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Volkskundemuseum
neu: Regionalkultur transparent
Die Vereinnahmung durch deutschnationale Strömungen hat Volkskunde
über lange Zeit in die Nähe des „Völkischen“ gerückt. Die
Wiedereröffnung des Volkskundemuseums am Joanneum im Jahr 2003
wird einen wichtigen Neubeginn markieren.
"Wir gehen mit dem heutigen Verständnis an die Objekte und die
Präsentation der Sammlung heran", betont Museumsleiterin Dr. Roswitha
Orac-Stipperger anlässlich einer Presseführung durch die
Baustelle. Und DI Heiner Herzog, Obmann des Vereins der Freunde
des Volkskundemuseums und Enkel des Museumsgründers Viktor Geramb,
verweist auf die neue Ausrichtung des Museums: Es gehe nicht darum, den
Kulturbegriff auf ein "Volk" zu reduzieren, sondern darum, "Bewusstsein
dafür zu schaffen, dass die regionale Kultur erhalten bleiben soll."
Rauchstube, Trachtensaal und viel gläserne
Transparenz
Innovative Konzeptionen verlangen ebensolche Präsentationsformen.
Die Schau wird sich auf drei Themenfelder konzentrieren, nämlich "Wohnen",
"Kleiden“ und "Glauben".
Orac-Stipperger: "Es soll keine Überschneidungen mit den anderen
beiden volkskundlichen Sammlungen am Joanneum in Stainz und Trauttenfels
geben." Im Zuge der Gesamtrenovierung des Standortes – des ehemaligen Kapuzinerklosters
in der Paulustorgasse – werden größere Raumeinheiten - die Gesamtausstellungsfläche
wird über 1000 Quadratmeter betragen –, und eine spezielle, um die
verbleibenden tragenden Mauerelemente herum angeordnete Vitrinen-Form den
allseitigen Einblick auf die Schaustücke ermöglichen. Die Glaskörper
werden auch als Projektionsflächen für multimediale Informationsangebote
nutzbar sein.
Kernstücke der Schausammlung werden die von Geramb 1917 von der
Pack nach Graz gebrachte Rauchstube aus dem 17. Jahrhundert – "typisch
für das Wohnen im ostalpinen Raum" – und der Trachtensaal sein, dessen
Gestaltung auf die Zeit seiner Entstehung zurückgeführt werden
soll. Orac-Stipperger: "Als Museum im Museum wird der Trachtensaal
dem Besucher die frühere Herangehensweise der Volkskunde verdeutlichen."
Weitere bauliche Veränderungen betreffen den Eingangsbereich –
hier wird ein gläserner Kubus als "Signal in den Außenraum"
fungieren – sowie eine Glasbrücke als neues Bauelement: Diese wird
das Stammgebäude und den Trachtensaal verbinden und stellt eine Art
begehbarer Vitrine dar; nach dem Willen des planenden Architektenteams
BEHF werden die MuseumsbesucherInnen beim Überschreiten der Brücke
selbst zu "Präsentationsobjekten der Gegenwart".
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Museumsleiterin Dr. Roswitha Orac-Stipperger und
der Obmann des Vereins der Freunde des Volkskundemuseums, DI Heiner Herzog:
Neue Präsentationsformen für eine inhaltlich erneuerte Volkskunde
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"2003": kein Partner für den Relaunch
Die Kosten für Sanierung und Umbau des Volkskundemuseums werden
in Summe 40 Mio Schilling betragen, die vom Land Steiermark berappt werden;
ein überraschend niedriger Betrag, wenn man das Bauvolumen und den
schlechten Zustand der historischen Bausubstanz in Betracht zieht – von
der Mauer-Trockenlegung bis hin zur völligen Neuerrichtung der Heizungsanlage
ist alles inkludiert.
Die Zeit bis zur Fertigstellung wollen die Verantwortlichen dazu nützen,
das seit Mitte der Achtzigerjahre geschlossene und daher nur mehr älteren
Semestern bekannte Museum wieder im Bewusstsein der GrazerInnen zu verankern:
Noch 2001 beginnt eine Veranstaltungsreihe zu den drei Hauptthemen Wohnen
– Kleiden – Glauben.
Trotz der Tatsache, dass das Museum 2003 seine Pforten wieder öffnen
wird, trotz seiner Bedeutung für eine Kulturhauptstadt Graz und trotz
der zweifellos gegebenen Nachhaltigkeit des Projektes konnte "Graz 2003"
nicht als Partner für den Relaunch gewonnen werden. cs
infos:
www.volkskundemuseum-graz.at |