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Genuss aus dem Chemielabor?
Unsere Lebensmittel sind zum Spielball für
Manipulation, Forscherdrang und Täuschung geworden. Die Ursachen dafür
sind vielfältig und nicht zuletzt dem Konsumverhalten von uns allen
zuzuschreiben: Der Verzehr von Snacks, Flakes, Junks, Kraftriegel
und Fertiggerichten jeder Art, alle mit dem Mäntelchen edler Werte
versehen, sollte – natürlich nur zum Besten unserer Gesundheit – in
den Verzehr gelangen. Auf einer Ernährungsfachtagung im Bildungszentrum
Raiffeisenhof, veranstaltet in Kooperation mit der Steirischen Gesellschaft
für Gesundheitsschutz (SGG) und dem Ernteverband Steiermark am 17.3.2001,
referierten namhafte Ernährungsfachleute über Möglichkeiten
einer Emanzipation im Ernährungsverhalten für jedermann.
Hans-Ulrich Grimm (Germanist und Autor
in Stuttgart) nimmt allen, die es wissen wollen, die Illusion, dass Packerl-Hühnersuppe
ihren Geschmack dem Huhn, Erdbeerjoghurt sein Aroma den spärlich beigefügten
Erdbeeren verdankt. So genannte „natürliche“ Aromen entstehen z.B.
aus Sägespänen, die mit Alkohol und noch manchen „geheimen“ Zutaten
verkocht werden. Manchmal sind es auch Stoffwechselprodukte von Bodenbakterien,
die in vielen industriell hergestellten Nahrungsmitteln als Geschmacksgeber
verarbeitet werden. Geheim ist hier wörtlich zu nehmen, denn das Ungeheure
dabei ist: nicht einmal die staatlichen Kontrollstellen können in
Zeiten der Globalisierung noch kontrollieren, was auf den Tisch kommt.
Somit sind sie auch längst nicht mehr in der Lage, für die Unbedenklichkeit
der „kontrollierten“ Lebensmittel zu bürgen.
Univ. Prof. Dr. Emmerich Berghofer (Institut
für Lebensmitteltechnologie, Boku Wien) unternahm den Versuch einer
Klärung, was unsere Lebensmittel heute können müssen. Die
Abgrenzung von Functional Food, Nutrazeutika, Designer Food, Novel Food
u.a. als – eher bedenkliche – Ernährung der Zukunft bringt zutage,
dass unseren Lebensmitteln heute z.B. so manches zugesetzt wird, was ihnen
vor Jahren durch übereifrige Auskreuzungsverfahren irrtümlich
weggezüchtet wurde. (Sekundäre Pflanzenstoffe oder bioaktive
Substanzen). Ein Umdenkprozess in der Pflanzenzüchtung wird hier als
sinnvoll angeregt. Als fragwürdige Maßnahmen stellen sich beispielsweise
die pro- und prebiotische Anreicherung von Milch- und anderen Produkten
sowie der Zusatz von Omega-3-Fettsäuren (vorwiegend aus Fischölen)
bei Brot und Backwaren dar. Zur Krebs- und Arterioskleroseprophylaxe gibt
es gänzlich natürliche „funktionelle“ Lebensmittel wie z.B. Brokkoli,
Tomaten, Kohl, Kohlsprossen, Obst, Rotwein, Hülsenfrüchte, Ölsamen,
Zwiebel, Knoblauch.
Ob der Verzehr von Lebensmitteln, die mit den
Wirkstoffen der genannten Rohgemüse künstlich angereichert werden,
den selben Gesundheitseffekt bringt, ist heute noch nicht bewiesen!
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Für die Ernährungs-Selbstfindung gibt's im Raiffeisenhof
Möglichkeiten zum Kochtraining |
Die Lebensmittel- und Biotechnologin D.I. Maria
Wirthmann-Portele hat der Lebensmittelkennzeichnung und ihren Grenzen
auf den Zahn gefühlt. Das österreichische Lebensmittelgesetz
von 1975 mit seiner vielgestaltigen Kennzeichnungspflicht von Mindesthaltbarkeitsdatum,
Hersteller, Mengen, Produktangaben, Inhalts- und Zusatzstoffangaben, Herstellungsweise
u.a. scheint durchaus streng und klar vorzugeben, was erlaubt, was verboten
ist. Erlaubt ist, was nicht klar verboten ist. Und darin liegen letztlich
auch die Grenzen der Nachvollziehbarkeit für die Konsumenten und die
Schlupflöcher für die Produzenten. So müssen z.B. Zusatzstoffe
unter einer bestimmten Menge nicht deklariert werden. Daraus ergibt sich
die Möglichkeit, einzelne Substanzen „inkognito“ so zu kombinieren,
dass sie sich in ihren Wirkungen ergänzen oder verstärken (z.B.
Aromen und Geschmacksverstärker). Es wird gemacht, weil es nicht verboten
ist. Im Zutatenverzeichnis nicht enthalten sein müssen Substanzen,
die zur Herstellung zugesetzt, aber wieder entfernt wurden, aber auch solche,
die im Enderzeugnis keine Wirkung mehr haben (ob sie in unserem Körper
Wirkungen haben, ist hier nicht gefragt). Die E-Nummern stehen z.B. für
Emulgatoren, Schaumstabilisatoren, Farb- und Konservierungsstoffe. Und
bis jetzt werden Schlachttiere „lebend“ über hunderte Kilometer aus
dem Ausland nach Österreich transportiert, um sie hier als österreichisches
Qualitätsfleisch zu verkaufen. Dem wird in absehbarer Zeit (wofür
Skandale nicht alles gut sind!) entgegengewirkt.
Univ.-Prof. DI Dr. Alfred Haiger (Professor
für Tierzucht, Vorstand des Institutes für Nutztierwissenschaften
an der Boku Wien): Vergleiche einer bäuerlichen, überschaubaren,
biologisch/ökologisch orientierten Produktion mit dem Größenwahn
industrieller Agrarstrukturen lassen keine Zweifel mehr offen, dass die
Umkehr nicht mehr hinausgezögert werden darf, wenn gerettet werden
soll, was noch zu retten ist. Gewinnmaximierung und Zinseszins-Prinzip
haben das ökologische System an Grenzen getrieben. Die Skandale der
Nahrungsmittelproduktion der letzten Zeit sind nur die Spitze des Eisberges.
Der Ausbeutung an Humus, Energie und Rohstoffen muss Einhalt geboten werden.
Die Rückkehr zur Wahrung anstatt Vernichtung der Schöpfung gelingt,
wenn Politiker mehr die Meinung von Ökologen als die der Ökonomen
achten, wenn Wissenschaftler sich an Naturgesetzen und nicht am freien
Markt orientieren, wenn die Landwirte werden wieder zu Bauern und „Humusmehrern“
werden und die Konsumenten durch ihr Kauf- und Stimmverhalten den notwendigen
Druck erzeugen. Haiger: „Nur die biologische Landwirtschaft kann aus der
Misere führen.“
Der Allgemeinmediziner, Homöopath und Psychotherapeut
Dr. Thomas Mayr beleuchtete das Phänomen des beschleunigten
Zunehmens der Allergien unter dem Aspekt der Ernährung. Auch hier
ist nur eine ganzheitliche Betrachtungsweise zielführend. Denn einzelne
Lebensmittelzusatzstoffe oder natürliche Inhaltsstoffe sind prozentuell
nur äußerst selten alleine als Allergene habhaft zu machen.
Abgesehen von inneren und äußeren Einflussgrößen
wie Psyche und Umwelt wird hier den vererbten Dispositionen ein hoher Stellenwert
eingeräumt. Es wird zwar nicht die Allergie selbst (z.B. Heuschnupfen,
Asthma oder Neurodermitis) vererbt, wohl aber die Veranlagung zur erhöhten
(oder verminderten) körpereigenen Produktion von Immunglobulin E gegen
häufige Allergene. Insbesondere bei Kleinkindern ist zur Verhinderung
der Ausprägung allergischer Reaktionen eine vollwertige, biologisch
produzierte Ernährung ohne wesentliche Mengen an Zusatzstoffen das
Mittel der Wahl! Und auch erwachsene Allergiker beobachten nach Ernährungsumstellung
oft eine deutliche Verbesserung bis zum Verschwinden ihrer Symptome.
Wie weit spielen wir mit im Roulette der Qualitätsminimierung?
Der Markt bestimmt den Preis, der Konsument bestimmt, was Markt ist. Was
nicht gekauft wird, steht nicht in den Regalen. Um entscheiden zu können,
was letztlich im Einkaufskorb landet, bedarf es primär eines gesunden
Hausverstandes. Es wird heute aber auch immer notwendiger, sich ein erweitertes
Fachwissen anzueignen, um hinter den Kulissen Fallen für ahnungslose
Gourmets aufspüren zu können. Auffordernd sei gesagt, dass es
höchste Zeit ist, uns selbst um unser Essen zu kümmern, anstatt
dies der lebensmittelchemischen Industrie zu überlassen. Es gilt,
unseren Geschmackssinn wieder als das zu begreifen, was er ist: die Prüf-Instanz
des Körpers, unser eigenes Lebensmittel-Kontrollorgan. Produkte
aus biologischer Landwirtschaft bestehen bei diesem Kontrollsystem bei
entsprechender Sensibilität mit Sicherheit am besten.
Mag. Sabine Hollomey, Steirische Gesellschaft
für Gesundheitsschutz
Weitere Informationen:
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0316/ 8050-7144
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Das Bildungszentrum Raiffeisenhof bietet für
die Ernährungs-Selbstfindung ein Kochtrainings- und Spezialitäten-Demonstrationszentrum
an. Nähere Informationen erhalten Sie unter 0316/ 8050-7111
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Auch die Steirische Gesellschaft für Gesundheitsschutz
steht für Anfragen zum Thema gesunde Ernährung unter 0316-822094-33
zur Verfügung. Gesunde Gemeinde: DW -19, Gesunde Volksschule DW-23.
Buchtipps:
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Hans-Ullrich Grimm: Die Suppe lügt. Klett-Cotta
1997, ATS 266.-
-
Sabine Hollomey, Einfach essen – gesund genießen.
Leykam 1999, ATS 248.-
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(auch zu bestellen unter 0316-696397)
-
Udo Pollmer, Hans-Ulrich Grimm: Vorsicht Geschmack!
Hirzel 1998, ATS 358.-
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