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Fundis & Fundinen – Ein
Gespräch zwischen Martin Will & Jörg Nauer, aufgezeichnet
von Jörg-Martin Willnauer
M.Will: Was fällt dir zum 11.September ein?
J.Nauer: Nix.
M.Will: Aha. Sogar die Kabarettisten sind auf einmal schmähstad.
Sonst seid ihr ja nicht aufs Maul gefallen, aber hier gibt’s plötzlich
Maulsperre. Die Logorrhoe hat Ladehemmung. Das ist das Ende der Spaß-
& Schasgesellschaft.
J.Nauer: Sorry. Ich hab keine Witze auf Lager (obwohl ich schlechte
zum Thema gehört habe.) Aber ein paar Fragen hab ich schon.
M.Will: Ich bin gespannt.
J.Nauer: Jede Religion hat einen Wahrheitsanspruch und grenzt sich
nach außen ab. Und jede Religion braucht ein Fundament, also Dogmen,
Essentials, Lehrsätze und letzte undiskutierbare Wahrheiten. Das ist
ein Nährboden für Fundamentalismus.
Fundamentalismus ist ein tragendes Element in jeder Religion.
M.Will: Das ist keine Frage.
J.Nauer: Die Frage ist: wo sind unsere Fundis & Fundinen? Wo sind
die Bin Ladens des Abendlands? Wo sind wir selber fundamentalistisch? Die
Frage F. lässt sich doch nicht auf Krenn & Co. reduzieren! Unser
Pharisäertum, unsere Ignoranz gegenüber dem Elend sind auch fundamentalistisch.
M.Will: Das ist aber schon gewagt, Bin Laden & Co. mit Krenn &
Co. zu vergleichen.
J.Nauer: In der Tat. Ich fürchte nur, es gibt auch christliche
Fundis, die gerne ein paar Ketzer eliminieren würden. Nicht
verbrennen, igitt, das stinkt nach verschmortem Fleisch. Aber es gibt ja
elegantere Mittel und Wege, Abtrünnige zu beseitigen. Auch in der
christlichen Kirche gibt’s genug Leute, die die französische Revolution,
die Gewaltenteilung & die Trennung von Kirche & Staat am liebsten
rückgängig machen würden.
M.Will: Wer die Terroristen vom 11.9. mit unseren Fundis vergleicht,
verharmlost die Verbrechen des schwarzen Dienstags. Das sind doch Westentaschenfundis,
die bei uns herumlaufen und sich wichtig machen. Von denen ist doch keiner
militant.
J.Nauer: Und die BBA? Herr Fuchs aus Gralla? In den Bekennerschreiben
wurde doch dauernd die Verteidigung des christlichen Abendland beschworen!
Andere haben jahrelang geredet, er hat gehandelt.
M.Will: Du kannst doch nicht einen Einzeltäter mit diesem Massenphänomen
vergleichen.
J.Nauer: Ich will nicht vergleichen oder verharmlosen, ich denke nur
darüber nach, wie wir den Fundi in und bei uns erkennen können.
M.Will: Natürlich gibt’s auch bei uns ein paar Unverbesserliche.
Aber im Grunde leben wir in einem liberalen Land, wo jedes Tierchen sein
Pläsierchen pflegen kann.
J.Nauer: Das Funditierchen schlummert nur. Wir haben viele christlich-abendländische
Schläfer in der Steiermark, die nur auf einen Anlass warten.
M.Will: Der wäre?
J.Nauer: Wir gehen jetzt zum Jakominiplatz und sammeln Geld für
eine Grazer Moschee.
Wir kommen ins Spital und die Bombendrohung kommt garantiert frei Haus.
M.Will: Als Peter Rosegger vor gut 100 Jahren für eine evangelische
Kirche in der Steiermark gesammelt hat, hat er das auch überlebt.
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Ich war nie ein Fundi. Ich war immer liberal, tolerant und pluralistisch.
J.Nauer: Der Mangel an Selbstreflexion ist der erste Schritt in den
Gottesterrorstaat.
M.Will: Das würde auch auf Herrn Bush zutreffen.
J.Nauer: Ein Fundi reinsten Öls. Und im Gegensatz zu den
Attentätern ziemlich dumm. Aber zurück nach Österreich.
Wo sind unsere Fundis & Fundinen?
M. Will: Du redest dauernd von Fundinen. Wen meinst du damit?
J.Nauer: Auch unsere Frau Landeshauptmann...
M.Will: Bist du verrückt! Frau Klasnic ist sakrosankt!
J.Nauer: ...vernachlässigt die wichtige Trennung von Kirche und
Staat. Nicht nur in Lassing.
Wer die Religion politisch instrumentalisiert, darf sich nicht wundern,
wenn andere das auch tun. Das ist ein aufgelegter Bumerang.
M.Will: Zurück zur Frage: Was können wir tun?
J.Nauer: Ein ebenerdiges Büro beziehen.
M.Will: Schlechter Witz. Das ist genau die untere Schublade, die du
eingangs kritisiert hast.
J.Nauer: Schlechte Witze sind auch ein Ausdruck von Hilflosigkeit.
Die Entertainer sind eben genauso hilflos wie alle anderen. Und der Witz,
auch wenn er mies ist, verscheucht für Sekunden die Angst vor dem
Tod.
M.Will: Ist das der Grund, warum die Spaßkultur so blüht
& boomt?
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J.Nauer
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M. Will
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