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"Bis zum Wendenland" – Ein Gespräch
zwischen Martin Will & Jörg Nauer, aufgezeichnet von Jörg-Martin
Willnauer
Jörg Nauer: Was ist eigentlich aus der slowenischen Geldschein-Affäre
geworden?
Martin Will: Keine Ahnung. Ich weiß gar nicht, was du
meinst.
Jörg Nauer: Auf einem slowenischen Tolar sollte doch der
Herzogstuhl aufscheinen. Der Unsägliche, von dem ich mir meinen schönen
Vornamen nicht verhunzen lass’, dieser Herr, der z.Z. noch Landeshauptmann
in Kärnten ist, hat daraus einen Gebietsanspruch abgeleitet und Himmel
& Hölle in Bewegung gesetzt, dass dieses Symbol der slowenischen
Geschichte keinen Tolar ziert.
Martin Will: Daraus einen Gebietsanspruch abzuleiten, halte
ich für einigermaßen übertrieben. Dein Vornamenskollege
soll sich mal die steirische Landeshymne anschauen. Dort findet er einen
klassischen Gebietsanspruch.
Jörg Nauer: Jetzt übertreibst du.
Martin Will: Hoch vom Dachstein an, wo der Aar noch haust, bis
zum Wendenland am Bett der Sav’! - Wenn das kein Gebietsanspruch ist! Weißt
du, wo die Save fließt?
Jörg Nauer: Keine Ahnung. Irgendwo in Slowenien vermutlich.
Martin Will: Die Save entspringt in den Julischen Alpen und
erreicht über Ljubljana und Zagreb nach vielen Windungen Jasenovac,
fließt also von Slowenien nach Kroatien.
Jörg Nauer: Aber die Landeshymne stammt aus dem Jahre 1844
und damals gehörte eben die Untersteiermark noch zum Habsburgerreich.
Martin Will: Diese Hymne, die bei jedem offiziellen Anlass mehr
oder weniger gut gesungen wird, ist ein wichtiges Symbol der Steiermark.
Und der erste Satz enthält eine Behauptung, die seit über 80
Jahren nicht mehr stimmt.
Jörg Nauer: Du willst die Landeshymne ändern?
Martin Will: Warum nicht? Die Zeiten haben sich seit 1844 auch
geändert.
Jörg Nauer: Du vergreifst dich an einem Heiligtum!
Martin Will: Auch die Deutschen haben ihre Hymne nach 1945 geändert.
Die Musik ist gleichgeblieben, aber man hat die ersten beiden Strophen
gestrichen. Ähnlich könnte man mit der steirischen Hymne verfahren.
Jörg Nauer: Du willst die ersten zwei Strophen weglassen?
Martin Will: Nein. Nur die erste Strophe leicht verändern:
Hoch vom Dachstein an, wo der Aar noch haust, bis zum Hügelland bei
Radkersburg; und vom Alptal an, das die Mürz durchbraust, bis
zum Weingebiet bei Trautenburg ...
Jörg Nauer: Keine Sternstunde abendländischer Reimschmiedekunst!
Burg auf Burg zu reimen, scheint mir auch nicht sonderlich originell.
Martin Will: Ist aber politisch korrekt. Und Sav’ und Drau reimt
sich im Original auch nicht besser.
Jörg Nauer: Wer die alte Steirerhymne heute singt,
wird nicht gleich einen Gebietsanspruch an Slowenien stellen.
Martin Will: Das unterstelle ich auch nicht. Aber im Sinne guter
Nachbarschaft sollte man auch Rücksicht auf die Gefühle der Nachbarn
nehmen. Wie muss das für die Slowenen klingen, wenn sie diese Zeilen
hören!?
Jörg Nauer: Vermutlich nicht sehr angenehm, zumal die meisten
Slowenen sehr gut deutsch verstehen. Aber solange Slowenien nicht
offiziell protestiert, bleibt es wohl, wie’s ist.
Martin Will: Und wenn sie protestieren?
Jörg Nauer: Tauscht die steirische Landesregierung die
inkriminierten Zeilen gegen Marburg, Cilli und einen freien Zugang zum
Mittelmeer.
Martin Will: Und dann kann man wieder die alte Hymne singen.
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