehr
tief in die gesamte Wertschöpfungskette ein. Des Weiteren sind wir
eine Partnerschaft mit ABB Gebäudetechnik (Asea Brown Bovery) eingegangen.
Hier bieten wir etwa Kommunen Gesamtenergiekonzepte an. 2001 werden
wir uns im Rahmen des ESTAG-Konzerns in Richtung Multi-Energy-Dienstleister
entwickeln, d.h. dass wir über entsprechende Partnerschaften alle
(Energie-)Medien (Gas, Elektrizität, Fernwärme aber auch
Solarenergie, Biomasse-Energie und geothermische Energie) aus einer Hand
anbieten bzw. auch das dazugehörende Management bereitstellen werden
können.
Information:
www.steirische.ferngas.at
Das Interview führte Dieter Kordik
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